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Gedanken zu Ostern

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Eva S.
Administrator

Beiträge: 6549
Ort: bei München


New PostErstellt: 29.03.05, 04:25  Betreff: Gedanken zu Ostern  drucken  weiterempfehlen

Hallo @ll,

wenn auch Ostern dieses Jahr vorbei ist, möchte ich noch einen Artikel aus dem Münchner Merkur vom Osterwochenende hier hereinstellen, der meiner Ansicht nach sehr zum Nachdenken anregt:


Gedanken zu Ostern / Reportage

Das Leben ist voller Auferstehungen

Von SUSANNE BREIT-KESSLER*)

In einem kleinen, pfiffigen Münchner Filmmagazin heißt es in der Besprechung des neuen Sophie Scholl-Films:

„Es geht um Angst, Einsamkeit, Tod, aber auch um Mut, Willenskraft und Selbstvertrauen. Also eigentlich irgendwie um ganz prinzipielle moralische Grundsätze, die ein bisschen aus der Mode gekommen sind. Wenn man auch noch das Wort .Glaube' hinzufügt, was ebenfalls megaout ist, wird's manchem richtig unangenehm." Ein Teil des Zeitgeistes ist damit trefflich analysiert. Aber nur ein Teil - das zeigt die Besprechung selbst, die am Schluss „allen obercoolen Kids und sämtlichen abgebrühten Kulturfuzzis" wünscht, dass sie „zum Denken kommen über das ganze prinzipielle Zeugs" wie Leben, Mut, Glaube und Menschlichkeit. Sehr gut zu lesen. Am besten, sich daran halten.

Gelebter Glaube wichtiger denn je

Vor 60 Jahren war der zweite Weltkrieg zu Ende, die KZ's wurden befreit - nach Jahren unvorstellbarer deutsch-nationalsozialistischer Grausamkeit. Die evangelische Kirche musste und wollte ebenfalls vor 60 Jahren bekennen: „Wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben." Das, was jetzt gelegentlich megaout scheint, hätte es dringend gebraucht.

Ein Blick auf die Gegenwart zeigt, dass passioniert gelebter Glaube auch heute von Nöten ist - um das heulende Elend und die haarsträubende Ungerechtigkeit in dieser Welt wenigstens anzupacken, um mit den menschlichen und sozialen Problemen ansatzweise fertig zu werden, die inzwischen längst bei uns zu Hause sind. Gleich abschminken sollte man sich das Bild eines christlichen Gutmenschen, der sofort souverän weiß, was zu tun oder zu lassen ist. Glauben hat etwas mit Reifen zu tun, mit Erwachsenwerden - und das dauert eben manchmal seine Zeit. Dieser Prozess muss immer und immer wieder durchlaufen werden, gleich wie alt man ist.

Man sehe sich nur einmal die biblischen Geschichten von Petrus an, der gut mit seiner persönlichen Entwicklung zu tun hat. Der Fels, wie man den Apostel nennt, ist regelmäßig der Überzeugung, er sei Herr der Lage. Weit gefehlt. Einmal etwa will er es wagen, bei windigem Wetter über den See zu gehen. Schönes Sinnbild dafür, dass einem zwar manchmal das Wasser bis zum Hals steht, aber die Wogen nicht über einem zusammenschlagen müssen. Petrus wandert über Wellen. Dann mittendrin, spürt er die raue Luft der Wirklichkeit und kriegt Angst. Prompt versinkt er, geht beinahe baden. Das kann passieren, wenn man irrigerweise denkt, dass man gottgleich durchs Leben kommt und über allen Dingen steht.

Petrus, der gerne das große Wort führt, verliert einmal mehr den Boden unter den Füßen. Der Fels muss erkennen, dass es mit seiner Macht allein nicht getan ist. Eine schöne Übung in kritischer Selbstwahrnehmung und Selbstzweifel.

Wer zweifelt, ist kein Fanatiker

Das schöne daran ist: Wer zweifelt, kann kein Fanatiker sein. Nichts als selbstverständlich oder unfehlbar hinzunehmen setzt kritisches Denken voraus und ist notwendige Vorstufe eigener Erkenntnis. Aber es kommt noch schöner. Gott, so wird erzählt, ist geduldig, wartet, kommt einem entgegen. Jesus streckt dem sinkenden Petrus die Hand entgegen und zwickt ihn, nicht ohne Humor, ein klein wenig auf: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?" Eine Antwort braucht es nicht. Beide steigen wieder ins wartende Boot, Wind und Aufregung legen sich.

Ein andermal kündigt Jesus den eigenen Tod an. Er weiß, dass Menschen das pure Leben oft schwer ertragen können und aus dem Weg räumen, was sie ernsthaft mit sich selbst und ihren Umgang mit anderen konfrontiert. Petrus will die Realität von Leiden nicht wahrhaben, will es vermeiden und wird richtig grob zu Jesus. Wieder muss er dazulernen. Der gütliche Freund staucht ihn zusammen, bezeichnet ihn sogar als Satan, als personifizierte Versuchung eines sorglosen Gut-Drauf-Seins. Petrus muss begreifen: Glaube ist nicht Religion „light", zusammengestopselt aus allem, was gefällig und bequem ist. Ein gläubiger Mensch tut sich nicht leicht, weil er ständig Hirn und Herz in Betrieb hat, um nachzudenken, um zu spüren was los ist – und weil er konsequent sein muss, wenn er etwas als wahr und richtig erkannt hat. Das steigert die Beliebtheit nicht immer.

Gewalt ist kein Königsweg

Petrus, der feuereifrige Jünger, haut also gelegentlich daneben – nur dann nicht, als er einem Knecht des Hohenpriesters das Ohr abschlägt. Das mag man sympathisch finden, weil er so seinen Glauben verteidigen will. Aber Jesus pfeift ihn erneut zurück: Gewalt ist kein Königsweg. Es muss anders gehen – manchmal so, dass einer oder viele schwere Last auf sich nehmen, um dem Frieden zu dienen. Es scheint, als hätte Petrus nun endgültig verstanden, dass ein Mensch stets um die Einsicht ringen muss, was ihm selbst und dem Nächsten dient.

Glaube bietet Entlastung

Aber dann, trotz seiner vollmundig vorgebrachten Ankündigung, Jesus „nie nie nie" zu verlassen, verleugnet er ihn drei Mal. Und danach kräht der Hahn. Dieser Petrus wird zu einer führenden Gestalt in der Urchristenheit. Schwach? Nein, stark. Glaube bietet Entlastung in einer Welt der Möchtegern-Superstars, die irgendwo raus oder reingeholt werden wollen. Petrus ist ein exzellentes Beispiel für die Notwendigkeit der Menschwerdung.

Jeder Einzelne, jede Institution, Kirche, Politik, die ganze Gesellschaft muss immer wieder durchbuchstabieren, was es heißt, eben nicht der Versuchung von Arroganz zu erliegen, selbstherrlich und überheblich zu agieren. Der nie abgeschlossene gläubige Reifeprozess eines Petrus oder einer Petra besteht darin, sich selbstkritisch in vergnügter Demut, in Respekt gegenüber anderen und in wohl überlegter Nüchternheit zu üben.

Petrus veranstaltet am Ostertag ein Wettrennen mit einem anderen Jünger zum leeren Grab, verliert und ist doch einer der ersten Männer, die es nach den Frauen kapieren: Erwachsen werden, Reifen im Glauben, das führt von den Abgründen und Tiefen auch ganz persönlicher Karfreitage hin zu Ostern, einem Leben voll überraschender Auferstehungen...

*) Susanne Breit-Keßler ist Regionaibischöfin und Oberkirchenrätin im Kirchenkreis München


Liebe Grüße,
Eva

"Die Weisheit eines Menschen misst man nicht an seiner Erfahrung, sondern an seiner Fähigkeit, Erfahrungen zu machen" George Bernhard Shaw
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