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Jan
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Beiträge: 8969


New PostErstellt: 04.05.16, 10:25     Betreff: Re: Abpausen mit Leuchtpult seit 2 Monaten, aber irgendwie kein Erfolg?

das ist eine sehr gute frage, die den unterschied zwischen gegenständlichem "zeichnen" und "abpausen" noch klarer machen kann. wir haben zwei gehirnhälften, die (vereinfacht) für verschiedene tätigkeiten und funktionen verantwortlich sind:

die linke gehirnhälfte denkt eher analytisch, sie will zusammenhänge begreifen und analysieren, will beim zeichnen genau wissen, wie eine nase oder ein stiefel beschaffen ist. aber sie hat leider auch einen makel: die besserwisserei. sie glaub nämlich zu wissen, wie eine nase oder ein stiefe aussehen, ohne überhaupt hinzuschauen. das kommt noch aus unserer kindheit, in der wir sehr abstrakt gemalt haben, nämlich in strichmännchenmanier. als kind kann man die welt nur sehr vereinfacht begreifen und darstellen, deswegen zeichnen wir in unseren bildern alles sehr vereinfacht, wir setzen symbole für mann, hund, baum, sonne, wolke, haus. und diese symbole hat sich die linke gehirnhälfte bis heute gemerkt.
deswegen ist es so schwierig, mit der linken gehirnhälfte, die alles verstehen will, naturalistisch zu zeichnen. eine nase und auch ein stiefel sehen immer wie ein L aus, egal, aus welchem blickwinkel wir wirklich auf das motiv schauen und welche seltsamen linien unser auge in wirklichkeit wahrnimmt.

ganz anders die rechte gehirnhälfte. sie interessiert sich weder für nasen noch für stiefel, überhaupt nicht für das benennen und begreifen, sondern mehr für das verarbeiten optischer eindrücke, also das, was die voraussetzung für naturalistisches zeichnen ist. mit der rechten gehirnhälfte können wir ganz ohne zu denken einfach in beschauliche betrachtung versinken und linienverläufe und winkel betrachten, so wie wir zum beispiel im erdkundeunterricht eine zerklüftete meeresküste auf einer landkarte abgepaust haben. die einzigen fragen der rechten gehirnhälfte sind: in welche richtung verläuft die linie, wie lange geht sie in diese richtung, wohin biegt sie ab, wie stark ist die krümung? und ähnliche fragen der visuellen verarbeitung von daten, so ähnlich wie ein scanner, eine camera oder ein fotokopiergerät.

diese tätigkeit des nachfahrens von linien kannst du auch weiterführen, indem du nicht durchpaust, sondern etwas nach augenmaß kopierst,indem du es auf ein neues weißes blatt zeichnest. das gelingt dir am schlechtesten, wenn du dabei überlegst, was du genau abzeichnest, denn dann spielt dir der besserwisser, die linke gehirnhälfte, einen streich und lässt dich etwas zeichnen, was du nicht siehst, sondern was du glaubst zu wissen: die nase hat eine L-form, das weiß doch jedes kind. solange die linke gehirnhälfte also mitdenken kann, wird sie sich auch einmischen und deine zeichnung verfälschen. deswegen ist es am besten, die versuchsanordnung so einzurichten, dass die linke gehirnhälfte kapituliert und sich völlig zurückzieht, so dass die rechte gehirnhälfte ihre arbeit gewissenhaft durchführen kann.

am einfachsten geht das dadurch, dass du deine zeichenvorlage zum beispiel auf den kopf stellst, so dass du vergisst, ob das ein stiefel oder eine nase oder ein auge oder ein kragen sein soll. es geht nur um die linie an sich. dann wird deine kopie sehr viel ähnlicher.

eine zweite methode, das gegenständliche denken der linken gehirnhälfte auszuschalten, ist das abdecken der vorlage bis auf einen schmalen zentimertbreiten streifen. du legst ein weißes blatt papier auf deine vorlage und siehst nur einen zentimeter davon am rand und darauf einige linien, ohne zu wissen, was sie bedeuten. diese linien zeichnest du so genau wie möglich ab. dann deckst du einen weiteren zentimeter auf und zeichnest ab, wie sich die linien verändern und wohin sie führen. auf diese weise zeichnest du immer nur einen zentimeterbreiten streifen, ohne je zu wissen, was die inien überhaupt bedeuten.

diese übung schult dein visuelles verarbeiten, also das genaue hinschauen und wahrnehmen optischer informationen: das tastende sehen. dieses tastende sehen kannst du später auch anwenden, wenn du in der natur ein dreidimensionales motiv abzeichnen willst. und es wird geschult durch das abpausen, ohne an gegenstände zu denken, und durch das kopieren ohne zu wissen, was die linien darstellen sollen.

vergiss also die anstrengende bemühung, dir bewusst zu machen, was du zeichnest, denn das ist genau das, was dich hindert, linien unvoreingenommen wahrzunehmen und zu zeichnen.

und genieße stattdessen das eintauchen in den zustand beschaulicher muße, wo deine augen nur beobachten, schauen und staunen.

Jan

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