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Pegus · Mitglied Beiträge: 1672

Wie Rom die Irak-Geiseln freikaufte

Von unserem Mitarbeiter OLIVER MEILER (Die Presse) 31.01.2006

Ein Dossier der italienischen Polizei beweist, dass die Regierung Lösegeld zahlte.

ROM. Die Dementis des italienischen Premiers und der Minister klangen nie sehr überzeugend. Wer konnte es Silvio Berlusconi & Co. schon verdenken: Die verbündeten Amerikaner und Briten weigerten sich stets, Lösegeld zu bezahlen und verlangten dies auch von ihren Juniorpartnern in Irak. Doch nun berichtet "La Repubblica", Rom habe in den letzten zwei Jahren seine Geiseln im Zweistromland sehr wohl freigekauft.

Und zwar allesamt: die Bodyguards Umberto Cupertino, Stefano Agliana und Savatore Stefio, deren Kollege, Fabrizio Quattrocchi, umgebracht worden war; die Hilfswerks-Mitarbeiterinnen Simona Torretta und Simona Pari sowie die Journalistin und Pazifistin Giuliana Sgrena. Die Italiener hätten auch für die Freilassung des Reporters Enzo Baldoni bezahlt, wenn die Entführer diesen nicht vorher hingerichtet hätten.

Zu diesem Schluss kommt laut "Repubblica" eine Sondereinheit der Carabinieri. Die Zeitung zitiert aus einem geheimen Rapport der Heerespolizei. Zentral für deren Ermittlungen war ein abgehörtes Telefongespräch zwischen einem irakischen Verbindungsmann und dem italienischen Mediator bei allen Verhandlungen und Befreiungen - dem damaligen Chef des italienischen Roten Kreuzes, Maurizio Scelli.

Der Iraker rief Scelli an und kommentierte die angebliche Lösegeldforderung für die Freilassung der mit einem Iraker verheirateten Britin Margaret Hassan: "Warum sollen für eine einzige Frau zehn Millionen Dollar bezahlt werden, wenn für beide Mädchen fünf Millionen reichten?" Mit den "Mädchen" waren die beiden Simonas gemeint. Die Briten ließen sich nicht auf eine Verhandlung ein, worauf Margaret Hassan umgebracht wurde.

Fünf Millionen Dollar - auf dem Basar der Geiseln war das offenbar der Grundtarif. Einer von Sgrenas Entführern sprach nach seiner Verhaftung von einer "gewaltigen Summe", die bei der Freilassung die Hände gewechselt hätte.

Skeptisch stimmt die Carabinieri, dass die Regierung über Scelli und Geheimdienstagenten immer zur selben Person Kontakt gehabt habe: Scheich Abdel Salam al-Kubaissi, Mitglied des sunnitischen Geistlichenrats. Die Ermittler glauben, der Scheich habe eine aktive Rolle bei den Entführungen gespielt: Er sei deren Regisseur gewesen, der sich dann als "Kanal" zu den Kidnappern angeboten hätte.

Jedenfalls waren Italiener in der "florierenden Industrie der Entführungen" eine besonders beliebte Beute: Die Kidnapper wussten, dass Rom zahlen würde.

Grüsse Pegus