Klotzen gegen den Ausverkauf
China will Ökostrom-Konzern kaufen
Till H. Lorenz
Vor einigen Jahren schien das Ziel noch klar: Deutschland wird
weltweiter Vorreiter bei den erneuerbaren Energien. Deutschland
entwickelt, installiert und exportiert Solar- und Windkraftanlagen. Die
Bundesrepublik verdient am weltweiten Wunsch nach grüner, günstiger
Energie. Doch das war einmal.
International gerät Deutschland zunehmend ins Hintertreffen. Wenn es
darum geht, sich Anteile am weltweiten Geschäft mit dem Ökostrom zu
sichern, gehen die asiatischen Länder aggressiv zu Werke. Allen voran
mischt China mit seinen milliardenschweren Staatsfonds und
Staatsbetrieben die Branche auf. Aktuell wird nirgendwo jährlich so viel
Wind- und Solarkraft installiert wie in Fernost. Allein der aktuelle
Fünf-Jahres-Plan der
Regierung in Peking stellt über 400 Milliarden Euro als zentrale
Investitionen für entsprechende Schlüsselindustrien im „Reich der Mitte“
bereit.
Die Forderungen deutscher Politiker, die Bundesrepublik solle
Trendsetter beim grünen Strom sein, drohen so zunehmend zu Sonntagsreden
zu verkommen. Ein Land, das über keine nennenswerten Rohstoffe verfügt,
ist immer auf Forschung und Ingenieursleistung angewiesen und darauf,
technologischer Vorreiter zu sein. Der Atomausstieg hätte hierfür den
Weg bereiten sollen. Doch Berlin hat ihn von hinten aufgezäumt. So fehlt
es heute an Netzkapazitäten, der Offshore-Ausbau ist ins Stocken geraten, die EEG-Umlage
bedürfte einer grundlegenden Überarbeitung seiner Strukturen – jenseits
der Förderhöhen einzelner Energiequellen, über die heute der Bundesrat
wieder streiten wird. Die Bundesregierung muss klotzen und nicht
kleckern, wenn das Land an Zukunftstechnologien verdienen soll.
Ansonsten ist zu befürchten, dass ein großer Öko-Stromanlagen bauer nach dem anderen eine Pekinger Anschrift auf seinem Briefkopf erhält.