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Formentera-Forum
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rolf
Ehemaliges Mitglied
Ort: Düsseldorf
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Erstellt: 09.01.10, 22:55 Betreff: Hömma samma womma nomma ..
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eine homage an eine gelebte, erlebte, nicht sterbende sprachweise: kein anderer sprachgebrauch gibt die lebensart zusammengewürfelter menschen so wieder wie im pott!:
"Kleine" Vorgeschichte =================== Ich gebe zu, die Überschrift des Beitrags liest sich vielleicht wie die Aufzählung zweier Modelle aus dem früher als "das unmögliche Möbelhaus aus Schweden" gepriesenen Massenverkauf für Mobiliar, der das Herz des Heimbastlers mit Hang zum Inbusschlüssel-Provisorium höher schlagen lässt. "Am Samstach faahn wa nach IKEA!" Nein, kein IKEA-Schwedisch ist es, welches sich da präsentiert, sondern Deutsch. JA-WOLL! Deutsch. ;-) Kein gewöhnliches Deutsch, selbstredend, wenngleich oft als sehr gewöhnlich verkannt und mit "Prolltum" gleichgesetzt. Reines Hochdeutsch ist es nicht, und es ist auch kein reines Niederdeutsch, wenn es auch (mit-)entscheidend vom Niederdeutschen (auch "Platt" genannt) geprägt wurde, jedoch auch vom Polnischen und Jiddischen oder Französischen. Es ist nicht einmal als Dialekt anerkannt, eher als Mittelding zwischen Dia- und Soziolekt, zumal es lange Zeit in der Mundartenforschung völlig vernachlässigt wurde. Es klingt für manchen gewöhnungsbedürftig, und viele lachen darüber, wenn sie es hören.Ich nicht. Mir geht das Herz auf, wenn ich diesen Dia-/Soziolekt höre, denn ich stamme aus der Gegend, in der Ruhrdeutsch gesprochen wird. Man sagt uns "Ruhris" nach, wir seien gefühlsduselig, was unsere Heimat anbelangt, verklärten gern. Ich sehe das nicht so. Eher konträr, denn ich habe selten so viele Realisten kennengelernt wie hier im Ruhrgebiet. Wir wissen, dass es hier landschaftlich nicht so schön ist wie am Mittelrhein oder im Schwarzwald, gar in Italien oder auf den Malediven. Sicher nicht, denn das Ruhrgebiet ist nun einmal ein Industriegebiet. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass hier alles aschgrau wäre. Ich habe viele als schön gepriesene Städte kennengelernt, die in der Tat über einen bilderbuchhaft schönen Stadtkern verfügten. Der Rest war zwar nicht in allen, aber doch relativ vielen Fällen recht trist. Hier gibt es Grünflächen en masse, weil ja gerade die Bewohner eines Industriegebietes auch mal sehen müssen, wie Bäume, Sträucher und Gras, ganz zu schweigen von Blumen, aussehen. ;-) Ich staune selber immer wieder darüber, wie grün die Gegend hier ist. Die Zeit der Kohle ist lange vorbei. Kaum einer muss noch sagen: "Mudda, hol mich vonne Zeche, ich kann dat Schwatte nich mehr sehn!" ;-) Hier arbeitet kaum einer noch "au 'm Pütt", wovon zahlreiche verwaiste Zechen künden, deren Fördertürme und sonstige Anlagen peu à peu abgebaut oder aber umfunktioniert werden in Landschaftsparks, Kulturzentren oder gar Industriekulturzentren. ;-) Nicht schlecht, finde ich, obwohl ich doch manchmal die Zeiten des alten Kohlenpotts vermisse, zumindest die, die ich in meinen bis dato 37 Jahren miterleben durfte. Damals gab es noch kein derartiges Marketing wie heute. ;-) Ich weiß, ich klinge wie meine eigene "Omma" ... ;-))) Immerhin bleiben uns die Bergschäden an vielen Häusern, die ihre eigene Geschichte von der einst florierenden Bergbauindustrie erzählen. :-) Ebenfalls geblieben ist auf alle Fälle die Sprache, und die wird, wie oben schon erwähnt, häufig belächelt, die Nutzer werden als "Ballermannprolls" abgetan, die noch nichts von der Welt gesehen haben außer Ruhrgebiet, Ballermann, DomRep oder aber den Mittelrhein anlässlich einer Wochenend-Weinverkostung beziehungsweise -"abfüllung". Es lebe das Klischee! Aber das wird es auch ohne meine Beschwörung, denn nichts hält sich so hartnäckig wie Vorurteile und Klischees. Mal abgesehen vom Hausschwamm. Die Sprache des Ruhrgebiets ist plastisch und prägnant, wenngleich sie eine völlig eigene Grammatik zu besitzen scheint, die manchen Linguisten das weise Haupt schütteln lässt. Ich gebe zu, mich schüttelt es in schwachen Momenten selber, wenn ich Sätze höre wie: "Schacklinn, komma wacka bei die Omma (bei)!" ("Jacqueline, komm' doch mal zur Oma!")Wobei "Omma" mitnichten zu verwechseln ist mit "Omme". ;-) Wenn jemand im Ruhrgebiet sagt: "Ich geb' dich gleich eins aufe Omme!", hat das nichts mit verwandtschaftlichen Verhältnissen zu tun, sondern mit körperlicher Züchtigung der wirklich schmerzhaften Art. Lieber nicht provozieren. :-) War das Ruhrgebiet einstmals mit unzähligen "Malochern" bevölkert, kann heutzutage der von Glück sagen, der hier noch etwas zu malochen hat, denn die Arbeitslosenquote ist im "Revier" hoch. In Gelsenkirchen, meiner Heimatstadt, liegt sie bei etwa 26%. Es hat sich ausmalocht ... Doch zurück zum "Ruhrdeutsch". Was mich persönlich so für diese Sprache einnimmt, ist ihre rauhe Herzlichkeit, geprägt von sehr viel Gefühl, was sich Auswärtigen nicht unbedingt beim ersten ahnungslosen Hören erschließen mag, sofern sie überhaupt verstehen, was da gerade gesagt wird. ;-) Manch einer mag gleich Verrat und eine tiefe Ehekrise wittern, wenn ein Mann von seiner Angetrauten als "Oller" bezeichnet wird. Dabei ist das zumeist durchaus liebevoll gemeint, ebenso wie das Gegenstück "Olle". Zwaa gibbet au ma Knies, abba dat is ja noamaal, woll! ;-) Da wir gerade bei "dat" und "wat" sind: Als ich noch im Rheinland wohnte, bedauerten mich die Ureinwohner dieses herrlichen Landstrichs des öfteren ob meiner "niederen" Herkunft. ;-) Nicht mal richtiges Deutsch könnten die im Ruhrgebiet! Die würden immer "dat" und "wat" sagen - isset nicht komisch? ("Darf dat dat?" - "Dat darf dat!" - "Datt dat dat darf!" ;-) Ich saß immer grinsend daneben und hörte begeistert zu, wenn diese Leute ihre lebhaften Mitleidsbekundungen äußerten, gespickt mit viel "dat" und "wat", was ihnen gar nicht auffiel, mir jedoch sehr wohl. Ich machte dann bisweilen auch auf diesen Umstand aufmerksam, was jedoch immer entrüstet abgestritten wurde. Das könne gar nicht sein! Doch, das kann sehr wohl, da auch die Sprache im Rheinland (Nordrhein) vom Niederdeutschen geprägt wurde.Doch um das Rheinische soll es hier ja nicht gehen, auch wenn es durchaus einige Überschneidungen in dessen Wortschatz und dem des Ruhrgebiets gibt, was durch die geographische Lage begründet ist. Nun aber genug des Geplänkels, und auf zu einigen Beispielen des "Kohlenpott-Slang", wie manch Auswärtiger diese Mundart bezeichnet. ;-) Fremdsprachliche Einflüsse (Vokabular) =============================== Gegen Ende des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts kam es zu einer starken Zuwanderung von angeworbenen Arbeitskräften, unter anderem aus Polen. So ist es zu erklären, dass im Ruhrdeutschen viele polnische beziehungsweise generell slawische Einflüsse im Grundvokabular zu spüren sind. Der Hammer heißt hier nicht "Hammer", sondern "Mottek", und jeder versteht es, wenn man ihn heißt: "Gipp mich ma der Mottek!" "Schisskojenno!" ist ein Ausruf, den ich besonders liebe, denn ich empfinde ihn als besonders plastisch. Was dahintersteckt? Nun, ja ... "Vornehm" würde man ihn sicher mit: "Ist doch egal!" übersetzen. Weniger "vornehm" mit: "Sch..ß was drauf!" Auch "rabotti" zeugt von slawischer Herkunft: "Rabotti, rabotti!" sagt man hier gern, um jemanden zu schnellerem Arbeiten anzuhalten. Vergleichbar mit "Zack, zack!" "Auf Kobitschko" zu leben, wäre nicht so mein Ding. Ich bezahle lieber für das, was ich konsumiere und würde nicht gern "auf Pump" leben. Manchmal lässt sich so etwas aber sicher nicht vermeiden. ;-) Wird man als Frau hier als "Mattka" bezeichnet, darf man sich durchaus beleidigt fühlen. "Wat is dat denn für 'ne Mattka?!?" zeigt einem sehr schnell, dass die eigene Attraktivität in jeder Hinsicht nicht sonderlich ausgeprägt zu sein scheint, zumindest im Auge des Sprechers. ;-) Einige jiddische Ausdrücke sind im Ruhrgebiet ebenfalls alltäglich. "Tinnef" für billigen Kram, "Gannef" für Schlitzohr oder Gauner. "Masel" oder, wie hier meist geschrieben, "Massel" widerfährt einem, wenn man in einer Sache Glück gehabt hat. Und ich habe selten den Begriff "Chuzpe" für "Dreistigkeit" oder "Unverschämtheit" so oft gehört wie hier im "Revier".
Sogar ein dem französischen Sprachraum entstammendes, wenngleich doch arg "verunstaltetes" Wort fällt mir spontan ein: "Hasse widder Maläste mitte Aame?" ("Hast du wieder Beschwerden mit den Armen?" Hinter "Maläste" versteckt sich nichts anderes als das - allerdings arg gebeutelte - französische Wort "malaise", das für "Unwohlsein" steht.Wenn es hier auch nicht mehr so viele Gießereien gibt wie dazumal, zeigt die Sprache im Ruhrgebiet doch immer noch den "Schmelztiegel"-Charakter dieser Region. ;-) Zur Grammatik ==================Ja, hierzu könnte man sehr, sehr viel sagen ... ;-))) Ich möchte mich hier aber lediglich auf die wohl prominentesten Phänomene konzentrieren. Alles andere würde wohl den Rahmen sprengen. Auffallend ist, dass es hier, entgegen der korrekten Grammatik des Deutschen, eine Verlaufsform gibt wie im Englischen. Einige Beispiele sollen dieses Phänomen belegen:"Wat is los? Bisse am Nachdenken?" Der Satz kann auch wie folgt ergänzt werden: "Bisse am Nachdenken dran?" "Ich bin grad die Wohnung am Putzen.""Is der Vadder [oder: Vadda] am Schlafen?" Dieses Phänomen scheint sich aber mittlerweile innerhalb Deutschlands schon etwas weiter verbreitet zu haben, denn es ist mir auch schon außerhalb des Ruhrgebiets und Nordrhein-Westfalens begegnet. ;-)Ein weiteres ist das "Tu"-Phänomen, denn das Wort "tun" wird auffallend häufig benutzt: "Tu mich ma noch 'n Pilsken!" ist die Aufforderung, jemandem noch ein Bier (Pils) zu geben. "Tun" also in der Bedeutung des Verbs "geben". Hierzu fand ich etwas bei Wikipedia: "Tun leitet sich hier her vom Niederdeutschen doon = geben." (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ruhrdeutsch)Eine andere Weise, "tun" zu verwenden, zeigt "der Ruhri" im folgenden Beispiel: "Wat tuße mich so ankucken?" Das klingt doch wirklich gewöhnungsbedürftig, wenn man "von außerhalb" kommt, oder? ;-) Was ich besonders liebe, ist die Angewohnheit, auch Wörter zu beugen, die in der Hochsprache niemals gebeugt würden. "Das gelbe Kleid" ist ganz normal verständlich für jedermann. "Dat wecke Hemd" hingegen oder "der appe Knopp" führen schon einmal dazu, dass Nicht-Ruhris verständnislos dreinblicken, und ich kann es ihnen wirklich nicht verdenken. ;-) In der Hochsprache würde man eher einen Relativsatz anhängen, um auszudrücken, was im Ruhrgebiet von manchem mit "dat wecke Hemd" gemeint ist. "Das Hemd, das weg ist." Zu umständlich vielleicht. "Das verschwundene Hemd" wäre hier sicherlich eine weniger umständliche Wendung. "Der appe Knopp" ist demzufolge "der Knopf, der ab/lose ist". Und ein "appet Bein" zu haben, ist sicherlich nicht sehr erfreulich. "Die zue Tür" fällt mir auch noch ein, und ich könnte mich jedesmal "beömmeln", wenn ich solch eine Wendung höre. Nicht aus Schadenfreude, sondern weil ich diese falsche Anwendung einfach liebenswert finde. (Ich bin da aber auch voreingenommen ... ;-) ) Man ist halt pragmatisch hier. Wozu die ganzen Umstände, "et gippt Wichtigeret zu tun als 'rumsabbeln, ne!" ;-) Schon als Kind habe ich mich immer riesig gefreut, wenn unsere Nachbarin erzählte, sie sei "mit den Junge" beim Arzt gewesen. Da sich bei mir zu Hause die Nutzung des Ruhrdeutschen lediglich auf einige spezielle Begriffe beschränkte und ansonsten hochdeutsch gesprochen wurde und wird, war ich anfangs sehr erstaunt über die ruhrgebietsspezifische Behandlung der im Deutschen gebräuchlichen Kasus. So geht man dann nicht "mit dem Jungen", sondern "mit den Junge" zum Arzt. Würde man mit mehreren Jungen zum Arzt gehen, würde automatisch Folgendes daraus: "Ich war mit die Jungens beim Aazt" ;-))) Hierzu habe ich vor Jahren mal einen sehr treffenden Witz gehört: Ein bei der Bahn werktätiger Mann strebt eine Beförderung an und absolviert im Hinblick darauf einen Lehrgang. Seine Abschlussprüfung, die auf einem Verschiebebahnhof stattfindet, verläuft auch so weit zufriedenstellend, was auch einer der Prüfer anerkennend gegenüber dem Prüfling äußert: "Ja, das läuft ja alles ganz prima! Aber ... Sie sollten doch etwas auf Ihr Deutsch achten. Mir fiel auf, dass Sie vorhin zu den Arbeitern sagten: 'Ey, Jungs, kommt ma mit die Wagens!' Das ist doch falsch!" - "Ja,", sagt der Prüfling, "das weiß ich wohl. Aber stellen Sie sich doch nur vor, was passiert, wenn ich denen sage: 'Kommt mal mit den Wagen!' Dann bringen die doch nur einen!" ;-))) (Quelle: ein Bekannter, aber woher der den Witz hat, weiß ich leider nicht ... ;-) )Hier geht man "übrings" auch nicht ins Bett sondern "im Bett" ... ;-) Zur Aussprache =============Zu diesem Aspekt erfolgt nur ein kurzer Abriss, zumal mir auf Anhieb lediglich folgende Besonderheiten einfallen. [R] nach einem Vokal: Nehmen wir zum Beispiel das Wort "Wurst". Es wäre im Ruhrdeutschen ein grober Fehler, das "r" tatsächlich wie ein solches auszusprechen! Es heißt hier nicht "Wurrrst", sondern "Wuast". Aus "Gurke" wird "Guake", "wird" wird zu "wiad". Der Vokal vor dem "r" wird grundsätzlich als Langvokal behandelt. ;-)Das relativ geschlossene "e" wie in "werden" oder "ehrlich" mutiert zum "ä". "Sarret ährlich ..." ist der Titel eines Buches, das ich hinsichtlich einiger Beispiele in diesem Beitrag als Quelle benutzt habe. (Kanies, Helga: "Sarret ährlich ...", Komet MA-Service- und Verlagsgesellschaft mbH, ohne Erscheinungsdatum) Eine weitere Sprachbesonderheit zeigt sich in der Aussprache von [j]: Nein, man sagt nicht "jetzt", sondern "getz", nicht "Jerusalem", sondern "Gerusalem", und wer vor dem Essen ein Tischgebet sprechen möchte, tut dies so: "Komm, Herr Gesus, sei unser Gast [...]" Allgemeiner Sprachgebrauch (ein kurzer Abriss) ======================================== "Mamma ..." hat nichts mit der italienischen "Mamma" oder Müttern an sich zu tun. Es handelt sich um einen Imperativ, und zwar den Imperativ Singular. Auf Hochdeutsch würde man sagen: "Mach' mal ..." "Mamma dat Fenster los!" ist keine Aufforderung, das angesprochene Objekt aus den Angeln zu heben, sondern es einfach nur zu öffnen. Nicht wesentlich besser, doch auch weit verbreitet : "Mamma dat Fenster offen!" Dafür heißt es dann, nach vollbrachter Öffnung: "Dat Fenster is auf" oder eben auch: "Dat Fenster is los", was, siehe oben, jedoch nicht darauf hindeutet, dass das Fenster plötzlich ein Eigenleben entwickelt habe oder wildgeworden sei. "Mamma Lalla!" bedeutet: "Mach' doch bitte mal Musik an!""Ey" ist ein Ausdruck, der entweder am Anfang oder am Ende eines Satzes Verwendung findet und die Aufmerksamkeit des Angesprochenen wecken oder eine Bekräftigung des Gesagten darstellen soll. Bisweilen auch Füllwort. "Hömma" wird gern auch im Verbund als "Ey, hömma!" verwandt. Gemäß dem eingangs genannten Imperativbeispiel "Mamma" lässt sich leicht erkennen, dass es sich hier ebenfalls um den Imperativ Singular handelt, so dass der Begriff sich mit "Hör' mal!" übersetzen lässt."Sachma" oder "Samma": siehe "Mamma" und "Hömma" "Kannze ...", "Willze ..." deuten darauf hin, dass der Sprechende jemandem eine Frage stellt. Hier finden wir in grammatikalischer Hinsicht die zweite Person Singular, während die Frageeinleitungen mit "Kannst du ..." und "Willst du ..." ins Hochdeutsche zu übertragen sind."Hasse ...?" bedeutet demzufolge "Hast du ...?" Vergleiche auch "Bisse ...?" , wie zum Beispiel in der Frage: "Wat machße? Bisse am Aabeiten?" Man kann leicht erkennen, dass Ruhrdeutsch in gewisser Hinsicht eine recht ökonomische Sprache ist. Hier wird nicht lange gefackelt - wat gesacht wäaden muss, wiad gesacht, datt dat ma klaa is! Und das pragmatisch, praktisch, gut. Finde ich jedenfalls. ;-) Wer die Sprache versteht, weiß sofort, woran er ist und was von ihm erwartet wird. Also bitte keine Fenster oder gar Türen aus den Angeln heben, wenn man Euch auffordert, sie "los" zu machen. ;-)Einflüsse aus dem Niederdeutschen, wie bereits oben erwähnt, finden sich zahlreich: So wird hier zum Beispiel der Diminutiv, die Verkleinerungs- und Verniedlichungsform, nicht auf "-chen" oder "-lein" gebildet, wie es im Hochdeutschen gang und gäbe ist. Nein, hier heißt es "-ken". Einige Beispiele: "Dierken": Schon das Wort "Dier" an sich kommt aus dem Niederdeutschen und bedeutet "Tier", jedoch auch allgemein "Lebewesen". "Dierken" ist nun die verniedlichte Form und wird im Ruhrgebiet häufig als Bezeichnung für "kleines Mädchen" verwendet.Allseits bekannt ist das "Pilsken". ;-) "Döppken" bezeichnet ein kleines Kind, vergleiche auch "Dötzken".Ein "Bütterken" ist ein Butterbrot, ein "Bänksken" eine kleine Bank oder Fußbank. Hier zu beachten das Fugen-S, da sich "Bänkken" eher schlecht aussprechen ließe. "Kabäusken" oder "Kabüffken" bezeichnet ein kleines Zimmer oder einen kleinen Abstellraum."Vonn Hölzken auf Stöcksken kommen" oder "vonn Höcksken aum Stöcksken" würde man damit übersetzen, dass jemand vom Hundertsten ins Tausendste kommt, von einem Thema aufs andere. Auch immer wieder gern verwendet wird der Begriff "Büchsken", wobei zu beachten ist, dass das Ü bitte lang gesprochen wird, das CH nicht wie in "lachen" sondern wie in "ich". Ein "Büchsken" ist ein kleines Buch, ein Büchlein. Und während man im Büchsken liest, kann man dazu ein "Käffken" trinken.Der Diminutiv im Plural wird gern auf "-kes" gebildet, so dass jemand nicht nur ein "Bütterken" gegessen hat, sondern mehrere "Bütterkes". Wie man sieht, sind die Regeln gar nicht so schwer. ;-))) Schimpfwörter ============"Bischek" ist eine vergleichsweise harmlose Beschimpfung, die in etwa dem "Flegel" entspricht. "Flitzpiepe"und "Pissnelke" sollten auch niemanden direkt zum Anwalt treiben. ;-) Wie schon eingangs erwähnt, klingen manche Ausdrücke weit schlimmer, als sie eigentlich gemeint sind.Kritischer wird die Lage bei folgenden Ausdrücken: "Flachmeißel" "Du bist 'n blöden Hund!" [sic!] "Tränentier" "Eierfeile" "Flachpfeife" "Frettchenfresse" "Kappe skopp" "Waldheini" "Dreckschüppengesicht" "Gesichtselfmeter" "T ranfunze l"oder "Paselacke". Einen "Ratsch im Kappes" zu haben, ist keinesfalls ein Kompliment sondern bedeutet, dass man nicht alle Tassen im Schrank hat. Und wird man als Frau als "Strüßken" oder "Tre(e)sken" bezeichnet, sollte man sich ernsthafte Gedanken über seinen Lebenswandel machen, der offenbar etwas loser und lockerer ist als bei anderen Leuten. Falls einen das überhaupt interessiert. ;-)Eine "Subbeltrutsch" zu sein, sollte man vermeiden, denn das bedeutet, dass man es mit der Körperhygiene nicht so genau nimmt. ;-) Auch eine "Schlunze" erfreut sich nicht unbedingt großer Beliebtheit - wer möchte schon gern als Schlampe bezeichnet werden? ;-) Mir gefällt der Ausdruck "Schrapphals" besonders gut, da er wunderbar anschaulich beschreibt, was für ein Mensch sich dahinter verbirgt: ein Geizkragen. "Schrapphals" hat auch noch lautmalerische Qualität, da das Verb "schrappen" das Geräusch beschreibt, das entsteht, wenn man alles, was man bekommen kann, zusammenkratzt. Kurz vor Schluss aber auch noch ein paar Beispiele gängiger Koseworte, denn "Ruhris" sind im Grunde sehr freundliche und aufgeschlossene Menschen mit einem großen Herzen. ;-) Eine Frau, die von ihrem "Macker" als "Hippe" bezeichnet wird, sollte keineswegs eine "Fleppe" ziehen. Die "Hippe" ist durchaus liebevoll gemeint, wie auch der "Macker" keine Abwertung bedeutet.Gesteigert ist der Grad der Zuneigung, kommen folgende Ausdrücke zum Einsatz: "Schnuffel", "Schnubbel", "Schlönzken", "Ömmes" für Männer, "Hümmelken", "Knübbelken" oder "Schnuckel" für Frauen. Auch "Stümmelken", "Schnüssken", "Dierken" und "Schnübbelsken" sollten jeden, der mit diesen Ausdrücken bedacht wird, sehr erfreuen. :-) Liebevoller geht's kaum. :-) Hier noch ein kleiner Test. Was bedeuten folgende Begriffe Eurer geschätzten Meinung nach: Gepröddel Gezumpel Püttrologe krüsselich Krollekopp stratzen Mauk en einmuckeln Mörfken wullachen Scheppken Oschek?
Schüsskes, bis denne...
[editiert: 09.01.10, 22:58 von rolf]
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Anke
Mitglied
Beiträge: 657
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Erstellt: 10.01.10, 03:49 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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sorry rolf..... aber das geht weit über meine hutschnurr... komm mal wieder zurück..... nichts für ungut!
____________________ leben und leben lassen!
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1st_maxi
Mitglied
Beiträge: 479 Ort: Lemgo
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Erstellt: 10.01.10, 09:06 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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" Anton, sachtä Cervinski für mich....."
Kann sich noch einer an diese herrlichen Glossen in einer bekannten Tageszeitung erinnern?
Als langjähriger ehemaliger "Pottbewohner" und heute beruflich wieder öfter in der "alten Heimat" weilender finde ich, daß das Ruhrgebiet nach vielen Jahren der Selbstverleugnung wieder zu einem eigenen (Selbst)-Bewußtsein gefunden hat - und das ist gut so!
Ach so, ja:
"Gepröddel" = Gerümpel ?????? "Mauken" = Füsse
____________________ Reini Der Dosenöffner von Cleo und Leo
[editiert: 10.01.10, 09:14 von 1st_maxi]
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Luana
Mitglied
Beiträge: 277 Ort: Recklinghausen
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Erstellt: 10.01.10, 10:44 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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Hömma Rolf, da hasse ja richtig gewullacht zu später Stunde.
formentera ~ a kind of magic *lieben ist nur ein i vom leben entfernt*
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Michiii
Administrator
Beiträge: 460 Ort: Bochum
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Erstellt: 10.01.10, 11:03 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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schade anke das du das nicht verstehst. kommst du nicht ausm ruhrpott?
schackeline, schantall, kääävin, tu datt mäh ma ei!!
danke rolf, ich habe gerade tränen gelacht
empfehlens und lesenswert ist auch das buch von mimi müller
hömma herzken geschichten ausm ruhrpott
isbn: 3-87463-313-6
krüsselich = durcheinander? stratzen = schnell gehen oder beeilen
lg
ela
Das Leben ist kein Problem, sondern eine Wirklichkeit, die es zu erfahren gilt.
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Astrid
Administrator
Beiträge: 3181 Ort: Hagen
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Erstellt: 10.01.10, 12:01 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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meine Oma zu meinem Opa: "hömma Vatta, du kanz doch nich mitte panntoffeln innen gatten gehen un inne beete rumstratzen....."
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coni
Mitglied
Beiträge: 94
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Erstellt: 10.01.10, 13:47 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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zwei ganz schöne beiträge von luana und vom rölfli. solche geschichten könnt ich stundenlang lesen. ich bin ja eigentlich total in die plattdeutsche sprache verliebt. aber das ruhrpottisch, schön!. krüsselich....gekräuselt? gepröddel.....gekocht? einmuckeln...einkuscheln? zu den drei kann ich wenigstens raten, der rest.....nicht eine kleine idee dazu. ????
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Nobbi
Mitglied
Beiträge: 815
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Erstellt: 10.01.10, 14:56 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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Zitat: rolf
...Hier noch ein kleiner Test. Was bedeuten folgende Begriffe Eurer geschätzten Meinung nach: Gepröddel Gezumpel Püttrologe krüsselich Krollekopp stratzen Mauk en einmuckeln Mörfken wullachen Scheppken Oschek?
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Kumma Rolf: Gepröddel dat is ein Kuddelmuddel, ein Durchjenanda Gezumpel sind die Nachbarn von meine Verwandschaft aus Paßlack Püttrologe is ein Steiger oder ein Berchinscheniör, vonne Berchschule in Bochum krüsselich so ein Krüsselkopp war den Paul Breitner in seine besten Jahre Krollekopp is dat gleiche wie oben, hier nur bei den Litti-parski stratzen is wennze die Biege machs, die Kurve kratzt, meistens hastich... Mauken datt sind die duftenden Quanten, auch Flurschadenbretter genannt einmuckeln is sich inne Decken verkriechen und auf schön Wetter warten Mörfken is so eine mit ein klein bisken Hang für eine Schlunze wullachen is die Steigerungsform von malochen Scheppken eine kleine Wasser-Scheppe (Schöpfeimer) ein kleines Stieleimerchen Oschek? Is ein großen schweren Brocken, auch ein masculines Teil... Reicht dat ersma für mein mittleren Assitour? Also dann, nää... Nobbi ...sino estelas en la mar.
[editiert: 10.01.10, 15:09 von Nobbi]
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Nobbi
Mitglied
Beiträge: 815
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Erstellt: 10.01.10, 15:37 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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Zitat: coni
zwei ganz schöne beiträge von luana und vom rölfli. solche geschichten könnt ich stundenlang lesen. ich bin ja eigentlich total in die plattdeutsche sprache verliebt. aber das ruhrpottisch, schön!... |
Hömma Coni, in gewisse Teile vonne Schweiz hammse unsere Spraache verstanden, ich weiß dat von meine eine große Schwesta (ich hab 3). Nachen letzten Krich war die inne Schweiz, in Beatenberg,- Mitti „Deutschlandhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes 1946-1956“... Datt is bis heute nich vergessen... Danke für!!! Es gibt ein Buch darüber, von Bernd Haunfelder „Kinderzüge in die Schweiz, die Deutschlandhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes 1946-1956“ Ein kleiner Beitrag meiner Schwester ist auch dabei... Aschendorff VerlagISBN 978-3-402-12730-8 Nobbi
...sino estelas en la mar.
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Luana
Mitglied
Beiträge: 277 Ort: Recklinghausen
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Erstellt: 10.01.10, 16:03 Betreff: Re: Hömma samma womma nomma ..
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Hey Dosenöffner, dass Ihr an Kumpel Anton erinnert, klasse. Bei uns wurde WAZ gelesen, als wir klein waren, hat meine Ma uns Kumpel Anton vorgelesen, und als wir es selber konnten, wurde die Zeitung von hinten gelesen. Heute gibt's Livingston, Frühreif und Touche, das ist doch kein Vergleich mitten Anton und Cervinski.
formentera ~ a kind of magic *lieben ist nur ein i vom leben entfernt*
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