Rekorde helfen wenig weiter
Was die Windkraft wirklich braucht
Henning Baethge
Die Windkraftbranche meldet neue Rekordzahlen aus dem ersten Halbjahr
2013. Sie freut sich, dass in der ersten Hälfte dieses Jahres so viel
neue Leistung in Deutschland installiert worden ist wie noch nie – trotz
der von Umweltminister Peter Altmaier ausgelösten Diskussion über eine
Kürzung der Vergütung für Windmüller. Allerdings konnte sich die Debatte
noch gar nicht bemerkbar machen, da Investitionen in Windkraftanlagen
über längere Zeiträume als halbe Jahre geplant werden.
Vor allem aber sollte die Erfolgsmeldung nicht darüber
hinwegtäuschen, dass zum Gelingen der Energiewende viel mehr und ganz
anderes nötig ist als das bisher ungeordnete Schneller-Höher-Weiter
bei den erneuerbaren Stromquellen. Auch die Branche hat begriffen, dass
weder der ungesteuerte Ausbau der regenerativen Energien noch das
jetzige Fördersystem der Weisheit letzter Schluss sind. Solange die
Umlage für Ökostrom weiterhin steigt, wenn der Strompreis an der Börse
sinkt, werden die Verbraucher wenig Verständnis für das Großprojekt
Energiewende aufbringen - erst recht wenn gleichzeitig fertige Windparks
auf hoher See stillstehen und zu verrosten drohen, weil kein Kabel zu
ihnen führt.
Schon längst ist daher klar, dass es zu den dringendsten Aufgaben
einer neuen Bundesregierung gehören muss, so schnell wie möglich eine
grundlegende Reform des Strommarktes auf den Weg zu bringen. Leicht wird
das nicht, weil viele mitreden wollen: Bund, Länder, Energieversorger,
Windmüller, Bauern, Naturschützer, Wirtschaft, Verbraucher. Und leicht
wird es auch deshalb nicht, weil bisher nirgends ein Patentrezept in
Sicht ist. Ein bisschen mehr Markt bei den Erneuerbaren wird wohl sein
müssen – eine Einbeziehung der Kosten durch Umweltschäden und
Endlagerung bei Kohle und Atom aber auch.