Hamburger Solarfirma vor Verkauf nach China
Ökostrom-Branche immer öfter Ziel von Übernahmen / Bundesrat entscheidet heute über gekürzte Förderung
Hamburg
Deutschlands Solarbranche steckt in der Krise – und vor allem
asiatische Firmen dürften sich darüber freuen. Laut einem Pressebericht
steht nun auch das angeschlagene Hamburger Unternehmen Conergy vor einem
Teilverkauf nach China. Conergy komme einem Vertrag mit einem
chinesischen Solarkonzern näher, der knapp 30 Prozent der Aktien
übernehmen wolle, berichtete die „Financial Times Deutschland“ unter
Berufung auf Unternehmenskreise. Bei dem Interessenten soll es sich um
einen Hersteller von Solartechnik handeln, der Teil eines
Firmenkonglomerats ist. Der chinesische Staat sei nicht beteiligt,
einige Manager seien aber regierungsnah.
Nach seinem Börsengang in 2005 zählte Conergy mit seinen über 1500 Mitarbeitern weltweit noch zu den Top-Technologie-Werten
aus Deutschland. Finanzierungsprobleme, Verdacht auf Unklarheiten in
den Bilanzen und der allgemeine Preisverfall der Solarbranche setzten
dem Unternehmen jedoch ab 2007 massiv zu. Meldungen über Verkäufe von
Firmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energie häuften sich zuletzt.
China mit seinem ungeheuren Energiehunger hat diesen Markt inzwischen
für sich entdeckt und treibt die wirtschaftlichen Entwicklungen in
diesem Feld auch mit Hilfe von staatlichen Förderungen aggressiv voran.
Deutsche Unternehmen zu Schleuderpreisen
Sowohl in Deutschland als auch in Europa hat die Branche dies zuletzt
stark zu spüren bekommen. Europäische Firmen sind für Asiaten vor allem
als Marken aber auch wegen ihrer Entwicklungsabteilungen begehrt. Erst
vor wenigen Wochen kamen Berichte auf, denen zufolge Chinesen den
weltgrößten Windkraftanlagenbauer Vestas kaufen wollen. Der Hamburger
Hersteller Repower Systems wurde zuletzt vom indischen Konkurrenten
Suzlon geschluckt. Ende 2011 kaufte das chinesische Staatsunternehmen
Three Georges mehr als ein Fünftel des portugiesischen Stromversorgers
Energias de Portugal. Das erklärte Ziel: einen chinesischen Öko-Stromkonzern in Europa errichten.
„Das Problem ist, wir haben keine verlässlichen Rahmenbedingungen“,
fasst David Wedepohl vom Bundesverband der Solarwirtschaft (BSW) die
Situation der taumelnden Branche zusammen. Das führe dazu, dass die
Finanzierung der Unternehmen erschwert werde. Er betont, dass die
Branche subventionsunabhängig werden wolle. Doch die Anpassungen des
Erneuerbaren
-Energien
-Gesetzes
(EEG) durch die Bundesregierung seien „zu abrupt, zu drastisch und zu
unberechenbar“. Er hofft jetzt auf den Bundesrat, der heute über die
Anpassungen entscheiden soll. „Wir haben es geschafft, Systempreise und
Förderpreise in den letzten drei Jahren zu halbieren“, fügt er hinzu und
verweist er auf die einzigartige Forschungslandschaft in Deutschland in
diesem Bereich. Doch allen Erfolgen der Branche zum Trotz. Unternehmen
wie Conergy sind auf frisches Kapital angewiesen. Für ein Drittel der
Hamburger Firma müssten die Chinesen aufgrund des schlechten Börsenwerts
derzeit nur 30 Millionen Euro zahlen – ein Schnäppchen.
Simone Hett
Till H. Lorenz