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Claudia

Beiträge: 4532

New PostErstellt: 27.09.10, 17:47     Betreff: Wirtschaftsminister: Mit Windkraft aus dem Norden in ein neues Zeitalter. WZ vom 27.09.2010

Wenn das so ist


Mit Windkraft aus dem Norden in ein neues Zeitalter

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Jost de Jager: So erreichen erneuerbare Energien die Industrie

Kiel

Vor gut 30 Jahren war dem „Growian“, der ersten Windkraft-Versuchsanlage des Landes im Kaiser-Wilhelm-Koog,
das Ende beschieden, bevor er überhaupt richtig starten konnte. Die
Materialien waren schlicht der Belastung noch nicht gewachsen. Was
damals groß war, ist heute klein. Inzwischen ist die Windkraft eine
bewährte Hochtechnologie. Die Energie aus der Luft hat die Öko-Nische längst verlassen und schickt sich an, eine tragende Rolle in der europäischen Stromversorgung der Zukunft zu spielen.


Die Entwicklung in Schleswig-Holstein zeigt
die enorme Dimension: Die drei Kernkraftwerke an der Elbe haben eine
installierte Leistung von 3700 Megawatt, die rund 2700 Windkraftanlagen
an Land („onshore“) leisten heute schon rund 3000 Megawatt. Zusätzlich
ist in den nächsten zehn Jahren noch einmal das Doppelte an Kapazität in
den Windparks vor der Küste („offshore“) geplant. Schon heute haben
zwölf Windparks eine Genehmigung – und in zehn Jahren wollen alle Strom
produzieren. In Schleswig-Holstein wird dann ein Vielfaches dessen an Windstrom geerntet, was wir Schleswig-Holsteiner insgesamt an Elektrizität verbrauchen.


Schon heute wird Windstrom aus Schleswig-Holstein
über die europäischen Verbundnetze weit verteilt. Aber immer öfter sind
die Leitungen zu klein, um den Strom aus unseren Windkraftanlagen
aufzunehmen. Die Netzbetreiber drosseln dann die Einspeisung, ein Teil
der Ernte verkommt. In Schleswig-Holstein habe
ich deshalb alle, die beteiligt und betroffen sind, an einen Tisch
geholt, um den Netzausbau voran zu treiben. Alle Anstrengungen zum
Ausbau der Windenergie gehen ins Leere, wenn sie nicht auch über weite
Strecken zu den Verbrauchern gelangt.


Die Epoche der Erneuerbaren Energien wird erst dann ihre Hochzeit
erreicht haben, wenn sie in der Lage sind, die konventionellen und
nuklearen Kraftwerke auch in der so genannten Grundlast zu ersetzen. Der
Maßstab ist nicht mehr, wie viele Haushalte Glühbirnen und
Fernsehschirme mit Ökoenergie leuchten lassen. Das Kriterium ist jetzt,
wie viel Industrie mit dem Strom aus Wind, Bio, Sonne und Co. betrieben
werden kann – an jedem Standort, zu jeder Zeit.


Die Erneuerbaren Energien haben das Potenzial dazu. An den
Erzeugungskapazitäten wird es nicht scheitern, sofern der Ausbau
planmäßig weiter geht. Die Achillesferse ist die zuverlässige
Verfügbarkeit des Stroms am Standort des Verbrauchers: Ist genügend
Netzkapazität vorhanden, wenn der Wind die Propeller kräftig antreibt?
Gibt es die Leitungen zwischen den dünn besiedelten Ballungsgebieten der
Windenergie wie Nordfriesland oder Dithmarschen und jenen Regionen in
West- und Süddeutschland, wo sich Siedlung und Industrie ballen? Was
ist, wenn der Wind steht oder zu stark stürmt?


Die Antwort auf alle diese Fragen ist eine neue Energie-Infrastruktur. Wir brauchen neue Stromtrassen innerhalb Schleswig-Holsteins und von Schleswig-Holstein
nach Süden. Dann kann unser Windstrom abfließen und muss nicht
verschwendet werden. Wir brauchen auf einer übergeordneten Ebene eine
leistungsfähige Vernetzung der Nordsee-Anrainer, von Schleswig-Holstein nach Norwegen, von Norwegen nach Großbritannien, von dort nach den Niederlanden sowie kreuz und quer.


Mit einem solchen Super-Netz kommt
Kontinuität in die Windenergie: Überschüssiger Strom aus deutschen
Anlagen könnte in skandinavischen Pumpspeicherkraftwerken gleichsam
zwischengelagert und bei Flaute wieder eingespeist werden. Die großen
Säulen erneuerbarer Energien im Norden, also vor allem Wind-, Wasser-
und Gezeitenkraft, über ein „Super-Grid“ europäisch zu vernetzen, könnte aus der Nordsee-Region in der neuen Energie-Epoche das machen, was Saudi-Arabien im Ölzeitalter ist – nämlich eine Energie-Export-Region erster Ordnung. Die Bundesregierung hat erste Schritte dazu unternommen.


Zu der Entwicklung bei uns im Norden gibt es ein Pendant im Süden.
Das Projekt „Desertec“ ist zwar bisher kaum mehr als die Idee,
Sonnenenergie in Nordafrika zu gewinnen und in Zentraleuropa nutzbar zu
machen. Auch dort ist die entscheidende Frage nicht die Erzeugung des
Stroms, sondern sein Transport über Tausende Kilometer in die
europäischen Zentren und seine Speicherung zum Ausgleich bei Produktion
und Verbrauch.


Meine Vision von einem Europa der Erneuerbaren Energien besteht in einer Koppelung der Wind-Ressourcen im Norden und der Sonnen-Ressourcen
im Süden, bis hin zur Sahara: Leistungsfähige, verlustarme Leitungen
bilden ein interkontinentales und transnationales Netz, das effiziente
Ausgleiche schafft – zwischen Erzeuger-Regionen und Verbraucher-Regionen, zwischen hoher und niedriger Produktion, zwischen Erzeugen, Speichern und Verbrauchen.


Zu Beginn kommenden Jahres werde ich für zwei Jahre den Vorsitz der
Wirtschaftsministerkonferenz übernehmen. Ich habe mir vorgenommen, den
Netzausbau und das Werben für ein Super-Grid in
der Nordsee thematisch den Mittelpunkt dieser Zeit zu stellen. Die
Restlaufzeitverlängerung für Kernkraftwerke hat eine allerletzte Frist
für die Vorbereitung auf ein Zeitalter der Erneuerbaren Energien
gesetzt. Wir dürfen sie nicht verstreichen lassen.


Ein Schlaraffenland ist es nicht, das uns die Erneuerbaren Energien
eröffnen. Wind und Sonne kosten zwar nichts, aber aus ihnen Strom zu
gewinnen und in großem Stil für die Grundlast nutzbar zu machen, das
erfordert hohe Investitionen, insbesondere in die Infrastruktur. Aber
diese Investitionen rechnen sich für uns alle: Erneuerbare Energien
schützen das Klima und die gesamte Umwelt. Sie sorgen für Arbeit und
Einkommen in peripheren Gebieten. Und vor allem: Sie sind unendlich!


Jost de Jager





Wirtschaftsminister Jost de Jager nimmt zurzeit am Global Economic Symposium (GES) teil, das das Kieler Institut für Weltwirtschaft in Istanbul zu Fragen der nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung veranstaltet. De Jager referiert dort über die Perspektiven der Erneuerbaren Energien im europäischen Maßstab. Das GES findet im kommenden Jahr wieder in Schleswig-Holstein statt.


Zitat:

„Die
Restlaufzeitverlängerung für Kernkraftwerke hat eine allerletzte Frist
für die Vorbereitung auf ein Zeitalter der Erneuerbaren Energien
gesetzt. Wir dürfen sie nicht verstreichen lassen.“

Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU)




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