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De Jager wirbt für höhere Akzeptanz der Windkraft. WZ vom 03.02.2012

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 04.02.12, 22:02  Betreff: De Jager wirbt für höhere Akzeptanz der Windkraft. WZ vom 03.02.2012  drucken  weiterempfehlen

Seite 1:

De Jager wirbt für höhere Akzeptanz der Windkraft

Kiel /lno /ffu

Der Widerstand gegen den Ausbau der Windkraft-Standorte
von 0,75 auf 1,5 Prozent der Landesfläche wächst – doch
Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) ruft dazu auf, dabei nicht nur
persönliche Betroffenheiten im Blick zu haben. Es müssten auch regionale
Entwicklungschancen gesehen werden. „So können wir mit Windparks oder
Biogasanlagen auch Wertschöpfung in Gegenden bringen, in denen das sonst
schwierig wäre“, sagte er. „Der Preis der Wende zu erneuerbaren
Energien sind mehr Stromleitungen und Windanlagen.“ Wo Gemeinden dennoch
etwa per Bürgerentscheid Nein zu Windparks sagten, sei das absolut in
Ordnung, sagte de Jager. „Es geht nicht darum, etwas aufzuoktroyieren.“
Nach Angaben der Dachorganisation „gegenwind-sh“ haben sich bereits 60 Bürger-Initiativen gegen die neuen Windeignungsflächen gebildet. Sie fordern unter anderem größere Abstände zu Häusern.

Seite 4:



Wind gegen Mühlen
Bürger-Initiativen stehen gegen den Rotoren-Boom auf / Sie fordern größere Abstände – und prophezeien Konsequenzen bei der Kommunalwahl



Kiel

Bei neuen Windkraftanlagen mindestens zwei Kilometer Abstand zur
nächsten Wohnbebauung: So lautet angesichts des wachsenden Widerstands
von Bürgern die Minimalforderung des Aktionsbündnisses „gegenwind-sh“, in dem sich 60 Bürgerinitiativen aus Schleswig-Holstein
gegen die vom Land geplante Ausweitung der Rotorenstandorte organisiert
haben. Bisher dürfen die immer größeren Mühlen auf bis zu 400 Meter an
Einzelhäuser und 800 Meter an Siedlungen heranrücken.


„Es ist vermessen, die Leidensfähigkeit betroffener Nachbarn von der
Anzahl der Häuser abhängig zu machen“, findet „Gegenwind“-Vorsitzender
Frank Jurkat. Ebenso fordert der Speditionskaufmann aus Schiphorst
(Kreis Herzogtum Lauenburg) ein Ende der Praxis, dass die Betreiber von
Windkraftanlagen die Lärm-Gutachten selbst in
Auftrag geben. Für Schiphorst ist dies Anlass für latentes Misstrauen
der Bürger: „Da ist der Verdacht von Abhängigkeiten programmiert. Für
die Geräuschmessungen muss eine neutrale Stelle zuständig sein, die die
Gutachter-Kosten dann den Investoren in Rechnung stellt“, lautet einer seiner Appelle für mehr Akzeptanz.


Nachdem der Landtag beschlossen hat, den Anteil der Windkraft-Standorte
an der Landesfläche ab 2013 von 0,75 auf 1,5 Prozent zu erhöhen, sind
aus den Kreisen im Kieler Innenministerium 530 kritisch bis ablehnende
Stellungnahmen eingegangen. Geräusch-Belästigungen
und Schattenwurf führen die Liste der Sorgen an. Dass der mit dem
bloßen Ohr nicht hörbare, sich körperlich aber möglicherweise dennoch
auswirkende Infraschall bei den Genehmigungen überhaupt nicht
berücksichtigt werde, wird ebenfalls häufig beklagt. In bisher 29
Gemeinden hat es nach Informationen unserer Zeitung Anläufe zu einem
Bürgerbegehren – der per Protestunterschrift dokumentierten Vorstufe
eines Bürgerbegehrens – gegeben. Tatsächlich zu einer Abstimmung der
Einwohner in Form eines Bürgerentscheids gekommen ist es in bisher 22
Gemeinden. 19 davon gingen zu Ungunsten der Ausbaupläne für die
Windkraft aus.


Dass die Bürger nicht noch häufiger an die Urnen gerufen wurden,
liegt nach Einschätzung Jurkats daran, dass die Kommunalpolitiker die
Menschen nicht über entsprechende Pläne informieren würden – ein
Bürgerbegehren aber spätestens sechs Wochen nach dem Beschluss der
Gemeindevertretung vorbereitet werden muss. „Jedes Spanferkelessen der
Freiwilligen Feuerwehr wird prominenter angekündigt als ein Votum zur
Windkraft“, kritisiert er. „Da haben die Bürger kaum Chancen,
rechtzeitig zu reagieren.“ Oft manifestiere sich in dem Wirbel um die
Windkraft auch ein Konflikt zwischen alteingesessenen Dorfbewohnern und
Zuzüglern in den Neubaugebieten: „In den Gemeinderäten sitzen zu einem
überproportionalen Anteil Landwirte oder deren Verwandte. Denen gehören
die Flächen, auf denen sie mit neuen Rotoren Geld verdienen wollen. Da
geht es schnell um einige zehntausend Euro pro Jahr.“


Seit November registriert der „Gegenwind“-Frontmann einen stark wachsenden Verdruss. Die Folgen des Landtags-Beschlusses konkretisieren sich nun vor Ort. Als Zusatz-Faktor
für den steigenden Unmut sieht Jurkat Unzufriedenheit mit der
Bürgerbeteiligung durch das Innenministerium. Dieses bot Kritikern an,
auf einer Internet-Seite mit Fristablauf Mitte November Stellung zur Ausweisung der Windkraft-Areale
zu nehmen. „Eine reine Farce“, urteilt Jurkat darüber. Er moniert, dass
die Seite mit teils veraltetem Kartenmaterial online gegangen sei. So
hätten Gemeinden gegenüber den dort dargestellten Flächen Gebiete noch
vielfach nach- oder umgemeldet. In Jurkats Heimatgemeinde Schiphorst
etwa entpuppten sich die Flächen als dreimal größer und völlig anders
geschnitten.


Der „Gegenwind“-Chef prophezeit, dass viele der neuen Bürger-Initiativen
bei der nächsten Kommunalwahl als Wählergemeinschaften antreten werden.
„Schon allein, um langfristig Sicherheit für ihre Vorstellungen zu
haben.“ Denn: Der Ausgang eines Bürgerentscheids ist nur zwei Jahre
binden.


Anders als von Politikern häufig angemerkt, sieht Jurkat keine Lösung
der Konflikte, indem Investoren verstärkt mit dem Instrument eines
Bürger-Windparks arbeiten – bei dem viele kleine
Anteilseigner von den Einnahmen aus der Stromproduktion profitieren
könnten. „Die Windparks sind nicht so ertragreich und verlässlich wie es
oft versprochen wird“, lautet sein Eindruck. Unter anderem beruft sich
der Lauenburger auf Gerichtsurteile, etwa des Landgerichts Itzehoe, die
ein entsprechendes finanzielles Engagement in bestimmten Fällen als
„Hochrisiko-Anlage“ charakterisieren. Die Einschätzung, dass einige wenige Betroffene Windkraft-Anlagen
zu Gunsten des Klimaschutzes für die Allgemeinheit vielleicht einfach
ertragen müssen, lässt Jurkat deshalb ebensowenig gelten: „Für wen denn
ertragen? Für den Profit einiger weniger?“
Frank Jung





Kommentar von Seite 2:



Berechtigte Bedenken

Nicht jeder Gegner von Windrädern oder Strommasten ist ein uneinsichtiger Wutbürger

Henning Baethge

Jetzt wird es ernst mit der Energiewende. In den nächsten drei
Monaten legt die Landesregierung Zusatzflächen für Windräder fest. Bald
darauf entsteht in Dithmarschen die erste neue Höchstspannungsleitung,
die künftige Meereswindparks anbinden soll. Und schon jetzt dominiert
der Anbau von Mais für Biogasanlagen die Felder. „Die Landschaft wird
sich verändern“, hat Ministerpräsident Peter Harry Carstensen treffend
prophezeit.


Nicht jedem gefällt das, natürlich nicht. Propellertürme und
Strommasten zum Beispiel sind nun mal hässlich. Und viele Kritiker
halten sie wegen Schattenwurfs, Rotorrauschens oder Elektrosmogs auch
für krankmachend. So gibt es gute Gründe dafür, dass Bürgerentscheide
zuletzt oft gegen neue Windparks ausgegangen sind – und sei es nur, weil
die Grundstücke eines Dorfes an Wert verlieren. Das darf die
Betroffenen selbstverständlich stören, ohne dass sie dadurch gleich in
die Ecke des uneinsichtigen Wutbürgers oder ewiggestrigen
Besitzstandswahrers geraten.


Allerdings führt am Ausbau der erneuerbaren Stromquellen auch kein
Weg vorbei. Es geht daher jetzt nicht mehr um das Ob, aber sehr wohl um
das Wie. Vor allem um die Frage, wie die Politiker die Bürger für das
Mammutprojekt gewinnen wollen. Wie sie Akzeptanz für jedes Windrad,
jeden Strommast schaffen können. Mit purem Zwang sind diese Mühen der
Ebene nicht zu bewältigen – da hat Schleswig-Holsteins
Wirtschaftsminister Jost de Jager recht. Ein guter Weg wäre es
vielmehr, den Bürgern viele direkte Beteiligungschancen an Windfarmen
oder Netzgesellschaften zu bieten. Wer im täglich zu erduldenden Windrad
oder Strommast auch die eigene Altersvorsorge sieht, akzeptiert die
Anlagen eher. Und auch über einen Ausgleich für den Wertverlust von
Grundstücken darf man nachdenken – der muss ja nicht vom klammen Staat,
sondern kann vom profitierenden Betreiber kommen.


Etwas konstruktiver als bisher sollten sich aber auch die
Windkraftgegner verhalten. Wer zwischen Häusern und Rotoren übertriebene
Mindestabstände von gleich zwei Kilometern fordert, der weiß, dass er
damit den weiteren Ausbau der Windenergie blockiert. Und zurück zur
Atomkraft und Kohle kann auch von den Windkritikern niemand ernsthaft
wollen.







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