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Interview
Windbranche vor stürmischen Zeiten
Herr Schmidt, durch das Reaktor-Unglück in Fukushima steht die Energiebranche vor einem Neuanfang. Der Atomausstieg ist beschlossene Sache. Regenerative Energien sollen in Deutschland in Zukunft noch stärker an Bedeutung gewinnen. Welche konkreten Auswirkungen haben die Beschlüsse der Bundesregierung auf die Windbranche in Schleswig-Holstein?
Das lässt sich so konkret nicht sagen. Es gibt zwar eine Ausstiegsplanung, es gibt aber keine vernünftige Einstiegsplanung in erneuerbare Energien. Das muss man bundespolitisch ganz kritisch sehen. Eigentlich hätte man Ausbauszenarien entwickeln müssen, mit einzelnen Meilensteinen. Wie viel Windkraft will ich an Land haben? Wie stark soll Biomasse ausgebaut werden? Das Ganze hat sehr hastig gewirkt. Wir waren in mehrere Gesetzes-Novellen wie die des Erneuerbare-Energien-Gesetzes involviert. Wir haben die Gesetzentwürfe bekommen und insgesamt hatten wir dann vielleicht 24 Stunden Zeit, das zu kommentieren. Dass das handwerklich nicht gut werden kann, das ist klar. Und was Schleswig-Holstein betrifft - das Land hat sich schon lange vor Fukushima durch die Ausweisung zusätzlicher Windkraftnutzungsgebiete für Windkraft entschieden.
Das stimmt. Der Umfang der Windkrafteignungsgebiete soll von 0,78 auf 1,5 Prozent der Landesfläche fast verdoppelt werden. Das Planungsverfahren läuft ja schon eine ganze Weile. Wie lange wird es dauern, bis zusätzliche Windkraftanlagen installiert werden können?
Die Landesregierung hat Ende Juni die fünf Regionalpläne verabschiedet. Von Mitte August bis Ende des Jahres soll das öffentliche Anhörungsverfahren laufen. In dieser Zeit können Gemeinden und auch Bürger, die sich in irgendeiner Form benachteiligt fühlen, Widerspruch einlegen.
Rechnen Sie mit großem Widerstand?
Das lässt sich schwer abschätzen.
Mal angenommen, es gibt keine größeren Einwände. Wann können in Schleswig-Holstein zusätzliche Windkraftanlagen installiert werden?
Wenn die Regionalpläne rechtsverbindlich sind, muss noch die kommunale Bauleitplanung angepasst werden. Darin kann dann beispielsweise festgelegt werden, welche Höhe Windkraftanlagen in einzelnen Gemeinden haben dürfen. Auch muss ausgeschlossen werden, dass es Konflikte mit dem Naturschutz gibt. Ich denke, wenn alles optimal läuft, werden die ersten Anlagen Ende 2012 errichtet. In der Regel wird es aber zwei, drei Jahre dauern. Dann geht es richtig los.
"Losgehen" ist ja auch mit Blick auf die geplanten Windparks im Meer ein gutes Stichwort. Wirtschaftsförderer und das Land haben sich vergangenes Jahr mächtig ins Zeug gelegt. Sie haben eine Strategie entwickelt, wie die regionale Wirtschaft von den Offshore-Parks profitieren kann. Im Sommer 2010 haben die Westküstenhäfen bekannt gegeben, dass sie in Sachen Offshore miteinander kooperieren wollen. Seitdem wurden immer feinere Konzepte der Zusammenarbeit entwickelt - zuletzt sogar speziell für die vor der schleswig-holsteinischen Küste genehmigten Windparks. Nur große Erfolgsmeldungen hat es bisher noch gegeben...
Die maßgeschneiderten Konzepte für die einzelnen Windparks sind erst vor kurzem fertig gestellt worden. Sie liegen den Windparkbetreibern vor, werden dort diskutiert. Wissen Sie, das Problem oder vielleicht auch gerade unsere Chance ist es, dass die meisten Windparkbetreiber noch keine ausgereiften Service-Wartungskonzepte haben.
Sie haben den Windparkbetreibern also quasi die Arbeit abgenommen?
Ja, ein bisschen - aber wir wollen davon ja auch profitieren. Wir erhoffen uns dadurch auch einen Vorteil gegenüber den niedersächsischen Häfen und Bremerhaven, die sich erstens gern gegenseitig Konkurrenz machen und zweitens ihre Aktivitäten häufig nur auf einzelne Dienstleistungen ausgerichtet haben.
Für den Windpark DanTysk vor Sylt kommen Ihre Pläne aber offenbar zu spät. Denn die gemeinsamen Betreiber Vattenfall und Stadtwerke München haben erst kürzlich bekannt gegeben, dass die fünf großen Hauptlieferanten feststehen. Da ist unter anderem von einem niederländischen Unternehmen die Rede. Basishafen für den Bau soll das dänische Esbjerg sein...
Ja, das stimmt. Das liegt sicherlich daran, dass es in Esbjerg bereits eine fertige Infrastruktur gibt. Vielleicht hat Schleswig-Holstein in diesem Fall aber auch nicht rechtzeitig und nicht deutlich genug klar gemacht, welche Möglichkeiten wir haben. Es hat aber auch mit der Wahl des Windkraftanlagenherstellers zu tun. Für den Windpark wurden Siemens-Anlagen geordert, die für Nordseeprojekte in der Regel von Esbjerg aus verschifft werden.
Für den neuen Schwerlasthafen in Osterrönfeld läuft es bisher ja auch nicht so gut, dadurch, dass Repower seine Produktionspläne dort zumindest kurzfristig nicht umsetzen will. In den Hafen sind immerhin Millionen öffentlicher Gelder geflossen...
Und das war richtig. Ich mache mir keine Sorgen um den Hafen. Es wird neue Interessenten geben. Wenn ein Projektpartner abspringt, ist das Kind nicht gleich in den Brunnen gefallen. Abgesehen davon gibt es auch gute Nachrichten, denn das Land, die Brunsbüttel Ports und die Wirtschaftsförderer von der Egeb haben sich darauf geeinigt, eine Offshore-Pier in Brunsbüttel zu bauen. Die Umsetzung ist auf gutem Weg. Wenn die nächsten Windparks vor unserer Küste errichtet werden, sind wir startbereit.
(tnn, shz)
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