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Die Neuoffenbarung von Lorber

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Pegus
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New PostErstellt: 30.08.04, 20:20  Betreff: Re: Die Neuoffenbarung von Lorber/ KOSMOS  drucken  weiterempfehlen

Ich denke ,(das viel abhandenkam) dass diess unsere alleinige Schuld einfach sein muss. Bezogen, auf unseren freien Willen! Wir könnens und sollens ja auch überhaupt nicht auf unsere Vorfahren abschieben, da diess ja wiederrum wir selber (zumindest tlw.) gewesen sein könnten. Es gibt da genug Beispiele, die die Reinkarnation, vollends untermauern. Mit unserem Dasein, hat es schon Seine Richtigkeit - es ist alles so Perfekt abgestimmt, dass ich mir schon sicher bin, dass hier keiner zu kurz kommt....
Liebe Grüsse, Pegus

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Pegus
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New PostErstellt: 30.08.04, 20:22  Betreff: Es wird noch vieles auf der Erde geschehen  drucken  weiterempfehlen

Es wird noch vieles auf der Erde geschehen, und viele Menschen werden in Verwirrung geraten. Einige werden aufstehen, um in Meinem Namen zu predigen, Kranke zu heilen und Teufel auszutreiben. Sie werden zu euch sagen: "Hier ist Christus, dort ist Christus." Glaubt ihnen nicht!
Laßt euch nicht verführen, denn nicht immer bin Ich es, der durch solche Menschen wirkt. An ihren Früchten wird man die Meinen erkennen, an ihrer alles umfassenden Liebe und ihrem Wandel nach Meinem Wort.

Noch hat der Himmel Erbarmen, - aber wie lange noch? Seht, es werden die Tore geschlossen. Ist nicht an alle Mein Ruf ergangen? Habe Ich sie nicht alle zum Festmahl geladen? Habe Ich die Meinen nicht hinausgesandt an die Straßen und Zäune, um alle hereinzuholen, die willigen Herzens sind?
Wehe aber den Menschen, die Meine Liebe verschmähen, die eigene Wege, die Wege der Welt, gehen und sich bewußt von Mir abwenden! Sie werden durch ihr eigenes Gericht, das sie sich herbeiziehen, bestraft werden, denn: "Was der Mensch sät, das wird er ernten!"
Nicht Ich als liebender Vater, bestrafe die Menschen. Sie ziehen die Strafe selbst auf sich herab, wenn sie sich von dem liebenden Gott abwenden und sich wissentlich gegen ihn versündigen. Hier kann ich dann nicht mehr Meine Liebe und Barmherzigkeit walten lassen, sondern nur noch Meine Gerechtigkeit.

Legt eure Hände in die Meinen. Ich will euch führen. Legt alle Zweifel, alle Wankelmütigkeit ab und habt felsenfestes Vertrauen. Erkennt euren Weg, erkennt euer Ziel. Wie lange habt ihr nach Mir gesucht und Mich nicht gefunden? Jetzt aber bin Ich euch ganz nahe, ganz nahe, und Ich sage zu euch: "Bald wird das große Amen über diese Erde gesprochen. Wohl dem Herzen, das dann in Mir seinen Grund und sein Leben gefunden hat."
LG. Pegus


[editiert: 31.08.04, 17:30 von Pegus]
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Pegus
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New PostErstellt: 04.09.04, 09:00  Betreff: Re: Die Neuoffenbarung von Lorber/ Jenseitsführung  drucken  weiterempfehlen

Bischof Martins Ankunft im Jenseits.
Aus der Neuoffenbarung- die dem Schreibknechte- Jakob Lorber (Lorber - Bibel) durch tlw. " Jesus Christus " selbst diktiert wurde. Bischof Martin ist nur ein kleiner Ausschnitt des Gesammtwerkes, dass 25. Bände umfasst. Mögen auch Engel am diktat gewesen sein (zwischendurch) so bleibt die Quelle immer diesselbige " Jesus Christus " Viel wird auch über das ALL Offenbart, wobei sogar Nahmhafte Wissenschaftler nicht umhinkonnten- dem Werke " Göttl. Charakter " zuzuschreiben!
Die Hompage - ist http://www.urka.de www.eppich.de
Copright by Peter Eppich
PS: Also, ich stelle jetzt die Jenseitsführung rein.....Pegus
P,.:`#.:,,S


[editiert: 04.09.04, 09:03 von Pegus]
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Pegus
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New PostErstellt: 04.09.04, 09:08  Betreff: Des alten Bischof Martin irdisches Ende -Jenseitsankunft  drucken  weiterempfehlen

HI Bitte bedenken, dass die Sprache vor ung. 150. Jahren, etwas anders war!/11. Kapitel – Des alten Bischof Martin irdisches Ende und seine Ankunft im Jenseits.

[BM.01_001,01] Ein Bischof, der auf seine Würde große Stücke hielt und ebensoviel auf seine Satzungen, ward zum letzten Male krank.
[BM.01_001,02] Er, der selbst noch als ein untergebener Priester des Himmels Freuden mit den wunderlichsten Farben ausmalte – er, der sich gar oft völlig erschöpfte in der Darstellung der Wonne und Seligkeit im Reiche der Engel, daneben aber freilich auch die Hölle und das leidige Fegefeuer nicht vergaß, hatte nun – als selbst schon beinahe achtzigjähriger Greis – noch immer keinen Wunsch, von seinem oft gepriesenen Himmel Besitz zu nehmen; ihm wären noch tausend Jahre Erdenleben lieber gewesen als ein zukünftiger Himmel mit allen seinen Wonnen und Seligkeiten.
[BM.01_001,03] Daher denn unser erkrankter Bischof auch alles anwandte, um nur wieder irdisch gesund zu werden. Die besten Ärzte mußten stets um ihn sein; in allen Kirchen seiner Diözese mußten Kraftmessen gelesen werden; alle seine Schafe wurden aufgefordert, für seine Erhaltung zu beten und für ihn fromme Gelübde gegen Gewinnung eines vollkommenen Ablasses zu machen und auch zu halten. In seinem Krankengemach ward ein Altar aufgerichtet, bei dem vormittags drei Messen zur Wiedergewinnung der Gesundheit mußten gelesen werden; nachmittags aber mußten bei stets ausgesetztem Sanktissimum die drei frömmsten Mönche in einem fort das Breviarium beten.
[BM.01_001,04] Er selbst rief zu öfteren Malen aus: „O Herr, erbarme Dich meiner! Heilige Maria, du liebe Mutter, hilf mir, erbarme dich meiner fürstbischöflichen Würden und Gnaden, die ich trage zu deiner Ehre und zur Ehre deines Sohnes! O verlasse deinen getreuesten Diener nicht, du alleinige Helferin aus jeder Not, du einzige Stütze aller Leidenden!“
[BM.01_001,05] Aber es half alles nichts; unser Mann verfiel in einen recht tiefen Schlaf, aus dem er diesseits nicht mehr erwachte.
[BM.01_001,06] Was auf Erden mit dem Leichnam eines Bischofs alles für ‚hochwichtige‘ Zeremonien geschehen, das wisset ihr, und wir brauchen uns dabei nicht länger aufzuhalten; dafür wollen wir sogleich in der Geisterwelt uns umsehen, was unser Mann dort beginnen wird!
[BM.01_001,07] Seht, da sind wir schon – und seht, da liegt auch noch unser Mann auf seinem Lager; denn solange noch eine Wärme im Herzen ist, löst der Engel die Seele nicht vom Leibe. Diese Wärme ist der Nervengeist, der zuvor von der Seele ganz aufgenommen werden muß, bis die volle Löse vorgenommen werden kann.
[BM.01_001,08] Aber nun hat dieses Mannes Seele schon völlig den Nervengeist in sich aufgenommen, und der Engel löst sie soeben vom Leibe mit den Worten: „Epheta“, d.h. „Tue dich auf, du Seele; du Staub aber sinke zurück in deine Verwesung zur Löse durch das Reich der Würmer und des Moders. Amen.“
[BM.01_001,09] Nun seht, schon erhebt sich unser Bischof, ganz wie er gelebt hatte, in seinem vollen Bischofsornate und öffnet die Augen. Er schaut erstaunt um sich und sieht außer sich niemanden, auch den Engel nicht, der ihn geweckt hat. Die Gegend ist nur in sehr mattem Lichte gleich einer ziemlich späten Abenddämmerung, und der Boden gleicht dürrem Alpenmoose.
[BM.01_001,10] Unser Mann erstaunt nicht wenig über diese sonderbare Bescherung und spricht nun zu sich: „Was ist denn das? Wo bin ich denn? Lebe ich noch oder bin ich gestorben? Denn ich war wohl sehr krank und es kann leicht möglich sein, daß ich mich nun schon unter den Abgeschiedenen befinde! – Ja, ja, um Gotteswillen, es wird schon so sein! – O heilige Maria, heiliger Joseph, heilige Anna, ihr meine drei mächtigsten Stützen: kommet und helft mir in das Reich der Himmel!“
[BM.01_001,11] Er harrt eine Zeitlang, sorglich um sich spähend, von welcher Seite die drei kommen würden; aber sie kommen nicht.
[BM.01_001,12] Er wiederholt den Ruf kräftiger und harrt; aber es kommt immer noch niemand!
[BM.01_001,13] Noch kräftiger wird derselbe Ruf zum drittenmal wiederholt, – aber auch diesmal vergeblich!
[BM.01_001,14] Darob wird unserem Manne überaus bange. Er fängt an, etwas zu verzweifeln und spricht in seiner stets verzweifelter werdenden Lage: „Oh, um Gotteswillen, Herr, steh mir bei! (Das ist aber nur sein angewöhntes Sprichwort.) – Was ist denn das? Dreimal habe ich gerufen, – und umsonst!
[BM.01_001,15] Bin ich denn verdammt? Das kann nicht sein, denn ich sehe kein Feuer und keine Gottstehunsbei!
[BM.01_001,16] Hahahaaaaa (zitternd) – es ist wahrhaft schrecklich! – So allein! O Gott, wenn jetzt so ein Gottstehunsbei herkäme, und ich – keinen Weihbrunn, dreimal consekriert, kein Kruzifix, – was werde ich tun?!
[BM.01_001,17] Und auf einen Bischof soll der Gottstehunsbei eine ganz besondere Passion haben! – Oh, oh, oh (bebend vor Angst), das ist ja eine ganz verzweifelte Geschichte! Ich glaube gar, es stellt sich bei mir schon Heulen und Zähneklappern ein?
[BM.01_001,18] Ich werde mein Bischofsgewand ablegen, da wird Gottstehunsbei mich nicht erkennen! Aber damit hätte Gottstehunsbei vielleicht noch mehr Gewalt über unsereinen?! – O weh, o weh, was ist der Tod doch für ein schreckliches Ding!
[BM.01_001,19] Ja, wenn ich nur ganz tot wäre, da hätte ich auch keine Furcht; aber eben dieses Lebendigsein nach dem Tode, das ist es! O Gott, steh mir bei!
[BM.01_001,20] Was etwa geschähe, so ich mich weiterbegäbe? Nein, nein, ich bleibe! Denn was hier ist, das weiß ich nun aus der kurzen Erfahrung; welche Folgen aber nur ein rätselhafter Tritt weiter vor- oder rückwärts hätte, das wird allein Gott wissen! Daher will ich in Gottes Namen und im Namen der seligsten Jungfrau Maria lieber bis auf den Jüngsten Tag hier verharren, als mich nur um ein Haarbreit vor- oder rückwärts bewegen!“
Teil 1

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Pegus
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New PostErstellt: 04.09.04, 09:11  Betreff: Re: Die Neuoffenbarung von Lorber  drucken  weiterempfehlen

3. Kapitel – Bischof Martin in Gesellschaft eines scheinbaren Kollegen. Die guten Vorschläge des Führers.

[BM.01_003,01] Seht, nun setzt unser Mann seine Füße in Bewegung und geht behutsam und prüfenden Schrittes seinem sich stets mehr bewegenden Gegenstande zu!
[BM.01_003,02] Nach wenigen Schritten auch schon ganz wohlbehalten dort, staunt er nicht wenig, unter dem Baume auch einen Mann seinesgleichen zu finden, nämlich auch einen Bischof in optima forma, – freilich nur der Erscheinlichkeit nach; denn in Wirklichkeit ist das der Engel, der stets unsichtbar unserem Manne zur Seite war. Der Engel selbst aber ist der selige Geist Petri.
[BM.01_003,03] Höret nun, wie unser Mann seinen vermeintlichen Kollegen anredet und sich weiterhin mit ihm bespricht! So beginnt er:
[BM.01_003,04] „Seh ich recht oder ist es bloß ein Augentrug? Ein Kollege, ein Mitarbeiter im Weinberge des Herrn?! Welch eine endlose Freude, nach Millionen Jahren endlich wieder einmal einen Menschen, und einen Kollegen noch dazu, in dieser Wüste aller Wüsten zu finden!
[BM.01_003,05] Ich grüße dich, lieber Bruder! Sage, wie bist denn du hierher gekommen? Hast du etwa auch schon mein Alter in dieser schönen Geisterwelt erreicht? Weißt, so zirka fünf Millionen Jahre auf einem und demselben Flecke, – fünf Millionen Jahre!“
[BM.01_003,06] Der Engel als vermeintlicher Bischofskollege spricht: „Ich bin fürs erste dir ein Bruder im Herrn und natürlich auch ein alter Arbeiter in Seinem Weinberge. Was aber mein Alter betrifft, da bin ich der Zeit und dem Wirken nach älter, aber der Einbildung nach viel jünger als du.
[BM.01_003,07] Denn siehe, fünf Millionen Jahre der Erde sind ein ganz respektabler Zeitraum für einen geschaffenen Geist, – obschon vor Gott kaum etwas, indem Sein Sein weder durch die Zeitenfolge noch durch Raumesausdehnungen bemessen wird, sondern in allem ewig und unendlich ist!
[BM.01_003,08] Du bist daher in einer großen Irre als Neuling in der endlosen Welt der Geister. Denn wärest du fünf Millionen Jahre hier, dann hättest du schon lange ein anderes Kleid, indem in dieser Zeit der Erde Berge schon lange werden geebnet und ihre Täler ausgefüllt, ihre Meere, Seen, Flüsse und Moräste ausgetrocknet sein. Und auf der Erde wird auch eine ganz neue Schöpfung bestehen, von der nun noch nicht einmal der leiseste Keim in die Furchen gelegt ist!
[BM.01_003,09] Auf daß du, lieber Bruder, es aber selbst merkst, daß dein vermeintliches Alter bloß eine in dir selbst hervorgelockte Phantasie ist, als Entwicklung zugelassen aus dir selbst entstammte nach deinen eigenen Begriffen von Zeit und Raum, die bei dir stark mit der Hölle eingesalzen sind – so siehe dich um und du wirst noch deinen erst vor drei Stunden abgeschiedenen Leichnam entdecken!“
[BM.01_003,10] Seht, unser Mann kehrt sich nun schnell nach rückwärts und entdeckt wirklich seinen Leichnam noch auf dem dazu in der Domkirche eigens errichteten Paradebette, darum eine zahllose Menge Kerzen und eine noch größere Menge müßiger und neugieriger Menschen, die dasselbe umstehen. – Als er solchen Schauspiels ansichtig ward, da wurde er sehr ärgerlich und sprach:
[BM.01_003,11] (Der Bischof „Liebster Bruder, was soll ich da tun? Ach, welch ein gräßlicher Unsinn! Mir werden vor der entsetzlichsten Langeweile Minuten zu Ewigkeiten, und doch bin ich es ja, der diesen Leib bewohnt hat! Ich weiß mir vor Hunger und Lichtmangel kaum zu helfen, und diese Narren vergöttern meinen Fleischrock! Hätte ich nun als Geist denn nicht Kraft dazu, diesen Plunder klein zu zerreißen und wie Spreu untereinander zu werfen? – O ihr dummen Gottstehunsbei! Was wollt ihr denn hier dem stinkenden Dreck für eine Wohltat erweisen?!“
[BM.01_003,12] Der Engel spricht: „Kehre dich wieder zu mir und ärgere dich nicht; tatest du doch dasselbe, als du noch der äußeren Naturwelt angehörtest! Lassen wir das Tote den Toten begraben; du aber wende dich von all dem ab und folge mir, so wirst du zum Leben gelangen!“
[BM.01_003,13] Der Bischof fragt: „Wohin aber soll ich dir folgen? Bist du etwa gar mein Namenspatron, der hl. Bonifazius, daß du dich nun so sehr um mein Heil zu kümmern scheinst?“
[BM.01_003,14] Spricht der Engel: „Ich sage in des Herrn Jesu Namen: du sollst mir zu Jesus folgen! Der ist der rechte Bonifazius aller Menschen; aber mit deinem Bonifazius ist es nichts, und ich bin es schon ganz und gar nicht, wofür du mich anzusehen scheinst, – sondern ein ganz anderer!
[BM.01_003,15] Folge mir aber, d.h. tue, was ich dir nun sagen werde, so wirst du fürs erste alles fassen, was dir bis jetzt begegnet ist, und wie, durch was und warum. Fürs zweite wirst du dich sogleich auf einem besseren Grunde befinden; und endlich fürs dritte wirst du eben daselbst den Herrn quo-ad personam kennenlernen, durch Ihn den Weg in die Himmel, und danebenher auch mich, deinen Bruder!“
[BM.01_003,16] Spricht der Bischof: „Rede, rede, ich möchte schon lieber fliegen als gehen von diesem langweiligsten Orte!“
[BM.01_003,17] Spricht der Engel: „So höre! Lege sogleich dein lächerliches Gewand ab und ziehe da diesen gemeinen Bauernrock an!“
[BM.01_003,18] Spricht der Bischof: „Nur her damit; hier vertausche ich dies langweilige Kleid gerne mit dem gemeinsten Fetzen!“
[BM.01_003,19] Spricht weiter der Engel: „Gut – sieh, schon bist du im Bauernrocke; nun folge mir!“

LG. Pegus
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[editiert: 04.09.04, 09:35 von Pegus]
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Pegus
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New PostErstellt: 04.09.04, 09:13  Betreff: Bischof Martins Ärgernis  drucken  weiterempfehlen

4. Kapitel – Bischof Martins Ärgernis an dem lutherischen Tempel und des Engels Entgegnung. Martins Bereitschaft zum Dienst als Schafhirte.

[BM.01_004,01] Sie gehen nun weiter, mehr gegen Mittag gewendet, und kommen zu einem ganz gewöhnlichen Bauernhof, vor dem ein leicht erkennbarer kleiner lutherischer Tempel steht. Als der Bischof dieses größten Dornes in seinen Augen ansichtig wird, bleibt er stehen, um ein Kreuz ums andere über seine stark kahle Stirne zu schlagen und sich an die Brust mit geballter Faust unter steter Begleitung des Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa zu schlagen.
[BM.01_004,02] Der Engel aber fragt ihn: „Bruder, was hast du denn? Stört dich etwas hier? Warum gehst du denn nicht weiter?“
[BM.01_004,03] Der Bischof spricht: „Siehst du denn den lutherischen Tempel nicht, der des leibhaftigen Gottstehunsbei ist? Wie kann da ein Christ sich einem so verfl... – oh, will's nicht sagen – Orte nahen?
[BM.01_004,04] Oder bist du etwa selbst der verkleidete Gottstehunsbei?! – – Oooooh – wenn du das – bist, so ver – laß mich, o du abscheulichster – Gottstehunsbei!“
[BM.01_004,05] Spricht der Engel: „Möchtest du noch einmal die Tour von deinen 5-10 Millionen Jahren auf einem noch finstereren und magereren Orte des Geisterreichs zubringen? So dir solches lieber ist, sage es nur rund heraus; sieh, hier ist dein altes Bischofsgewand schon in Bereitschaft! Diesmal aber wirst du wohl zehnmal so lange zu harren haben, bis dir jemand zu Hilfe kommen wird!
[BM.01_004,06] Siehst du mich denn nicht noch in deinem Bischofsgewande einhergehen? Ihr aber habt ja eine Meinung und sagt: der Teufel könne sich wohl bis zu einem Engel des Lichtes verstellen, aber die vom Heiligen Geiste durchdrungene Gestalt eines Bischofs wäre ihm unmöglich nachzuahmen! Willst du deine Meinung nicht selbst verdammen, wie magst du mich denn für einen Teufel halten? (der Bischof sinkt fast zusammen, schlägt ein großes Kreuz und spricht: ,Gott steh uns bei!‘)
[BM.01_004,07] Verdammst du aber deine dogmatische Meinung, die aus der Unüberwindbarkeit des Felsen Petri durch die Pforten der Hölle herrührt, da hebst du damit ja ganz Rom auf. Und ich begreife dann nicht, wie dich als einen offenbaren Gegner Roms dies Häuschen genieren kann, das du für einen evangelischen Tempel hältst?! Siehst du denn nicht ein, daß da in deinem ganzen nunmaligen Benehmen auch nicht die leiseste Spur einer moralischen und noch weniger religiösen Konsequenz vorhanden ist?“
[BM.01_004,08] Spricht der Bischof: „Du hast freilich verzweifelt stark recht, wenn man die Sache beim Lichte betrachtet. Aber so du wirklich ein Bischof bist, so wird dir ja von Rom aus auch bekannt sein, daß da jeder Rechtgläubige allen seinen Verstand unter den Gehorsam des blinden, unbedingten Glaubens gefangennehmen muß! Wo aber der Verstand mit den schwersten Fesseln belegt ist, wo wohl sollte da bei unsereinem eine Konsequenz im Denken und Handeln herauswachsen?!
[BM.01_004,09] Bei uns heißt es: ,Der Mensch hüte sich vor allem, in den Geist der Religion einzudringen; er wisse nichts, sondern glaube alles blind und fest! Es ist dem Menschen heilsamer, als ein Dummkopf in den Himmel, denn als ein Aufgeklärter in die Hölle zu kommen! Man fürchte Gott der Hölle und liebe Ihn des Himmels wegen!‘ Wenn aber das der Grund unserer Lehre ist, wie willst du von mir denn eine Konsequenz haben?“
[BM.01_004,10] Spricht der Engel: „Leider ist mir nur zu bekannt, wie es mit der Lehre Babels steht, und wie sie dem Evangelium schnurstracks entgegen ist, allda es ausdrücklich heißt: ,Verdammet nicht, auf daß ihr nicht verdammet werdet; und richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet!‘ Ihr aber verdammet und richtet allzeit jedermann, der sich nicht unter euer Babelszepter schmiegt!
[BM.01_004,11] Sage: Seid ihr da wohl Christi, so ihr doch nicht im geringsten Seiner allersanftesten Lehre seid? Ist in Christi Lehre nicht die größte, allererhabenste Ordnung und Konsequenz wie in der ganzen Schöpfung? Weht nicht die Fülle des Heiligen Geistes aus jeglichem Worte des Evangeliums? Seid ihr aber im Wort und Werk nicht allzeit gegen den Heiligen Geist gewesen, da ihr absichtlich allzeit der reinsten Lehre entgegengehandelt habt, die voll ist des Heiligen Geistes, indem dieser erst die zuvor vom Herrn verkündigte Lehre für ewig bleibend den Aposteln und Jüngern wiedergab?!
[BM.01_004,12] Du siehst daraus, auf welch verdammlichem Grunde du stehst, wie ganz reif für die Hölle! Aber der Herr will dir Gnade für Recht ergehen lassen; darum beschickt Er mich zu dir, auf daß ich dich erretten solle aus deiner alten babylonischen Gefangenschaft!
[BM.01_004,13] Aus dem Grunde will es der Herr, daß du dich vor allem mit deinem stärksten Augendorne vergleichen und aussöhnen sollst, so du je auf den Himmel einen Gnadenanspruch nehmen willst. Möchtest du aber bei deiner Babelslehre verharren, so wirst du dich selbst zur Hölle treiben, aus der dich schwerlich je ein Freund Jesu des Herrn herausholen wird!“
[BM.01_004,14] Spricht der Bischof: „Ja, ja, liebster Freund, es fängt an, zum erstenmal etwas von einer Konsequenz in mir emporzutauchen! Daher habe nur Geduld mit mir; ich will ja in Gottesnamen schon tun, was du willst! Aber nur von der schrecklichsten Hölle rede mir nichts mehr – und führe mich nur weiter!“
[BM.01_004,15] Spricht der Engel: „Wir sind vorderhand schon am Ziel. Siehe, eben hier bei diesem lutherischen Landmann und Bischofe zugleich, der ich selbst es bin, wirst du einen Dienst als Schafhirte bekommen; die treue Verwaltung dieses Amtes wird dir Brot und ein allmähliches Emporkommen bewirken! Wirst du aber dabei mürrisch und richterisch zu Werke gehen, so wirst du dir sehr schaden und wirst dir schmälern Brot und Emporkommen! Willst du aber ein getreuer Diener sein, so denke nicht mehr an dein irdisch Sein zurück, sondern vielmehr, daß du hier wieder von unten an mußt zu dienen anfangen, so du es vorwärtsbringen willst!
[BM.01_004,16] Aber das merke dir übergut: Vorwärtsgehen heißt hier zurück treten und der Letzte und Geringste sein wollen. Denn niemand kommt eher zum Herrn, als bis er sich unter seine kleinste Zehe durch und durch in allem und jedem gedemütigt hat. – Nun weißt du für diese deine Lage alles; darum folge mir in dies Haus guten Herzens! Dein Wille!“
[BM.01_004,17] Der Bischof folgt ihm nun ohne Einrede, denn er sieht, daß sein Führer es mit ihm unmöglich übel meinen kann.

5. Kapitel – In der Hütte des Engels Petrus. Ein Lichtwort des Engels über Luther. Martins Anstellung als Schafhirte im Jenseits.

[BM.01_005,01] Als beide in das Haus kamen, das sehr einfach und fürs Nötigste eingerichtet war, erschaute unser Bischof auf einem kleinen dreieckigen Tisch die lutherische Bibel des Alten und Neuen Testaments und ward darob sichtlich verlegen.
[BM.01_005,02] Solches aber merkte sogleich der Engel Petrus und sprach zu ihm: „Was wohl hat je Luther dir getan, daß du ob der großen Verachtung dieses Mannes auch seine möglichst getreue Bibelübersetzung, in der nichts als das reine Wort Gottes enthalten ist, mit verachtest?
[BM.01_005,03] Siehe, war Luther auch nicht in der Fülle ein Mann, von dem sich mit vollstem Rechte sagen ließe: ,Er war ein Mann nach dem Herzen Gottes!‘, so war er aber dennoch um überaus vieles besser als gar überaus viele aus deiner Kirche, die wollen die allein rechten und allervollkommensten sein, sind im Grunde aber dennoch die unvollkommensten und allerletzten! Er aber allein hatte inmitten der krassesten Babelsnacht den löblichen Mut, der Menschheit das reine Wort Gottes wiederzubringen und diese dadurch auf den rechten Weg des Herrn zu führen!
[BM.01_005,04] Waren auf diesem Wege wohl auch einige Dunkelheiten anzutreffen – was natürliche Folgen des noch zu nahen Babels (Rom) waren –, so war dennoch seine Lehre nach dem reinen Worte des Herrn gegenüber der alten Irrlehre Roms gleich einer Mittagssonne gegen ein allermattestes Sumpflicht in stockfinsterer Nacht!
[BM.01_005,05] Wenn Luther aber solches im Namen des Herrn gewirkt hat, sage, welchen Grund hast du dann wohl, diesen würdigen Mann so zu verschmähen und zu verachten?“
[BM.01_005,06] Spricht der Bischof: „Ich verachte ihn gerade nicht; aber du weißt es, so man lange der Sklave einer Partei war, hat man mit der Zeit einen künstlichen Haß gegen den in sich herangebildet, den seine Partei bei tausend Gelegenheiten verflucht und verdammt hat! Das ist denn auch bei mir der Fall. Ich hoffe aber zu Gott und erwarte von Ihm, daß Er mir helfen wird, alle meine von der Erde hierher gebrachten Torheiten von A bis Z abzulegen. Daher stoße dich nicht an mir, es wird mit mir hoffentlich schon noch besser werden!“
[BM.01_005,07] Spricht der Engel Petrus: „O Bruder, ermahne nicht mich, sondern nur dich zur Geduld! Denn du weißt es noch nicht, was dir alles begegnen wird; ich aber weiß es und muß daher so mit dir handeln, daß du in der Wahrheit gestärkt werdest, jenen Versuchungen kräftig zu begegnen, die dir tausendfach auf dem Wege zum Herrn vorkommen werden.
[BM.01_005,08] Da siehe zum Fenster hinaus! Siehst du dort die vielen tausend Schafe und Lämmer, wie sie mutig durcheinanderrennen und springen?
[BM.01_005,09] Hier aber ist ein Buch, in dem ihre Namen verzeichnet sind; nimm es zu dir und rufe sie alle beim Namen daraus! So sie in deinem Rufe eines rechten Hirten Stimme erkennen werden, werden sie eiligst zu dir kommen. Erkennen sie aber in dir eines Mietlings Stimme, dann werden sie sich zerstreuen und werden dich fliehen. Wenn aber solches geschieht, da murre nicht, sondern erkenne, daß du ein Mietling bist; und es wird dann ein anderer Hirte zu dir kommen und wird dich lehren, wie Schafe und Lämmer zu hüten und wie zu rufen sind!
[BM.01_005,10] Nun aber nimm dies Verzeichnis; gehe hinaus und tue, wie ich dir's nun geraten habe!“

6. Kapitel – Bischof Martins angenehme, aber gefährliche Überraschung im neuen Dienst. Die Schafherde – eine Menge schöner Mädchen!

[BM.01_006,01] Unser Mann geht in seiner Bauernkleidung mit einem ziemlich dicken Buche unter dem Arm hinaus, wo ihm die Herde gezeigt wurde, die sich in der (geistigen) Entfernung der Erscheinlichkeit nach wirklich als Schafe und Lämmer ausnahm. In der geistigen Nähe aber bestand sie aus lauter frommen und sanftmütigen Menschen, zumeist aus weiblichen Seelen, die auf der Welt so recht kreuzfromm gelebt hatten, aber dabei auf die römische Geistlichkeit doch bei weitem größere Stücke hielten denn auf Mich, den Herrn, da sie Mich nicht kannten und jetzt auch noch nicht erkennen – daher sie denn in einiger geistigen Ferne sich noch jetzt als Tiere sanftester Art ausnehmen.
[BM.01_006,02] Als nun unser Mann hinauskam, so recht wohlgemut wie einer, der nach langer Praxis zum erstenmal in ein besoldetes Amt eingesetzt wird, ließ er sich auf einen bemoosten Stein nieder und sah umher, wo die Schafe und die Lämmer wären. Aber er entdeckte nun nichts mehr von diesen nützlichen Haustieren, sondern eine große Menge allerschönster und zartester Mädchen, die auf einem weitgedehnten Wiesenteppiche munter umherhüpfend Blumen sammelten und daraus die schönsten Kränze und Kränzchen flochten.
[BM.01_006,03] Als unser Mann solches merkte, da sagte er zu sich selbst: „Hm, das ist sonderbar! Es ist doch derselbe Platz, dieselbe Wiese, auf der ich ehedem eine beinahe zahllose Menge von Schafen und Lämmern entdeckte. Nun ist die Herde wie weggeblasen und an ihrer Statt tausend der allerliebsten Mädchen, von denen die eine schöner ist als die andere! Aufrichtig gesagt, wenn diese ganze Geschichte nicht irgendeine verfängliche Lumperei ist, so wäre mir diese Herde freilich wohl unglaublich lieber; aber man darf hier im Ernste seinen Sinnen nicht trauen, denn – kehr' die Hand um, und es ist alles ganz anders!
[BM.01_006,04] O weh, o weh, jetzt kommen sie alle auf mich zu, ohne daß ich sie verlesen habe! Na, ist auch recht; da werde ich diese lieben Kinder doch in der Nähe so recht nach Herzenslust betrachten können, und – oh, oh! – vielleicht kann ich hier etwa gar eine oder die andere umarmen? Da wäre es wahrlich gar nicht so übel, in alle Ewigkeit hier ein Hirte einer so herrlich verwandelten Schafherde zu sein! Wirklich nicht übel, nicht übel! –
[BM.01_006,05] Sie kommen näher; und je näher, desto herrlicher sehen sie aus! Die eine dort in der Mitte voran – oh, oh, ist die aber schön! – O Kraft meiner Moral, jetzt verlaß mich nicht, sonst bin ich verlesen! Es ist nur gut, daß hier das dumme Zölibat keine Geltung mehr hat, sonst könnte unsereiner hier auf die leichteste Art zu einem Todsünder werden!
[BM.01_006,06] Ich soll sie wohl aus dem Buche beim Namen rufen, aber das werde ich nun fein bleiben lassen; denn dann würden sie offenbar davonrennen und sich nimmer blicken lassen! Daher nur schön ruhig, du mein dickes Namensbüchlein; vor dieser Herde sollst du so hübsch verschlossen bleiben!
[BM.01_006,07] Sie kommen näher und näher, und – nur stille jetzt, noch zehn Schritte und sie sind da; ja, da ganz bei mir werden die lieben Engerln sein! – O ihr lieben, lieblichen Engerln!“
[BM.01_006,08] Seht, nun sind die „lieben Engerln“ schon bei unserem Mann, umringen ihn und fragen ihn, was er hier zu machen habe?

7. Kapitel – Bischof Martins Versuchung und seine Belehrung durch den Engel Petrus.

[BM.01_007,01] Unser Mann, ganz weg vor lauter Anmut und Liebe, antwortet mit bebender Stimme: „O ihr – himm–lischen Engerln, oh, oh, oh, ihr lieben, lieben Engerln! – Oh, ohooooh, ihr allerliebsten Engerlein Gottes! – Ich – soll – euer – Hirte sein; aber ihr aller-, allerliebsten Engerlein, ihr seht es ja, daß ich dazu viel zu dumm bin!“
[BM.01_007,02] Die Schönste dieser Herde setzt sich recht kindlich zutraulich knapp neben unserem Mann zuerst nieder und die andern folgen ihrem Beispiele. Eben diese Allerschönste sagt darauf zu unserm Hirten: „O du lieber Mann, du bist zu bescheiden; denn ich finde dich sehr schön, und wärst du zu bewegen, so wäre ich überglücklich, ewig die Deine zu sein! Sieh mich an; gefalle ich dir denn nicht?“
[BM.01_007,03] Unser Mann bringt aus lauter Verliebtheit nichts als sein nun stark zitterndes und nimmer endenwollendes Ooooooooh heraus; denn der überschöne, goldblond gelockte Kopf, die freundlichsten großen, blauen Augen, der Rosenmund, der ätherisch wallende volle Busen, die schönsten, runden Hände, wie die noch ätherischeren Füße bringen unsern Mann beinahe von Sinnen.
[BM.01_007,04] Das Engerl sieht des Hirten große Liebesaufregung, beugt sich über ihn und gibt ihm einen Kuß auf die Stirne.
[BM.01_007,05] Bis dahin hatte sich unser Mann noch so ziemlich tapfer gehalten; nun aber war es rein aus! Er wurde durch und durch erregt; umschlang diese Schönste nach Kräften und brach endlich in einen Strom von Liebesbeteuerungen aus.
[BM.01_007,06] Als er aber so in sein Dulcissimum kam, verwandelte sich plötzlich die ganze Szene. Die lieben Engerln verschwanden und der Engel Petrus stand bei unserm Manne und sprach:
[BM.01_007,07] „Aber Bruder, wie weidest denn du deine Schafe? Habe ich dir solchen Rat erteilt? Ja, wenn du so mit den dir anvertrauten Schafen und Lämmern umgehst, dann wirst du wohl überlange nicht zum ewigen Lebensziele gelangen! Warum hast du denn das Buch nicht gebraucht?“
[BM.01_007,08] Spricht der Bischof: „Warum aber hast du mir auch nicht gesagt, daß diese von deinem Hause aus gesehenen Schafe und Lämmer eigentlich nur die allerschönsten und reizendsten Mädchen sind, bei denen nur ein Stein gleichgültig bleiben könnte?! Du siehst, daß ich da eigentlich nur gefoppt war, und so wirst du aus solcher Fopperei ja doch kein schrecklich Wesen machen?“
[BM.01_007,09] Spricht der Engel: „Wie sieht es denn nun mit deinem Zölibat aus? Hast du nun dieses nicht gebrochen und das Gelübde der ewigen Keuschheit?“
[BM.01_007,10] Spricht der Bischof: „Ach, was Zölibat, was Gelübde! Bin ich doch jetzt ganz mit Haut und Haar auf lutherischem Boden; der hebt beides auf! Und überhaupt: einem solchen Engel, wie dies Mädchen da war, hätte ich auch auf der Welt mit dem ganzen Zölibate ein Opfer gebracht und wäre ihr zuliebe augenblicklich ein Lutheraner geworden! Aber wohin sind denn nun diese herrlichen Mädchen verschwunden, besonders die eine? Oh, wenn ich nur diese noch einmal sehen könnte!“
[BM.01_007,11] Spricht der Engel: „Freund, du wirst sie nun recht bald wiedersehen, samt ihrer Begleitung; aber dann darfst du sie nicht sprechen und noch weniger dich ihr nahen! Wenn sie dir aber nachsetzen will, dann hebe deine Hand auf und sage: ,Kehre im Namen des Herrn zurück zur rechten Ordnung und versuche mich nicht, sondern folge der Stimme der Ordnung!‘
[BM.01_007,12] Sollte sich die Herde nicht daran kehren, da schlage das Buch auf und lies die Namen, die darinnen stehen, so wird die Herde sich entweder plötzlich zerstreuen oder – so sie in dir einen Ton gewahren wird, der aus des Herrn Kraft in dir entstammt – so wird sie dir folgen. Du aber wirst sie dann führen auf jenen Berg dort gegen Mittag, wo ich dir schon wieder entgegenkommen werde!
[BM.01_007,13] Was aber jetzt geschah, das opfere in deinem Herzen dem Herrn Jesus auf; denn Er ließ es zu, daß du fielst und im Falle dein hartnäckiges Zölibat von dir warfst!
[BM.01_007,14] Nun aber falle nicht mehr; denn ein wiederholter ähnlicher Fall würde dich in einen solchen Schaden versetzen, daran du im Ernste Hunderte von Erdenjahren zu nagen hättest, bis du ihn von dir brächtest! Daher sei nun vorsichtig und klug! Denn wirst du einmal lauter sein, dann werden zahllose und noch endlos größere Schönheiten im Reiche Gottes dir entgegenkommen; aber vorher mußt du alle deine irdischen Torheiten ablegen aus der Wurzel!
[BM.01_007,15] Nun verharre hier und tue nach diesem meinem Rate, so wirst du für die Folge einen angenehmen Weg haben im Namen des Herrn!“
[BM.01_007,16] Nach diesen Worten verschwindet der Engel Petrus plötzlich, damit der Bischof nun keine Gelegenheit haben solle, noch irgend einige burleske Bemerkungen zu machen und in manchem dem Engel zu widersprechen!

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Pegus
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[editiert: 04.09.04, 12:24 von Pegus]
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8. Kapitel – Bischof Martins kritisches Selbstgespräch und Sündenbekenntnis.

[BM.01_008,01] Ganz allein nun wieder auf der Wiese, fängt er nach einer Weile mit sich selbst folgenden Monolog zu führen an:
[BM.01_008,02] (Bischof Martin „Wo ist er denn jetzt hin, mein Führer? Ein sauberer Führer das; wenn man ihn am nötigsten brauchte, verschwindet er und ist nun Gott weiß wo! – Nur wenn man irgend gefehlt hätte, da ist er im Nu da – eine Eigenschaft, die ich am allerwenigsten leiden kann! Entweder bei einem bleiben und ihn führen auf solch unsicheren Wegen, wie diese geisterweltischen da sind, oder – er soll sich packen für ewig von mir, so er nur dann zu mir kommt, wenn ich schon irgend gesündigt hätte! O solche Narren gäbe es mehrere!
[BM.01_008,03] Will er mich der Seligkeit zuführen, so bleibe er sichtbar bei mir, sonst ist seine Führerschaft überhaupt nichts wert! Na warte, du lutherischer Versteckpatron von einem Führer, – du sollst an mir einen Knochen zu nagen bekommen, daß dir alle deine Geduld vergeht! Was kann mir denn noch mehr geschehen? Lutheraner bin ich, nach der Lehre Roms vollkommen zur Hölle reif – vielleicht, ohne daß ich's merke, schon darinnen?!
[BM.01_008,04] Daher laß die schönen Lämmer nur noch einmal zu mir kommen! Ich werde ihnen zwar kein Wolf im Schafskleide sein, aber ein Liebhaber voll Feuer, wie es keinen zweiten auf der Erde je gegeben hat! – Meine Hand werde ich nimmer gegen sie erheben und sie auch aus diesem Buche nicht verlesen, auf daß sie nicht mehr fliehen sollen von mir. Ich will mich zwar auch nicht mehr so weit vergessen mit einer oder der andern; aber von der Handaufhebung und vom Verlesen soll an mir keine Spur zu entdecken sein! Und kommt er dann etwa wie aus einem Schlupfwinkel zum Vorscheine, da soll er sehen, wie ein Bischof von der Erde reden kann, so er es will! –
[BM.01_008,05] Wo etwa nur die lieben Engerln so lange bleiben? Bis jetzt ist noch keine Spur von ihnen irgendwo zu entdecken. Ich merke aber nun auch an mir, daß ich nun viel mutiger und kecker geworden bin! Daher nur her mit euch, ihr lieben Engerln, ihr sollet an mir nun schon den rechten Mann finden – keinen Feigling mehr, sondern einen Helden, und was für einen Helden!
[BM.01_008,06] Aber noch immer weilen sie irgendwo! Es ist doch schon eine geraume Zeit, seit mein Führer mich verließ, und noch immer keine Seele irgendwo zu entdecken! Was soll denn das sein? Hat mich etwa gar mein sauberer Führer so hübsch angesetzt für alle ewige Zeiten? Die Geschichte riecht hübsch stark darnach! Mir kommt schon wieder vor, als wenn so einige Dutzend Jahre verstrichen wären, seit er mich verließ. Es werden etwa gar wieder Millionen herauswachsen?
[BM.01_008,07] Es ist dies Geisterweltleben schon ein wahres Sauleben! Man steht da wirklich wie ein Ochse am Berge: Alles ist so dunstig; kein rechtes Licht! Alles ist das nicht, als was es sich zeigt! Der Stein, auf dem ich nun schon eine geraume Zeit der Schafe und Lämmer harre, ist sicher auch etwas ganz anderes, als er zu sein scheint! Auch die lieben Engerln: Gott weiß, wo und was sie so ganz eigentlich sind? Wahrscheinlich – nichts! Denn wären sie etwas, so müßten sie schon da sein! Ja, ja, es ist alles nichts, was da ist! Mein Führer auch; sonst könnte er doch unmöglich so schnell ins reinste Nichts verschwinden!
[BM.01_008,08] Am meisten finde ich dieses Leben dem Traumleben ähnlich. Da hat es mir auch oft von allerlei dummen Dingen geträumt, von allerlei Verwandlungen. Was waren sie aber? Nichts als Bilder, ausgeprägt von der phantastischen Einbildungskraft der Seele! Ebenso ist nun auch dieses Leben nichts als ein eitler, leerer, höchstwahrscheinlich ewiger Traum! Bloß diese meine Erwägungen scheinen wirklich von Gehalt zu sein; alles andere aber ist nichts als ein elendes Phantasiestück der Seele! Nun warte ich schon sicher bei 200 Jahre hier auf die Lämmer und Schafe, aber es ist keine Spur von ihnen zu entdecken!
[BM.01_008,09] Was mich aber dennoch wundert: daß in dieser Phantasiewelt dies Buch, diese meine Bauernkleidung, auch diese Gegend samt dem lutherischen Haus und Tempel so ganz unverändert ihre Gestalt behalten? Diese Geschichte ist allerdings etwas spaßig. Etwas scheint an der Sache doch zu sein, aber wieviel, das ist eine andere Frage!
[BM.01_008,10] Oder sollte etwa doch nicht recht sein, daß ich gleich anfangs nicht gewillt war, seiner Lehre fest Folge zu leisten?! So er aber ein rechter Führer ist, hätte er mir's denn nicht gleich verweisen können, anstatt sich sogleich mir und dir nichts aus dem Staube zu machen! Hat er denn nicht gesagt, daß ich, so ich noch einmal fiele, dann in einen großen Schaden käme, an dem ich im Ernste mehrere Hunderte von Erdenjahren werde zu lecken haben? Bin ich denn aber wirklich schon gefallen? Mit dem Gedanken und bloßen Willen freilich wohl, aber im Werke unmöglich, weil die gewissen Engerln gar nicht zum Vorschein gekommen sind!
[BM.01_008,11] Vielleicht aber sind diese darum nicht erschienen, weil ich solche Gedanken und solchen Willen hatte? Das könnte sehr leicht sein! Wenn ich aber nur solche Gedanken loswerden könnte! Warum mußten sie auch gar so entsetzlich schön und reizend sein? Da habe ich mich einmal ordentlich eingetunkt! Jetzt heißt's denn warten, bis sich meine dummen Gedanken legen werden – und der Wille mit ihnen!
[BM.01_008,12] Das seh ich aber schon ein nun: Wenn das eine Prüfung meiner Hauptschwäche ist, so wird es mit mir einen ganz verzweifelten Haken haben; denn in diesem Punkte war ich auf der Welt insgeheim ein Vieh in optima forma! Ja, wenn ich da so eine recht üppige Dirne sah, so ging's mir – – – taceas! Wie viele habe ich – – taceas de rebus praeteritis! – schöne junge Nonnen! Oh, das waren selige Zeiten, – aber nun taceas!
[BM.01_008,13] Wie strenge war ich im Beichtstuhle gegen die Beichtkinder, und wie lau gegen mich! Leider, leider, es war nicht recht; aber wer außer Gott hat Kraft, der Macht der Natur zu widerstehen?
[BM.01_008,14] Wenn das saudumme Zölibat nicht wäre und ein Bischof der Mann eines ordentlichen Weibes wäre, wie es meines Wissens Paulus auch ausdrücklich verlangte, da hätte man mit dem Fleische doch sicher einen leichteren Kampf. Aber da lebt so ein Bischof stets wie ein Adam vor der Segnung des Erkenntnisbaumes mit der verführerischen Eva in einem gewissen – Paradiese und kann sich an dem dargereichten Apfel nimmer satt fressen!
[BM.01_008,15] O große Lumperei! Es ist nun einmal so, wer kann's ändern? Der Schöpfer allein, so Er es will; ohne Ihn aber bleibt der Mensch – besonders aus meinem Gelichter! – schon allzeit und ewig ein Vieh, und das ein recht abscheulichstes Vieh!
[BM.01_008,16] Herr, sei mir gnädig und barmherzig! Ich sehe schon, so Du an mich nicht Deine Hand legen wirst, wird's mit mir schwer weitergehen; denn ich bin ein Vieh – und mein Führer ein eigensinniger Tropf, vielleicht gar Luthers Geist! Da wird es nicht gehen! Geduld, verlaß mich nicht; schon wieder tausend Jahre auf einem Fleck!“
[BM.01_008,17] Nun verstummt er endlich und harrt der Schafe und Lämmer.

9. Kapitel – Weitere Geduldsprobe Bischof Martins und sein Galgenhumor.

[BM.01_009,01] Er sieht sich nach allen Seiten um und wartet und wartet; aber noch immer keine Spur von Schafen und Lämmern. Er steht nun von seinem Steine auf, besteigt ihn und schaut von diesem erhöhten Punkte nach den Schafen; aber auch von da ist nichts zu erschauen.
[BM.01_009,02] Er fängt nun zu rufen an, doch meldet sich nichts und kommt auch nichts zum Vorschein. Er setzt sich abermals nieder und harrt. Aber vergeblich, denn es läßt sich von keiner Seite her etwas erschauen. Er wartet noch eine Weile, und da durchaus nichts mehr kommen will, steht er nun ganz ungeduldig auf, nimmt sein Buch und begibt sich mit folgenden Worten weiter:
[BM.01_009,03] (Bischof Martin „Jetzt habe ich aber diese Geschichte satt! Es werden jetzt schon wieder bei einer Million Jahre verflossen sein, wenigstens nach meinem Gefühle, und noch keine Änderung meines Zustandes! Jetzt aber werde ich dir, du mein sauberer Führer, keinen Narren mehr machen; als ein ehrlicher Kerl werde ich dir dein dummes Buch in dein lutherisches Haus stellen und mich dann auf den Weg machen – geh's, wohin es wolle! Es wird diese Welt ja doch auch irgendwo einmal so ganz echt mit Brettern vernagelt sein, wo man dann wird sagen können: Huc usque et non plus ultra!
[BM.01_009,04] Und wenn ich dann in Gottes Namen auf einem solchen Punkte werde etwa eine Trillion oder gar Dezillion Jahre hocken müssen, bis etwa die Geisterweltbretter dann auch morsch werden, so werde ich doch wissen, warum! Aber hier für nichts und wieder nichts einen Narren machen, das werde ich fortan bleiben lassen. Denn was man sich selber zufügt, erträgt man leichter, als was einem so ein bornierter Gimpel von einem Führer zufügt! Ich bin schon so toll auf diesen lutherischen Lumpen, daß ich mich an ihm gerade vergreifen könnte, so er mir jetzt unterkäme!
[BM.01_009,05] Kann es denn wohl etwas Langweiligeres und auch Peinlicheres geben, als etwas bestimmt Verheißenes erwarten, und dieses kommt nimmer zum Vorscheine? Nein, das ist zu arg! Welch eine schaudervoll lange Zeit harre ich nun schon hier; ob der Wirklichkeit, oder bloß dem Gefühle nach, das ist nun schon ein – Gott steh' uns bei! – und ganz ohne Grund und mir begreiflichen Zweck! Denn wegen der gewissen Schafe und Lämmer, – das ist nun schon lange nicht mehr wahr, wie es auch nie wahr gewesen ist!
[BM.01_009,06] Träfe ich aber hier nur einen mit mir gleichgesinnten Menschen, o wie herrlich wäre das! Wie schön würden wir über diese schundigste Geisterwelt losziehen, daß es eine helle Freude wäre; so aber muß ich diese Freude schon mit mir selbst teilen! Aber nun auf! Es ist keine Zeit mehr zu verlieren, will ich auf diesem Steine nicht selbst zu Stein werden!
[BM.01_009,07] Wo ist denn nun das verzweifelte Buch? Hat es sich vielleicht selbst nach Hause getragen, um mir den Weg zu ersparen? Ist auch recht! Aber es geniert mich heimlich doch ein wenig; es ist doch gerade noch dagelegen und ich wollte es in die Hand nehmen – und sieh, es verschwand!
[BM.01_009,08] Nein, wie diese Geisterwelt dumm bestellt ist, das liegt über dem Horizont aller menschlichen Vorstellung! Ein Buch empfiehlt sich von selbst, so man es verdientermaßen ein wenig kritisiert hat! Die Sache ist nicht übel!
[BM.01_009,09] Ich werde schon noch müssen diesen Stein auch um Vergebung bitten, daß ich so lange mein unwürdiges Wesen habe auf ihm ruhen lassen – sonst empfiehlt er sich auch noch! Und so ich mich nun auf einen Marsch durch diese herrlichen Nebelgefilde und Moosfluren bei doppelter Sonnenwendkäferbeleuchtung machen werde, da werde ich wohl etwa auch das Moos vorher um die Erlaubnis bitten müssen, mir gnädigst zu gestatten, meinen Fuß zwecks meiner Weiterbeförderung darauf setzen zu dürfen!
[BM.01_009,10] O das ist schon ganz ver-, halt, nur nicht fluchen! Das ist schon überaus saudumm! Da seht: auch – Gott sei Dank! – das lutherische Haus samt dem Tempel ist Gott weiß wohin spazierengegangen! Nur zu, zuletzt geht schon alles zum Plunder! Nur der Stein ist noch da, wenn's wahr ist?! Das Aussehen hätte es wohl, als wäre der Stein noch da; aber ich muß schon genauer sondieren! – Richtig, richtig, auch der Herr von Stein hat sich empfohlen!
[BM.01_009,11] Na, jetzt wird es vielleicht auch für mich an der Zeit sein, sich zu empfehlen? Aber wohin? Da ist hier wahrlich nicht viel zu wählen! Nur schnurgerade der Nase nach – vorausgesetzt, daß ich noch eine Nase habe; denn wer wie ich nun schon zum zweiten Male einige Millionen Jahre bloß bei der Nase herumgeführt wurde, der müßte sich doch im Ernste fragen, wie es noch mit dem Besitze dieses Gliedes steht? Aber Gott sei Dank, ich habe es noch; daher nun nur vorwärts diesem einzigen Wegweiser nach in dieser wirklich schönen Geisterwelt!“
[BM.01_009,12] Seht, nun fängt er an zu gehen, und der Engel Petrus folgt ihm unsichtbar. ,Gehen‘ in der Geisterwelt aber heißt ,andern Sinnes werden‘, und wie sich dieser ändert, so ändert sich auch scheinbar der Ort. – Wir werden nun bald sehen, wohin sich unser Mann wenden wird. –

10. Kapitel – Bischof Martin auf Abwegen. Winke des Herrn über geistige Zustände und deren Entsprechungen.

[BM.01_010,01] Wer von euch am Kompaß des Geistes sich auskennt, wird bald merken, daß unser Mann nun statt gegen Mittag schnurgerade gegen Abend seine Richtung eingeschlagen hat. Er geht nun ganz mutig und behende vorwärts; aber er entdeckt nichts außer sich als einen mit spärlichem Moose bewachsenen ebenen Boden und eine sehr matte, graulichte Beleuchtung des scheinbaren Firmaments, das, je mehr und je tiefer gen Abend, stets dunkler wird.
[BM.01_010,02] Diese sichtlich zunehmende Dunkelheit macht ihn etwas stutzen; aber es hält ihn nicht ab, seinen Gang einzuhalten, wovon der Grund ist, weil seine Erkenntnis und sein Glaube so gut wie gar nichts sind. Was aber noch da, das ist falsche Begründung wider das reine Wort des Evangeliums, somit barstes Antichristentum und ein im verborgenen Hintergrunde in humoreske Maske verhüllter Sektenhaß.
[BM.01_010,03] Daher dieses Bischofs Gang gegen den stets dunkler werdenden Abend; daher der mit spärlichem Moose bewachsene Boden, welcher die Trockenheit und die magerste Geringheit Meines Wortes in dieses Mannes Gemüte bezeichnet. Daher auch das stets zunehmende Dunkel, weil das zu gering und gar nicht geachtete und noch weniger beachtete Wort Gottes (vor dem sich derlei Bischöfe nur pro forma in roten und goldenen Gewändern beugen) in ihm nie zu jener Lebenswärme gedieh, aus der dann das herrliche Licht des ewigen Morgens für den Geist hätte hervorgehen können.
[BM.01_010,04] Solche Menschen müssen in der Geisterwelt in die größte scheinbare Verlassenheit kommen und in die vollste Nacht; dann erst ist es möglich, sie umzukehren. Wie schwer es aber hier auf der Welt ginge, einen solchen Bischof auf den wahren Apostelweg zu bringen, ebenso und noch bei weitem schwerer geht es dort, weil er dort von außen her als Geist natürlich rein unzugänglich ist, in ihm aber nichts ist als Irrtümliches, falsch Begründetes und im Grunde Herrschsüchtiges.
[BM.01_010,05] Meiner Gnade aber sind freilich wohl viele Dinge möglich, die dem gewöhnlichen Ordnungsgange unmöglich wären! Daher wollet ihr eben bei diesem Manne praktisch beschauen, wohin er kommen kann mit dem, was da in ihm ist, und was am Ende, wenn sozusagen alle Stricke reißen, noch Meine Gnade bewirken kann, ohne in die Freiheit des Geistes einzugreifen. Solche Gnade wird diesem Manne auch zuteil, weil er einmal gebeten hatte, daß Ich ihn mit Meiner Hand ergreifen möchte! Aber eher kann ihn die ausschließliche Kraft Meiner Gnade dennoch nicht ergreifen, als bis er all den eigenen Plunder von allerlei Falschem und verborgen Bösem aus sich hinausgeschafft hat, was sich durch den Zustand der dichtesten Finsternis, die ihn umgeben wird, kundtun wird.
[BM.01_010,06] Nun aber richten wir unsere Augen wieder auf unsern Wanderer! – Langsam und behutsamen Schrittes schreitet er wieder vorwärts, bei jedem Schritte den Boden prüfend, ob er wohl fest genug wäre, ihn zu tragen. Denn der Boden wird nun hie und da sumpfig und moorig, was ein entsprechendes Zeichen ist, daß alle seine falsch begründeten Erkenntnisse bald in ein unergründliches Geheimnismeer münden werden. Daher stoßen sie schon jetzt auf unterschiedliche kleine Geheimnissümpfe in stets dichter werdender Dunkelheit – ein Zustand, der sich schon auf der Welt bei vielen Menschen dadurch kundgibt, daß sie, so ein Weiserer mit ihnen etwas vom Geistes- und Seelenleben nach dem Tode zu reden beginnt, sogleich mit dem Bedeuten davon abzulenken suchen: so etwas mache sie ganz verwirrt, verstimmt und traurig, und der Mensch würde, so er viel über derlei nachgrübeln möchte, am ersten zu einem Narren.
[BM.01_010,07] Diese Scheu ist nichts anderes als ein Auftritt des Geistes auf einen solchen Boden, der schon sehr sumpfig ist, und wo niemand mehr den Mut hat, die unbestimmten Tiefen solcher Sümpfe mit seinem überaus kurzen Erkenntnismaßstabe zu bemessen aus Furcht, dabei etwa ins Grundlose hinabzusinken.
[BM.01_010,08] Seht, der Boden, der unsern Mann trägt, fängt an, stets gedehntere förmliche kleine Seen zu entwickeln, zwischen denen sich nur noch kleine und schmale, scheinbare Erdzungen durchschlängeln. Dies entspricht den hirngespinstischen Faseleien eines solchen erkenntnislosen Gottbekenners mit dem Munde, dessen Herz aber dennoch der purste Atheist ist.
[BM.01_010,09] Auf solchem Boden also wandert nun unser Mann den Weg, den viele Millionen wandeln! Immer schmäler werden diese Erdzungen zwischen den stets bodenloser werdenden Seen, voll verzweifelter Unergründlichkeit für seine Erkenntnis. Er wankt schon stark, wie jemand, der über einen schmalen Steg geht, unter dem ein reißender Bach dahinstürzt. Aber dennoch bleibt er nicht stehen, sondern wankt aus einer Art falscher Wißbegierde fort, um irgendein vermeintliches Ende der Geisterwelt zu finden; zum Teil aber auch, um heimlich die schönen Schafe und Lämmer zu suchen, denn diese gehen ihm noch nicht aus dem Sinn!
[BM.01_010,10] Wohl ist ihm alles genommen worden, was ihn daran erinnern könnte: das Buch, die Wiese, der Stein (des Anstoßes) samt den Schafen und Lämmern, die ihm einmal auf der Welt sehr viel bezaubernd Reizendes und überaus erheiternd Angenehmes bedeuteten. Darum führte sie ihm der Engel Petrus auch hauptsächlich vor, um seine Schwächen in ihm zu enthüllen und ihn auch dadurch mehr abzuöden.
[BM.01_010,11] Nun sehen wir auch, was unseren Mann also treibt, bis er ans grenzenlose Meer kommen wird, wo es dann heißen wird: „Bis hierher und nicht weiter reicht alle deine Blindheit, Dummheit und übergroße Narrheit!“
[BM.01_010,12] Lassen wir ihn daher nur fortwanken bis an die äußerste Erdzungenspitze seiner Faseleien, der er nun nicht mehr ferne ist. Dort wollen wir ihn dann nach Muße behorchen, was alles für Narrheiten er in das Meer seiner Geistesnacht hinausspeien wird!
[BM.01_010,13] Ein jeder von euch aber erforsche seine geheimen dummen Weltneigungen genau, auf daß er über kurz oder lang nicht auf den sehr traurigen Weg dieses Wanderers kommen wird!

11. Kapitel – Die bedrängte Lage unseres Wanderers; sein weiteres Selbstgespräch und ärgerliches Schimpfen.

[BM.01_011,01] Nun sehet hin: unser Mann hat bereits das Meer erreicht; kein Zünglein teilt irgend mehr das endlose Gewässer dieses Meeres, was eben aus dem grenzenlosen Unverstande dieses Mannes entspringt und selben in entsprechender Form darstellt. Auch bezeichnet es jenen Zustand des Menschen, in dem er fast zu gar keiner Vorstellung von was immer gelangen kann und förmlich begrifflos wird gleich einem kompletten Narren, bei dem alle seine Begriffe chaotisch in ein Meer von Unsinn zusammenfließen.
[BM.01_011,02] Mürrisch und voll Unwillen steht er nun am letzten Rande, das ist: am letzten Begriffe, nämlich bei sich selbst! Sich allein noch erkennt er; alles andere ist zu einem finsteren Meere geworden, in dem nichts als allerlei unförmliche, finstere Ungeheuer dumpf und blind und stumm herumschwimmen und unseren Mann umreihen, als wollten sie ihn verschlingen. Groß ist die Dunkelheit und feucht und kalt der Ort; unser Mann erkennt nur aus der Wellen mattestem Schimmer und dem grauenerregenden dumpfen Geplätscher der Wogen, daß er sich nun am Rande eines unermeßlichen Meeres befindet.
[BM.01_011,03] Höret nun aber wieder ihn selbst, was er nun für sonderliches Zeug zusammenfaselt, damit ihr erkennen möget, wie es nicht nur diesem Manne, sondern noch einer zahllosen Menge von Menschen ergeht, die alles im Kopfe, in ihrer dümmsten Einbildung, aber wenig oder nichts in ihrem Herzen besaßen und noch besitzen! Horchet nun, er beginnt zu sprechen:
[BM.01_011,04] (Bischof Martin „So, so, so, – jetzt ist es recht! O du verfluchtes Sauleben! Wenigstens zehn Millionen Erdenjahre mußte ich als arme Seele in dieser Nacht und barsten Finsternis herumirren, um statt eines erwünschten guten Zieles an ein Meer zu gelangen, das mich ohne weiteres für die gesamte Ewigkeit verschlingen wird!
[BM.01_011,05] Das wär' mir ein schönes „Requiescant in pace, et lux perpetua luceat eis!“! Auf der Welt werden sie diese herrliche Hymne mir sicher oft genug nachgesungen haben. Ich ruhe nun wohl für die Welt ewig, und meine Asche wird noch irgend von einer Sonne beschienen oder von einem phosphorischen Moderschimmer einer Totengruft; aber ich, ich, der eigentliche Ich – was ist aus mir geworden?
[BM.01_011,06] Ich bin wohl noch ganz derselbe, der ich war; aber wo, wo bin ich, wo bin ich hingekommen? Hier steh' ich an der lockeren Spitze einer schmalsten Erdzunge, wenn man diesen Boden auch Erde nennen kann, und rings um mich her ist die dickste Nacht und ein ewiges, unergründliches Meer!
[BM.01_011,07] O Menschen, die ihr auf der Erde noch die große Gnade habt, das Leben des Leibes zu besitzen – vorausgesetzt, daß die Erde noch besteht –, wie endlos glücklich seid ihr und wie enorm reich gegen mir alle, die ihr dort in den dürftigsten Lumpen gute Menschen um einen Zehrpfennig anflehet! Leider erwartet euch hier mein oder vielleicht noch ein viel ärgeres Los!
[BM.01_011,08] Daher rette sich dort, wer sich nur immer retten kann: entweder durch feste Haltung der Gesetze Gottes, oder er werde mit Leib und Seele ein Stoiker, was vorzuziehen ist; alles andere taugt für nichts! Hätte ich das eine oder das andere getan, so wäre ich nun glücklicher; so aber stehe ich als ein ewiger Ochse und Esel zugleich – nicht vor einem Berge, sondern vor einem Meere, das da sicher ewig fortdauert, mich wahrscheinlich für ewig verschlingen wird, aber unmöglich töten kann, weil ich schon einmal unsterblich sein muß!
[BM.01_011,09] Denn könnte hier in dieser endlos dümmsten Geisterwelt mir etwas den Tod geben, so wäre es doch unfehlbar am ersten der furchtbare Hunger, der mich nun schon so viele Millionen von Erdenjahren auf das entsetzlichste plagt! Wäre ich nicht selbst eine höchstwahrscheinlich sehr luftige Seele, so hätte ich mich schon lange gleich einem Werwolf bis aufs letzte Zehenspitzel aufgefressen; aber so ist auch das nichts und wieder nichts!
[BM.01_011,10] Wenn mich aber dies Meer nun höchstwahrscheinlich ehestens verschlingen wird, wie wird es mir dann in dieser endlosen Fischwelt ergehen? Wie viele Haifische werden mich darin verschlingen, und wie viele andere Ungeheuer werden sich an mir mit ihren Zähnen versuchen und werden mich fressen und mir dadurch die größten Schmerzen verursachen, dabei mich aber dennoch ewig nicht zu töten imstande sein?! – O der herrlichsten Aussicht für die ewige Zukunft!
[BM.01_011,11] Vielleicht waren jene Schafe und Lämmer so eine Art geistiger Sirenen und haben mich unsichtbar hierher gezogen, um mich hier zu zerreißen und aufzufressen? Es ist schon freilich beinahe endlos nicht mehr wahr, daß ich sie einmal vor Millionen Jahren der Erde gesehen habe; aber dennoch wäre so etwas gerade nichts Unmögliches in dieser unbegreiflich dümmsten Geisterwelt, wo man die Jahrtausende verlebt, ohne außer sich etwas zu erschauen, zu beurteilen und zu erkennen, ohne etwas zu tun, außer dann und wann mit sich einige tausend Jahre lang wert- und fruchtlose Gespräche zu führen gleich einem barsten Narren auf der Welt der Leibesmenschen!
[BM.01_011,12] Ich begreife nur das einzige nicht, daß ich nun keine größere Furcht habe in dieser meiner sicher verzweifeltsten Lage? Ich bin im Grunde mehr zornig als furchtsam; aber da ich niemanden habe, an dem ich meinen gerechten Zorn auslassen könnte, so muß ich ihn wie einen abgestandenen Essig verbeißen.
[BM.01_011,13] Dennoch aber kommt es mir vor, daß wenn selbst Gott nun, so Er irgend Einer ist, zu mir käme, so würde mein abgestandener Essig von einem Zorne wieder ganz frisch. Ich könnte mich weidlich vergreifen an einem solchen Scheingott, so er irgend Einer ist, weil Er die vergängliche Welt mit zahllosen Herrlichkeiten ausschmückte, diese unvergängliche aber schlechter bedachte als der barbarischste Tyrann von einem Stiefvater seine ihm verhaßtesten Stiefkinder, die ohne ihr Verschulden das Dasein erhielten und leider, leider seine Stiefkinder geworden sind!
[BM.01_011,14] O wie herrlich wäre es, an einem solchen Gott seinen Zorn auszulassen, wenn Er irgend Einer wäre! Aber leider, es gibt keinen Gott und kann nie einen gegeben haben! Denn wäre irgendein gottartiges höheres Wesen, so müßte es doch notwendig weiser sein als wir, seine Geschöpfe; so aber ist von einer Weisheit aber auch nirgends nur eine leiseste Spur zu entdecken!
[BM.01_011,15] Denn das muß doch ein Blinder einsehen, daß jedes Sein und Geschehen irgendeinen Zweck haben muß; ich aber bin doch auch ein Sein und ein unverschuldetes Geschehen! Ich lebe, ich denke, ich fühle, ich empfinde, ich rieche, ich schmecke, ich sehe, ich höre, ich habe Hände zur Arbeit und Füße zum Gehen, einen Mund, mit Zunge und Zähnen versehen, und – einen leersten Magen; aber dieser Gott sage mir: wozu? Wozu Millionen von Erdenjahren solche Besitztümer, die man doch nie gebraucht?
[BM.01_011,16] Also heraus mit einem so höchst unweisen Gott! Er stehe mir zur Rede – wenn Er irgend Einer ist –, auf daß Er von mir Weisheit lerne! Aber ich könnte Ihn Ewigkeiten lang herausfordern, so wird Er dennoch nicht erscheinen! Warum? Weil Er nicht und keiner ist!“

12. Kapitel – Bischof Martin auf dem toten Punkte. Aufnahme durch das ersehnte Schiff. Martins Dankrede an den Schiffsmann, der der Herr selbst ist.

[BM.01_012,01] Nach einer langen Pause, in der er doch etwas furchtsam die so kühn beschimpfte und sogar herausgeforderte Gottheit erwartete, beginnt er wieder folgendes, etwas dumpfere Gespräch mit sich selbst:
[BM.01_012,02] (Bischof Martin „Nichts, nichts und abermals nichts! Ich kann herausfordern, wen ich will; schmähen, wen ich will; gröblichst beschimpfen, wen ich nur immer will; hier gibt es niemanden, hier hört mich niemand, ich bin wie ein alleiniges, sich selbst bewußtes Leben in der ganzen Unendlichkeit!
[BM.01_012,03] Aber ich kann ja doch nicht allein sein! Die vielen tausendmal tausend Millionen von Menschen auf der Erde, die so wie ich geboren wurden, gelebt haben und wieder gestorben sind, wo sollen denn diese hingekommen sein? Haben sie etwa gänzlich aufgehört zu sein, oder haben sie in all den zahllosen Punkten der ganzen Unendlichkeit, voneinander endlos weit entfernt, etwa mit mir ein gleiches Eselslos? – Das scheint mir wohl das Allerwahrscheinlichste zu sein! Denn mein einstiger Führer und darauf die schönen Schäflein und Lämmerlein waren doch ein sicherer Beweis, daß es in dieser rein endlosen Welt wohl noch irgend Menschen gibt! Aber wo, wo, wo? Das ist eine andere Frage!
[BM.01_012,04] Da hinaus über dies endlose Meer wird es wohl sehr wenig Lebendiges mehr geben – aber höchstwahrscheinlich endlos weit hinter meinem Rücken! Wenn ich nur zurück könnte, so möchte ich auch diesen Versuch machen und würde sie aufsuchen! Aber leider bin ich hier mit Wasser ringsum so sehr verrammelt, daß eine Umkehr beinahe unausführbar erscheint.
[BM.01_012,05] Hier unter meinen Füßen ist's zwar noch trocken, und ich stehe noch auf einem, wennschon sehr lockeren, aber mich dennoch mit genauer Not tragenden Boden. So ich aber den Fuß weitersetzen würde, entweder rück- oder vorwärts, wie würde es mir dann ergehen? Sicher würde ich in den bodenlosesten Abgrund hinabsinken, in dies endlos große Wassergrab! Darum muß ich hier schon hocken bleiben in alle Ewigkeit, was auf jeden Fall eine herrliche Unterhaltung für mich abgeben wird!
[BM.01_012,06] Ach, wenn es hier doch so ein kleines, aber sicheres Schiff gäbe, in das ich so ganz frei einsteigen könnte, und das ich lenken könnte, wohin ich's wollte: welch eine Seligkeit wäre das doch für mich nun wahrhaftig allerärmsten Teu – – oho, nicht heraus; dieser Name soll nie über meine Lippen kommen! Es wird zwar an dem Teu –, nein „Gottstehunsbei“ ebensowenig daran sein wie an der Gottheit selbst; aber der Begriff an sich ist so häßlich, daß man ihn ehrlichermaßen nicht leicht ohne gewissen heimlichen Schauder aussprechen kann!
[BM.01_012,07] Was sehe ich aber dort auf dem Wasserspiegel, nicht ferne von hier? Ist es etwa ein Ungeheuer – oder etwa gar ein Schiff? Siehe, du mein dürstend Auge, es kommt näher und näher! Bei Gott, es ist im Ernste ein Schiff, ein recht nettes Schiff mit Segel und Ruder! Nein, wenn das herkäme, so müßte ich von neuem an einen Gott zu glauben anfangen; denn so was wäre ein zu auffallender Beweis gegen alles, was ich bisher geplaudert habe! Richtig, es kommt stets näher und näher! Vielleicht hat es gar jemanden an Bord? Ich werde um Hilfe schreien: vielleicht hört mich jemand?!
[BM.01_012,08] (laut He da! He da! Zu Hilfe! Hier harrt schon eine endlose Zeitendauer ein unglücklicher Bischof, der einst auf der Welt einen sehr großen Herrn gespielt hat, nun aber in dieser Geisterwelt in größte Armseligkeit versunken ist und sich nimmer zu helfen und zu raten weiß! O Gott, o Du mein großer, allmächtiger Gott, so Du irgend Einer bist, hilf mir, hilf mir!“
[BM.01_012,09] Nun seht, das Schiff nähert sich behende dem Ufer, wo unser Mann sich befindet! An Bord ersehet ihr auch einen gewandten Schiffer, der Ich Selbst bin, und hinter unserem Mann den Engel Petrus, der nun, da das Schiff ans Ufer stößt, samt unserem Bischof behende das Schiff besteigt.
[BM.01_012,10] Der Bischof aber ersieht bloß Mich als den Schiffsmann, den Engel Petrus erblickt er noch immer nicht, weil dieser stets hinter ihm wandelt. Er geht nun überaus freundlichen Angesichts schnurgerade auf Mich zu und spricht:
[BM.01_012,11] „Welch ein Gott oder sonst ein anderer guter Geist machte es denn, daß du mit deinem Schifflein auf diesem endlos großen Meere dich gerade in diese Gegend verirrtest oder gar geflissentlich hieher lenktest, wo ich eine undenklich lange Zeit der Erlösung harrte? Bist du etwa gar ein Lotse in dieser Geisterwelt oder sonst ein Rettungsmann? Menschen deinesgleichen müssen hier unglaublich selten sein, indem ich jetzt seit einer undenklichen Zeitdauer aber auch nicht die allerleiseste Spur von irgendeinem Menschen entdeckt habe!
[BM.01_012,12] O du holdseligster, liebster Freund! Du scheinst mir viel besserer Natur zu sein als einer, der vor undenklich langer Zeit sich mir als ein Führer in dieser Welt von selbst aufdrang, um mich auf einen rechten Weg zu bringen! Aber das war dir ein Führer non plus ultra! Gott der Herr mag es ihm verzeihen; denn er führte mich nur eine kurze Zeit hindurch, und da zu lauter Schlechtem!
[BM.01_012,13] Einmal mußte ich mein Bischofskleid, das ich Gott weiß wie von der Welt mit herübernahm, ablegen und dafür diese gegenwärtige Bauernkleidung anziehen, die muß wohl aus einem allerbesten Stoffe verfertigt sein, ansonst sie selbst bei meinem ruhigsten Verhalten unmöglich Millionen von Erdenjahren gedauert hätte!
[BM.01_012,14] Mit dieser Bescherung aber wäre ich noch so leidlich zufrieden gewesen, natürlich mit der Hoffnung auf ein besseres Schicksal. Allein, was tat da dieser Held von einem Führer? Er selbst dingte unter manchen moralischen Sentenzen mich zu einem Hirten seiner Schafe und Lämmer!
[BM.01_012,15] Ich nahm den Dienst bereitwilligst an – obschon auf einem lutherischen Boden –, ging mit einem dicken Namenbuche seiner Herde hinaus und wollte tun, wie er mir angezeigt hatte; allein siehe da, aus der Herde der Schafe und Lämmer wurden lauter bildschöne Mädchen! Von Schafen und Lämmern war keine Spur mehr!
[BM.01_012,16] Ich hätte ihre Namen aus dem Buch verlesen sollen, aber es kamen keine solchen Tiere in der ganzen Gegend vor, die ich vorher deutlich aus dem Hause dieses lutherischen Führers gesehen hatte!
[BM.01_012,17] Wohl aber kamen, ohne sich aus dem Buche rufen zu lassen, diese schönsten Mädchen haufenweise zu mir und scherzten um mich her und küßten mich sogar. Und eine, die allerschönste, hat sich gar über mich mit beiden Armen ausgebreitet und mich mit einer so bezaubernden Anmut an ihre überzarte Brust gedrückt, daß ich darob in einen solchen Gefühlsdusel kam, wie ich etwas Ähnliches auf der Welt wohl nie empfunden habe.
[BM.01_012,18] Die ganze Geschichte war im Grunde sicher nicht schlecht, besonders für einen Neuling in dieser Welt; denn wußte ich vorher, daß ich statt der Schafe und Lämmer solche Mädchen würde in meine Obhut bekommen?
[BM.01_012,19] Aber da war, wie von einem Blitze herbeigeführt, auch schon mein schöner Führer bei der Hand und machte mir darob eine Predigt, die dem Martin Luther keine Schande gemacht hätte. Er gab mir unter manchen Androhungen neue, aber noch dümmere und luftigere Vorschriften, die ich auf das strengste hätte befolgen sollen und die sämtlichen Schafe und Lämmer am Ende auf einen angezeigten Berg bringen!
[BM.01_012,20] Allein ich, mit diesem etwas sonderlichen Auftrag eben nicht sehr zufrieden, bekam darauf weder den Führer noch die Herde zu Gesichte, wartete Gott weiß wie viele Millionen Jahre, – allein umsonst; wollte endlich das Buch meinem saubern Dienstgeber ins Haus zurückstellen. Allein das Buch, wahrscheinlich eine Art geistiger Automat, empfahl sich von selbst, nebst der ganzen Gegend; und ich empfahl mich endlich auch und ging. Ich kam hierher und konnte nicht mehr weiter, schimpfte eine Zeitlang, was ich nur konnte und verzweifelte endlich völlig, da sich durch eine so lange Dauer von keiner Seite her eine Spur irgendeiner Rettung zeigte.
[BM.01_012,21] Endlich kamst du als ein wahrhaftiger göttlicher Rettungsengel hierher und hast mich in dein sicheres Fahrzeug aufgenommen! Nimm meinen möglichst größten Dank dafür hin! Hätte ich etwas, womit ich es dir vergelten könnte, wie süß wäre das meinem dir ewig dankbarsten Herzen! Aber du siehst, daß ich hier ärmer bin als alles, das der Mensch nur immer als arm bezeichnen kann, und außer mir nichts besitze. Daher begnüge dich für deine große Freundschaft mit meinem Danke und mit mir selbst, so du mich zu irgendeinem Dienste gebrauchen kannst!
[BM.01_012,22] O Gott, o Gott, wie ruhig und wie sicher und wie schnell schwimmt dein Fahrzeug über den brausenden Wogen dieses endlosen Meeres, und welch ein angenehmes Gefühl! O du lieber, göttlicher Freund, jetzt sollte mein einstiger sehr bornierter Führer da sein! Da möchte es sich denn doch der Mühe lohnen, dich ihm vorzustellen und zu zeigen, was ein rechter Führer und Rettet für ein Gefühl haben müsse, so er ein Führer sein will! Ich war wohl auf der Welt selbst einmal ein Führer, aber – da schweige ich! – O Dank dir! Dank! Wie herrlich geht das Schifflein!“

13. Kapitel – Des göttlichen Schiffsmannes Worte über den Segen der Einsamkeit. Ein Beichtspiegel zur Förderung der Selbsterkenntnis.

[BM.01_013,01] Darauf spreche Ich als der freundliche Schiffsmann: „Es mag wohl recht mißlich sein, sich lange dauernd allein zu befinden; aber ein solch länger andauerndes Alleinsein hat doch wieder sehr viel Gutes! Denn man gewinnt da Zeit, über so manche Torheiten nachzudenken, sie zu verabscheuen und ganz abzulegen und aus sich hinauszubannen. Und siehe, das ist mehr wert als die zahlreichste und glänzendste Gesellschaft, in der allzeit mehr Dummes und Schlechtes vorkommt als Weises und Gutes!
[BM.01_013,02] Noch mißlicher aber ist die Lage, wenn das Alleinsein mit einer Lebensgefahr bedroht ist, wenn auch oft nur zum Schein; aber dessenungeachtet ist ein solches Alleinsein auch noch um tausendmal besser als die anmutigste und schönste Gesellschaft! Denn in solchem Alleinsein bedroht einen nur ein scheinbarer Untergang, für den es noch eine Rettung gäbe, so er auch wirklich erfolgt wäre. In der bezeichneten anmutigen und schönen Gesellschaft aber bedrohen einen Menschen nicht selten tausend wirkliche Gefahren, jede vollkommen tauglich, Seele und Geist ganz zu verderben und in die Hölle zu bringen, von der es nahezu keinen Ausweg mehr gibt! Daher war dein gegenwärtiger Zustand für dein Gefühl wohl ein sehr mißlicher, aber für dein Wesen keineswegs ein unglücklicher.
[BM.01_013,03] Denn siehe, der Herr aller Wesen sorgte dennoch für dich, sättigte dich nach Maß und Ziel und hatte mit dir eine große Geduld! Denn du warst auf der Welt ein römischer Bischof, was ich wohl weiß, und verrichtetest dein heidnisches Götzenamt zwar dem Buchstaben nach wohl sehr strenge, obschon du innerlich nichts darauf hieltest; aber so etwas kann doch deiner eigenen Beurteilung nach bei Gott, der allein auf das Herz und dessen Werke sieht, unmöglich einen Wert haben! Zudem warst du sehr stolz und herrschsüchtig und liebtest trotz deines geschworenen Zölibates das Fleisch der Weiber über die Maßen! Meinst du wohl, dies könnten gottwohlgefällige Werke sein?
[BM.01_013,04] Du machtest dir auch mit den Klöstern viel zu schaffen und besuchtest am liebsten die weiblichen, in denen es recht viele und schöne Novizinnen gab. Du hattest dann ein großes Wohlgefallen, so sie sich vor dir wie vor einem Gott niederwarfen und dir deine Füße umklammerten und du sie dann auf allerlei moralische Proben stelltest, von denen einige um nichts besser sind als eine komplette Hurerei! Meinst du wohl, daß solch ein moralischer Eifer von deiner Seite Gott dem Herrn wohlgefällig war?
[BM.01_013,05] Was hast du auf der Welt gegen das Gebot Christi, der den Aposteln gebot, keine Säcke, somit kein Geld, keinen Rock, keine Schuhe – außer im Winter – und nie zwei Röcke zu haben und zu tragen, für große Reichtümer besessen! Welch ausgesuchte Speisen trug dein Tisch, welch glänzendes Fuhrwerk, welche reichsten Bischofsinsignien zierten deine Herrschsucht!
[BM.01_013,06] Wie oft hast du als sein wollender Verkünder des Wortes Gottes auf der Rednertribüne falsch geschworen und hast dich selber verflucht, so dies oder jenes nicht wahr wäre, was du bei dir selbst doch in deinem ganzen Leben nie geglaubt hast!
[BM.01_013,07] Wie oftmals hast du dich selbst befleckt – und warst im Beichtstuhle, solange du dich noch im selben herumtriebst, unerbittlich strenge gegen die armen Kleinen und ließest die Großen so leicht durch, als wie leicht da springt ein Floh durch ein Stadttor!
[BM.01_013,08] Meinst du wohl, daß der Herr daran ein Wohlgefallen haben konnte, dem doch das ganze römische Babylon ein Greuel ist in seiner besten Art?
[BM.01_013,09] Hast du je gesagt in deinem Herzen: ,Lasset die Kleinen zu mir kommen!‘? – O siehe, nur die Großen hatten bei dir einen Wert!
[BM.01_013,10] Oder hast du je ein armes Kind in Meinem Namen aufgenommen und hast es bekleidet, gespeist und getränkt? Wieviel Nackte hast du wohl bekleidet, wieviel Hungrige gesättigt, wieviel Gefangene frei gemacht? – O sieh, Ich kenne niemanden davon; wohl aber hast du Tausende in ihrem Geiste zu harten Gefangenen gemacht und hast der Armut nicht selten durch dein Verfluchen und Verdammen die tiefsten Wunden geschlagen, während du den Großen und Reichen Dispense über Dispense erteiltest – natürlich für Geld, nur manchmal bei sehr großen Weltherren aus einer Art großimponierender Weltfreundschaft umsonst! Meinst du wohl im Ernste, daß Gott derlei Werke angenehm und wohlgefällig sein könnten und du darum sogleich nach deines Leibes Tode hättest sollen von Mund auf in den Himmel aufgenommen werden?
[BM.01_013,11] Ich, dein Rettmann, sage dir das aber nicht, um dich zu richten, sondern darum nur, um dir zu zeigen, daß der Herr an dir kein Unrecht tat, so Er dich hier scheinbar ein wenig im Stiche ließ; und daß Er dir sehr gnädig war, darum Er nicht zuließ, daß du sogleich nach deinem Absterben vor Gott wohlverdientermaßen zur Hölle hinabgefahren wärest!
[BM.01_013,12] Bedenke das und schmähe nicht mehr deinen Führer, sondern denke in aller Demut, daß du von Gott aus nicht der geringsten Gnade wert bist, so kannst du sie wieder finden! Denn so sich die getreuesten Knechte als schlecht und unnütz betrachten sollen, um wieviel mehr du, der du noch nie etwas dem Willen Gottes Gemäßes getan hast!“

14. Kapitel – Bischof Martins aufrichtiges Reuebekenntnis und sein guter Wille zur Buße und Umkehr.

[BM.01_014,01] Spricht darauf der Bischof: „O du mein hochgeehrtester und alles Dankes würdigster Retter! Ich kann dir auf diese deine Enthüllung leider nichts anderes sagen als: Das ist alles Mea culpa, mea quam maxima culpa! Denn es ist alles buchstäblich wahr. Aber was läßt sich nun tun?
[BM.01_014,02] Ich fühle nun sicher die tiefste Reue über all das Begangene; aber mit aller meiner Reue läßt sich das Geschehene nimmer ungeschehen machen, und somit bleibt auch die Schuld und die Sünde unverrückbar, die da ist der Same und die Wurzel des Todes. Wie aber läßt sich in der Sünde des Herrn Gnade finden? – Siehe, das scheint mir ein völlig unmöglich Ding zu sein.
[BM.01_014,03] Darum meine ich also, indem ich nun vollkommen einsehe, daß ich sogestaltig ganz für die Hölle reif bin: die Sache läßt sich auf keine andere Weise ändern, außer ich würde durch eine allmächtige Zulassung Gottes mit meinem gegenwärtigen Gefühl nun noch einmal auf die Erde gesetzt, um daselbst so viel als möglich meine Fehler wieder gutzumachen. Oder – da ich vor der Hölle denn doch eine zu entsetzliche Furcht habe – der Herr möchte mich für die ganze Ewigkeit als ein allergeringstes Wesen in irgendeinen Winkel stecken, wo ich als ein allergeringster Landmann mir auf einem mageren Boden den nötigsten Unterhalt mit meiner Hände Arbeit erwerben könnte. Dabei leistete ich ja von ganzem Herzen gerne Verzicht auf irgendeine höhere Beseligung, indem ich mich selbst für den allergeringsten Grad des Himmels bei weitem zu unwert halte.
[BM.01_014,04] Das ist so mein Gefühl; denn meine Meinung kann ich's darum nicht nennen, weil ich's empfinde, daß das nun der innerste Anspruch meines Lebens ist. Es ist auf der über Hals und Kopf vernagelten Welt wohl auch nichts mehr zu machen; denn der allgemeine Zug des Stromes ist nun durch und durch schlecht, so daß es beinahe zur Unmöglichkeit wird, gut zu sein als ein Schwimmer wider den Strom.
[BM.01_014,05] Die Regierungen tun, was sie wollen, und die Religion gebraucht man nur noch als ein politisches Opium fürs gemeine Volk, um es leichter im Zaume und zu allem Möglichen dienstbar zu erhalten! Da sollte der Papst selbst versuchen, der Religion eine andere, bloß geistige Bedeutung zu geben, so wird man gegen seine deklarierte Unfehlbarkeit sogleich von allen Seiten her mit Waffen und klingendem Spiel zu Felde ziehen. Aus dem aber geht klar hervor, wie schwer es nun ist, besonders als ein Bischof die rechten Wege des Wortes Gottes zu gehen, indem er auf allen seinen Wegen und Stegen von einer Legion geheimer Aufseher beschnüffelt wird.
[BM.01_014,06] Alles das benimmt zwar weder einem Bischof noch irgendeinem andern Menschen den freien Willen; aber wie sehr wird dadurch das Handeln erschwert, ja in tausend Fällen sogar unmöglich gemacht – was dem Herrn sicher auch nicht unbekannt sein wird.
[BM.01_014,07] Es wäre freilich recht und billig und in dieser Zeit beinahe notwendig, des Wortes Gottes wegen ein Märtyrer zu sein; aber was würde damit geholfen sein? Nur ein Wort losgelassen, was mit der heiligsten Religion nun für ein barster Mißbrauch getrieben wird, und man steckt im Loch mit dem Auftrage des ewigen Schweigens, oder man wird so ganz heimlich aus der Welt geschafft.
[BM.01_014,08] Frage: was würde da jemand nützen können, so er strikte gegen den Strom schwimmen wollte, so er die reinste Wahrheit verkünden und sich opfern wollte für die geblendete arme Menschheit?
[BM.01_014,09] So man aber das aus der Erfahrung ersieht, daß sich da rein nichts tun läßt in einer Welt, die vom Fuß bis zum Kopf im dicksten Ärger steckt, und ihr nicht zu helfen ist, da wird es am Ende sogar wie verzeihlich, so man bei sich selbst ausruft: ,Mundus vult decipi, – ergo decipiatur!‘
[BM.01_014,10] Ich meine aber nun auch: der Herr sucht sicher jeden Menschen zu beseligen; aber so der Mensch schon durchaus die Hölle dem Himmel vorzieht, so vermag Er, der Allmächtige, ihn am Ende selbst nicht zu behindern, daß er nicht hinabfahre in den ewigen Pfuhl – bei welcher Gelegenheit dann sicher auch der Allweiseste nichts anderes als ,Si vis decipi, ergo fiat!‘ sagen würde.
[BM.01_014,11] Damit will ich auch nicht im geringsten mich vor dir etwa beschönigen und meine Schuld geringer machen, als sie ist, sondern dir nur sagen, daß man nun auf der Welt mehr ein genötigter als ein freiwilliger Sünder ist, worauf der Herr doch sicher auch eine gnädige Rücksicht nehmen wird.
[BM.01_014,12] Ich meine nicht, als sollte Er mir meine große Schuld darum für geringer ansetzen, als sie in Wirklichkeit ist, sondern eine Berücksichtigung möchte ich darum, weil die Welt wirklich Welt ist, mit der selbst beim besten Willen nichts zu machen ist; und weil man am Ende auch den guten Willen verlieren muß, ihr zu helfen, da man zu klar einsieht, daß man ihr gar nicht helfen kann.
[BM.01_014,13] Mein geliebtester Retter, sei mir darob nicht gram; denn ich redete nun, wie ich's bisher verstand und einsah. Du wirst es sicher besser verstehen und wirst mich darüber belehren; denn ich habe aus deinen Worten entnommen, daß du voll wahrer, göttlicher Weisheit bist und mir eine rechte Auskunft geben wirst, was ich zu machen habe, um wenigstens nur der Hölle zu entgehen.
[BM.01_014,14] Dazu gebe ich dir auch noch die Versicherung, daß ich deinem Wunsche nach meinem früheren Führer von ganzem Herzen vergebe! Denn ich war ja auch nur darum ärgerlich auf ihn, da ich bis jetzt noch nicht innewerden kann, was er mit mir für einen eigentlichen Plan hatte! Er ließ es zwar wohl sehr unbestimmt durchleuchten, was er mit mir vorhaben könnte; aber dieses überlange Verlassen meiner Person von seiner Seite mußte mich am Ende über ihn doch ärgerlich machen! Aber nun ist alles vorbei, und so er jetzt herkäme, würde ich ihm deinetwegen augenblicklich um den Hals fallen und ihn abküssen wie ein Sohn seinen lange nicht gesehenen Vater!“

15. Kapitel – Des göttlichen Schiffsmannes Bußpredigt an Bischof Martin.

[BM.01_015,01] Nun rede wieder Ich als der Schiffsmann: „Höre mich nun an und merke genau, was Ich dir sagen werde!
[BM.01_015,02] Siehe, wohl weiß Ich, wie die Welt beschaffen ist, weil Ich es auch weiß, wie sie zu allen Zeiten beschaffen war. Denn wäre die Welt nicht arg oder wenigstens nur manchmal besser als ein anderes Mal, so hätte sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt! Da ihr großböser Mutwille aber schon solches tat am grünen Holze, um wieviel weniger wird er des dürren Reisigs schonen! Daher gilt für die Welt ein für alle Male das, was aus dem Munde des Herrn im Evangelium geschrieben steht und lautet:
[BM.01_015,03] In diesen Tagen – d.h. in der Zeit der Welt – braucht das Himmelreich Gewalt; nur die werden es besitzen, die es mit Gewalt an sich reißen! Eine solche moralische Gewalt aber, Freund, hast du dem Himmelreiche wohl nie angetan. Darum darfst du die Welt eben auch nicht zu sehr anklagen, indem Meines höchst klaren Wissens du es zu allen Zeiten bei weitem lieber mit der Welt als irgend mit dem Geiste gehalten hast! Denn in diesem Punkte warst du eben einer der Hauptgegner aller geistigen Aufklärung, ein Feind der Protestanten und verfolgtest sie ob der vermeintlichen Ketzerei mit Haß und bitterstem Ingrimm!
[BM.01_015,04] Bei dir hieß es wirklich nie: Si mundus vult decipi!, sondern ohne Gnade und Pardon: Mundus decipi debet! – und das sine exceptione! Ich aber sage dir, daß die Welt nirgends schlechter ist als gerade in deiner und zumeist in deinesgleichen Sphäre! Ihr seid zu allen Zeiten die größten Feinde des Lichtes gewesen, und es gab Zeiten, wo ihr jedem nur um ein Haar heller Denkenden und Sehenden Scheiterhaufen errichtet habt!
[BM.01_015,05] Nicht die Fürsten der Welt suchten die Finsternis bei ihren Völkern auszubreiten, sondern ihr waret es, die ihr die Fürsten selbst in den Bannfluch legtet, so sie es wagten, etwas heller zu denken, als es eurer finstersten, hierarchischen, tyrannischesten Despotie genehm war! Wenn nun Fürsten selber finster sind hie und da, so sind sie sogestaltig euer Werk; aber ihr waret nie ein Werk der Fürsten, sondern jetzt wie zu allen Zeiten euer eigenes!
[BM.01_015,06] Daß es nun etwas schwerer ginge in manchem Lande, das vom Lichte von A bis Z keine Ahnung mehr hat, das reine Licht Gottes einzuführen, das weiß Ich; aber wer trägt daran die Schuld? Siehe, niemand sonst als ihr selbst!
[BM.01_015,07] Wer hieß euch je Götzentempel und barste Götzenaltäre errichten? Wer hat euren lateinischen sogenannten Gottesdienst angeordnet? Wer hat die Ablässe erfunden, wer die Schrift Gottes verbannt und an deren Statt die absurdesten und lügenhaften Legenden der sogenannten Heiligen eingeführt, wer die Reliquien, wer die Millionen von allerlei heiligen Bildern und Schnitzwerken? – Siehe, niemand anderer, kein Kaiser und kein Fürst, sondern ihr! Ihr allein waret zu allen Zeiten die Werkmeister der allerdicksten Finsternis, um darinnen allerlei, groß und klein, zu fangen für euer Zepter!
[BM.01_015,08] Die Fürsten sind zumeist voll frommen Glaubens und gehorsam eurer Lehre; sage mir, was hattest aber du, der du doch in der Schrift bewandert warst, für einen Glauben? Und wem gehorchtest du wohl? Wieviel hast du wohl gebetet, ohne dafür bezahlt zu sein?
[BM.01_015,09] Sage, kannst du wohl bei Gott nach all dem irgendeine Berücksichtigung erwarten, indem die Welt nicht dich, sondern nur du die Welt in deinem Bezirke um vieles schlechter gemacht hast, als sie ehedem war?
[BM.01_015,10] Ich sage dir aber: Was das Märtyrertum betrifft, das du angeführt hast, so hättest du dich tausendmal eher aus herrschsüchtiger Liebe zur Nacht ans Kreuz schlagen lassen, als nur einmal fürs reine Gotteslicht! So hättest du auch von den Fürsten wenig zu besorgen gehabt, wenn du das Licht hättest verkündigen lassen, und noch weniger von ihren Aufsehern. Denn Ich weiß es nur zu gut, wie du den Fürsten widerstandest, so sie sich gegen deine unsinnigsten, allen Menschen- und Bruderwert verachtenden und verdammenden Forderungen sträubten!
[BM.01_015,11] Siehe, so sind Mir auch wenig Beispiele bekannt, daß Fürsten wahrhaft helle Priester, die der Gotteslehre rein oblagen, ins Loch steckten oder gar – was von dir eine grobe Anschuldigung ist – in die Geisterwelt expedierten. Wohl aber sind mir eine ungeheure Zahl Beispiele bekannt, daß nur ihr das an jenen tatet, die es gewagt haben, reiner nach dem Worte Gottes zu leben!
[BM.01_015,12] Wer da klug ist wie eine Schlange und dabei sanft wie eine Taube und wandelt also des Herrn Wege: meinst du wohl, daß der alte Gott schwächer geworden ist, als Er zu den Zeiten der Apostel war, und somit jenem nicht mehr zu helfen vermöchte, wenn er von der Welt bedräut wird?
[BM.01_015,13] O sieh, Ich könnte dir nebst Luther noch eine große Menge Brüder anführen, die in einer allerfinstersten Zeit es dennoch gewagt haben, das reine Gotteswort vor aller Welt zu bekennen. Und siehe, die Fürsten der Welt haben keinem den Kopf vom Leibe getrennt; wohl aber ging's nur dem schlecht, der reineren Geistes in eure Hände geriet!
[BM.01_015,14] Du wirst nun hoffentlich einsehen, daß hier, wo nichts als die reinste Wahrheit, mit der ewigen Liebe geeint, nur gilt, mit all deinen Entschuldigungen nichts erreicht wird – außer mit der alleinigen Mea quam maxima culpa! Das ist allein recht, alles andere gilt vor dem Herrn nichts! Denn das wirst du wohl zugeben, daß Gott die Welt in ihren kleinsten Fibern besser kennt von Ewigkeit her, als du sie je erkennen wirst. Darum wäre es auch der größte Unsinn, so du Gott dem Herrn zu deiner Entschuldigung beschreiben wolltest, wie sie ist; obschon du sagst, daß du das nicht zu deiner Entschuldigung sagst, sondern nur, daß der Herr mit dir eine Rücksicht nehmen solle – ohne dabei im geringsten zu bedenken, daß du selbst ein Hauptweltschlechtermacher warst!
[BM.01_015,15] Inwieweit du als ein Weltgefangener Rücksicht verdienst, wird sie dir nicht um ein Haar entzogen werden; aber in allem dem, was du ihr nun anwirfst, nicht die allergeringste! Was die Welt dir schuldet vor Gott, das wird mit einer kleinen Rechnung abgetan sein. Aber deine Schuld wird so kurz nicht ablaufen, außer du bekennst sie selbst reumütigst und bekennst auch, daß nie du – der du allzeit schlecht bist und warst –, sondern allein nur der Herr alles wieder gutmachen und dir vergeben kann deine Schuld.
[BM.01_015,16] Du hast wohl eine große Furcht vor der Hölle, weil du dich in deinem Gewissen ihrer wert fühlst und meinst, Gott werde dich da hineinwerfen wie einen Stein in einen Abgrund. Du bedenkst aber nicht, daß du nur deine eingebildete Hölle fürchtest, aber an der wirklichen ein großes Wohlgefallen hast und nicht heraus willst in der Fülle!
[BM.01_015,17] Siehe, alles, was du bisher noch gedacht hast, war mehr oder weniger Hölle im eigentlichsten Sinn! Denn wo nur noch ein Fünklein Selbstsucht herausschaut und Eigendünkel und Beschuldigung anderer, da ist Hölle; wo der fleischliche Sinn noch nicht freiwillig verbannt wurde, da ist noch Hölle! Bei dir aber haftet das alles noch; somit bist du noch sehr stark in der Hölle! – Siehe, wie eitel da deine Furcht ist!
[BM.01_015,18] Der Herr aber, der Sich aller Wesen erbarmt, will dich daraus erretten – und nicht nach deiner römischen Maxime noch tiefer hineinverdammen! Daher sage fürder auch nicht vom Herrn, daß Er den durchaus in die Hölle Fahrenwollenden sage: ,So du denn durchaus zur Hölle willst, so sei's!‘
[BM.01_015,19] Siehe, das ist eine sehr frevelnde Behauptung von dir! Du bist eben einer, der schon gar lange der Hölle nicht entsagen will; wann aber hast du von seiten des Herrn ein solches Gericht über dich vernommen?
[BM.01_015,20] Bedenke diese Meine Worte wohl und kehre dich danach in dir, so will Ich dies Schifflein also lenken, daß es dich aus deiner Hölle in das Reich des Lebens bringen soll. Es sei!“

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Pegus
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New PostErstellt: 04.09.04, 09:27  Betreff: Bischof Martins Schuldbekenntnis  drucken  weiterempfehlen

16. Kapitel – Bischof Martins Schuldbekenntnis. Martins Entschluß, bei dem Lotsen, seinem Retter, zu bleiben. Der Engel Petrus als Dritter im Bunde.

[BM.01_016,01] Spricht nun unser Mann: „O lieber Freund, ich muß es dir leider offen gestehen, daß es mit mir gerade so steht, wie du es mir nun ohne Vorenthalt meiner Sünden kundgetan hast. Und ich sehe es ein, daß ich dagegen auch nicht die geringste Entschuldigung vorbringen kann; denn alles trifft mich rein ganz allein! Aber nur das möchte ich noch von dir erfahren, wohin du mich nun bringen wirst, und was wird mein ewiges Los sein?“
[BM.01_016,02] Spricht der Schiffsmann: „Frage dein Herz, deine Liebe! Was sagt diese? Was ist ihre Sehnsucht? Hat dir diese aus deinem Leben heraus ganz bestimmt geantwortet, so hast du dann schon in dir selbst dein Los entschieden: denn jeder wird von seiner eigenen Liebe gerichtet!“
[BM.01_016,03] Spricht der Bischof: „O Freund, so ich nach meiner Liebe gerichtet würde, da käme ich Gott weiß wohin! Denn in mir geht es noch gerade so zu wie im Gemüte eines modesüchtigen Weibes, das da in einem irdischen Modeverkaufsgewölbe vor sich hundert Modestoffe hin und her mustert und am Ende nicht weiß, was es nehmen soll!
[BM.01_016,04] Meinem innersten Gefühle nach möchte ich bei Gott, meinem Schöpfer sein. Aber da treten mir meine vielen und großen Sünden in den Weg, und ich sehe dann die Realisierung solches meines Wunsches für rein unmöglich an!
[BM.01_016,05] Darauf denke ich wieder an jene schon diesweltlichen abenteuerlichen Schafe und Lämmer; mit einem solchen Schafe wäre es gerade auch nicht unangenehm in Ewigkeit zu leben! Aber da sagt mir wieder ein innerer Mensch: ,So etwas wird dich Gott ewig nie näherbringen, sondern dich stets mehr nur von Ihm entfernen!‘, – und damit sinkt auch dieser mein Lieblingsgedanke ins Grundlose dieses Meeres!
[BM.01_016,06] Wieder kommt mir der Gedanke, irgendwo in einem Winkel dieser ewigen Geisterwelt als ein schlichtester Landmann zu leben und nur wenigstens einmal die Gnade zu besitzen, Jesus zu sehen, wenn auch nur auf einige wenige Augenblicke! Aber da ermahnt mich wieder mein loses Gewissen und spricht: ,Dessen bist du ewig nicht wert!‘, – und ich sinke wieder zurück in mein mit allen Sünden behaftetes Nichts vor Ihm, dem Allerheiligsten!
[BM.01_016,07] Nur ein Gedanke kommt mir am wenigsten schwer und unmöglich zu realisieren vor, und ich muß gestehen, daß das nun meine Lieblingsidee ist: nämlich bei dir, wo du auch sein magst, die ganze Ewigkeit zu sein und zuzubringen! Obschon ich auf der Welt diejenigen am wenigsten leiden konnte, die es wagten, mir die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, so habe ich aber dich eben dadurch nun über alles liebgewonnen, weil du mir die Wahrheit wie ein allerweisester, aber auch wie ein allersanftester Richter offen ins Gesicht gesagt hast. Bei dieser Lieblingsidee aber werde ich auch verbleiben in Ewigkeit!“
[BM.01_016,08] Spreche Ich: „Nun gut, wenn das deine Hauptliebe ist, von der du dich in der Folge aber noch tiefer überzeugen mußt, so kann sie sogleich ausgeführt werden! Siehe, wir sind nun nicht mehr fern von einem Ufer und ebensowenig ferne von Meiner Wohnhütte. Mein Geschäft kennst du nun schon, daß ich ein Lotse bin im vollsten Sinne des Worts?! Du wirst nun dies Geschäft mit Mir teilen; den Lohn für unsere Bemühungen wird uns unser Grundstückchen bringen, das wir in geschäftsfreien Augenblicken nach Möglichkeit emsig bearbeiten wollen. Und sieh dich um, neben dir wirst du noch jemanden finden, der da getreu mit uns halten wird!“
[BM.01_016,09] Der Bischof sieht sich auf dieser Seefahrt zum erstenmal um und erkennt sogleich den Engel Petrus; er fällt ihm um den Hals und bittet ihn um Vergebung ob der angetanen Schmähungen.
[BM.01_016,10] Petrus erwidert die gleiche Liebe und preist den Bischof glücklich, daß sein Herz diese Wahl getroffen hat aus seinem innersten Herzengrunde.
[BM.01_016,11] Das Schiffchen stößt nun ans Ufer, wo es an einem Stock befestigt wird, und wir alle drei gehen in die Hütte.

17. Kapitel – In der Hätte des Lotsen. Das gesegnete Morgenmahl und Martins Dank. Die neue Arbeit Martins mit den Fischern.

[BM.01_017,01] Bisher aber war es gleich stets mehr dunkel als hell. In der Hütte fing die Dunkelheit jedoch mehr und mehr an sich zu verlieren, und eine wohltuende Dämmerung verscheuchte nach und nach stets mehr die frühere Nacht – natürlich vor den Augen des Bischofs nur, denn vor Meinen (des Herrn) und des Engels Petrus Augen war es stets der allerhellste, ewige, unvergängliche und unveränderliche Tag!
[BM.01_017,02] Daß es aber nun auch vor den Augen des Bischofs zu dämmern anfing, geschah aus dem Grunde, weil in seinem Innersten die Liebe aufzutauchen begann, nachdem durch Meine Gnade der Bischof eine große Menge irdischen Unflates freiwillig aus sich hinausgeschafft hatte und noch fortschafft.
[BM.01_017,03] „Was geschieht aber nun in der Hütte?“, werdet ihr fragen. – Nur Geduld, sogleich wird nun von Mir die Dienstordnung vorgetragen werden, die der Bischof von nun an zu befolgen haben wird, nachdem er zuvor sich ein wenig mit Meinem Lebensbrote wird gestärkt haben. Denn ihr sehet leicht ein, daß der Mann sicher sehr hungrig sein muß, indem er durch sein ganzes Leben auf der Welt, wie auch in der sehr kurzen Periode von sieben natürlichen Tagen (wennschon anscheinend eine undenklich lange Dauer) noch nie an diesem wahrsten Nährtische gegessen hat und nie verkostet das Brot des Lebens. Daher müssen wir ihn nun schon, wie ihr zu sagen pflegt, ein bißchen dreinhauen lassen, d.h. so recht den ersten Heißhunger stillen lassen.
[BM.01_017,04] Seht, wie er ein Stück Brot ums andere verzehrt, und wie er dabei ganz zu Tränen gerührt ist und nun spricht:
[BM.01_017,05] (Bischof Martin „O du mein allerbester Freund und nunmaliger Dienstherr für ewig, wie überaus gut ist es bei dir sein! Nimm vorerst meinen inbrünstigen Dank hin, und trage selben in deinem reinen Herzen auch Gott dem Herrn vor. Denn meine Zunge ist ewig nicht wert, dem Herrn ein Dankgebet vorzutragen, indem ich doch ein viel zu großer und zu grober Sünder vor Ihm bin!
[BM.01_017,06] So, so; ach, das war gut! O der undenklichen Zeit meines Hungers, meines Durstes und meiner ununterbrochenen Nacht! O Dank, Dank dir, größter Dank Gott, dem Herrn, da Er es zugelassen hat, daß du mich rettetest und nun auch sättigtest, daß mir nun so wohl ist, als wäre ich frisch geboren! – Und siehe, siehe, es wird auch ganz hell wie an einem Frühlingsmorgen, so sich die Sonne dem Aufgange naht! O wie herrlich ist es nun hier!
[BM.01_017,07] O liebster Freund und auch du, mein alter und erster Führer, da ich nun gesättigt bin zur Übergenüge, so lasset mich nun an irgendeine Arbeit, auf daß ich euch – wennschon in einem höchst verjüngten Maße gegen eure übergroße Wohltat an mir – durch meiner Hände Fleiß meine große Liebe zu euch an den Tag legen kann!“
[BM.01_017,08] Nun rede Ich: „Komme nur mit uns aus der Hütte, und wir werden sogleich Arbeit in schwerer Menge bekommen! Sieh, wir sind nun schon wieder im Freien und am Ufer des Meeres! Dort sind die Fischernetze: gehe mit dem Bruder hin, und bringe sie hierher in das Schiff; denn das Meer ist heute ruhig, und wir werden einen guten Fang tun!“
[BM.01_017,09] Die beiden bringen eiligst drei gute Tauchbären herbei und ein Schleppnetz, schaffen es sogleich ins Schiff, worauf der Bischof voll Freuden spricht: „Ach, das ist wohl eine lustige Arbeit! So gefällt mir das Meer; aber als ich dabei an dessen lockerstem Ufer meines Untergangs harrte, da sah es ganz schrecklich anders aus!
[BM.01_017,10] Aber gibt es denn hier im Geisterreiche auch Fische? – Wahrlich, davon hatte mir auf der Welt nie etwas geträumt!“
[BM.01_017,11] Spreche Ich: „Und was für Fische! Es wird dir bei der Arbeit noch ganz sonderlich zumute werden, besonders da es hier unsere Aufgabe ist, dieses Meer voll auszufischen. Doch darum darfst du deinen Mut nicht sinken lassen, es wird alles gehen. Aber, wie gesagt, es gehört Geduld und Mut und große männliche Festigkeit dazu!
[BM.01_017,12] Es werden dabei recht viele Gefahren vorkommen, und du wirst dich nicht selten für verloren halten. Dann aber sieh auf Mich, und tue, was Ich tue, so wird alles gut und zu unserm großen Vorteil ablaufen! – Denn jedes gute Ding braucht Mühe, Geduld und feste Arbeit! – Löset nun das Schiff vom Stock, und wir wollen sogleich in die hohe See hinausstoßen!“
[BM.01_017,13] Die beiden lösen das Schiff ab und ein von Morgen her wehender Wind treibt es pfeilschnell in die hohe See hinaus.
[BM.01_017,14] Im Verlaufe der Fahrt spricht wieder der Bischof: „O tausend, tausend! Aber Freunde, da muß es schon ganz entsetzlich tief sein, denn das Wasser sieht ja vor lauter Tiefe nahezu kohlschwarz aus! Wenn da das Schiff scheitern möchte, wie erginge es uns dann?!“

18. Kapitel – Auf der Fischjagd.

[BM.01_018,01] Spreche Ich: „Freund, nur keine Furcht, denn wir sind guter Dinge wegen auf dem Wasser, und da mag es tief sein, wie es wolle, so haben wir nichts zu befürchten! Nun, aufgepaßt, das Schleppnetz hinausgeworfen! Dort, wo das Wasser stark wogt, ist ein ungeheurer Fisch! Nur behende, daß er uns nicht entgeht!“
[BM.01_018,02] Die beiden werfen das Netz hinaus, und kaum hat es sich im Wasser ausgebreitet, fährt auch schon ein sichtliches Ungeheuer von einem Fisch hinein. Und da es das starke Netz nicht durchbrechen kann, so reißt es das Schiff pfeilschnell mit sich fort auf der Oberfläche und macht keine Rast, sondern wütender und wütender schleppt es das Schiff mit sich fort.
[BM.01_018,03] Der Bischof, darob voll Entsetzen, ruft: „O um Gottes willen, was jetzt?! Nun sind wir offenbar verloren! Das Ungeheuer füllt das Netz gerade kaum mit seinem halben Kopfe aus! Der Leib reicht Gott weiß wie weit noch ins Wasser hinein; es ist sicher dreimal so groß als unser Schiff! Wenn wir's auch erlegen könnten, wohin möchten wir dann damit?! – Oh, oh, immer wütender und schneller rennt es mit unserm Fahrzeuge zum ... O-Gott-steh-uns-bei!“
[BM.01_018,04] Nun redet Petrus: „Sei nur nicht kindisch! Laß rennen den Fisch, wohin und wie lange es ihn freut! Solange er den Kopf im Netze hat, geht er nicht unter, daß weiß ich als ein alter Fischer. Und wenn er sich wird zur Genüge ausgerannt haben, da wird er schon ruhiger werden, und wir werden dann ein leichtes haben, uns seiner zu bemächtigen und ihn ans Ufer schleppen! Denn siehe dorthin – der Fisch rennt gerade einem Ufer zu; da wird es dann schon wohlfeiler gehen mit seinem Davonrennen!
[BM.01_018,05] Und hast du denn vergessen, was da unser aller hochgeliebter Meister geredet hat? – Siehe, Er ist ruhig, daher seien es auch wir! Wenn es aber heißen wird: ,Nun Mir nach, die Hände ans Werk!‘, dann erst heißt es sich rühren, wie Er es anordnet. Denn über Ihn gibt es keinen Meister in der Fischerkunst! Jetzt aber heißt es: Aufgepaßt, der Moment unserer Tätigkeit wird sogleich eintreten!“
[BM.01_018,06] Nun rede Ich: „Petrus, nimm du den großen Haken und stoße ihn kräftig hinter die Kiefer! Und du, Freund Martin, springe nun behende ans Ufer, ergreife kräftigst das Schiffstau und ziehe es ans Ufer! Befestige es schnell an den vorhandenen Stock, springe dann wieder ins Schiff herein, nimm den zweiten Haken und tue, was Petrus tat! Denn siehe, das Ungeheuer hat die rechte Mattigkeit erlangt, und wir werden seiner nun leicht Meister! Also nur behende!“
[BM.01_018,07] Der Bischof Martin tut eiligst, wie ihm geboten wurde. Das Schiff ist befestigt, und unser Martin ist schnell wieder im Schiff. Er ergreift den Haken und stößt ihn scharf und stark hinter die andere Kieferlappe, und so ist das Ungeheuer nun wohl befestigt.
[BM.01_018,08] Und nun befiehlt der Herr: „Gehet hinaus ans Ufer, bringt das große Tau, an dem ein schwerer und scharfer Wurfhaken befestigt ist; dort nahe an der Hütte ist es schon in Bereitschaft! Ich werde unterdessen mit den beiden Hakenstangen den Fisch näher ans Ufer hin bringen, wo ihr dann äußerst schnell den Wurfhaken auf den Kopf des Tieres schleudern müßt. Und du, Freund Martin, darfst nicht erschrecken, so der Fisch dabei einige mächtige Bewegungen machen wird, die dir freilich ganz grauenerregend vorkommen werden. Aber nur Mut und Beharrlichkeit – dann geht alles! Also nun Mir die beiden Stangen in die Hände gegeben und ihr eilet an euer Werk!“
[BM.01_018,09] Alles geschieht pünktlich. Aber als dem Fisch der schwere und scharfe Wurfhaken ins Lebendige dringt, fängt er an, ganz schrecklich (für den Bischof Martin) sich zu winden und zu bäumen. Er treibt dadurch mächtige Fluten ans Ufer, so daß manchmal unser neuer Fischer Martin ganz vom Wasser zugedeckt wird, was ihn um so mehr geniert, weil manchmal der tausendzähnige Rachen des Fisches ihm beim Halten des Taues sehr nahe kommt und zugleich stark nach ihm schnappt. Er ist in großer Angst, aber nun mehr um Mich als um sich, indem er sieht, wie der Fisch mit seinem mächtigen Schwanze das Schiff schon einige Male ganz übers Wasser emporhob und dann wieder niederschleuderte.
[BM.01_018,10] Petrus aber spricht zu ihm: „Halte nur fest, Bruder! Nimm alle deine Kräfte zusammen, sonst reißt uns das furchtbare Ungeheuer in die Meerestiefe hinein, wo es uns eben nicht am besten erginge!“
[BM.01_018,11] Spricht der Bischof Martin: „O Bruder, wenn ich nur hinter dir wäre! Die Bestie schnappt fortwährend nach mir, und unser Meister schiebt es noch dazu völlig mir unter die Nase, wo dies schrecklichste Untier gerade vor meinem Kopfe in einem fort seinen schrecklichen Rachen drei gute Klafter weit aufreißt und dann wieder so gewaltig zusperrt, daß es mir dadurch wenigstens hundert Eimer Wasser ins Gesicht speit!
[BM.01_018,12] Ah, das ist eine verzweifelt schwere und sehr gefahrvolle Arbeit! Diese Arbeit wäre ja für Galeerensklaven zu schlecht! – Oh oh, m-m-m – brrr, brrr, – ah – ah, – schon wieder eine volle Ladung Wasser im Gesicht! Ich werde noch ersaufen, so mich die Bestie noch einige Male anspeien wird! Eh – eh, der Rachen geht schon wieder auf! Nein, ich halte es nimmer aus! Das Wasser ist so entsetzlich kalt, daß mich nun schon so friert, als wenn ich mutternackt auf dem Eise läge! Jetzt wird er gleich wieder zuschnappen!“
[BM.01_018,13] Spricht Petrus: „Da nimm die Spreize und spreize ihm den Rachen auf, so wird er nimmer zuschnappen können!“
[BM.01_018,14] Spricht Bischof Martin: „Nur her damit! – Ist schon gehörig darinnen! – Oho, du gewaltiges Vieh, jetzt wird dein Schnappen wohl einmal ein Ende haben? Das war wirklich ein guter Gedanke von dir; nur hättest du ihn um ein paar Dutzend Schnapper früher fassen sollen, da wäre ich nicht so jämmerlich durchnäßt worden! Aber so ist es nun auch gut.“
[BM.01_018,15] Nun rede Ich vom Schiffe: „Gut so; befestigt nun auch das Hakentau an einem Stock und kommt dann schnell wieder ins Schiff! Das ist schon unser Fisch, der geht uns nimmer durch! Wir aber wollen unser Schiff sogleich wieder flott machen und in die hohe See hinausstoßen, vielleicht machen wir in kurzer Fristung noch einen ansehnlicheren Fang?“
[BM.01_018,16] Die beiden tun schnell, was ihnen befohlen wird. Bischof Martin kratzt sich hinter den Ohren zwar – denn er hätte gewisserart für einmal schon genug; dessenungeachtet aber tut er dennoch schnell, was von Mir geboten wurde.
[BM.01_018,17] Nun sind schon wieder beide im Schiffe, das jetzt wieder pfeilschnell davoneilt.
[BM.01_018,18] Ich aber mache zu Bischof Martin unterwegs die Bemerkung: „Freund, du mußt dir hier schon angewöhnen, stets unverdrossen zu sein. Denn wer etwas mürrisch an die Arbeit geht, dem glückt selten ein Werk! Daher Geduld, Mut und Ausharrung; die Freude kommt erst nach vollbrachter Arbeit!
[BM.01_018,19] Ja, mein lieber Freund, hier im Geisterreiche ist es nichts mit deinem oft auf der Welt herabgeplärrten: Requiescant in pace!, sondern: Arbeitet, dieweil es noch Tag ist! Genug, so man in der Nacht ruht, in der niemand arbeiten kann! Als du Nacht hattest, warst du auch arbeitslos; da aber nun auch dir der Tag angebrochen ist, so mußt du auch arbeiten – denn das Gottesreich ist ein Arbeitsreich und kein Faulenzer- und Brevierbeterreich! Daher nur frischen Mutes!
[BM.01_018,20] Seht dorthin gegen Mitternacht, wo noch eine starke Dämmerung auf dem Gewässer rastet! Dort wogt das Meer stark, doch ist kein Wind weder hier noch dort; sonach kann der Grund solch einer wogenden Bewegung kein anderer sein als irgendein mächtig großer Fisch! Daher hurtig hingesteuert und alle Hände ans Werk gelegt; dieser Fisch soll hauptsächlich unsere Mühe lohnen!“
[BM.01_018,21] Bischof Martin spricht: „O Freund, der wird uns wohl etwa mit der Hilfe des Gott-steh-uns-bei den Garaus machen. Aber wozu braucht man denn hier im Geisterreiche so viele und so närrisch große Fische? Gibt es denn auch hier Fasten, wo man nur Fischfleisch essen darf? Oder wird das Fleisch und das Fett solcher Fische etwa auch hier weiterhin versendet und verhandelt?“
[BM.01_018,22] Rede Ich: „Jetzt nur schnell jeder von euch ein Schwert in die Hand; denn das ist eine zehnköpfige Hydra! Das Ungeheuer hat uns gesehen und schießt schnurstracks auf uns zu. Du, Petrus, weißt schon, wie derlei Fische gefangen werden; du, Bischof Martin, aber tue, was der Bruder tun wird! Wie diese zehnköpfige Hydra ihre Schlangenköpfe über Bord hereinbeugen wird, dann nur hurtig gemäht, bis alle zehn Köpfe von dem langen Schlangenleibe getrennt sind; das andere werde dann schon Ich machen! Das Untier ist hier, also nun nur zugehauen!“
[BM.01_018,23] Seht, Petrus putzt mit seinem scharfen Schwerte der dem Bischof Martin entsetzliches Grauen erregenden Hydra einen Kopf um den andern von ihrem schwarzen, panzerartigen Schuppenleibe, oder vielmehr vom Halse, da vom Leibe auch zehn Hälse ausgehen, auf deren jedem ein Kopf gewachsen ist. Aber unser Bischof Martin weiß nicht recht, wo er hinhauen soll, um einen Kopf zu treffen, da er vor lauter Angst beinahe nichts sieht und die Augen mehr zu als offen hält.
[BM.01_018,24] Nun aber hat Petrus gerade den zehnten Kopf von eben auch dem zehnten Halse getrennt! Ströme von Blut entstürzen dem Ungeheuer. Das Meer ist weit herum mit Blut gefärbt und wogt für den Bischof überaus stark ob des gewaltigen Wütens des nun völlig enthaupteten Untieres, das fürs Auge unseres Bischof Martin eine Länge von 111 Klaftern mißt und ebensoviel im Umfange.
[BM.01_018,25] Nun rede Ich wieder zu den zweien: „Petrus, lege nun das Schwert wieder an seinen Ort und reiche Mir den großen Stanghaken, damit Ich ihn in den Bauch des Ungeheuers stoße und dasselbe herziehe! Du, Martin, aber ergreife das Steuerruder und stecke es in den siebenten Grad des Aufgangs, und wir werden mit diesem ausgezeichneten Fange bald wieder am Ufer sein!“
[BM.01_018,26] Alles geschieht nach der größten Ordnung, und das Schiff, die Beute mit sich herziehend, eilt auch schon wieder mit Wurfschnelle dem bekannten Ufer zu.
[BM.01_018,27] Da aber nun das Schiff dem Ufer schon sehr nahe ist, späht Bischof Martin sorglichst, was etwa der frühere große Fisch noch macht. Aber er erstaunt nicht wenig, als er vom ganzen Fische keine Spur mehr findet, und spricht sogleich:
[BM.01_018,28] „Aber, aber, aber, – was ist denn das?! Da haben wir's – jetzt hat uns dieses zweite Ungeheuer beinahe alle Lebenskräfte entrissen, bis wir's erlegt und gefangengenommen haben und hierher geschleppt; während solcher wahren Millionmühe aber ist der erste Fang zum Plunder gegangen! Mir ist es wohl vorgekommen, als hätten wir es ein wenig zu locker befestigt!
[BM.01_018,29] Ei, ei, das ist doch fatal! Soviel Mühe hat uns die Bestie gemacht, und jetzt haben wir erst nichts für alle unsere Gefahr und Mühe! Liebe Freunde, diese Beute müssen wir schon etwas mehr befestigen, sonst geht sie uns auch zum Plunder, so wir etwa wieder auf einen neuen Fang ausgehen werden!“
[BM.01_018,30] Spricht Petrus: „Sorge dich um nichts – der erste Fisch ist schon versorgt! Denn hier gibt es noch mehr Arbeiter, die schon wissen, was sie zu tun haben, so wir ihnen einen Fang ans Ufer stellen! Nun aber, da wir uns bereits am Ufer befinden, springe schnell hinaus und mache das Schiff fest. Ich und der Herr Meister aber werden die große Beute ans Ufer ziehen!“
[BM.01_018,31] Bischof Martin, etwas verblüfft, tut sogleich, was ihm Petrus sagt; wir aber tun vor seinen Augen, was ihm Petrus sagte.
[BM.01_018,32] Die zweite Beute ist nun auch befestigt, und Ich spreche: „Da dieser Fang so gelungen ist, so haben wir damit eine Hauptarbeit beendet; daher laßt uns nun hier am Ufer mit den Tauchbären die kleineren Fische aus dem Wasser heben und ans Ufer werfen! Denn die zwei größten Ungeheuer haben wir erlegt, und es wird dergleichen nicht mehr geben in diesem Gewässer; darum gehen wir nun unverdrossen an diese leichtere Arbeit! Treten wir nur wieder ins Schiff und versuchen, wie es mit dem Kleinfischfang gehen wird!“
[BM.01_018,33] So geschieht, wie Ich angeordnet habe. Die beiden stoßen die Tauchbären ins Wasser und Ich leite das Schiff. Die Arbeit geht gut vonstatten: jeder Zug füllt die Tauchbären mit allerlei Fischen, die die beiden behende ans Ufer hinausschleudern; die Fische aber, so sie das Ufer berühren, werden alsbald zunichte. –

19. Kapitel – Bischof Martins Bedenken über die vergebliche Arbeit – Petrus' gute Erwiderung unter Hinweis auf die leeren, geistlosen Verrichtungen eines römischen Bischofs.

[BM.01_019,01] Dieses Zunichtewerden der Fische fängt, je länger es dauert, desto mehr den Bischof Martin zu genieren an, so daß er nun schon ärgerlich wird und bei sich zu murmeln anfängt: „Ist aber das eine blitzdumme närrische Arbeit! Ich bin schon beinahe ganz hin vor lauter Fischeherausheben und Hin-ans-Ufer-Schleudern, und das alles für nichts und wieder nichts! Denn es bleibt ja keiner: ein jeder vergeht wie die Butter an der Sonne! Das wird etwa doch merkwürdig dumm sein? Nein, ist aber das eine extraordinär blitzdumme Arbeit!
[BM.01_019,02] Ich muß doch einmal genauer nachsehen, wohin denn diese Fische so schnell kommen! – Hm, hm, kann nichts bemerken! – Wieder ein Wurf von meinem Kollegen, und nichts bleibt in diesem Reiche der Unvergänglichkeit! Eine schöne Unvergänglichkeit – das! Auf der Erde bleibt von dem Dagewesenen wenigstens nicht viel übrig; aber von gar nichts ist da keine Rede so wie hier, denn hier bleibt von dem einmal Daseienden gar nichts zurück!
[BM.01_019,03] Ich habe mich schon so etwa auf einen heißen abgesottenen Lachs, Stör oder sonst einen Fisch gefreut. Aber bei der alles verzehrenden Schärfe dieser Geisterweltluft, die für die Fische sehr eingenommen zu sein scheint, wird damit enorm wenig herausschauen! Ich habe zwar freilich noch eigentlich keinen Hunger; aber ein ziemlich fühlbares Appetitchen wandelt mich dennoch an, und der Gedanke an einen heiß abgesottenen Lachs macht mir den ganzen Mund wässrig!
[BM.01_019,04] Es ist zwar hier um eine ganze Million besser, als da war mein früherer Stand; aber diese luftige Fischerarbeit wird sich für die ganze Ewigkeit auch nicht übel machen! Es ist auch merkwürdig, wie es hier schon lange morgendämmert; aber von einer Sonne, die da aufgehen soll, kommt nichts zum Vorschein!
[BM.01_019,05] Sonderbare Welt, sonderbares Sein! Man kann's nehmen und betrachten, wie man's will, so ist's und bleibt's dumm! Diese meine einzigen Freunde sind zwar sehr weise in ihren Worten, aber dafür desto dümmer im Handeln! Man nehme nur diese ganz zwecklose Fischerei an! Was ist das doch für eine läppisch-tolle Arbeit, und doch betreiben sie diese zwei, als wenn das Heil der Ewigkeit davon abhinge! Aber was will ich machen? Was Besseres habe ich nicht zu erwarten, und so muß es in Gott's Namen gut sein! Daher nur lustig diese Luftfische herausgefischt; vielleicht wird nachher doch wieder etwas anderes zum Vorscheine kommen!
[BM.01_019,06] Petrus fragt den Bischof Martin: „Was murmelst du denn so in dich hinein? Bist etwa schon müde?“
[BM.01_019,07] Spricht Bischof Martin: „Müde, Freund, bin ich gerade nicht. Aber ich muß dir offen gestehen, daß mir diese Arbeit denn doch ein bißchen spaßig vorkommt, trotzdem ich mehr als überzeugt bin, daß du und besonders unser Meister sehr weise Männer seid!
[BM.01_019,08] Schau, schau, – nun arbeiten wir schon eine ziemlich geraume Zeit bloß für die Luft, oder noch besser für nichts! Der erste große Fisch ist beim Plunder, und der zweite zehnköpfige? Ich seh' nichts mehr von ihm! Diese Kleinfische werden von der Luft schon eher verzehrt, als sie noch den Boden berühren! Frage: wozu ist solch eine leere Arbeit wohl gut?
[BM.01_019,09] Ich erkenne euch wohl als sehr weise Männer, und es wird diese Arbeit wohl auch einen sehr weisen Zweck haben. Aber laßt mich doch auch ein bißchen erfahren, warum wir diese anscheinend höchst leere Arbeit verrichten, wozu das eigentlich gut ist oder sein wird!“
[BM.01_019,10] Spricht Petrus: „Schau, schau, lieber Freund und Bruder! Als du auf der Welt ein Bischof warst, sage: wie viel noch leerere Arbeiten hast du verrichtet? Hätte dich aber wohl jemand fragen dürfen, wozu sie in Wahrheit gut wären und ob an ihnen wohl in Wirklichkeit etwas gelegen wäre – z.B. an der Glockentaufe, Orgelweihe, an den verschiedenartigen sogenannten priesterlichen Gewändern?
[BM.01_019,11] Welche Bedeutung und Kraft hätte die Impfel, der Mantel, der Chorrock, die Stole, das Meßgewand, das Predigerhemd, das Quadratel und tausend derlei Dinge mehr? Welche Kraft liegt etwa in den verschiedenartigsten Mönchskutten? Warum ist ein und derselben Mariä Bild wundertätiger als das andere? Warum ist der Florian fürs Feuer und warum Johann Nepomuk fürs Wasser, da doch beide ins Wasser geworfen wurden: der eine in Oberösterreich bei Linz in die Donau, der andere in Böhmen zu Prag in die Moldau?
[BM.01_019,12] Warum ist unter den vierzehn Nothelfern Jesus nicht auch vorfindlich? Und warum wird in der heiligen Bitt-für-uns-Litanei von den Menschen zuerst Gottes Barmherzigkeit angerufen, da sich nachher die Betenden dennoch an die Heiligen um Fürbitte wenden? Warum wenden sie sich zuerst an Gott und nachher erst an die Heiligen? Wollen sie etwa Gott bewegen, die Heiligen anzuhören? Können sie aber gleich anfangs Gott bewegen, wozu rufen sie dann die Heiligen an?
[BM.01_019,13] Warum wird im sogenannten Rosenkranze Maria zehnmal und Gott nur einmal mit des Herrn Gebet angerufen? Warum sind in einer Kirche große, kleine, hölzerne und metallene Kruzifixe im Überfluß vorhanden, und warum wenigstens noch einmal soviel Marias in allen möglichen Formen?
[BM.01_019,14] Was ist zwischen einem feierlichen Amte und zwischen einer gemeinen stillen Messe für den Geist für ein Unterschied? Wann hat Christus, Petrus oder Paulus dieses, im Geldpreise verschieden hochstehende sogenannte unblutige Opfer eingesetzt? Wie muß das Herz Gottes beschaffen sein, daß es ein höchstes Wohlgefallen haben kann, Seinen Sohn täglich millionenmal abschlachten zu sehen?
[BM.01_019,15] Schau, schau, du mein lieber Freund, eine Unzahl so ganz leerer und vollkommen geistloser Verrichtungen vollführtest du in der Welt, ohne selbst nur im geringsten daran zu glauben! Und doch ist dir bei solch leerer Fischerei nie eingefallen, wenigstens dich selbst zu fragen: ,Wozu solch leere Arbeit?‘ Sie ist dir bezahlt worden, wirst du sagen! Gut, auch hier brauchst du nicht umsonst arbeiten! Was willst du denn da noch mehr?
[BM.01_019,16] Ich aber sage dir, diese Arbeit ist bei weitem nicht so gehaltlos, wie da war deine irdische! Darum murmle künftig nicht mehr in dich hinein, sondern rede offen, was dich drückt, da werden wir mit unserer Leerfischerei bald zu Ende sein! Aber so du noch lange so einen römischen Geheimniskrämer machen wirst, werden wir auch noch lange zu fischen haben; und der Fang wird noch lange so zunichte werden gleich unserer Belehrung in deinem Herzen! – Verstehe das! Nun nimm wieder deinen Tauchbären zur Hand und arbeite fortan unverdrossen!“

20. Kapitel – Die geistige Entsprechung der Fischjagd. Die Zusammensetzung der Seele. Martins Entschuldigungen und des Herrn zurechtweisende Worte.

[BM.01_020,01] Der Bischof tut, wie ihm geraten ward, und spricht: „So, jetzt ist mir schon wieder leichter, wenn ich nun ein bißchen weiß, warum ich etwas tue und wozu so ein leerscheinendes Tun am Ende doch noch gut ist!
[BM.01_020,02] Soviel ich aus deinen Worten habe entziffern können, stellen diese Fische meine Dummheiten vor: die großen meine Kardinal- und die kleineren die Unzahl meiner geringeren Torheiten. Aber wie diese meine verschiedenartigsten Lumpereien zu großen und kleinen Fischen dieses Meeres geworden sind, das bringe ich nicht heraus!
[BM.01_020,03] Dieses Meer wird sicher von der Sündflut herstammen, deren Gewässer auch die schwere Menge der menschlichen Todsünden in sich aufgenommen hat, worunter sich auch die meinigen anticipando befunden haben? Auf diese Art kann ich mir die Sache wohl ein wenig versinnlichen, aber anders geht es durchaus nicht!
[BM.01_020,04] Warum sich die Sünden aber hier in diesem barsten Sündflutwasser gerade als allerlei Fische reproduzieren, das natürlich geht über den äußerst beschränkten Horizont meiner Erkenntnisse! Der Allmächtige aber, der dieses alte Sündflutgewässer in diesem ewig endlosen Becken für die Geisterwelt aufbewahrt hat, wird davon den Grund sicher klarst einsehen!
[BM.01_020,05] Daher will ich nun nicht mehr weiter forschen, sondern bloß fleißig fischen, auf daß mein Sündenanteil ehest möglich aus diesem Gewässer möchte gehoben werden!“
[BM.01_020,06] Nun rede Ich: „Recht also, sei nur fleißig, Freund! Siehe, auf einen Hieb fällt kein Baum, aber mit Geduld läßt sich am Ende alles überwinden! Es ist zwar hier nicht Noahs Gewässer, und noch weniger sind die Fische, die wir hier herausheben, als deine Anticipationssünden in der Noachischen Sündflut zu betrachten. Aber eine Sündflut ist dies Gewässer wohl, doch nicht aus deinen anticipierten, sondern aus all deinen wirklich auf der Welt begangenen Sünden hervorgehend!
[BM.01_020,07] Daß sich aber deine Sünden in allerlei Fischgestalten ausnehmen und in Gestalt anderer seeischer Ungeheuer großer und kleiner Art, hat darin seinen Grund, weil jede Sünde eine Untüchtigkeit der Seele hervorruft. Und diese zerteilt in ihr die endlos vielen zerrissenen Vorbestände, die im Wasser den Anfang nehmen und im Feuer der Liebe Gottes im Menschenherzen vollendet werden zu einem vollkommen gottähnlichen Ebenmaße.
[BM.01_020,08] Es war aber physisch deine Seele wohl komplett in deinem Leibe zur Menschengestaltung dir gegeben auf der Welt in deinen Kinderjahren. Da du aber nicht nach der Ordnung Gottes lebtest, sondern nach der tierischen nur, aus der die Seele ursprünglich zusammengesetzt ist, so verlorst du denn auch sehr viel von und an deiner Seele. Und siehe, dieses Verlorene müssen wir nun wieder aus den Fluten deiner Sünden herausheben und damit deine Seele einmal plastisch ganz machen! Ist dies geschehen, dann erst werden wir können für deinen Geist und für dessen Einung mit dir Sorge tragen! Darum sei nun fleißig und geduldig, so wirst du bald einsehen, was hier ein rechter Lotse zu tun hat!
[BM.01_020,09] Da diese Seetiere aber hier deine Taten vorstellen, die pur Sünden waren, so vergehen sie auch, so sie heraus ans Gotteslicht gehoben werden. Und es kommt zur Erscheinung, wie geschrieben steht:
[BM.01_020,10] ,Das Reich Gottes ist zu vergleichen einem Fischer, der viele Fische in sein Netz fing. Da er aber das Netz aus der Flut zog, da behielt er die guten; die schlechten aber ließ er wieder ins Meer zurückwerfen zum Verderben.‘
[BM.01_020,11] Wir aber haben nun schon sehr viele deiner Taten als Fische aller Art hervorgehoben, und siehe, sie haben keinen Bestand im Gotteslichte! Was ist das aber? – Weil du sie verzehrst ob deiner zerstörten Seele, auf daß diese wieder zu ihrer Vollgestalt gelange!
[BM.01_020,12] Wann aber wird es in deinem Gewässer wohl auch bleibende Taten geben? Suche, daß dein Herz voll werde, und erwache in der Liebe! Solange du nicht Liebe zu Gott in dir verspüren wirst, wird es noch sehr viel leere Arbeit geben für deine Hände!
[BM.01_020,13] Dies merke dir nun und wisse, wo es am Ende hinaus muß. So wirst du in rechter Reue und Demut und Geduld arbeiten, um zu einem wirklichen Ziele zu gelangen und dadurch zum klaren Schauen und zum eigenen wahren Gerichte – und aus dem zur Gnade. Es sei!“
[BM.01_020,14] Bischof Martin denkt über diese Worte nach und arbeitet dabei fort. Nach einer Weile aber wendet er sich wieder an Mich und spricht: „Höre, du lieber Meister, der du mein irdisch Leben zu durchblicken vermagst wie der Goldschmied einen Diamanten, du kommst mir zwar deinem Charakter nach sehr liebreich vor; aber in der gerechten Rüge bist du schonungsloser als die nackteste Wahrheit selbst!
[BM.01_020,15] Freilich ist nur zu wahr, daß all mein Tun und Lassen vor Gott dem Herrn schon darum ein Greuel sein muß, weil ich durch mein ganzes irdisches Leben mich nur in lauter Falschem bewegt habe und zum Teil auch bewegen habe müssen. Somit konnten auch alle meine Handlungen unmöglich anders als schlecht sein, was ich nun klar einsehe! Aber das – und so du selbst ein Engel wärest – mußt du mir denn doch zugeben: daß der Mensch, als durchaus nicht sein eigenes Werk mit den seltensten Neigungen begabt, doch unmöglich an all seinen Mängeln und Gebrechen die Schuld tragen kann; man sollte ihm sonach auch nicht absolut alles zur Last legen!
[BM.01_020,16] Hätte ich mich selbst erschaffen und darauf selbst erzogen, da wäre ich der eigentliche Grund jeder von mir verübten Handlung und könnte dafür zur vollsten Genugtuung angehalten und mit allem Rechte verurteilt werden. Aber so geradeweg jede meiner Taten darum verdammen und ihnen den Todsündenstempel aufdrücken, weil ich sie beging – das kommt mir, wennschon gerade nicht ungerecht, aber doch etwas zu hart vor!
[BM.01_020,17] Wenn der Sohn eines Räubers wieder ein Räuber wird, weil er nie etwas anderes gesehen, gehört und gelernt hat als rauben und morden – Frage: Kann ihm allein, streng genommen, seine an sich freilich greuelhafteste Handlungsweise zur Sünde gerechnet werden?
[BM.01_020,18] Oder kann der Tiger verdammt werden, weil er so grausam und blutdürstig ist? Wer gab der Viper und der Ringelnatter das tötende Gift?
[BM.01_020,19] Was kann der Buschklepper des heißen Afrika dafür, daß er Menschen ißt, so er welche erjagen kann? Warum steigt kein Engel, auch kein anderer guter Geist, aus den Himmeln und belehrt ihn eines Besseren? Oder soll Gott im Ernste einige Billionen Menschen lediglich für die Verdammnis erschaffen haben – was doch sicher die endloseste Tyrannei wäre?
[BM.01_020,20] Ich meine daher: Jedem das Seinige, aber nicht auch das Fremde, an dem er unmöglich je die Schuld tragen kann!“
[BM.01_020,21] Rede wieder Ich: „Freund, du tust mit deiner Gegenrede Mir groß Unrecht! Siehst du denn nicht, daß wir diese Arbeit dich eben darum nicht allein verrichten lassen, weil Ich in dir schon lange deine stoischen Rechtsgrundsätze kenne?
[BM.01_020,22] Siehe, was deiner vermeintlich vernachlässigten Erziehung zur Last fällt, das hat nun Bruder Petrus auf sich genommen. Und was dem Schöpfer du zur Last legst, das habe Ich auf Meine Schulter genommen!
[BM.01_020,23] Glaubst du aber für deinen Teil wirklich ganz schuldlos zu sein? Kannst du solches behaupten? Hast du nicht Gottes Gebote kennengelernt, wie auch ganz bestimmt die irdischen Gesetze für bürgerliche Ordnung? Warst du nicht da und da und wußtest, daß du eine Sünde vorhast?!
[BM.01_020,24] Als dich das Gewissen mahnte, so ließest du aber dennoch nicht ab, sondern tatest wider dein lautes Gewissen Böses! Frage: War daran auch die Erziehung und der Schöpfer schuld?
[BM.01_020,25] So du hartherzig gegen Arme warst, da doch deine irdischen Eltern wahre Muster der Freigebigkeit waren, sage: war daran die Erziehung der Schuldträger?
[BM.01_020,26] So du über einen Aar herrschsüchtig geworden bist, während deine Eltern von ganzem Herzen demütig waren, wie es das Wort Gottes verlangt, sage: war auch daran die Erziehung oder gar der Schöpfer schuld?
[BM.01_020,27] Siehe, wie unrecht du dem Schöpfer tust! Erkenne das, und sei demütig; denn mit aller deiner Entschuldigung wirst du bei Gott ewig nicht auslangen, da alle Haare gewogen sind! Liebe Gott über alles und deine Brüder, so wirst du die rechte Gerechtigkeit finden! Es sei!“

21. Kapitel – Philosophisch dumme Ausrede Bischof Martins. Ein liebfreundlicher und göttlichernster Gewissensspiegel.

[BM.01_021,01] Spricht Bischof Martin: „Gott lieben über alles und den Nächsten wie sich selbst, wäre schon recht, wenn man nur wüßte, wie man das anstellen soll! Denn Gott sollte man mit der reinsten Liebe lieben, desgleichen womöglich auch den Nächsten; aber woher sollte unsereiner eine solche Liebe nehmen, wodurch sie in sich erwecken?
[BM.01_021,02] Ich kenne wohl das Gefühl der Freundschaft und kenne auch die Liebe zum weiblichen Geschlechte; auch kenne ich die interessierte Kinderliebe zu ihren Eltern; nur die Liebe der Eltern zu ihren Kindern kenne ich nicht! Kann aber die Gottliebe einer von diesen erwähnten Liebesarten gleichen, die alle auf den unlautersten Füßen basiert sind, indem sie nur auf Geschöpfe gerichtet sind?
[BM.01_021,03] Ich behaupte sogar: der Mensch als ein Geschöpf kann Gott als seinen Schöpfer ebensowenig lieben wie ein Uhrwerk seinen Urheber! Denn dazu gehörte die vollkommenste göttliche Freiheit, der sich höchstens die freiesten Erzengel rühmen können, um Gott Seiner Heiligkeit wegen würdig lieben zu können! Wo aber ist der auf der untersten, unheiligsten Stufe stehende Mensch und wo die vollste göttliche Freiheit?
[BM.01_021,04] Es müßte nur Gott gefallen, Sich von Seinen Geschöpfen so lieben zu lassen, wie sie sich untereinander lieben: wie die Kinder ihre Eltern, oder wie ein Jüngling seine schöne Maid, oder wie ein rechter Bruder den anderen, oder auch wie ein armer Mensch seinen höchst uninteressierten Wohltäter, oder wie ein Regent seinen Thron, oder wie ein jeder Mensch sich selbst!
[BM.01_021,05] Dazu aber fehlt das sichtbare Objekt, ja sogar die Fähigkeit, sich dies erhabenste Objekt auf irgendeine Art vorstellen zu können! – Wie sieht Gott aus? Wer von den Menschen hat Gott je gesehen? Wer Ihn gesprochen? Wie aber kann man ein Wesen lieben, von dem man sich aber auch nicht den allerleisesten Begriff machen kann! Ein Wesen, das da nicht einmal historisch, sondern lediglich nur mythisch existiert unter allerlei mystisch poetischen Ausschmückungen, welche mit einer altjüdischen scharfen Moral allenthalben unterspickt sind!“
[BM.01_021,06] Nun rede Ich: „Freund, Ich sage dir, mit diesem unsinnigen Gewäsch könntest du wohl nie auch nur einen Faden deines schmutzigsten Gewandes reinwaschen! Du hattest auf der Welt Objekte genug! Da waren Arme die Menge, Witwen, Waisen, eine Menge anderer Notleidender! Warum liebtest du sie nicht – und hattest doch Liebe genug, dich selbst über alles zu lieben?!
[BM.01_021,07] Deine eigenen Eltern liebtest du nur der Gaben wegen; gaben sie dir aber zu wenig, so wünschtest du ihnen nichts sehnlicher als den Tod, um sie dann zu beerben!
[BM.01_021,08] Deine untergeordneten Pfarrer liebtest du, so sie dir fleißig reichliche Opfer einsandten; blieben diese aus, da warst du bald ihr unerbittlichster Tyrann!
[BM.01_021,09] Die reichen und viel opfernden Schafe segnetest du; die armen aber, die daher nur wenig oder nichts opfern konnten, wurden von dir mit der Hölle abgespeist!
[BM.01_021,10] Die Witwen liebtest du wohl, so sie noch jung, schön und reich waren und sich zu allem herbeiließen, was dir angenehm war, ebenso üppige, honette weibliche Waisen von 16 bis 20 Jahren!
[BM.01_021,11] Siehe, bei der Liebe so gestalteter Objekte ist es freilich unmöglich, sich zur geistigen Anschauung und Liebe des allerhöchsten und aller Liebe würdigsten Objektes zu erheben!
[BM.01_021,12] Hattest du doch das Evangelium, die erhabenste Lehre Jesu, des Christus, als die Hauptlebensschule – warum versuchtest du nicht wenigstens einmal in deinem Leben, nur einen Text praktisch anzuwenden, auf daß du dann erfahren hättest, von wem diese Lehre ist?
[BM.01_021,13] Heißt es nicht darinnen: ,Wer Mein Wort hört und danach lebt, der ist es, der Mich liebt; zu dem werde Ich kommen und werde Mich Ihm Selbst offenbaren!‘
[BM.01_021,14] Siehe, hättest du je nur einen Text an dir praktisch versucht, so würdest du dich wohl überzeugt haben, daß fürs erste die Lehre von Gott ist. Und fürs zweite wäre dir auch dadurch die Objektivität Gottes beschaulich geworden wie vielen Tausenden, die viel geringere Menschen waren als du!
[BM.01_021,15] So steht auch geschrieben: ,Suchet, so werdet ihr's finden; bittet, so wird euch's gegeben, und klopfet an, so wird's euch aufgetan!‘ – Tatest du je etwas davon?
[BM.01_021,16] Siehe, weil du von alledem nie etwas getan hast, so konntest du über Gott auch nie zu einer geistigen Anschauung gelangen. Es ist daher höchst widersinnig von dir, so du darum für Gott keine Liebe findest, weil Er dir nie zu einem Objekte geworden ist – da Er dir doch zum Objekte hätte werden müssen, so du nur im geringsten für diesen Zweck etwas getan hättest!
[BM.01_021,17] Ich frage dich aber auch, unter welchem Bilde hättest du Gott wohl mit deiner schmutzigsten Liebe ergreifen können, das deinem steinernen Herzen einige Funken hätte zu entlocken vermögen zur Belebung eben solchen Gottesbildes in dir? Siehe, du schweigst; Ich aber will es dir zeigen!
[BM.01_021,18] Höre: Gott müßte entweder des schönsten weiblichen Geschlechtes sein, dir die größte Macht und den größten Glanz verleihen und daneben dir noch gestatten, die schönsten Mädchen mit nie schwächer werdender Manneskraft zu beschlafen; und dir überhaupt alles gönnen, was dir deine Einbildungskraft als angenehm darstellete, ja womöglich dir am Ende sogar die Gottwesenheit rein abtreten, auf daß du dann mit der ganzen unendlichen Schöpfung nach deinem Belieben sozusagen ,Schindluder treiben‘ könntest!
[BM.01_021,19] Siehe, nur unter solcher Objektivität wäre dir die Gottheit liebenswert. Aber unter dem Bilde des armen gekreuzigten Jesus war dir der Begriff ,Gottheit‘ unerträglich, widerlich, ja verächtlich sogar!
[BM.01_021,20] Unter solchen Umständen mußt du nun freilich fragen, wie man Gott lieben solle, und zwar mit reinster Gottes würdiger Liebe! Der Grund davon ist – wie gezeigt – kein anderer denn der: du wolltest Gott nie erkennen und also auch nie lieben! Darum tatest du auch nichts, aus Furcht, es möchte ein besserer Geist in dich fahren, der dich zur Demut, zur Nächstenliebe und daraus zur wahren Erkenntnis und Liebe Gottes geleitet hätte!
[BM.01_021,21] Siehe, das ist der eigentliche Grund, demzufolge du nun fragst, wie man Gott lieben solle und könne! So du aber schon deine Brüder nicht liebst, die du siehst und trotzdem nicht lieben magst, wie solltest du Gott lieben, den du noch nicht siehst, weil du Ihn nicht sehen willst!
[BM.01_021,22] Siehe, wir beide sind dir nun die größten Freunde und Brüder, und du verachtest uns fortwährend in deinem Herzen, obgleich wir dir helfen wollen und dich durchschauen auf ein Haar! Darum wende dein Herz! Fange an, uns als deine Wohltäter zu lieben, so wirst du auch ohne deine dümmste Philosophie den Weg zum Herzen Gottes finden, wie es recht ist und sich geziemt! Es sei!“
[BM.01_021,23] Spricht wieder Bischof Martin: „Ja, ja, mein Gott ja, du hast schon recht, ich liebe euch und schätze euch überaus ob eurer Weisheit und ob der damit vereinten Kraft, Liebe, Geduld und Ausharrung! Möchtest du, mein liebster Freund, mit mir aber dennoch nur so reden, daß ich aus deiner Rede nicht allzeit meine Fluchwürdigkeit in aller Fülle und Schwere erschauete, so wäre ich ohnehin schon lange förmlich verliebt in dich! Aber eben deine durchdringlichste Wortschärfe erfüllt mich eher mit einer Art geheimer Furcht als mit Liebe zu dir und deinem Freunde Petrus! Rede sonach schonender mit mir, und ich werde dich dann aus allen meinen Kräften lieben!“
[BM.01_021,24] Rede Ich: „Freund, was verlangst du von Mir, daß ich dir's nicht angedeihen ließe im höchsten Vollmaße, ohne von dir dazu aufgefordert zu werden?! Meinst du denn, daß nur ein Schmeichelredner ein wahrer Freund ist oder einer, der sich aus lauter Ehrfurcht nicht getraut, die Wahrheit jemandem unters Gesicht zu bringen? Oh, da bist du in großer Irre!
[BM.01_021,25] Du bist einer, an dem kein gutes Härchen irgendwo steht! Kein edles Werk der Liebe ziert dich! Hast du je etwas getan, das vor der Welt wie liebedel schien, so war es aber dennoch eitel Böses. Denn all dein Tun war nichts als eine arge Politik, hinter der irgendein geheimer herrschsüchtiger Plan verborgen lag!
[BM.01_021,26] Gabst du irgend jemandem ein karges Almosen, so mußte davon nahezu der ganze Erdkreis Notiz nehmen. Sage, war das evangelisch, wo die Rechte nicht wissen soll, was die Linke tut?
[BM.01_021,27] Gabst du jemandem einen sogenannten kirchlichen guten Rat, so war auch der allzeit so gestellt, daß am Ende dessen Wasser dennoch auf deine Mühle laufen mußte!
[BM.01_021,28] Zeigtest du dich herablassend, so geschah es nur, um den unten Stehenden so recht anschaulich deine Höhe einzuprägen!
[BM.01_021,29] War sanft der Ton deiner Rede, so wolltest du damit das erreichen, was da zu erreichen suchen die Sirenen mit ihrem Gesang und die Hyänen mit ihrer Weinerei hinter einem Busche! Du warst fortwährend ein gierigstes Raubtier!
[BM.01_021,30] Kurz und gut, wie schon gesagt, an dir war auch nicht ein gutes Haar, und du befandest dich schon Hals über Kopf vollkommen in der Hölle! Gott der Herr aber erbarmte sich deiner, ergriff dich und will dich frei machen von all den Höllenbanden! Meinst du wohl, daß solches möglich sein könne, ohne dir zu zeigen, wie du beschaffen bist?!
[BM.01_021,31] Oder hast du auf der Erde nie gesehen, was die Uhrmacher mit einer verdorbenen Uhr machen, wenn diese wieder gut und brauchbar werden soll? Siehe, sie zerlegen sie in die kleinsten Teile, aus denen sie zusammengesetzt ist, untersuchen da jedes Stückchen sorgfältigst und reinigen es, machen das Krumme gerade, feilen das Rauhe hinweg und ergänzen, wo irgend etwas fehlt, und setzen am Ende das Werk wieder zusammen, auf daß es wieder wirkend entspräche seiner Bestimmung! Meinst du wohl, daß solch eine ganz verdorbene Uhr zum Gehen käme, so der Uhrmacher bloß ihr Äußeres recht blank putzte, das Innere aber beließe, wie es ist?
[BM.01_021,32] Ebenso aber bist auch du ein Uhrwerk, in dem auch nicht eines Rades Zahn in der Ordnung ist! Sollst du gebessert werden, so mußt du auch zerlegt werden in allem deinem verdorbenen Wesen! Es muß alles heraus ans Licht der ewigen unbestechlichsten Wahrheit, auf daß du dich selbst beschauen kannst und sehen, was alles in und an dir völlig verdorben ist!
[BM.01_021,33] Hast du erst alle deine Gebrechen erkannt, dann erst kann die Raspel, die Feile, die Zange und endlich auch eine Putz- und Polierbürste angelegt werden, um aus dir wieder einen Menschen in der Ordnung Gottes zu gestalten. Und zwar einen ganz neuen Menschen; denn dein jetziger Mensch, wie du selbst es nun bist, ist dazu völlig unbrauchbar!
[BM.01_021,34] So Ich nun aber all das an dir tue, sage: verdiene Ich da nicht deine Liebe?“

22. Kapitel – Bischof Martins demütige Selbsterkenntnis und seiner Liebe Erwachen. Die verwandelte Gegend. Der Palast und sein schmutziges Inneres.

[BM.01_022,01] Spricht Bischof Martin: „Ja, ja, du hast völlig recht, teuerster Freund! Nun gehen mir erst die Augen so ganz eigentlich ein wenig auf. Auch empfinde ich nun rechte Liebe in mir, – ja ich liebe dich nun von ganzem Herzen! O laß dich an mein Herz drücken, denn ich sehe nun, wie arg und dumm ich war und noch bin, und wie wahrhaft gut du es mit mir meinst! O du herrlichster Freund, und du auch, mein erster Führer, vergib mir meine große, roheste Blindheit! –
[BM.01_022,02] Aber, aber, was ist denn das?! Wo ist denn nun das Meer hingekommen, wohin unser Schiff? Es ist hier ja alles trocken, das schönste Land! Ach, diese herrlichen Fluren, dieser wunderschöne Garten, und dort, wo ehedem die Hütte stand, steht nun ein Palast von mir nie geschauter Pracht! – Ja wie, wie ist denn das geschehen?“
[BM.01_022,03] Rede Ich: „Siehe, Bruder, das gebar schon ein kleinster Funke rechter Liebe zu uns, deinen Brüdern und Freunden! Das Meer deiner Sünden trocknete er aus samt all den bösen Wirkungen, und den Schlamm deines Herzens verwandelte er in ein fruchtbares Land. Die ärmliche Hütte deiner Erkenntnis verwandelte dieser Liebesfunke in einen Palast.
[BM.01_022,04] Aber, wie herrlich dies auch alles schon aussieht, so ist dennoch nirgends noch von einer reifen, genießbaren Frucht etwas zu entdecken. Alles gleicht noch stark dem Feigenbaume, der keine Frucht hatte zur Zeit, da es den Herrn hungerte nach des Feigenbaumes Frucht.
[BM.01_022,05] Darum heißt es nun vollauf tätig sein und die einmal erwachte Liebe frei walten lassen, wodurch dann diese Bäume ehestens Frucht tragen werden. Denn siehe, wie auf der Welt alles im Lichte und in der Wärme der Sonne wächst und reift, ebenso wächst und reift hier alles im Lichte und in der Liebe des Herzens des Menschen! Des Menschen Herz ist die Sonne dieser Welt für ewig!
[BM.01_022,06] Bald werden sich dir nun in dieser neuen, besseren Periode eine Menge Gelegenheiten zeigen, dein Herz zu beschäftigen, seine Kraft zu erweitern und zu stärken. Je mehr du es in der Liebe wirst walten lassen, desto mehr des Segens wirst du in dieser Gegend auftauchen sehen!
[BM.01_022,07] Komm aber nun mit uns in diesen Palast, darinnen werden wir erst das Nähere deines neuen Zustandes besprechen. Du wirst von da aus auch bald eine Menge Gelegenheiten entdecken, die alle dein Herz in vollsten Anspruch nehmen werden. Komm also, Bruder, und folge uns beiden! Es sei!“
[BM.01_022,08] Wir sind nun schon im Palaste, dessen Inneres bei weitem nicht so herrlich aussieht wie sein Äußeres. Bischof Martin ist auch etwas frappiert, daß er sich darob nicht enthalten kann, folgende satirische Bemerkung zu machen:
[BM.01_022,09] „Nein, aber das heißt mir doch etwas fürs Gesicht herstellen! Von außen Königspracht, und von innen Bettlertracht! Wer dies gemacht, hat schlecht gedacht! Da sieht es ja gerade so aus, als so das Gebäude von innen noch gar nicht ausgebaut wäre, sondern bloß nur von außen fürs Auge verputzt!
[BM.01_022,10] Liebe Freunde, da muß ich euch offen gestehen: die frühere Hütte wäre mir um eine ganze Million lieber! Ah, was es da noch Mist darinnen gibt! Hört, in diesem Miste kann ich's, der ich die größte Reinlichkeit liebe, ja beinahe gar nicht aushalten!
[BM.01_022,11] Freunde, liebe Freunde, ich bitte euch, gehen wir sogleich wieder in das herrliche Freie! Denn in diesen Mistgemächern wäre ich auch nicht eines guten Gedankens fähig und könnte eher schlechter als besser werden; denn vor dem Zimmermiste habe ich einen ganz absonderlichen Widerwillen!“
[BM.01_022,12] Nun rede wieder Ich: „Höre, du lieber Bruder und Freund, wohl sehe Ich, daß dir das Innere dieses Palastes nicht gefallen kann. Aber du wirst auch einsehen, daß das Innere deines Herzens, das genau diesem Palaste entspricht, Gott dem Herrn ebensowenig gefallen kann, wie deinen Augen diese unreinsten Gemächer!
[BM.01_022,13] Du hast sicher auf der Welt unter den heidnischen Fabeln auch von des Herkules zwölf schweren Arbeiten gehört, welche dieser Held verrichten mußte, um in die Zahl der fabelhaften Götter aufgenommen zu werden? Unter diesen Arbeiten befand sich auch die bekannte Stallreinigung!
[BM.01_022,14] Was tat der fabelhafte Held Herkules? Siehe, er leitete einen ganzen Fluß durch den großen Stall, und dieser hob alsbald allen Mist in wunderkürzester Zeit aus dem Stalle!
[BM.01_022,15] Ich aber sage dir: leite du auf gleiche Weise einen ganzen Strom der Liebe durch den alten Sündenstall deines Herzens, so wird solch ein Strom auch am geschwindesten mit diesem deinem Herzensmiste fertig werden!
[BM.01_022,16] Als wir uns noch auf dem Meere befanden, das da aus deiner eigenen Sündflut entstanden ist, da genügte ein Fünklein oder ein Tropfen der echten Liebe und das Meer vertrocknete, und der Schlamm wurde in fruchtbares Erdreich verkehrt!
[BM.01_022,17] Dies Fünklein, da es bei dir nur durch Meine Rede erzeugt wurde, also wie durch ein äußeres Mittel, konnte daher auch nur das Äußere deines Herzens berühren und es dadurch rein machen. Aber das Innere deines Herzens blieb noch, wie es war: ein wahrer Augiasstall, der nur durch dich selbst gereinigt werden kann. Und das, wie oben gesagt, durch einen ganzen Strom von rechter Liebe zu uns, deinen Brüdern und größten Freunden, und auch zu denen, die dir bald hie und da vors Gesicht treten werden und in Anspruch nehmen dein Herz!
[BM.01_022,18] Da siehe zu diesem Fenster hinaus! Was siehst du dort in einiger Ferne von hier gegen Mitternacht hin?“

23. Kapitel – Bischof Martins erstes gutes Werk der Barmherzigkeit an den armen Neuhinübergekommenen.

[BM.01_023,01] Spricht Bischof Martin: „Ich sehe mehrere überaus zerlumpte Menschen entsetzlich langsamen, hinkenden Schrittes wandeln. Sie scheinen kein Obdach zu haben. Wahrscheinlich werden sie auch im Magen eine sehr bedeutende Leere haben und ihr Herz dürfte gerade auch nicht von der heitersten Stimmung sein.
[BM.01_023,02] Freund, mich erbarmen diese armseligsten Wanderer. Laß es mir zu, daß ich hingehe und sie hierher führe, sie hier aufnehme und soviel als möglich gut versorge! Sind diese Zimmer auch schmutzig, so werden sie ihnen dennoch sicher dienlicher sein als jene frostigen und trüb aussehenden holprigen Pfade nach jener mir wohlbekannten Richtung, bei deren Verfolg es immer schlechter wird!“
[BM.01_023,03] Rede Ich: „Gut, recht gut, gehe und tue, was dir dein Herz gebietet. Aber das muß dich nicht abschrecken, so du finden wirst, daß jene Wandler nicht deiner, sondern lutherischer Konfession sind!“
[BM.01_023,04] Spricht Bischof Martin: „Das ist mir freilich wohl ein wenig zuwider. Aber nun ist schon alles eins, ob Luther, Mohammed, Jude oder Chinese! Kurz, was Mensch ist, dem soll Hilfe werden!“
[BM.01_023,05] Bischof Martin, noch in der gemeinen Landmannskleidung, empfiehlt sich nun und eilt den Wandlern nach und ruft und schreit, daß sie seiner doch harren sollen. Worauf die Wandler stehenbleiben und auf unsern Bischof Martin warten, um zu erfahren, was er mit ihnen wolle. Denn diese sind auch erst von der Erde in der Geisterwelt angelangt und wissen nun auch nicht, wo aus, wo ein.
[BM.01_023,06] Nun hat unser Bischof Martin eben diese traurige Gesellschaft erreicht und spricht zu ihr in einem sehr freundlichen Tone: „Liebe Freunde, wohin wollet ihr euch denn da begeben? Ich bitte euch um Gottes willen, kehret um und folget mir nach, sonst geht ihr alle zugrunde! Denn die Richtung, die ihr verfolget, führt schnurgerade zu einem Abgrunde, der euch alle für ewig verschlingen wird!
[BM.01_023,07] Ich aber bin hier mit noch zwei gar lieben Freunden ansässig, eine geraume Zeit schon, und weiß, wie diese Gegend hier beschaffen ist, daher ich euch warnen kann.
[BM.01_023,08] Sehet aber dorthin gegen Mittag! Daselbst werdet ihr einen Palast erschauen, der freilich von außen schöner als von innen aussieht, aber das macht vorderhand nichts! Ein Obdach und auch ein Stückchen Brot werden wir darinnen dennoch finden, was doch auf jeden Fall besser sein wird, als diesen ins sichere Verderben führenden Weg fortwandeln! Besinnet euch daher nicht lange, sondern kehret sogleich um und folget mir; bei Gott, es soll das euer Schade nicht sein!“
[BM.01_023,09] Einer von den Wandlern spricht: „Gut, wir wollen dir folgen. Aber das merke dir im voraus, daß du uns in kein katholisches Haus bringst! Denn da wäre für uns keines Bleibens, indem wir gegen nichts einen so starken Widerwillen haben als gegen den über alle Pest stinkenden römischen Katholizismus, namentlich gegen den Papst, gegen seine Bischöfe und gegen das über alles schlechte Mönchstum der römischen Hure!“
[BM.01_023,10] Spricht der Bischof Martin: „Was Papst, was Bischof, was Mönch, was Luther, was Calvin, was Mohammed, was Moses, was Brahma, was Zoroaster?! Das gilt nur auf der dummen Welt etwas; hier im Reiche der Seelen und Geister hören alle diese irdischen dummen Unterschiede so gut wie ganz auf! Hier gibt es nur eine Losung, und diese heißt Liebe! Mit dieser allein kommt man hier weiter; alles andere zählt soviel wie nichts!
[BM.01_023,11] Als ich auf der Welt war, war ich ein römischer Bischof und bildete mir was Ungeheures darauf ein. Aber hier angelangt, lernte ich bald kennen, wie ganz und gar nichts daran gelegen ist, was man auf der Welt war, sondern alles liegt daran, was man auf der Welt getan hat und wie und unter welchen Bedingungen!
[BM.01_023,12] Daher laßt auch ihr euch weder durch Luther, noch durch Calvin beirren, sondern folget mir! Wahrlich, ihr sollet es nicht bereuen! Wird es euch bei mir aber nicht behagen, so steht euch dieser Weg noch immer offen!“
[BM.01_023,13] Spricht der Anführer dieser Gesellschaft: „Nun gut, du scheinst mir ein ziemlich gescheiter Mann zu sein; daher wollen wir dir denn folgen in deine Behausung! Aber das bitten wir uns schon im voraus aus, daß da unter uns ja nie von der Religion etwas gesprochen wird; denn uns ekelt alles, was Religion heißt, auf das allerwidrigste an!“
[BM.01_023,14] Spricht der Bischof Martin: „Na, ist ja auch gut! Redet, wovon ihr reden wollt. Nach und nach werden wir uns wohl hoffentlich noch besser kennenlernen, und ihr werdet an mir durchaus nie etwas entdecken, was euch nur irgend im allergeringsten beleidigen soll. Daher nur muntern und heitern Geistes aufgebrochen, und in meiner und besonders meiner Freunde und Brüder Behausung Platz genommen!“
[BM.01_023,15] Nun geht Bischof Martin voraus, und die ganze Karawane von 30 Köpfen folgt ihm, und er führt sie geraden Weges dem Palaste zu und nun in denselben und da sogleich zu Mir und Petrus. Als er da anlangt, spricht er voll Freude zu Mir:
[BM.01_023,16] (Bischof Martin „Siehe, mein geliebter Freund und Bruder in Gott dem Herrn, hier habe ich sie glücklich sämtlich hierher gebracht. Nun sei du von der Güte und zeige mir an, in welchen Gemächern wir sie unterbringen werden. Dann werde ich dich auch bitten um ein wenig Brot, auf daß sie sich stärken, denn sie werden sicher schon sehr hungrig sein.“
[BM.01_023,17] Rede Ich: „Dort, die Tür gegen Abend, da ist ein großes Zimmer gut eingerichtet! Da werden sie schon alles finden, was ihnen irgend gebricht. Du aber komme dann zurück, auf daß wir schnell an eine wichtige Arbeit gehen, die keinen Aufschub leidet!“
[BM.01_023,18] Bischof Martin tut, wie Ich es ihm anzeigte, und die Gesellschaft freut sich sehr, als sie in das wohleingerichtete Zimmer tritt, das ihr Bischof Martin anweist. Nach der Einlogierung aber kommt er schnell wieder und fragt, wo die neue Arbeit wäre.

24. Kapitel – Neue Arbeit Bischof Martins: Brandlöschen und Lebenretten! Aufnahme und Einkleidung der Abgebrannten.

[BM.01_024,01] Und Ich sage: „Siehst du dort gen Norden einen Brand? Dorthin müssen wir eilen und dem Feuer Einhalt tun, sonst leidet diese ganze Gegend. Denn das geistig böse Feuer ist viel um sich greifender denn das naturmäßig irdische. Darum nur schnell auf die Füße!“
[BM.01_024,02] Wir eilen nun dem Brande zu und haben ihn auch schon erreicht. Man sieht hier ein höchst ärmliches Dorf, das ganz in Flammen steht, sowie eine Menge ärmlichster, ganz nackter Menschen, die sich aus ihren brennenden Hütten auf die Flucht machten. Aber inmitten des Dorfes steht ein etwas besseres Häuschen mit einem Söller, auf dem sich fünf Menschen befinden und jämmerlich um Hilfe rufen, indem die Flammen schon zu ihnen emporschlagen und sie im nächsten Augenblick zu verschlingen drohen.
[BM.01_024,03] Unser Bischof Martin ersieht das und schreit: „Freunde, um Gottes willen, wo ist denn hier etwas wie eine Leiter, daß ich hinansteige zu diesen Ärmsten und sie möglicherweise mit euerm Beistande noch rette?“
[BM.01_024,04] Rede Ich: „Siehe, hier gerade zu unseren Füßen liegt so etwas! Nimm es und mache damit deinem Herzen Luft!“
[BM.01_024,05] Bischof Martin packt schnell die Leiter und läuft damit an das Häuschen mit dem Söller, das schon ganz von Flammen umringt ist. Er lehnt sie an den Söller, steigt mutig durch die Flammen hinauf und ladet da zwei schon zusammengesunkene Menschen auf seine Schultern und trägt sie eilends hinab, während die drei kräftigeren ihm jählings folgen. In einer Minute hat er wirklich fünf das Seelenleben gerettet.
[BM.01_024,06] Als er nun mit dieser Arbeit fertig ist, kommt er schnellstens wieder zu Mir und spricht (Bischof Martin „O Gott sei Dank, daß mir diese Rettung gelungen ist! Schon glaubte ich, daß mir diesmal mein Eifer ganz übel bekommen wird; aber dennoch – Gott sei's gedankt! – hat es sich noch mit genauester Not getan.
[BM.01_024,07] Ah, Freunde! Das war aber eine Hitze, Tausend, Tausend! Meine Haare müssen so hübsch verkürzt worden sein? Aber das macht nichts, wenn nur diese Armen gerettet sind! Die zwei haben freilich schon nahezu den Tod bekommen, und es war wirklich die höchste Zeit, sie den Flammen zu entreißen. Aber sie leben nun wieder frisch auf, und das, meine liebsten Freunde und Brüder, ist mir lieber, als so ich jetzt wirklich in die Seligkeiten aller drei oder sieben Himmel eingegangen wäre.
[BM.01_024,08] Gelt, Brüder und Freunde! Diese armen von mir Geretteten und die vielen nun Obdachlosen, die hier draußen an den Zäunen nackt herumkauern und wehklagen, nehmen wir alle in unsern Palast auf! O liebe Brüder, wohl, wohl; gönnet mir diese Freude!“
[BM.01_024,09] Rede Ich: „Ja, freilich wohl, darum sind wir ja hauptsächlich hierher gekommen. Aber nun müssen wir auch das Feuer ersticken. Ist dies geschehen, dann wollen wir ganz fröhlich mit diesen Armen nach Hause ziehen. Darum legen wir nur gleich die Hände ans Werk, daß das Feuer nicht noch mehr um sich greift!“
[BM.01_024,10] Spricht Bischof Martin: „Wäre schon alles recht, wenn wir nun nur gleich so einen kleinen Ozean bei der Hand hätten! Aber ich entdecke hier auch nicht einen Tropfen Wasser. Ich meine, diese Geschichte wird etwas hart gehen ohne Wasser?“
[BM.01_024,11] Rede Ich: „Siehe, dort am Boden liegt ein Stab, ähnlich dem, den einst Moses trug. Hebe ihn auf und stoße ihn gläubig in den Boden, und wir werden sogleich Wasser in schwerer Menge haben; denn diese Gegend ist sehr sumpfig! Also tue!“
[BM.01_024,12] Bischof Martin tut sogleich das Geratene und sofort springt ein starker Quell aus dem Boden. Bischof Martin spricht: „So, so, wohl so – jetzt ist es schon recht! Nun nur Gefäße her!“
[BM.01_024,13] Rede Ich: „Freund, es ist genug! Das Wasser wird nun schon von selbst das Rechte tun; denn dieser mächtige Quell wird dem Feuer bald über den Kopf wachsen und es gehörig versorgen. Daher können wir uns mit unseren armen Geretteten schon nach Hause begeben und dort ein wenig ausruhen und uns stärken zu einem andern Geschäfte. Gehe nun und bringe sie alle zu Mir!“
[BM.01_024,14] Bischof Martin geht heitersten Mutes und bringt alle die Armen herbei. Wir begeben uns nach unserm Palaste, wo angelangt die Armen sogleich in ein anderes, geräumiges Gemach untergebracht werden.
[BM.01_024,15] Als sie nun im Zimmer sind, noch ganz nackt, zieht Bischof Martin gleich seinen Bauernrock aus und hängt ihn um die Schultern desjenigen, der ihm am ärmsten und schwächsten vorkommt. Und sein Leibchen gibt er einem andern, der ihn auch sehr dauert, darob loben ihn alle.
[BM.01_024,16] Er aber macht nun einen rechten Mann und spricht: „Meine lieben armen Freunde und Brüder, nicht mich, sondern Gott und diese beiden Freunde preiset! Denn ich bin selbst erst vor kurzem von ihnen hier aufgenommen worden und habe von ihnen die größten Wohltaten empfangen. Ich selbst bin nur ein schlechtester Knecht dieser Freunde der unglücklichen Menschen. Ich aber habe die größte Freude an eurer Rettung, und diese Freude ist nun mein größter Lohn in mir selbst!“
[BM.01_024,17] Rede Ich: „So ist es recht, Mein geliebter Bruder! So bist du aus einem Saulus ein Paulus geworden. Fahre so fort, so wirst du Mir und Meinem Freunde und Bruder bald würdig zur Seite stehen! Nun aber gehen wir in unser Gemach!“

25. Kapitel – Unterschied des Denkens dies- und jenseits. Einführung in die lebendige Entsprechungswissenschaft. Martins Tathunger und Erkenntnismüdigkeit.

[BM.01_025,01] Wir kommen nun in unser Gemach, das zwar nicht im reichsten Glanze prunkt, dessenungeachtet aber überaus geschmackvoll eingerichtet ist.
[BM.01_025,02] Als Bischof Martin dieses Gemach betritt, erstaunt er sehr über die unerwartete einfache Pracht desselben und spricht: „Aber liebste Freunde und Brüder, wer hat denn während der kurzen Zeit unseres Ausbleibens dieses Gemach gereinigt und so überaus zierlich hergestellt? Denn es war früher ja ordinärer als d
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Pegus
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New PostErstellt: 04.09.04, 09:32  Betreff: Unterschied des Denkens dies- und jenseits.  drucken  weiterempfehlen

25. Kapitel – Unterschied des Denkens dies- und jenseits. Einführung in die lebendige Entsprechungswissenschaft. Martins Tathunger und Erkenntnismüdigkeit.

[BM.01_025,01] Wir kommen nun in unser Gemach, das zwar nicht im reichsten Glanze prunkt, dessenungeachtet aber überaus geschmackvoll eingerichtet ist.
[BM.01_025,02] Als Bischof Martin dieses Gemach betritt, erstaunt er sehr über die unerwartete einfache Pracht desselben und spricht: „Aber liebste Freunde und Brüder, wer hat denn während der kurzen Zeit unseres Ausbleibens dieses Gemach gereinigt und so überaus zierlich hergestellt? Denn es war früher ja ordinärer als die gemeinste Bauernstube. Auch die Fenster kommen mir viel größer vor und Tische und Stühle so rein und geschmackvoll! O sagt mir doch, wie das zugegangen ist!“
[BM.01_025,03] Rede Ich: „Lieber Bruder, das ging ganz einfach und natürlich vor. Siehe, so jemand auf der Welt seine Wohnung ausschmücken will, faßt er einen Plan aus seinem Verstande und läßt allerlei Handwerker und Künstler kommen, die nach seinem Plane die Wohnung schmücken müssen.
[BM.01_025,04] Diese Ausschmückung geht auf der Erde aber darum länger her, weil dort die Trägheit der Materie, die erst bearbeitet werden muß, ein überaus hemmendes Medium ist. Hier aber fällt dieses Hemmnis weg, und so wird der Plan des Verstandes auch sogleich als ein vollbrachtes Werk dargestellt. Denn was hier ein vollkommener Geist denkt und das Gedachte zugleich will, ist auch schon vollendet so da, wie es gedacht wurde.
[BM.01_025,05] Freilich ist hier in der ewigen Geisterwelt das Denken ein ganz anderes als auf der Welt. Auf der Welt besteht das Denken aus Ideen und Bildern, welche den Dingen der Welt und ihren Bewegungen und Veränderungen entnommen sind. Hier aber besteht das Denken aus den Fähigkeiten des Geistes, die aus Gott in ihn gelegt sind, so sie durch die Werktätigkeit der Liebe zu Gott und zum Nächsten geweckt und mit dem Lichte aus Gott erleuchtet werden.
[BM.01_025,06] Siehe, dieses Gemach besteht nun lediglich aus deiner nun schon frei werktätigen Liebe zum Nächsten. Aber es ist noch ganz einfach zierlich, weil in dir das Gotteslicht noch nicht Wurzel gefaßt und tief in dein Leben getrieben hat. Wird bei dir auch das der Fall sein, dann wirst du dir dessen voll bewußt sein und dir über alles selbst die genügendste Rechenschaft geben können. Aber dazu gehört die rechte Erkenntnis Gottes, die dir noch mangelt, die du aber bald erreichen wirst, so du in der Liebe stets mehr wachsen wirst. Nun aber setzen wir uns an den Tisch, an dem schon eine gemessene Stärkung unser harrt. Es sei!“
[BM.01_025,07] Bischof Martin spricht: „Ja, ja, so ist es! Es ist zwar hier alles wunderbar, ein wahres zauberisches ,Tischlein-deck-dich‘. Aber man muß sich hier an die Wunder ebenso gewöhnen wie auf der Erde an die Naturwunder, die zwar auch noch heute kein Mensch völlig begreift und einsieht, aber man macht sich daraus nichts, weil man sich an all solches unbegreifliche Zeug gewöhnt hat. Also wird es auch hier gehen.
[BM.01_025,08] Ich bin überhaupt aufs volle Einsehen der Wunder Gottes eben nicht allzu versessen. Und so ist es schon zum Aushalten, wenn man auch nicht alles, was da zum Vorscheine kommt, auf den Grund des Grundes einsieht. Wenn ich nur fortwährend etwas zu tun bekomme und dazu manchmal so ein kleine Rast und Stärkung, wie sie eben jetzt vor uns auf dem schönen Tische in Bereitschaft liegt, und habe euch um mich, dann verlange ich mir für die ganze Ewigkeit nichts Besseres!
[BM.01_025,09] Gott erkenne ich nun so weit, daß Er richtig Einer ist in irgendeinem ewig unzugänglichen Lichte, darin Er ist heilig, überheilig, allmächtig und endlos weise. Mehr von Ihm, dem Unendlichen, zu wissen und zu kennen, würde ich sogar für eine Todsünde halten. Daher lassen wir das, was für uns endlos unerreichbar ist und begnügen uns dankbarst mit dem, was uns Seine Güte allergnädigst zukommen läßt!“
[BM.01_025,10] Rede Ich: „Gut, gut, mein lieber Bruder, setzen wir uns zum Brote, und du, Petrus, hole dort aus der Kammer auch den mit Wein gefüllten Becher!“

26. Kapitel – Martins Bescheidenheit und Demut. Das gesegnete Liebesmahl am Tische des Herrn.

[BM.01_026,01] Wir setzen uns nun zum Tische, und Petrus bringt den Wein nebst einer Toga für Bischof Martin und sagt: „Da, Bruder, weil du deinen Rock und dein Hemd den Armen gabst, so ziehe dafür diesen etwas bessern Rock an, und verzehre in diesem Kleide das vorgesetzte Mahl!“
[BM.01_026,02] Bischof Martin betrachtet den schönen lichtblauen Rock mit purpurner Verbrämung und spricht: „Ah, ah, das ist für unsereinen ja viel zu schön und herrlich! Was fällt dir denn da ein? Ich – ein armer Sünder vom Kopfe bis zum Zehenspitzel – und so ein Rock, wie ihn der Heiland Jesus auf der Welt getragen, der Würdigste der Menschen! Das wäre ja eine Verspottung ohnegleichen!
[BM.01_026,03] Nein, nein, das tue ich nicht! War Jesus auch gerade kein Gott, wozu ihn die dummen Menschen machten, so war er dennoch der weiseste und beste aller Menschen, die je die Erde bewohnt haben. Er war ein vollkommenster Mensch ohne Sünde, an dem Gott sicher Sein höchstes Wohlgefallen haben konnte. Ich aber bin und war der unvollkommenste Mensch voller Sünden. Daher kann ich seinen Rock nimmer anziehen!
[BM.01_026,04] Wahrlich, Freunde, da wollte ich lieber keinen Bissen Brot und keinen Tropfen dieses Weines verkosten, als so unwürdigster Weise diesen wahrhaftigen Jesusrock anziehen. Gebt mir sonst irgendeinen für mich taugenden Fetzen her! Es ist genug, daß ich auf der Welt Melchisedeks Kleider trug und hier diese Torheit teuer genug habe büßen müssen: für die ewige Zukunft werde ich mit Gottes Hilfe wohl klüger sein!“
[BM.01_026,05] Rede Ich: „Auch gut; wie du's willst! Hier gibt es durchaus keinen Zwang. Daher iß und trink nun ohne Rock. Es sei!“
[BM.01_026,06] Spricht wieder Bischof Martin: „Das freut mich, nur keinen Luxus für unsereinen! Aber, liebe Brüder, nun komme ich euch mit einer andern Bitte; höret! Ich bin zwar schon recht hungrig und durstig, aber unsere armen Schützlinge werden sicher noch hungriger und durstiger sein. Gönnt mir daher die Freude, daß ich den mir beschiedenen Teil diesen Armen überlasse und ihn selbst hintrage. Die Freude, diese Armen gesättigt zu haben, soll diesmal eine Hauptsättigung meines Herzens sein!“
[BM.01_026,07] Rede Ich: „Liebster Bruder, solch ein Wunsch aus deinem Herzen macht auch Mir die größte Freude! Aber diesmal soll's bei deinem Wunsche verbleiben, denn für deine Armen ist schon bestens gesorgt. Daher setze dich nur zu Mir her und iß und trink nach Herzenslust! Nach der Mahlzeit werden wir dann die Armen besuchen und sehen, ihnen irgendeine angemessene Beschäftigung zu geben. Also sei es!“
[BM.01_026,08] Petrus spricht: „Herr und Meister, teile Du das Brot und auch den Wein aus; denn mir schmeckt alles besser, so Du es austeilst, als wenn ich mir's selbst nehme! Ich bitte Dich darum, liebster Herr und Meister!“
[BM.01_026,09] Rede Ich: „Ja, ja, mein geliebter Bruder, das tue Ich dir von ganzem Herzen gerne, wenn es nur unsern lieben Freund und Bruder nicht geniert!“
[BM.01_026,10] Spricht Bischof Martin: „Oh, nicht im geringsten, liebste Freunde und Brüder! Ich kenne wohl die Sekte der sogenannten Brotbrecher – ihr werdet weltlich wahrscheinlich ihr angehört haben? Allein das ist hier in der Geisterwelt ohnehin gehauen wie gestochen. Wem hier derlei menschliche fromme Rückerinnerungen aufheiternd dünken, der tue, was ihm gut dünkt. Mir aber ist nun alles, was da irgend nach einer Zeremonie riecht, sehr leicht entbehrlich. Denn ich habe mir auf der Welt an aller Zeremonie einen allerbarsten Ekel angefressen.
[BM.01_026,11] Daher möget ihr hier das Brot auseinanderbrechen, -schneiden oder -sägen, das ist mir eines; wenn's zur rechten Zeit nur was zum Beißen gibt! Mit dem aber bin ich einverstanden, daß da der Herr des Hauses das Brot an seine zwei Knechte austeilen soll: man ißt ein gegebenes Stück Brot ungenierter als eines, das man selbst genommen hat!“
[BM.01_026,12] Rede Ich: „Nun gut, gut, so es dich nicht geniert, so will Ich das Brot brechen und segnen und es euch dann austeilen!“
[BM.01_026,13] Ich breche nun das Brot und segne es und gebe es dann den zweien.
[BM.01_026,14] Petrus weint beinahe vor Freude, Bischof Martin aber lächelt freundlichst, umarmt Petrus und spricht: „Bist aber du auch ein seelenguter Mensch! Die Brotbrechung hat dich gewiß an die sehr erhabene, entweder wirkliche, oder wahrscheinlich fromm erdichtete Szene der zwei nach Emmaus wandelnden Jünger erinnert? Ich muß es auch aufrichtig gestehen, daß sie mich selbst schon oft zu Tränen gerührt hat.
[BM.01_026,15] Denn es liegt darinnen fürs erste wirklich eine schöne, hohe Bedeutung zugrunde. Und fürs zweite fühlt man die Sehnsucht und den Wunsch, daß sich diese Szene wirklich hätte ereignen mögen. Der schwache, kurzsichtige Mensch hört und träumt nichts lieber als von Wundern, besonders wenn seine Phantasie das allerhöchste Gottwesen so inkognito persönlich mitwirkend darstellen kann bei irgendeiner urzeitlichen Gelegenheit. Bei einer gleichzeitigen würde die Sache freilich ein bei weitem unglaublicheres Gesicht bekommen.
[BM.01_026,16] Also brich du, liebster Herr, Meister und Freund, nur allzeit das Brot; denn auch mir gefällt diese fromme Art!
[BM.01_026,17] Hörst du, lieber Freund, ist aber das ein herrliches Brot! Und der Wein – non plus ultra! Hab' wahrlich auf der Erde wohl nie etwas Vorzüglicheres verkostet! Ist das etwa auch so ein Gedankenwein, also überaus geistiger Natur? Das macht aber nichts! Mag er wachsen, wo er will, wenn er nur gut schmeckt. Gott sei gelobt und gepriesen für ewig für dies herrlichste Mahl! Jetzt wird sich's schon wieder tun bei der möglich kommenden schwersten Arbeit!“
[BM.01_026,18] Rede Ich: „Nun, Mich freut es auch, so es euch beiden wohlgeschmeckt hat; es sei euch gesegnet! Nun aber gehen wir schnell zu unseren Armen und wollen sehen, wie sie sich befinden!“

27. Kapitel – Martins merkwürdige Erfahrungen an den Aufgenommenen. Martin will belehren und wird belehrt.

[BM.01_027,01] Wir gehen nun zu den dreißig ersten, die Bischof Martin allein hierher gebracht hat. Als wir eintreten, liegen sie auf den Gesichtern und rufen: „O Herr, o Herr, Du großer, erhabener Gott in Jesu Christo, komme nicht zu uns! Denn wir sind zu große Sünder und sind nicht der geringsten Gnade wert! Zu überaus heilig und für uns zu unerträglich ist Deine Nähe!“
[BM.01_027,02] Bischof Martin schaut um sich her nach allen Seiten, um zu sehen, wo denn die dreißig Jesus erschauten. Aber er sieht noch immer nichts und fragt Mich: „Lieber Freund, was haben denn diese Armen? Sind sie von Sinnen, oder sind sie etwa eingeschlafen ob des sicher auch genossenen Weines und haben nun entweder ein lutherisches oder römisches Traumgesicht?“
[BM.01_027,03] Rede Ich: „Nein, nein, sicher nichts dergleichen; sie halten in ihrem Sinne Mich dafür und darum schreien sie so.“
[BM.01_027,04] Spricht Bischof Martin: „Na, also doch eine Art Geistesschwäche, nur ein wenig anders motiviert, als ich's mir gedacht habe. Übrigens haben sie nach meiner Ansicht recht, dich als nun ihren größten Wohltäter unter dem Begriffe des höchsten Wesens anzupreisen. Denn ich meine, ein jeder Wohltäter deiner Art trägt eine große Portion der echten Gottheit in sich, und so er geehrt wird, so wird auch die Gottheit in ihm geehrt. – Was wird aber nun mit diesen Armen zu machen sein?“
[BM.01_027,05] Rede Ich: „Diese werden wir gerade bei ihrer Meinung ihrem Wunsche nach belassen und werden uns zu den andern begeben. Denn wenn sie vorderhand Meine Nähe nicht zu ertragen der Meinung sind, wollen wir sie auch nicht weiter quälen; mit der Zeit wird sich's schon machen!“
[BM.01_027,06] Spricht Bischof Martin: „Ja, ja, so ist's recht! Übers Knie läßt sich nichts Starkes brechen; daher gehen wir nur geschwind zu den andern, aus dem Feuer Geretteten. Ich freue mich schon sehr auf sie!“
[BM.01_027,07] Wir gehen nun schnell zu den andern. Als wir an die Tür kommen, sage Ich zu Bischof Martin: „Bruder, gehe du zuerst hinein und melde Mich und den Petrus an! So sie es wünschen werden, werde Ich zu ihnen hineingehen. Wünschen sie Mich aber nicht – was du aus ihren Worten leicht entnehmen wirst –, da komme nur schnell wieder, daß wir uns dann an ein anderes Geschäft wenden können!“
[BM.01_027,08] Bischof Martin tut gleich, was Ich ihn geheißen habe. Als er zu diesen aus den Flammen Geretteten kommt, macht er ein ganz pathetisches Gesicht gleich einer Amtsmiene und spricht: „Liebe Freunde, der Herr und der Meister dieses Hauses will euch besuchen, so es euch genehm ist. Ist euch aber für diesmal sein Besuch nicht willkommen, so äußert euch darüber und ihr sollt von seinem Besuche verschont bleiben. Meine, eures Freundes Meinung aber wäre diese: Da der Herr und Meister dieses Hauses ein gar überaus guter und sanfter Herr ist, so soll euer aller Wunsch dahin gehen, daß er zu euch käme! Aber ihr seid frei und könnt tun, was ihr wollt. Also äußert euch!“
[BM.01_027,09] Die Geretteten aber fragen den Bischof Martin: „Weißt du wohl, wer dieses Hauses Herr und Meister ist?“
[BM.01_027,10] Bischof Martin spricht: „Das gerade weiß ich genau selbst nicht, was aber hier in der Geisterwelt gar nicht so sehr vonnöten ist. Es ist genug, daß ich aus der Erfahrung weiß, daß er ein überaus guter und weiser Mann ist. Mehr wissen zu wollen, wäre sogar aberwitzig. Daher begnüget vorderhand auch ihr euch mit dem, was ich euch auf ein gutes Gewissen von ihm ausgesagt habe. Und gebt mir Bescheid, was ihr laut meinem Auftrage an euch wollt.“
[BM.01_027,11] Spricht einer aus der Gesellschaft der Geretteten: „Aber Freund, warum bist du gegen uns so hinterhältig und willst uns das Heiligste und Allerhöchste vorenthalten?
[BM.01_027,12] Siehe, der Herr und Meister dieses Hauses ist ja auch der alleinige Herr, Schöpfer und ewige Meister des Himmels und aller Sonnen und Erden in der ganzen Unendlichkeit, wie aller Menschen und Engel in Jesus Christus!
[BM.01_027,13] Wie kannst du da sagen, du kennst Ihn nicht näher! Bist du denn blind und hast noch nie beschaut Seine durchbohrten Hände und Füße, die wir doch alle auf den ersten Blick entdeckt haben?
[BM.01_027,14] Betrachte nur Seinen mildesten Ernst, Seine große Liebe und Weisheit, und lege deine Hände auf Seine durchbohrte Seite gleich einem Thomas; du wirst dann sicher noch klarer als wir ärmsten Teufel ersehen, was da hinter diesem deinem Herrn und Meister alles steckt!
[BM.01_027,15] Siehe, nicht als ob wir nicht wünschten in unserm Herzen, daß Er, der Allererhabenste, der ewig Allerheiligste zu uns käme in dies Gemach Seiner Erbarmung. Aber wir alle sind zu große und grobe Sünder und sind solch eines Besuches nicht im geringsten wert, wo Gott käme zu Seinen allerletzten und niedrigsten Geschöpfen, die Seine Liebe und Geduld auf der Erde so oft gar schmählichst mißbraucht haben!
[BM.01_027,16] Daher vermelde du glücklichster Freund deines Gottes und Herrn, den du nicht kennst oder nicht kennen willst: Unser Herz sehnt und sehnte sich allzeit nach Ihm; aber unsere Sünden haben uns zu häßlich, schmutzig, nackt und stinkend gemacht, als daß wir wünschen könnten, daß Er zu uns käme!
[BM.01_027,17] Wir vergehen beinahe vor Schande und Schmach, hier in diesem Hause uns zu befinden, wo Er nun hauptsächlich der Sünder wegen zu wohnen pflegt, um ihnen Seine Erbarmung angedeihen zu lassen. Was erst würde mit uns geschehen, wohin würden wir uns verkriechen, so Er nun vollends zu uns käme?
[BM.01_027,18] Daher bitte Ihn, du Glücklichster, daß Er uns Nichtswürdigste verschonen möchte; jedoch nicht unser, sondern Sein heiligster Wille geschehe!“

28. Kapitel – Martin als blinder Rationalist in der Klemme.

[BM.01_028,01] Bischof Martin spricht: „Oh, oh, oho, was fällt euch ein! Gott, das allerhöchste, unendliche Wesen, das im ewig unzugänglichen Lichte wohnt und mit Seiner Allkraft die ganze ewige Unendlichkeit erfüllt, wird Sich je in der Gestalt eines Menschen zeigen und mit Händen arbeiten gleich uns?!
[BM.01_028,02] Gott erfüllt wohl solche Menschen und Geister mit Seinem Gnadenlichte – manche mehr, manche weniger. Aber darum bleibt zwischen Gott und Mensch noch immer eine unendliche Kluft.
[BM.01_028,03] Jesus war wohl unter allen Menschen ein von Gottes Kraft am meisten erfüllter Mensch, aber darum doch ebensowenig wie wir ein Gott. – Kein denkender Mensch und Geist kann das annehmen, indem man da auch glauben müßte, der kleine Planet Erde wäre das Hauptzentrum aller Schöpfung, über welche Annahme die Sonnen doch sicher ein wenig protestieren möchten!
[BM.01_028,04] Daher nur hübsch gescheit hier im ewigen Reiche der Geister! Es ist genug, daß wir auf der Welt so dumm durcheinandergelebt haben und hielten Brot, Wein und nicht selten geschnitzte Bilder für Gottheiten, während wir an der Sonne das herrlichste Abbild der Gottheit hatten.
[BM.01_028,05] Betrachtet mich und meine beiden liebsten und besten Freunde als das, was wir sind, so werdet ihr nie von einer so dummen Furcht heimgesucht sein!
[BM.01_028,06] Ich weiß wohl, daß dieses Hauses Herr und Meister mächtiger ist und weiser als wir alle zusammen. Und er kann auch vielleicht recht wohl jener Jesus sein, der uns die weiseste Lehre gab. Aber für Gott müßt ihr ihn nicht halten, sondern als das nur, was er ist, nämlich – wie ich schon früher bemerkt habe – der beste, weiseste und somit mit Gotteskraft erfüllteste Mensch der Erde!
[BM.01_028,07] Ihr wisset doch, wie er auf der Welt ist getötet worden von den elendsten Menschen! Könnet ihr es annehmen, daß sich Gott als Urgrund alles Seins und Lebens im Ernste von den elenden Menschen könnte töten lassen?
[BM.01_028,08] Was geschähe wohl mit einem Hause, so man dessen Grundfesten zerstörte? Seht, es würde bald zusammenstürzen!
[BM.01_028,09] Was wohl wäre mit der ganzen Schöpfung, die da ist das eigentliche Gotteshaus, im Moment geschehen, so man eben Gott Selbst vernichtet hätte? Wer wohl hätte ohne Gott leben können? Hätte ein Gottestod nicht schon lange zuvor alles Leben und Sein vernichtet?! Daher, meine liebsten Freunde, nur schön gescheit hier in der Geisterwelt!“
[BM.01_028,10] Spricht wieder einer aus der Gesellschaft: „Freund, du hast zwar sehr weise scheinend gesprochen, um uns zu trösten. Allein, du bist vom Ziele ferner als wir, obschon du dich im fortwährenden Umgange mit dem Herrn befindest, während wir armen Sünder uns vor Ihm gebührend tief scheuen und fürchten müssen!
[BM.01_028,11] Ich aber sage dir als ein Sünder: du hast in der wahren Weisheit noch nicht das Einmaleins begonnen – und willst über Gottes innere Weisheit urteilen? So du Gott nur nach dem Volumen schätzest, wird dir Jesus freilich noch lange zu klein-winzig vorkommen. Willst du aber bedenken, daß Gott nicht nur pur Sonnen und Erden, sondern auch die Mücken gemacht hat, da wird es dir vielleicht doch einleuchten, daß sich Gott auch mit kleinsten Dingen ebensogut abgibt wie mit dem größten. Und daß es Ihm auch möglich sein kann, sich den Menschen als Mensch zu zeigen, sie zu lehren und zu führen die rechten Wege! Die Sonnen aber wird Er sicher auch als Sonne aller Sonnen leiten!
[BM.01_028,12] Wir Menschen aber verstehen nur wieder einen Menschen und so auch Gott nur im Menschen Jesus. Die Sonnen aber verstehen wir nicht, sonach wären sie für uns ohne Jesus auch eine vergebliche Gottheit!
[BM.01_028,13] Siehe, das ist mein Verstand! Geh und lerne deinen und unseren Hausherrn besser erkennen, dann komme wieder und sage uns allen, ob ich unrecht hatte!“
[BM.01_028,14] Bischof Martin verläßt nun die Gesellschaft und kehrt ganz verblüfft zu uns zurück.

29. Kapitel – Der Herr gibt sich dem blinden Martin als Jesus zu erkennen.

[BM.01_029,01] Als Bischof Martin nun zu Mir kommt, spricht er sogleich: „Aber, du mein allerliebster Herr, Meister, Freund und Bruder, das war eine schöne Geschäftsbescherung von deiner Seite an meine angeborene Dummheit! Nun weiß ich wirklich nicht: bin ich ein Narr – oder sind es die da drinnen, die nun die Türe von uns scheidet.
[BM.01_029,02] Die haben im Grunde eine noch größere Furcht vor dir als die früheren und halten dich im Ernste nicht nur für den einstigen Religionsstifter Jesus, sondern auch für das allerhöchste Gottwesen selbst, und das mit einer Art philosophischer Konsequenz, der man gerade keine Berge von Gegenbeweisen entgegenstellen kann.
[BM.01_029,03] Sage mir auch du, liebster Freund, was an der Sache so ganz eigentlich gelegen ist? Woher mag es doch kommen, daß diese armen Seelen oder Geister von dir einen so sonderlichen Begriff haben? Ich sehe nun auch wirklich die bekannten Wundmale an deinen Händen und Füßen und bin beinahe außer Zweifel, daß du der einstige Heiland Jesus bist; aber Gott? Jesus und Gott zugleich? Das – erlaube mir – ist etwas zu viel!
[BM.01_029,04] Und doch behaupten die da drinnen das keck weg! Woher also haben denn diese einen solchen Begriff von dir eingesogen? Sollten sie etwa am Ende doch noch recht haben? Das wäre mehr als zuviel für eine arme Seele, wie da die meinige ist! Freund, wenn das im Ernste, mir freilich wohl unbegreiflichst der Fall wäre, da wüßte ich selbst vor Angst und Schrecken mir nicht zu helfen! O Freund, nun noch immer Freund – gib mir doch darüber einen beruhigenden Aufschluß!
[BM.01_029,05] Rede Ich: „Freund und Bruder, du warst doch selbst Bischof auf der Welt und hast Jesus, den Gekreuzigten, gepredigt und seine Gottheit sogar in den kleinsten Hostienpartikeln bewiesen! Siehe, alle diese hier nun in unserm Gewahrsam Befindlichen, die wir aus den Flammen gerettet haben, sind Schafe deines Sprengels und Jünger deiner Lehre!
[BM.01_029,06] Warum hast du sie auf der Welt denn so gelehrt, wenn dir nun das als Unsinn vorkommt, was sie als Schüler deiner Schule behaupten? Reden sie Unsinn – Frage: ,Wessen ist er?‘ Reden sie aber weise – Frage: ,Was bleibt dann ihrem einstigen Lehrer für Ruhm, so er nun seine eigene Lehre in seinen Schülern bekämpfen will und auch wirklich bekämpft?‘ Ich meine, bei dieser Gelegenheit würde für ihn auch der Unsinn offenbar!
[BM.01_029,07] Siehe, Ich bin wirklich Jesus, der Gekreuzigte! Und in diesem Bruder habe Ich die Ehre, dir den wirklichen alten Petrus vorzustellen, auf dessen angenommenem Stuhle die Bischöfe Roms sitzen und herrschen: freilich nicht in der Ordnung dieses wirklichen Petrus, sondern in der Ordnung jenes Petrus, den sie sich selbst erdichtet haben, wie sie ihn zu ihren materiellsten Zwecken am besten brauchen konnten. Nun weißt du, wer Ich und dein erster Führer sind; das Weitere werden dir deine eigenen Jünger zeigen!
[BM.01_029,08] Ich sagte aber einst, daß die Kinder der Welt klüger sind denn die des Lichts. So du dich aber schon für einen Sohn des Lichtes gleich einem Herrscher Chinas hältst, so gehe hin zu deinen Schülern, die da reine Weltkinder sind, und lerne von ihnen Klugheit wenigstens, so dir ihre Weisheit schon durchaus nicht munden will und mag!“
[BM.01_029,09] Spricht Bischof Martin : „O Freund, du bist wohl der Jesus, der sich als Sohn des Allerhöchsten verkündete und verkünden ließ – wo aber ist der Allerhöchste? Wo ist der allmächtige, ewige Vater? Wo dann der aus beiden hervorgehende Heilige Geist, so wir schon auf das Dogmatische zurückgehen wollen und beseitigen das Licht der reinen Vernunft?“
[BM.01_029,10] Rede Ich: „Was steht im Evangelium geschrieben? Siehe, da heißt es: ,Ich und der Vater sind eins; wer Mich sieht, der sieht auch den Vater!‘ Wenn du glaubst, was fragst du da weiter, so du Mich siehst? Glaubst du aber nicht, was fragst du? Bleibe, wie du bist, und Ich auch, wie Ich bin, und Ich meine, wir werden einander doch nicht in die Augen fahren?
[BM.01_029,11] Da drinnen aber sind deine Schüler. Gehe hinein zu ihnen und lerne von ihnen Meine Lehre von neuem. Dann komme wieder, auf daß Ich sie dir hernach erkläre!
[BM.01_029,12] Denn Ich, der wirkliche Heiland Jesus, sage dir hier in Meinem ewigen Reiche, daß du ein unsinniger Geist bist und erkennst nicht Meine übergroße Liebe, die Ich zu dir habe. Ich trage dich auf den Händen, und du bist noch immer taub und blind! Ich gebe dir das Brot des Lebens, und du verzehrst es wie ein Polyp, ohne auf die innere Wirkung zu achten, die es doch bei diesen Sündern plötzlich hervorgebracht hat!
[BM.01_029,13] Du bist wohl einer, der mit offenen Augen und Ohren nichts sieht und hört. Welche wunderbarsten Begebnisse habe Ich um dich her geschehen lassen, und du fragtest nicht: ,Wer ist Der, dem Meere und Winde gehorchen?‘
[BM.01_029,14] Darum gehe noch einmal zu diesen deinen Jüngern und lerne von ihnen Den erkennen, den du bis jetzt noch stets dir gleich gehalten hast! Es sei!“

30. Kapitel – Zwiegespräch zwischen dem Rationalisten Martin und dem weisen Lichtmanne über die Gottheit Jesu.

[BM.01_030,01] Bischof Martin macht ein noch verblüffteres Gesicht, tut aber dennoch sogleich, was Ich ihm nun notwendig etwas ernster angeraten habe.
[BM.01_030,02] Als er wieder zu den Geretteten kommt, erstaunt er, daß er sie nun schon ganz verändert antrifft. Ihre Züge sind verjüngt und veredelt, und ihre früher beinahe nackten Leiber sind mit blauen Kleidern angetan, die um die Lenden mit einem purpurroten Gürtel an den Leib in vielen reichen Falten angeschmiegt sind. Unter der Gesellschaft entdeckt er eine erhabenere Mannsgestalt mit einem glänzend weißen Hut auf dem Haupte, unter dem reiche, goldblonde Locken herumwallen bis über den halben Rücken.
[BM.01_030,03] Dieser schöne Mann geht sogleich auf unseren Bischof Martin los und fragt ihn: „Freund, du bist schnell wieder zu uns zurückgekehrt! Hast du an dem allererhabensten Meister und Herrn dieses Hauses das gefunden, auf das wir alle dich aufmerksam gemacht haben? Ist Er das? Ist Er Jesus, der Herr Himmels und der Erde natürlich und geistlich, zeitlich und ewig?“
[BM.01_030,04] Spricht Bischof Martin: „Jesus, – ja, ja, das ist er wohl. Aber mit der Gottheit – da scheint die Sache noch nicht ganz im Reinen zu sein. Ich meine, mit der Annahme, daß Jesus auch wirklich Gott ist, sollte man doch etwas behutsamer zu Werke gehen. Denn wenn er es am Ende doch nicht wäre und dem allerhöchsten Wesen mißfiele solch eine Annahme? – könnte sein, daß Es uns dann verdamme, zu seiner Zeit, wie Es dies schon mit vielen Völkern der Urzeit getan hat, die gewagt haben, neben Ihm an mehrere Götter zu glauben. Was täten wir dann samt unserm guten Herrn Jesus?!
[BM.01_030,05] Denn bei Moses heißt es ein für allemal: ,Du sollst nur an einen Gott glauben und sollst dir weder ein geschnitztes Bild machen und es anbeten, noch sollst du wem andern als allein Mir die Ehre geben. Denn Ich bin der alleinige Herr und Gott, der Himmel und Erde gegründet hat und alles, was darauf und darinnen ist, lebt und atmet!‘
[BM.01_030,06] Moses spricht wohl sehr dunkel von einem Erlöser, der die Völker vom harten Joch der alten Knechtschaft befreien würde. Aber daß Jehova selbst in diesem Erlöser zur Erde herabsteigen würde, davon steht im ganzen Moses keine Silbe. Daher ist diese eure Annahme etwas zu schnell; da heißt's alles genau prüfen und wohl erwägen, was man tut.
[BM.01_030,07] Haltet Moses und Jesus gegeneinander, so werdet ihr es selbst finden, wie schwer, ja wie beinahe ganz unmöglich sich die Gottheit Mosis mit der Gottheit in Jesus vereinigen läßt. Dieses schärfsten mosaischen Gottesgesetzes wegen hat ja schon Moses selbst auf Gottes Geheiß die Todesstrafe gesetzt: so jemand dadurch Gott lästern möchte, daß er entweder einem Götzen opferte, oder einen Zauberer, einen Propheten oder irgendeinen andern Helden für die Gottheit hielte! Ein Grund, der auch Jesus an das Kreuz brachte, obschon er über seine vorgeblich göttliche Sendung im Angesichte der Schriftgelehrten sich stets nur in dunklen Bildern auszudrücken pflegte.
[BM.01_030,08] Es ist auch sehr schwer einzusehen, warum die Gottheit durch Moses mit solchem Himmelspompe eine Kirche gegründet hätte für oft ausgesprochene ewige Zeiten – wenn diese Kirche dann mit Jesus als derselben Gottheit gegen ihre oftmalige Verheißung einen vollen Garaus bekäme!
[BM.01_030,09] Darum, liebe Freunde, ist eure vorschnelle Annahme der Jesusgottheit etwas sehr Kitzliges und Delikates hier in der Geisterwelt.
[BM.01_030,10] Ich sehe wohl, daß euch wahrscheinlich diese eure Annahme in diesem Jesushause schnell in einen bessern Zustand versetzt hat durch ein kleines Hauswunderchen. Aber daß ich euch darob bis jetzt noch nicht im geringsten beneide, dessen könnet ihr völlig versichert sein. Denn ich bleibe immer bei dem Grundsatze: ,Wer zuletzt lacht, der lacht am besten!‘“
[BM.01_030,11] Spricht der große Mann mit dem strahlenden Hute: „Freund, alles, was du hier geredet hast, kenne ich so gut wie du. Und dennoch bedaure ich dich ob deiner Blindheit und befürchte sehr, daß du nach deiner Meinung je zuletzt lachen wirst. Ich und diese ganze Gesellschaft aber denken also:
[BM.01_030,12] Jesus, dessen Ankunft alle Propheten gleich vorausgesagt haben, von dem David singt: ,Also spricht der Herr zu meinem Herrn!‘ oder: ,Also spricht Gott der Herr zu Sich Selbst: Setze dich zu Meiner Rechten, bis Ich alle Feinde lege zum Schemel deiner Füße!‘, und: ,Machet die Tore weit und die Pforten hoch, auf daß der Herr der Herrlichkeit, auf daß Jehova einziehe in unsere Stadt, in die heilige Stadt Gottes, in Seine Stadt!‘; –
[BM.01_030,13] Jesus, dessen Geburt nach der einstimmigen Erzählung der Evangelisten voll Wunder war, ja dessen ganzes Leben eigentlich sich als ein ununterbrochenes Wunder darstellte; –
[BM.01_030,14] Jesus, der in Seiner Lehre nur zu oft klar zeigte, wer Er war in Seinem innersten Wesen, und der einen der zehn Gereinigten fragte, als dieser zurückkam und Ihm die Ehre gab: ,Wo sind denn die andern neun, daß sie auch herkämen und Gott die Ehre gäben?‘; –
[BM.01_030,15] Jesus, der aus eigener Macht am dritten Tage aus dem Grabe erstand und hernach noch bei 40 Tage auf der Erde umherging und sie, Seine Schüler, unterrichtete, darauf vor tausend gläubigen Augen in die Himmel aufstieg und bald darauf den Geist der ewigen Kraft, Macht, Liebe und Weisheit aus den Himmeln auf die Seinen niederwehen ließ; –
[BM.01_030,16] Jesus, von dem Johannes das erhabenste Zeugnis gibt, sowohl in seinem Evangelium wie auch in seiner hohen @!#$:
[BM.01_030,17] Sage, Freund, ist es dir wohl noch möglich, diesen Menschen aller Menschen für nicht mehr als bloß nur für einen ganz gewöhnlichen Weltweisen zu betrachten? –
[BM.01_030,18] Schau, Freund, ich will dir etwas recht Dummes sagen. Aber es scheint mir doch weiser zu sein, als was du sagst: Ich meine, wenn Gott der Herr nicht das Menschliche angenommen hätte, um auch von uns Menschen, Seinen Geschöpfen, gesehen zu werden, wozu wohl hätte Er uns erschaffen? Für sich nicht! Denn was hätte Er davon, so wir Ihn nie zu Gesicht bekämen und vollauf liebten? Und wozu wäre uns ein Leben ohne einen erschaulichen Gott? Denke darüber nach, vielleicht wird's dir dann doch etwas heller in deinem Verstande werden!“
[BM.01_030,19] Bischof Martin spricht: „Laßt mich nun ein wenig in Ruhe; ich werde deine ziemlich hellen Worte ein wenig tiefer beherzigen!“
[BM.01_030,20] Nach einer ziemlich langen Pause fängt Bischof Martin wieder zu reden an und spricht: „Freund, ich habe nun deine Worte nach allen mir denklichen Seiten erwogen und sehe nur stets mehr das Gegenteil von dem, was du ehedem behauptet hast. Dessenungeachtet aber bin ich nicht hartnäckig und will aus ganzem Herzen gerne deiner Meinung beipflichten, so du mir einige meiner Fragen zu meiner Zufriedenheit beantwortest.“

P,.:`#.:,,S



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Eva S.
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Beiträge: 6549
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New PostErstellt: 05.09.04, 02:08  Betreff: Re: Die Neuoffenbarung von Lorber/ KOSMOS  drucken  weiterempfehlen

Hallo Pegus,

die Sache mit dem Bischof hört sich interessant an. Ich muss mir Deinen sehr langen Beitrag erst einmal in Ruhe durchlesen.

Noch einen schönen Sonntag.

Liebe Grüsse,
Eva

"Wenn eine freie Gesellschaft den vielen, die arm sind, nicht helfen kann, so kann sie auch jene nicht retten, die reich sind" John F. Kennedy
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Pegus
Mitglied

Beiträge: 1672
Ort: Austria


New PostErstellt: 07.09.04, 21:35  Betreff: Re: Die Neuoffenbarung von Lorber/ KOSMOS  drucken  weiterempfehlen

Hey Eva - Grüsse retour, Seltsam? Habe Dir schon Montag auf die Grüsse vom Sonntsg (Deine an mich) RE geschrieben. Heute, war diesser Eintrag noch Präsent jetzt ist er futsch. Dann wundere ich mich, dass wie hier (bei diesser langen Geschichte) noch immer auf Seite 3. sind! Aja, habe noch dazugeschrieben, dass Bischofs Martin Reise noch nicht zu Ende ist, lol....
LG. Pegus

P,.:`#.:,,S


[editiert: 07.09.04, 21:42 von Pegus]



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