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Überflüssige Kraftwerke: "Stromkonzerne ziehen in den Guerilla-Krieg", WELT - 24.05.2009

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Arne

Beiträge: 539

BI Teilnehmernummer: 98

New PostErstellt: 25.05.09, 21:58  Betreff: Überflüssige Kraftwerke: "Stromkonzerne ziehen in den Guerilla-Krieg", WELT - 24.05.2009  drucken  weiterempfehlen

24.05.2009 - Überflüssige Kraftwerke

Stromkonzerne ziehen in den Guerilla-Krieg

Ob Solarstromanlage auf dem Dach oder "Stirlingmotor" im Keller: Längst gibt es Möglichkeiten, das eigene Haus unabhängig vom Stromnetz der Energiekonzerne zu versorgen. Der Anteil der erneuerbaren Energien könnte so weiter wachsen. Doch die mächtigen Konzerne torpedieren diese Entwicklung – mit Erfolg.

Die Deutsche Oper an der Berliner Bismarckstraße spielte "La Traviata", als sich gegenüber im Hause des Verbandes der Elektrotechnik die Vertreter der großen Energiekonzerne zu einer dramatischen Inszenierung in kleinerem Rahmen einfanden. Bei Verdi geht es laut Programmheft um "eine Tragödie von Liebenden, die durch gesellschaftliche Normen um das Schönste im Leben gebracht werden". In der Tragödie, die sich die Energiemanager ausgedacht hatten, sollten unliebsame Gegenspieler durch technische Normen um das Schönste gebracht werden: ihr Geld.

An diesem Tag im April beschloss der Elektrotechnik-Verband VDE mit der Stimmenmehrheit der großen Energiekonzerne, dass Hausbesitzer für die Montage von Solarstrom-Anlagen auf dem Dach - oder hauseigenen Mikro-Kraftwerken im Keller - in Zukunft tief in die Tasche greifen müssen. Weitab vom Scheinwerferlicht der großen Energiepolitik und unbeachtet von jeglicher Öffentlichkeit legte der verschwiegene Expertenkreis eine technische Norm fest, die nach Meinung ihrer Kritiker das Zeug dazu hat, "die Ziele der Bundesregierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung zu gefährden."

Das schrieben die im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) zusammengeschlossenen Unternehmen vergangene Woche in einem Brief an Bundestagsabgeordnete. Sie warnen: Die finanziellen Hilfen des Bundes für dezentrale Stromproduzenten würden "völlig zunichte gemacht".

Was war passiert? Im Detail hatte das "Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE" lediglich sogenannte Technische Anschlussbedingungen für kleine Stromerzeugungsanlagen festgelegt. Die aber haben nun zur Folge, dass jeder Hausbesitzer einen zweiten Stromzähler "am zentralen Zählerplatz" installieren muss, wenn er eine Fotovoltaik-Anlage oder ein Kellerkraftwerk nachrüsten will. Vorsitzender des einfallsreichen Expertengremiums: ein Manager des Essener Energieriesen RWE.

Die jetzt bundesweit geltende Richtlinie des VDE diene, wie es in der nachgeschobenen Begründung der Energiewirtschaft lapidar heißt, "der besseren Übersichtlichkeit und besseren Ablesbarkeit". Doch die harmlos klingende Vorschrift hat es in sich. Denn bislang konnten die Extra-Stromzähler bequem direkt im oder am Gerät angebracht werden. Nun aber, als Folge der listigen Normgebung, müssen alle häuslichen Ökostrom-Fans die Wände aufstemmen und ein separates Stromkabel quer durchs Haus zum alten Zählerkasten legen lassen. Einschließlich Verputzen und Tapezieren kann das leicht Mehrkosten von bis zu 1500 Euro für den privaten Investor bedeuten, schimpft Adi Golbach, Geschäftsführer des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung - "vom Aufwand, Lärm und Dreck bei der Montage ganz abgesehen".

Wie Golbach fürchten viele in der Branche, dass die nun anfallenden Extrakosten jegliche Investitionen in hauseigene Ökostrom-Anlagen unattraktiv machen könnten. Mit gutem Grund: Eine Solarstrom-Anlage oder ein "Stirlingmotor", der im Keller Strom und Wärme für den Hausbedarf produziert, kostet oft zwischen 5000 und 10.000 Euro. Wird die ganze Sache plötzlich bis zu zwanzig Prozent teurer, rechnet sich die Anschaffung nicht mehr.

Einem Industriezweig, der für die Klimaziele der Bundesregierung einige Bedeutung hat, würden die Aufträge wegbrechen. "Das konterkariert die Ziele der Bundesregierung, die Versorgung mit umweltfreundlichen und effizienten Lösungen auszubauen", warnt der Chef des Heiztechnik-Konzerns Vaillant, Ralf-Otto Limbach: "Zum anderen gefährden derartige Pläne die weltweit führende Position deutscher Unternehmen im Bereich innovativer Technologien zur dezentralen Energie- und Wärmeversorgung."

Gleich eine ganze Reihe deutscher Industrieverbände machen daher gegen die heimlich durchgedrückte Montage-Norm der Energiewirtschaft mobil. Der Bundesverband der Haus- Energie- und Umwelttechnik (BDH) schloss sich dem Protest ebenso an wie die Solarwirtschaft und der Fachverband Energietechnik im ZVEI. "Auf den Arm genommen", fühlte sich VDMA-Experte Gerd Krieger ohnehin, weil die Energiekonzerne im Prozess der Normgebung "alle sachlichen Einwände und Warnungen der anderen Marktteilnehmer vollständig ignoriert haben". Adi Golbach vom KWK-Verband ahnt auch warum: "Die haben nur Angst um ihre Grundlast-Kraftwerke."

Die Energieversorger haben allen Grund, nervös zu werden. Denn der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Stromverbrauch ist schon auf rund 15,2 Prozent gestiegen. Selbst in der etablierten Energiewirtschaft wachsen langsam Zweifel, ob große Atom- oder Braunkohlekraftwerke, die bislang rund um die Uhr für die "Grundlast" im Stromnetz gesorgt haben, in Zukunft noch in diesem Umfang gebraucht werden. Wichtiger könnte es sein, künftig auf kleinere Gaskraftwerke zu setzen, die in der sogenannten Mittellast das schwankende Ökostrom-Angebot viel flexibler ausgleichen können.

Entsprechend groß war deshalb kürzlich die Aufregung in der Ökostrom-Branche, als der deutsche Energieriese E.on seine geplanten Investitionen in britische Atomkraftwerke in direktem Zusammenhang mit dem weiteren Ausbau der Windkraft dort brachte. Die britische Regierung sollte am besten offen erklären, wie hoch denn der "maximale absolute Anteil erneuerbarer Energien" im Jahrzehnt ab 2020 sein solle, schrieb E.on in der Antwort auf die "UK Renewable Energy Strategy Consultation". Aus Sicht von E.on jedenfalls, hieß es dort weiter, sollte Elektrizität aus erneuerbaren Quellen "ein Drittel der gesamten Stromproduktion nicht überschreiten".

Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article3793857/Stromkonzerne-ziehen-in-den-Guerilla-Krieg.html




[editiert: 25.05.09, 21:59 von Arne]
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