Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"

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14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs".
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Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen
zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des
"Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO .
Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste,
Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
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Die Nutzer dieses FORUMS haben sich trotzdem mit Mehrheit für die Beibehaltung dieses FORUMs ausgesprochen, das weiterhin wohl auch hauptsächlich das weitere Vorgehen von http://Grundeinkommen.INFO begleiten wird.
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Das FORUM ist z.Zt. versuchsweise ÖFFENTLICH geschaltet.
Es kann also JEDEr Beiträge lesen, die Dateien ansehen und auch downloaden. Die Dateien sind auch verlinkbar. Wer mitschreiben will, muss sich anmelden, auch mit Pseudonym. Die Berechtigung muss bestätigt werden. Bitte die Frage "Warum..." beantworten.
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Autor Beitrag
Silas Bernd

Beiträge: 115

New PostErstellt: 08.06.05, 19:09     Betreff: Re: Dies und das

In der Einladung zur Gründungsversammlung des Netzwerk Grundeinkommen
wurden die Teilnehmer gebeten, folgende drei Fragen zu beantworten:

  1. Warum ein Grundeinkommen?
  2. Welches Grundeinkommen?
  3. Wie ein Grundeinkommen durchsetzen?

Im heutigen 'Briefkopf' unseres Netzwerkes wird, mit den uns allen
vertrauten vier Kriterien, auf die Frage 'welches' geantwortet. Die
Fragen nach dem 'warum' und 'wie durchsetzen' tauchen überhaupt nicht
auf.

Ja, ich möchte wirklich die Frage der Begründung des bedingungslosen
Grundeinkommen aufwerfen. Aufrollen, denn sie scheint mir unbeantwortet
und dabei dringlich.
Mir scheint allen Forumsteilnehmern, gar allen Mitgliedern des Netzwer-
kes, ist der Frage nach dem 'warum' mit der Antwort 'Automatisierung'
genüge getan. Vieleicht wird auch noch auf den erforderlichen materiellen
Ausgleich verwiesen.
Beides sind (wie auch die Antworten auf die beiden anderen Fragen) stets
Begründungen aus wirtschaftlicher Perspektive. Das aus beiden Argumenten
aber gar keine Notwendigkeit der Installation eines begingungslosen
Grundeinkommen ersteht, ist offenbar niemandem bewußt, oder zumindest
wird es verdrängt, vielleicht aus Angst, sich mit diesem Problem
wirklich eingehend beschäftigen zu müssen.

Hier nur zum Versuch, das BGE mit technischem Fortschritt zu begründen;

Automatisierung vermag vielleicht Angestellte, also Menschen, die weniger
vom BGE profitierten, zu beruhigen, aber sie vermag niemanden,
insbesondere nicht Arbeiter/Arbeitslose vom BGE zu begeistern,
oder gar die Notwendigkeit eines BGE herzuleiten.
Wenn wir mit dem Stande der technischen Entwicklung argumentieren, mit
Computer und Roboter, dann wird immer auf dessen, für ein BGE noch unzu-
reichende, Qualität verwiesen werden können; "wir brauchen aber erst noch
Gentechnik und Fusionsreaktor".
Angesichts der zerstörerischen Folgen industrieller Produktion, zerstö-
rerisch nicht nur der Natur gegenüber, sondern eben auch den Menschen, und
nicht nur denen, die in und mit ihr arbeiteten, sondern allen in einer In-
dustriegesellschaft lebenden, kann ich in dieser Technik nicht das befrei-
ende Moment menschlicher Entwicklung erkennen, und also erscheint sie mir
kaum zur Begründung von irgend etwas Gewünschtem tauglich.

Wohl vermag das BGE eine Existenz von Industrie zu rechtfertigen, nicht
aber wird Industrie das BGE begründen können.
Wenn, was nicht ausgeschlossen, die Einführung des BGE zu einem weiter-
reichenden Zusammenbruch der Industrie führt, so bleibt dies, ebenso, wie
der Fortbestand einer restlichen Industrie, doch Ergebnis der freien Ent-
faltung menschlicher Tätigkeit.
Wenn wir aber das BGE mit der Existenz von Industrien begründen, so blei-
ben wir Sklaven dieser Produktionsweise, und ihr, ja auch aus anderen Grün-
den mögliches Ende, könnte sogar das Ende des BGE bedeuten.
Die Industrie, die Automatisierung darf, wie an vielem anderen auch, am BGE
hängen, nicht aber darf das BGE abhängig sein vom stets relativen, und, da
ja von anderem auch abhängig, stets ungewissen Stande der Technik. Das BGE
ermöglicht es uns, die Technik in den Dienst des menschlichen Wohl-Seins
zu stellen.

Darüber hinaus spicht gegen die Begründung des BGE durch Industrie ihr,
in Krieg und Rüstung zu erkennender, Entstehensprozess. Aus diesem wird
auch deutlich, das die industrielle Produktionsweise, sowie ihre Produkte
selber, nicht den wirklichen Bedürfnissen der Menschen genügen.
Weder arbeiten die Menschen ausschließlich, um an Produkte zu gelangen,
noch sind die Produkte der Industrie wesentlich für unsere menschliche
Entwicklung. Wenn wir sagen, die Menschen arbeiteten um zu leben, nicht
umgekehrt, so bedeutet dies nicht bloß, das sie solange arbeiten, bis sie
genug Dinge haben (dies ist in entfremdeter, also zu überwindender Betäti-
gung so), sondern das sie durch ihr arbeiten leben, das sie
mit ihrem Tätigsein ihre Lebendigkeit erfahren.

"Zeiten der Unfreiheit und Spaltung haben ihre Wurzel in einem
falschen Begriff von Arbeit. Der Begriff von dem, was die Arbeit
bedeutet, ist aber darum so folgenschwer, weil der Mensch nur in
ihr die Möglichkeit findet, die Einheit von Leib und Seele zu ge-
winnen. Erst durch das Tun findet der Geist den Weg ins Fleisch
und belebt es, wie umgekehrt der Leib verhält sich zur Seele"
Hugo Kükelhaus, Urzahl und Gebärde, Zug (CH), 1934/1992, S.90.

Wenn wir, dem folgend (und wie es sich auch hier im Netzwerk durchgesetzt,
herumgesprochen zu haben scheint), die Menschen nicht als faul an sich,
sondern lediglich als dieses System der Ausbeutung latent bestreikend
ansehen, so sei uns dies doch auch einmal nennenswerter Grund für die
Bedingungslosigkeit eines Einkommens;
Faul werden die Menschen gemacht! und eben das können wir uns dauerhaft
nicht leisten. Das BGE erzeugt also keine Kosten, sondern ist eine Maß-
nahme sparsamer Haushaltung.

Daneben ist es möglich, das die Menschen eine weit überwiegende Vielzahl
von Industrieprodukten, all die immer schräger verpressten Abfälle, gar
nicht besitzen möchten (die Aufwendungen für die Werbung sind ein sicher-
es Indiz hierfür) und statt dessen viel lieber im nächsten Gemeinschafts-
zentrum ihren Bedarf an Dingen und an Arbeit befriedigen.
Dem zu Folge sind die Menschen nicht nur fleißig, sondern dabei sogar auch
noch sparsam, können so, nämlich wie es die Zukunft schlicht erfordert,
aber nur leben, wenn ihnen ein sicheres Einkommen gewährt wird.

Wenn wir gerade eine Zufriedenheit mit einfachen Tätigkeiten postulierten,
so kann daraus einerseits auf ein natürliches, eben nur verschüttetes, Be-
dürfnis der Menschen geschlossen werden, andererseits bedeutet dies aber
keine Notwendigkeit industriemäßigen Tätigseins. Wie Erich Fromm deutlich
darlegte (; Die Revolution der Hoffnung) bedarf es im Gegenteil der mensch-
lichen Dimension im Arbeitsleben insbesondere, da wir, um unserer Mensch-
lichkeit willen, auf die selbstverantwortliche Entscheidung im Arbeitspro-
zess nicht werden verzichten können, wollen wir uns nicht selber zu "Skla-
ven ... zu verantwortungs- und nutzlosen Parasiten" machen, "während allein
der freie Mensch [die besitzende Elite] das Recht zu einem vollen Leben hät-
te, das auch Arbeit einschließen würde. _Wenn der Mensch im Produktions-
und Organsiationsprozeß passiv ist, ist er das auch in seiner
Freizeit_." S.101
Industrielle Strukturen fördern aber gerade diese Passivität, und sie soll-
ten, so meine bescheidene Ansicht (Fromm sagt, das ginge wohl nicht (mehr).
Mit dem BGE ist das den Menschen überlassen), mit dem, und als eine Form des
Krieg, der Vergangenheit überantwortet werden.

"Aus allem, was in den vorigen Kapiteln über den Menschen ge-
sagt wurde, ergibt sich als Grundvoraussetzung für sein Wohl-
Sein, daß er im Sinne der produktiven Betätigung aller Fähig-
keiten aktiv ist, während es ein pathologisches Merkmal unser-
er Gesellschaft ist, daß sie dazu neigt, den Menschen passiv
und untätig zu machen, indem sie ihn der Chance beraubt, sich
aktiv an den Angelegenheiten seiner Gesellschaft und an denen
des Unternehmens, in dem er arbeitet, und sogar -wenn auch
nicht so offenkundig- an seinen persönlichen Angelegenheiten
zu beteiligen." ebd.: Fromm, S.95

Wenn wir sagen, 'die Wirtschaft habe dem Menschen zu dienen', so bleibt die
tatsächlich verbreitete Hilfskonstruktion >wir müssen die Wirtschaft pflegen,
dann kann sie uns besser dienen< möglich.
Erst indem wir sagen 'das BGE ermöglicht die Wirtschaft zu kontrollieren',
kann den Menschen jener notwendige Schritt zu Selbstbestimmung, das ist,
zu einer Befreiung vom Götzendienst, von der Unterwerfung unter die von
ihm selbst hervorgebrachten Dinge, gelingen.
Erforderlich ist dieser Schritt aber, weil der Dienst an den Dingen,
sich ihnen zu unterwerfen, die Menschen schwächt.

MfG
b


[editiert: 09.06.05, 17:04 von Silas Bernd]
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