Biogas wird zum Problemfall
„Weitere Förderung nicht vertretbar“ / Bundesländer wollen Reform der Berliner Subventionspolitik
Kiel/Hannover /sh:z /dpa
Das schnelle Wachstum der Biogasbranche stößt zunehmend auf Kritik.
Das Land Niedersachsen, Spitzenreiter bei der Stromerzeugung aus Biogas,
wolle in der nächsten Woche im Bundesrat mit einem Entschließungsantrag
eine Reform der bisherigen Subventionspolitik durchsetzen, da die
„Grenzen des Wachstums“ erreicht seien, berichtet „Der Spiegel“. Kritik
an der bisherigen Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) komme auch aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Der Magdeburger Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) halte die weitere Förderung „für nicht vertretbar“.
Auch in Schleswig-Holstein, wo rund 290
Biogasanlagen arbeiten und etwa weitere 60 geplant sind, gibt es
Probleme. „Biogasanlagen sind wichtig, da sie die erneuerbaren Energien
grundlastfähig machen, zusätzliche Einkommen für Landwirte bieten und
insgesamt die Wirtschaftskraft im ländlichen Raum stärken. Die jüngste
Entwicklung sehe ich aber kritisch,“ sagte die Kieler
Landwirtschaftsministerin Juliane Rumpf (CDU) jüngst in einem Interview
mit unserer Zeitung. „Wir müssen mit neuen Anreizen umsteuern.“ Im
kommenden Jahr soll das Erneuerbare-Energien-Gesetz
des Bundes (EEG) überarbeitet werden. Es soll dann Anfang 2012 in Kraft
treten. „Hier müssen die Signale so gesetzt werden, dass der Trend zum
Mais sich nicht in dieser Form fortsetzt“, erklärte Rumpf. Die
Neufassung des EEG sollte nach Ansicht der Ministerin dafür genutzt
werden, das Vergütungssystem zu vereinfachen und „von falschen Impulsen“
zu befreien. Der Bonus für nachwachsende Rohstoffe gehöre abgeschafft,
ein Bonus sollte nur noch für den Einsatz von Gülle, pflanzlichen
Reststoffen wie etwa Stroh und für Kraft-Wärme-Kopplung
angeboten werden, erläuterte Rumpf. Denn „der stark ausgeweitete
Silomaisanbau macht mir auch Sorgen. Die Folge ist eine zunehmende
Gefährdung des Grundwassers durch hohe Stickstoff-Einträge.“
In Deutschland gibt es mittlerweile fast 6000 Biogasanlagen, die zu
fast 90 Prozent mit Mais betrieben werden. Dadurch sind in der
Landwirtschaft große Monokulturen mit fragwürdigen ökonomischen und
ökologischen Folgen entstanden. Die Anbauflächen für Energiepflanzen wie
Mais seien innerhalb eines Jahres von 530 000 auf 650 000 Hektar
gestiegen. Folgen seien eine Verdrängung der Nahrungsmittelproduktion
und erhöhte Umweltbelastungen, so Agrarexperten. Die Verbraucher zahlten
demnach doppelt für den Biogasboom: über die Umlage beim Strompreis und
durch steigende Lebensmittelpreise, etwa für Kartoffeln und Bier.
Die Bundesregierung will Anfang kommenden Jahres einen
Entwicklungsbericht für das EEG vorlegen, der den Boom beim Biogas
ebenfalls sehr kritisch sehe, so „Der Spiegel“ weiter. Die Novelle des
EEG ist aber erst für 2012 vorgesehen. Bis dahin seien in Deutschland
noch weitere 800 Biogasanlagen geplant.
Landwirtschaftlich genutzte Fläche 2010
in SH gesamt 696.100 ha
darunter:
Getreide
| 297800 ha
|
Silomais
| 184500 ha
|
Raps
| 114200 ha
|
Grasanbau
| 67100 ha
|
Rüben
| 7700 ha
|
Brachflächen
| 6800 ha
|
Kartoffeln
| 5900 ha
|
Quelle: Statistikamt Nord