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Öl und Gas aus der Nordsee. WZ vom 14.07.2010

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Autor Beitrag
Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 16.07.10, 17:31  Betreff: Öl und Gas aus der Nordsee. WZ vom 14.07.2010  drucken  weiterempfehlen

Geheimniskrämerei um Öl und Gas

Viel Erdöl und Erdgas hat die deutsche
Nordsee nicht zu bieten – trotzdem wird über das Thema der
Rohstoffgewinnung nicht gerne gesprochen

Hamburg/Hannover

Die Angst wächst. Mit jeder Tonne Öl, die aus dem Bohrloch im Golf
von Mexiko strömt, wird sie größer. Nicht nur in Amerika, auch
hierzulande. Und zwar kaum deshalb, weil der Golfstrom tatsächlich noch
Spuren der Ölpest in unsere Meere transportieren könnte. Vielmehr, weil
die Katastrophe zeigt, wie viel Macht der Mensch über das Meer zu haben
glaubt und wie machtlos er tatsächlich gegenüber den Naturgewalten ist.
„Was passiert eigentlich vor unserer Haustür?“ lautet da die bange
Frage.


Doch es gibt kaum jemanden, der sie beantwortet. Viele
Wissenschaftler, Behörden und Unternehmen gehen auf Tauchstation oder
reagieren nervös, wenn es um die Erdöl-, aber auch Erdgasförderung in
der Nordsee geht. „Dafür sind wir nicht zuständig“, heißt es, oder: „Das
muss unser Pressesprecher machen, der ist aber drei Wochen im Urlaub.“
Bestenfalls wird eine schriftliche Beantwortung von schriftlich
gestellten Fragen in Aussicht gestellt.


Wie beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in
Hannover. Die Behörde ist zuständig für die Erteilung von Bewilligungen
zum Aufsuchen und zur Gewinnung von Rohstoffen in der Nordsee. Doch
Informationen gibt sie darüber nur ungern heraus. In Bürokraten-Deutsch mit vielen Verweisen und Paragrafen arbeitet
die Behörde Anfragen ab. Am Ende der schriftlichen Antwort grüßt ein
freundliches „Glückauf“, und bedeutet dem Informationssuchenden, dass er
sich nun mühsam in den Untergrund bohren muss, will er nur irgendetwas
Brauchbares zu Tage fördern.


Dabei ist die Erdöl- und Erdgasförderung in der deutschen Nordsee
eigentlich recht überschaubar. Neben der großen Bohrinsel „Mittelplate“
im schleswig-holsteinischen Wattenmeer gibt es
derzeit nur noch eine einzige Förderstätte für Erdgas, die im äußersten
Nordwesten der deutschen Zone, dem so genannten Entenschnabel, liegt und
gerade einmal 15 Quadratkilometer einnimmt (s. Grafik). „Alle anderen
Gasfunde waren nicht wirtschaftlich und stehen bis dato nicht in
Förderung“, schreibt das LBEG. 63 so genannte Aufschlussbohrungen hat es
in der deutschen 200-Meilen Zone gegeben, nur eine einzige war
erfolgreich. Das ist eine Erfolgsquote von nicht einmal zwei Prozent.
Auf dem Festland liegt diese bei 22 Prozent.


Trotzdem scheint das Interesse an der Nordsee als Rohstoffquelle
wieder zu wachsen. Immerhin sind beim LBEG insgesamt gut 12 000
Quadratkilometer zur Erkundung von Kohlenwasserstoffen – also Erdgas
oder Erdöl – freigegeben (s. Grafik). Schließlich ist gerade vor der
schottischen Küste einer der wohl größten Ölfunde in der Nordsee gemacht
worden. Das weckt Hoffnungen.


„Die deutsche Nordsee ist für die Energie-Versorgungssicherheit
und als Wirtschaftsfaktor von steigender Bedeutung“, heißt es denn auch
etwas wolkig beim LBEG. Gleichzeitig aber beteuert man hier: Ob
zukünftig vermehrt Erdöl und Erdgas gewonnen werden könne, hänge primär
davon ab, ob die Industrie hier bereit sei zu investieren. Die großen
Flächen, die zur Erkundung beantragt wurden, könnten daher auch
schlichtweg „Platzhalter“ für später eventuell auftauchende Interessen
sein.


In diesem Zusammenhang wird dann auch gerne auf die zukünftigen
Konflikte mit der Windenergie verwiesen. „Da die Flächen, die sowohl die
Erdgas- und Erdöl-Industrie als auch die
Windindustrie interessieren, zunehmend identisch sind, ist die
Entstehung von Nutzungskonkurrenzsituationen vorgezeichnet“, heißt es in
einem Merkblatt, das der Wirtschaftsverband der Erdöl- und
Erdgasgewinnung (WEG) in Auftrag gegeben hat. Hier ließ man auch gleich
mögliche Regeln aufstellen, wie Wind- und fossile Energie koexistieren
könnten: Gibt es in den Parks Korridore zwischen den einzelnen Anlagen,
die mindestens 1000 Meter breit sind, soll es laut WEG möglich sein,
auch innerhalb von Windparks Rohstoffe zu suchen und zu gewinnen. Für
die Windparks allerdings hieße das: Weniger Anlagen auf den Flächen.


Doch auch die Öl- und Erdgasunternehmen käme eine solche „Ko-Nutzung“ der gleichen Fläche teuer zu stehen: Muss
doch in den Parks aus Platzmangel eine fünf- bis achtmal so teure
Technik angewandt werden wie üblich, um Kohlenwasserstoffe aufzusuchen.
Gleichzeitig wurde eine Idee entwickelt, wie man sich an einem möglichen
Offshore-Wind-Boom
beteiligen könnte: Gas aus flachen Schichten wird hier bei Flaute als
Treibstoff für Windenergieanlagen ins Spiel gebracht. Schließlich hat es
die Windbranche um einiges leichter: Sie genießt momentan nicht nur
starken politischen Rückenwind, sie hat auch ein besseres Image: sauber,
innovativ und regenerativ.


Die Erdöl- und Erdgasbranche reagiert in diesem Zusammenhang oft
verschnupft. Sie reden von Versorgungssicherheit, von mangelnder
Dankbarkeit für eine funktionierende Energie-Infrastruktur
oder auch von dem ureigensten Interesse des Landes, Rohstoffe zu
fördern. Kritiker aber werfen der Branche vor, das Misstrauen der
Bevölkerung durch mangelnde Information selbst verschuldet zu haben. Das
LBEG etwa machte jüngst negativ auf sich aufmerksam, als es still und
heimlich die Bewilligung für die Erdölförderung auf Mittelplate um satte
30 Jahre bis 2041 verlängerte. Die zufällige Aufdeckung dieser
Verlängerung wird das Vertrauen nicht wachsen lassen.


Dabei, so der Sprecher des Mittelplate-Betreibers
RWE Dea, sei eine solche Verlängerung ganz normal, wenn gut gearbeitet
werde. Tatsächlich ist die Plattform in der Nordsee wohl eine der
sichersten Anlagen. Viel größere Gefahr droht von vielen veralteten
Bohranlagen, die außerhalb der deutschen Zone liegen. Denn während von
dort schon mehrere Ölaustritte gemeldet wurden, kann Uwe-Stephan
Lagies von RWE Dea versichern: „Mittelplate wird seit über 22 Jahren
störungsfrei betrieben.“ Klar ist aber auch, dass sowohl Behörde als
auch Betreiber eine Diskussion um die Erdölförderung im Nationalpark
Wattenmeer vermeiden wollten. Das muss sich ändern. Spätestens wenn RWE
Dea sich – wie vermutet – daran macht, weitere Erkundungen im
Nationalpark Wattenmeer durchzuführen. Denn sonst wird die Angst der
Bevölkerung weiter wachsen.
Tomma Schröder


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