Dilla´s & Eva´s grenzwissenschaftl. & polit. Forum
Grenzwissenschaft/ Politik/ Konv. Wissenschaft/ Kabbalistik

Forum für Grenzwissenschaft, Politik, Zeitgeschehen, Soziales, Paläoseti, Paranormales, Quantenphysik, alternative und konventionelle Archäologie, Weltraumforschung, Natur, Umwelt, Religions- und Bibelfoschung, Kabbalistik, Nostradamus u. v. m.

 
Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge MembersMitglieder SucheSuche HilfeHilfe StatStatistik
VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender
Aufstieg und Fall unserer Konsumkultur

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
lilu
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 28.04.10, 21:26  Betreff: Aufstieg und Fall unserer Konsumkultur  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Allein im Jahr 2008 kauften die Menschen auf der ganzen Welt 68 Millionen Fahrzeuge, 85 Millionen Kühlschränke, 297 Millionen Computer und 1,2 Milliarden Mobiltelefone. Der ökologische Fußabdruck der gesamten Menschheit hat schon im Jahr 1985 die Biokapazität der Erde überschritten. Seit 25 Jahren lebt die Menschheit also über ihre Verhältnisse, heute nimmt die Menschheit an Ressourcen und Dienstleistungen 1,3 Erdbälle in Anspruch, das heißt, das die Kapazitäten der Erde um ein Drittel mehr genutzt werden, als diese hergibt. Wenn wir die Zukunftsfähigkeit des Planeten erhalten wollen, gilt es also, das kulturelle Muster des Konsumismus durch eine Kultur der Nachhaltigkeit abzulösen

Die Klimakatasrophe

In einer bestimmten Ökosystemleistung sind die Veränderungen ganz besonders beunruhigend: der Klimaregulation. Nachdem die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in den letzten tausend Jahren mit etwa 280 ppm (parts per million) konstant geblieben war, sind es heute 385 ppm, verursacht durch die wachsende Bevölkerung, die immer mehr fossile Brennstoffe verbraucht, immer mehr Fleisch isst und immer mehr Land in landwirtschaftlich genutzte oder städtische Fläche verwandelt. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) kam zu dem Schluss, dass der durch den Menschen hervorgerufene Klimawandel erhebliche Störungen in den Systemen der Erde verursacht. Werden die Treibhausgasemissionen nicht gedrosselt, wird das im kommenden Jahrhundert verheerende Auswirkungen haben.

Eine Studie aus dem Mai 2009, die das vom Massachusetts Institute of Technology entwickelte Integrated Global Systems Model nutzte, kam zu dem Ergebnis, dass ohne baldige einschneidende Maßnahmen der durchschnittliche Temperaturanstieg bis 2100 bei 5,1 Grad Celsius liegen würde, mehr als doppelt so viel, wie das Modell 2003 errechnet hatte. Eine Studie aus dem September 2009 bestätigte das und stellte fest, dass »business as usual« bis 2100 zu einem Temperaturanstieg um 4,5 Grad Celsius führen würde und dass selbst, wenn alle Länder bei ihren ehrgeizigsten Zielen zur Reduktion von Treibhausgasen bleiben würden, die Temperaturen noch immer um 3,5 Grad Celsius ansteigen würden. Mit anderen Worten: Die Politik allein kann es nicht leisten. Unerlässlich ist eine umfassende Veränderung in der Gestaltung der menschlichen Gesellschaften.

Bevölkerungswachstum

Hinzu kommt, dass die Bevölkerung bis zum Jahr 2050 wahrscheinlich um weitere 2,3 Milliarden Menschen wachsen und selbst bei effektiven Strategien der Begrenzung dieses Wachstums vermutlich noch immer um 1,1 Milliarden zunehmen wird. Darum ist klar, dass die Veränderung der Technologie und die Stabilisierung der Bevölkerungszahl für die Schaffung nachhaltiger Gesellschaften zwar unabdingbar ist, dass aber beides folgenlos bleiben wird ohne beträchtliche Veränderungen in den Konsummustern, wozu auch die Reduktion oder gar das Ende der Nutzung bestimmter Güter gehört, wie Autos und Flugzeuge, die für viele heute zu wichtigen Bestandteilen ihres Lebens geworden sind. Eingefahrene Gewohnheiten – von den Wohnorten der Menschen bis zu dem, was sie essen – müssen geändert und in manchen Fällen vereinfacht oder heruntergefahren werden. Aber die Menschen werden einen solchen Wandel nicht gern vollziehen, weil ihre gegenwärtigen Gewohnheiten bequem sind und ihnen »natürlich« erscheinen – zu einem großen Teil, weil man sie hartnäckig und methodisch so bearbeitet hat, dass sie sie als natürlich empfinden. Bei den Überlegungen, wie man Gesellschaften auf den Weg in eine nachhaltige Zukunft lenken kann, ist es wichtig zu bedenken, dass menschliche Verhaltensweisen, die für moderne kulturelle Identitäten und wirtschaftliche Systeme eine zentrale Bedeutung haben, nicht ganz und gar der Kontrolle der Verbraucher unterliegen. Sie werden systematisch durch ein dominantes kulturelles Paradigma verstärkt: den sogenannten »Konsumismus«.

Der Konsumismus in verschiedenen Kulturen

Um zu begreifen, was Konsumismus ist, muss man zunächst verstehen, was Kultur ist. Kultur ist nicht einfach nur Kunst oder Werte oder eine Glaubensordnung. Sie ist keine Institution, die neben den wirtschaftlichen oder politischen Systemen separat existiert. Eher ist sie alle diese Elemente zusammen – Werte, Glaubensüberzeugungen, Bräuche, Traditionen, Symbole, Normen und Institutionen; und sie schafft den allgemeinen Rahmen, der bestimmt, wie die Menschen die Realität wahrnehmen.

Letztlich wurzelt das menschliche Verhalten zwar in der Evolution und der Physiologie, wird aber vor allem durch die kulturellen Systeme gelenkt, in die die Menschen hineingeboren werden. Wie bei allen Systemen gibt es auch bei Kulturen herrschende Paradigmen, die sie steuern – gemeinsame Ideen und Anschauungen, die von den führenden kulturellen Akteuren und Institutionen und von allen Angehörigen der Kultur selbst über Generationen geformt und bestärkt werden. Das heute in großen Teilen der Welt und in vielen kulturellen Systemen herrschende kulturelle Paradigma ist der Konsumismus.

Der Konsumismus hat sich so tief seinen Weg in die menschlichen Kulturen gebahnt, dass es manchmal schwerfällt, ihn als kulturelles Konstrukt zu erkennen. Er scheint einfach natürlich zu sein. In der Tat aber sind die kulturellen Elemente – Sprache und Symbole, Normen und Traditionen, Werte und Institutionen – durch den in den Gesellschaften der Welt verankerten Konsumismus gründlich umgewälzt worden. »Verbraucher « ist heute in den 10 gebräuchlichsten Sprachen der Welt oft nur ein anderes Wort für Mensch, und vermutlich noch in vielen anderen Sprachen.

Der Konsumismus affiziert auch die Werte der Menschen. Die Überzeugung, dass größerer Wohlstand und wachsender materieller Besitz zur Erlangung eines guten Lebens unabdingbar sind, ist in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Ländern spürbar gewachsen. Eine jährliche Untersuchung von College-Erstsemestern in den Vereinigten Staaten hat mehr als 35 Jahre lang die Prioritäten der Studenten erforscht. In diesem Zeitraum hat die Bedeutung finanziellen Erfolgs zugenommen, während die Bedeutung einer sinnvollen Lebensphilosophie abgenommen hat. Und das ist kein auf Amerika beschränktes Phänomen. Eine Studie der Psychologen Güliz Ger und Russel Belk entdeckte in zwei Dritteln der zwölf untersuchten Länder eine große Bedeutung des Materialismus, darunter einige Schwellenländer.

(Fortsetzung nächster Post)



"Immer weigere ich mich, irgendetwas deswegen
für wahr zu halten,
weil Sachverständige es lehren, oder auch,
weil alle es annehmen.

Jede Erkenntnis muss ich mir selbst erarbeiten.
Alles muß ich neu durchdenken, von Grund auf,
ohne Vorurteile."

Albert Einstein (1879-1955)


[editiert: 09.01.12, 22:51 von Eva S.]
nach oben
lilu
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 28.04.10, 21:28  Betreff: Re: Aufstieg und Fall unserer Konsumkultur  drucken  weiterempfehlen

Die institutionellen Wurzeln des Konsumismus

Bis zum frühen 20. Jahrhundert war die konsumistische Orientierung zunehmend in vielen der maßgeblichen gesellschaftlichen Institutionen vieler Kulturen verankert – von Firmen und Regierungen bis hin zu Medien und Bildungsinstitutionen. Und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ermöglichten es neue Erfindungen wie das Fernsehen, ausgeklügelte Werbetechniken, transnationale Kooperationen, Franchising und das Internet, den Konsumismus über den ganzen Planeten zu verbreiten.

Der stärkste Motor dieser kulturellen Verschiebung waren natürlich Geschäftsinteressen. An den verschiedensten Fronten gelang es den Firmen, die Menschen zu noch mehr Konsum zu überreden. Das mächtigste Instrument der Firmen, den Konsum anzuheizen, ist vielleicht das Marketing. Die weltweiten Werbeausgaben betrugen im Jahr 2008 643 Milliarden Dollar, und in Ländern wie China und Indien steigen sie jährlich um 10 Prozent und mehr. Die Medien sind eine zweite wichtige gesellschaftliche Institution, die bei der Förderung des Konsumismus eine entscheidende Rolle spielt – und das nicht nur als Marketingvehikel. Sie sind ein einflussreiches Werkzeug zur Übermittlung kultureller Symbole, Normen, Gebräuche, Mythen und Geschichten. Mit dem Fernsehen, dem Kino und dem Internet sind die Medien zu einer vorherrschenden Art der Freizeitgestaltung geworden. Im Jahr 2006 hatten etwa 83 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zum Fernsehen und 21 Prozent zum Internet. Auch Regierungen bestärken oft eine konsumorientierte Haltung. Die Förderung des Konsumverhaltens erfolgt auf vielfache Weise – am deutlichsten wurde das vielleicht im Jahr 2001, als US-Präsident George W. Bush, der britische Premier Tony Blair und einige andere Führer der westlichen Welt ihre Bürger dazu aufriefen, nach den terroristischen Angriffen des 11. September loszugehen und zu kaufen. Schließlich spielen Bildung und Erziehung bei der Kultivierung des Konsumismus eine tragende Rolle. Wie bei den Regierungen hat das zum Teil auch hier damit zu tun, dass das Bildungssystem zunehmend dem Einfluss geschäftlicher Interessen unterliegt. Die amerikanischen Schulen zum Beispiel nehmen Lehrmaterial an, das indirekt durch Firmen gesponsert wird, wie etwa die »ausgewogenen« Materialien zu Energiefragen, die von Gruppen gestellt werden, die Ölfirmen in Kanada vertreten.

Die vielleicht größte Kritik an den Schulen muss der Tatsache gelten, dass sie die riesige Chance verpassen, den Konsumismus zu bekämpfen und die Schüler und Studenten über seine Wirkungen auf die Menschen und die Umwelt aufzuklären. Nur wenige Schulen lehren die Grundlagen der ökologischen Wissenschaften – insbesondere die Tatsache, dass die menschliche Gattung keineswegs einzigartig, sondern wie jede andere Spezies auch von einem funktionierenden Planeten abhängig ist, um überleben zu können. Die fehlende Integration dieses Basiswissens in die Schulcurricula, verbunden mit der ständigen Konfrontation mit Konsumgütern und Werbung und mit einer großenteils vor dem Fernseher verbrachten Freizeit, unterstützt die realitätsfremde Idee, dass der Mensch von der Erde getrennt und unabhängig, sowie die Illusion, dass ein ständig wachsender Konsum ökologisch möglich und sogar erstrebenswert wäre.


Die Entwicklung nachhaltiger Kulturen

Betrachtet man die sozialen und ökologischen Kosten, die mit dem Konsumismus entstehen, dann ist es sinnvoll, sich bewusst einem kulturellen Paradigma zuzuwenden, bei dem Normen, Symbole, Werte und Traditionen nur so viel Konsum zugestehen, wie er zur Bedürfnisbefriedigung und für das menschliche Wohlergehen notwendig ist. Gleich- zeitig sollte diese neue Weltanschauung die menschliche Energie motivieren, auch den Schutz unserer natürlichen Grundlagen zu gewährleisten.

Erstens sollte Konsum, der unmittelbar dem Wohlergehen schadet, aktiv behindert werden. Beispiele dafür gibt es viele: der Konsum vielfach behandelter Nahrung und von Junk Food, Tabakgenuss, Wegwerfwaren und riesige Häuser, die zu Zersiedlung und Abhängigkeit vom Auto und zu Fettsucht, gesellschaftlicher Isolation, langen Pendel wegen und höherem Ressourcenverbrauch führen.

Zweitens wird es wichtig sein, den privaten Konsum von Gütern durch den öffentlichen zu ersetzen oder aber möglicherweise Konsum zu minimieren bzw. ganz einzustellen. Indem man mehr öffentliche Parks anlegt, mehr Bibliotheken baut, die Transportsysteme und gemeinschaftlichen Gärten ausbaut, kann vieles vom heutigen nicht nachhaltigen Konsum durch nachhaltige Alternativen ersetzt werden – angefangen damit, dass man Bücher ausleiht und mit dem Bus statt mit dem Auto fährt, bis zum Anbau von Nahrung in Gemeinschaftsgärten und gemeinsam in Parks verbrachter Zeit.

Drittens müssen lebensnotwendige Güter so konstruiert werden, dass sie eine lange Lebensdauer haben und »Cradle to Cradle« sind – das heißt, die Produkte sollten Abfall vermeiden, erneuerbare Ressourcen nutzen und am Ende ihrer Verwendbarkeit komplett recyclingfähig sein. Wie Charles Moore feststellt, der den Weg des Plastikmülls durch die Weltmeere verfolgt hat, »produzieren nur wir Menschen Abfall, den die Natur nicht verdauen kann«, eine Praxis, der ein Ende gemacht werden muss. Die Erzeugung psychologischer wie physischer Veraltung muss erschwert werden, sodass zum Beispiel ein Computer für ein Jahrzehnt statt für ein Jahr funktional, aktualisierbar und modern bleibt. Statt von Freunden dafür gelobt zu werden, dass man das neueste Telefon oder die neueste Kamera hat, sollte man dafür beneidet werden, dass man einen »alten Getreuen « hat, der schon 12 Jahre hält.

Zeichen der Veränderung

Im Bereich der Bildung gibt es erste Anzeichen, dass alles sich ändert – von der Vorschule bis zur Universität, vom Museum bis zum Schulessen. Schon allein der Weg zur Schule und wieder nach Hause wird genutzt, um Kindern Nachhaltigkeit zu lehren, wie »Gehbusse« (»walking busses«) in Neuseeland, Italien und anderswo zeigen. Die grundlegende Rolle des Geschäftslebens beginnt sich ebenfalls zu ändern. Soziale Unternehmen stellen die Voraussetzung infrage, dass Profit der primäre oder gar einzige Zweck der Geschäftstätigkeit sei. Immer mehr Unternehmen – von der Grameen Bank in Bangladesch bis zu der thailändischen Restaurantkette Cabbages and Condoms – stellen ihre soziale Mission in den Mittelpunkt und helfen Menschen, während sie zugleich finanziell erfolgreich sind. Auf dem Feld der Politik gibt es ebenfalls einige innovative Veränderungen. Eine altehrwürdige Rolle von Regierungen, die man mit »Entscheidungssteuerung« bezeichnen könnte, bei der Regierungen gute Entscheidungen unterstützen und schlechte sanktionieren, wird genutzt, um nachhaltige Entscheidungen zu unterstützen – auf allen Gebieten, von der Infragestellung sinnloser und perverser Subventionen bis zur Verbannung nicht nachhaltiger Technologien wie der alten Glühbirne.

Neue soziale Bewegungen

Eine ganze Reihe sozialer Bewegungen bildet sich, die direkt oder indirekt Fragen der Nachhaltigkeit angehen. Zusammen haben sie die Kraft und die Macht, die Dynamik des Konsumismus umzuleiten und die Vision einer nachhaltigen Zukunft zu schaffen, die für jedermann attraktiv ist. Die Bemühungen, kürzere Arbeitszeiten und ein einfacheres Leben zu propagieren, die die Slow-Food-Bewegung, Transition Towns und Ökodörfer inspirieren, ermutigen die Menschen, ihr eigenes Leben und das der Gesellschaft unter dem Banner der Nachhaltigkeit zu führen. Wenn viele miteinander vernetzte Bürger Energie, Organisation und Hingabe für die Verbreitung eines nachhaltigen Lebensstils aufbringen, dann kann sich eine neue Kultur durchsetzen – eine, die es den Menschen erlaubt, heute und in weiter Zukunft ein besseres Leben zu führen.

Quelle: http://connection.de/


LG
lilu



"Immer weigere ich mich, irgendetwas deswegen
für wahr zu halten,
weil Sachverständige es lehren, oder auch,
weil alle es annehmen.

Jede Erkenntnis muss ich mir selbst erarbeiten.
Alles muß ich neu durchdenken, von Grund auf,
ohne Vorurteile."

Albert Einstein (1879-1955)
nach oben
Sortierung ndern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 1 von 1
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Layout © Karl Tauber