Eine kluge Dosierung ist gefragt
Im Streit um den Ausbau der Windkraft an Land
ist ein Kompromiss zwischen Wirtschaftsminister Gabriel und seinem
Kieler Parteifreund Albig machbar
Henning Baethge
Torsten Albig und Sigmar Gabriel waren bemüht, die Wogen zu glätten. Nachdem Schleswig-Holsteins
Ministerpräsident die Pläne seines Parteichefs und
Bundeswirtschaftsministers zur Deckelung des Windkraftausbaus gestern
als „unsinnig“ bezeichnet hatte, ließen beide SPD-Politiker
kurz darauf verkünden: „Es gibt keinen unüberwindbaren Dissens.“ Das
klingt wie eine pure Beschwichtigungsformel, könnte sich aber durchaus
als richtig erweisen – vorausgesetzt die zwei Sozialdemokraten lassen
Vernunft walten.
Denn einerseits hat Minister Gabriel Recht: Ein unkontrollierter
Ausbau der erneuerbaren Energien zu unveränderten Fördersätzen droht den
Strompreis in unzumutbare Höhen und die Zustimmung zur Energiewende in
den Keller zu treiben. Daher sind Reformen bei der Subventionierung von
Wind-, Sonnen- und Bioenergie höchste Zeit. Andererseits hat auch Albig
Recht: Ausgerechnet die günstigste Form der Stromproduktion zu bremsen,
die Windkraft an Land, ist unvernünftig – erst recht, wenn dann nicht
mal der künftig wegfallende Atomstrom durch Ökostrom ersetzt werden
kann.
Allerdings haben Albig und sein Energieminister Robert Habeck auch
schon eingeräumt, dass die derzeitige Windkraftförderung von rund 9 Cent
pro Kilowattstunde im Norden durchaus auf 7,5 Cent oder weniger gesenkt
werden kann, ohne den Ausbau zu gefährden. Damit weisen sie auch den
Weg für einen Kompromiss mit Gabriel: Würden die Subventionen für die
Windkraft in den nächsten Jahren allmählich und berechenbar weiter
reduziert, könnten die Kosten sinken, ohne den Ausbau abzuwürgen und die
Planungssicherheit zu gefährden.
Auch Gabriel lässt den Weg zur geplanten Drosselung der Windkraft
offen. Zwar will er künftig nicht mehr als jährlich 2500 Megawatt
Leistung an Land installieren lassen. Doch wird er dafür keine Fallbeil-Regelung
durchsetzen können, die kein Windrad mehr erlaubt, sobald die Marke
erreicht ist. Vielmehr wäre es klug, die Subventionen über einen
vorgegebenen Pfad unabhängig vom Ausbaustand über die schon geltende
jährliche Kürzungsquote von 1,5 Prozent hinaus zu verringern. Bei kluger
Dosierung der Kürzungen stellt sich ein kontrollierter Ausbau dann auch
ohne strikten Deckel wie von selbst ein: An windreichen Standorten
würden sich Investitionen weiter lohnen, an windarmen nicht mehr. So
wäre es vernünftig.