Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"

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14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs".
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Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen
zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des
"Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO .
Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste,
Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
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Die Nutzer dieses FORUMS haben sich trotzdem mit Mehrheit für die Beibehaltung dieses FORUMs ausgesprochen, das weiterhin wohl auch hauptsächlich das weitere Vorgehen von http://Grundeinkommen.INFO begleiten wird.
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Das FORUM ist z.Zt. versuchsweise ÖFFENTLICH geschaltet.
Es kann also JEDEr Beiträge lesen, die Dateien ansehen und auch downloaden. Die Dateien sind auch verlinkbar. Wer mitschreiben will, muss sich anmelden, auch mit Pseudonym. Die Berechtigung muss bestätigt werden. Bitte die Frage "Warum..." beantworten.
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Der kategorische Imperativ

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Tobias Teetz

Beiträge: 97
Ort: Berlin


New PostErstellt: 12.11.05, 20:27  Betreff: Der kategorische Imperativ  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Liebe Grundeinkommensbefürworter,

Kant formulierte das Grundgesetz der praktischen Vernunft: "Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten können."

Die absolute Verweigerung von notwendiger gesellschaftlicher Arbeiten ist sicherlich nicht konform, mit dem Grundsatz der praktischen Vernunft. Falls niemand mehr arbeitet, sich niemand mehr verpflichtet fühlt, kann ein Gemeinwesen nicht erhalten werden.

Ein Grundeinkommen in sehr großer Höhe, welches eine arbeitsfreie Zukunft für alle Bürger proklamieren würde, könnte in bislang keinem bekannten Staat auf nennenswerte Resonanz stoßen, da es die Maximen jedes Gemeinwesen zerstören würden.

Falls ich eine Handlung begehe und mich danach frage, was passieren würde, wenn alle Bürger nach einer derartigen Handlungsmaxime handeln würden, hinterfrage ich die eigene Vernunft.

Falls jemand einen Diebstahl begeht, müßte er sich fragen, was passieren würde, wenn alle Bürger einen Diebstahl begingen (Wohlgemerkt der Staat kann die Grenzen zwischen Diebstahl von Eigentum und das Verhältnis von Arbeitsleistung / Einkommensleistungen im eigenen Ermessen justieren. Beispielsweise die Enteignung von Firmenbesitz in der DDR oder in Deutschland bei der Besteuerung von Personen mit hohen Einkommen.). Wenn ich aufgrund einer Mitgliedschaft in einem Interessenverband Einkommen für eine Gruppe fordere, die zwangsläufig einer anderen Gruppe der Gesellschaft die Lebensadern abschnürt, muß ich mich fragen, ob sich dies mit dem Grundsatz der praktischen Vernunft vereinbaren läßt. Was passiert, wenn sich dieser Prozess fortsetzt ? Immer mehr Einzelgruppen, die utopische Einkommensleistungen erwarten und auf der anderen Seite immer mehr gesellschaftliche Verlierer ?

Nach der Tugendlehre von Kant hat jeder Mensch Pflichten gegenüber sich selbst und gegenüber anderen Menschen.

Eine Pflicht gegenüber sich selbst ist die Selbsterhaltung.

Selbstmord, die Selbstberaubung von physischen oder moralischen Kräften oder die Unmäßigkeit im Gebrauch von Genussmitteln sind gegen die Pflicht der Selbsterhaltung gerichtet. (Durchaus kann die gesellschaftliche Isolation durch Arbeitslosigkeit, extreme Einkommensarmut oder gesellschaftlicher Nichtachtung den Willen der Selbsterhaltung negativ beeinflussen, daher die Pflichten des Menschen gegenüber anderen Menschen).

Durch das entlohnte Arbeitseinkommen wird bisher die Pflicht der Selbsterhaltung ermöglicht. Sowohl durch das Einkommen wie auch durch das durch Arbeitstätigkeit, die dazu beiträgt, dass sich das Leben von anderen Bürgern verbessert, wie auch durch die soziale und gesellschaftliche Anerkennung wurden die Selbsterhaltungskräfte gestärkt. Die Arbeitslosen wurden jedoch gesellschaftlich leider ausgesondert.

Ein Grundeinkommen ermöglicht es jedem Menschen, die Pflicht seiner Selbsterhaltung gerecht zu werden. Der staatlicher Druck gegenüber Personen, die für sich das Lebens- und Wissensziel und den Anspruch einer geistigen und intellektuellen unabhängigen Entwicklung anstreben, werden durch ein Grundeinkommen nicht mehr behindert. Zivilgesellschaftliche Institutionen, die sich mehr um die Sorgen und Probleme von Menschen kümmern, werden sich durch ein Grundeinkommen besser entwickeln können. Ebenso wird die Entwicklung von umweltschonenden, neuen Technologien oder die menschliche Dimension bei zwischenstaatlichen Kontakten durch ein Grundeinkommen forciert.

Andererseits muß die Achtung gegenüber Unternehmern, Behörden und Bürgern, die für ihre Mitmenschen (die sich selbst keine sinnvollen Arbeits- und Lebensziele setzen können) gesellschaftlich einsetzen, gewahrt bleiben.

Gegenüber anderen Menschen hat man die Pflichten der Liebe. Dazu gehören Wohltätigkeit, Dankbarkeit, Teilnehmung. Ihnen entgegengesetzt sind die Laster des Menschenhasses, die abscheuliche Familie des Neides, der Undankbarkeit und der Schadenfreude.

Die Pflichten gegen andere sind zweitens Pflichten der Achtung. Menschsein ist an sich ist eine Würde.

Die Laster, welche die Pflicht der Achtung verletzen, heißen Hochmut, Afterreden (üble Nachrede) und Verhöhnung.

Beiwerke der Tugend der Achtung sind: Zugänglichkeit, Gesprächigkeit, Höflichkeit, Gastfreiheit.

Die Tugendregeln laufen für Kant darauf hinaus, wackeren und fröhlichem Gemüts in Befolgung der Pflichten zu sein. Aber auch der Wahlspruch der Stoiker ist Kant nicht fremd: "Gewöhne dich, die zufälligen Übel zu ertragen und die ebenso zufälligen Ergötzlichkeiten des Lebens zu entbehren, habe das fröhliche Herz des Epikur."

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz



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Günter Koch

Beiträge: 169
Ort: Erlangen


New PostErstellt: 12.11.05, 23:24  Betreff: Re: Der kategorische Imperativ  drucken  weiterempfehlen

"Tobias Teetz" <@carookee.com> schrieb:
>
>
> Liebe Grundeinkommensbefürworter,
>
> Kant formulierte das Grundgesetz der praktischen Vernunft: "Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit
> zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten können."
>
> Die absolute Verweigerung von notwendiger gesellschaftlicher Arbeiten ist sicherlich nicht konform, mit dem Grundsatz der
> praktischen Vernunft. Falls niemand mehr arbeitet, sich niemand mehr verpflichtet fühlt, kann ein Gemeinwesen nicht
> erhalten werden.
>
> Ein Grundeinkommen in sehr großer Höhe, welches eine arbeitsfreie Zukunft für alle Bürger proklamieren würde, könnte in
> bislang keinem bekannten Staat auf nennenswerte Resonanz stoßen, da es die Maximen jedes Gemeinwesen zerstören würden.

Hier ist ein Regelmechanismus notwendig. Um diesen zu verstehen ist Logik gefragt.
Wenn ein ausreichendes Bürgergeld vom Staat gezahlt werden sollte, so könnte das dazu führen, daß viele Leute ihre Arbeitsstelle kündigen. Daraus folgt:

  1. Die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft sinkt.
  2. Waren werden rar.
  3. Preise steigen
  4. Das Bürgergeld muß an die physische Geldmenge gekoppelt sein und darf nicht an das hohe Preisniveau angepaßt werden.
  5. Wohlstand sinkt
5. Es kommt Anreiz auf, etwas dazuzuverdienen
6. Beschäftigung steigt und damit der Wohlstand

Somit stellt sich ein Wohlstand ein, der an die wirtschaftlichen Möglichkeiten gebunden ist.
Das sind z.B.: Arbeitswillen der Menschen, Bodenschätze, Klima, Landschaften (Tourismus).

Günter Koch
www.patentrezept.de
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Silas Bernd

Beiträge: 115
Ort: Osnabrück


New PostErstellt: 16.12.05, 17:00  Betreff: Re: Entropie  drucken  weiterempfehlen

hallo Tobias
hatte deinen Beitrag zuerst übersehen, dann aber, beim Nachdenken darüber,
meine ich, auf eine Merkwürdigkeit in Bezug auf den k.I. gestoßen zu sein.
Kurz: Führt nicht die konsequente Befolgung des k.I. zumindest zu Einkom-
mens- u. Vermögensgleichheit, sogar zu einem ausschließlichen Streben nach
allumfassender Gleichheit?
Der [nach dem Kausalgesetz] "allgemeine Imperativ der Pflicht" lautet nach
Kant: "handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum
allgemeinen Naturgesetze werden sollte." (GMS 421) und:
"Der Wille ist schlechterdings gut, der nicht böse sein, mithin dessen Maxi-
me, wenn sie zu einem allgemeinen Gesetz gemacht wird, sich selbst niemals
widerstreiten kann. (...) _Handle nach Maximen, die sich selbst zugleich als
allgemeine Naturgesetze zum Gegenstande haben können._ So ist also die For-
mel eines schlechterdings guten Willen beschaffen." (ebd. 437)

Wenn einer nun mehr (oder auch weniger!) zu haben oder zu sein begehrt, als
der Durchschnitt, so verstößt er doch damit gegen den k.I., da ja zur Verwirk-
lichung ein anderer weniger (oder mehr!) haben oder sein müsste als er.
Der k.I. fordert von mir, von allen vernünftigen Wesen (ebd. 425), als Motiv
zu jeglicher Handlung ein allgemeines Gesetz zu nehmen.
Der k.I. gebietet als ein 'apodiktisch-praktisches Prinzip', er ist Gebot im
Sinne von Gesetz. Dies im Gegensatz zu den hypothetischen Imperativen, den 1.
_Regeln_ der Geschicklichkeit (der Technik, Kunst) bzw. den 2. _Ratschlägen_
der Klugheit (pragmatisch, zur Wohlfahrt gehörig). Hypothetisch sind Impera-
tive, wenn die Handlungen aus ihnen Mittel sind, die sich auf anderes bezie-
hen. Regeln sind problematisch-praktische-, Ratschläge sind assertorisch
(behauptend)-praktische Prinzipien. (414..) Vom k.I. ausgehend kann auch
die Befolgung von Regeln und Ratschlägen Pflicht sein. (453)

Ich sah im beG schon immer 'nur' einen Schritt zur tatsächlichen Entkoppelung
von Arbeit und Einkommen, also zur Einkommens- und auch Vermögensgleichheit
und dies als einen Schritt zur Verwirklichung dem entsprechend 'gesetzmäßiger'
Handlungsmotive, -gründe. 

liebe Grüße -
bernd



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Tobias Teetz

Beiträge: 97
Ort: Berlin


New PostErstellt: 17.12.05, 21:07  Betreff: Re: Der kategorische Imperativ  drucken  weiterempfehlen

 

Lieber Bernd,


wenn in allen Teilen einer zukünftigen Arbeitswelt Computer und Roboter, Maschinen das Sagen haben, weil sie effizienter und präziser sind, keine Arbeitslöhne fordern, stellt sich die Verteilungsfrage von Wohlstand in einer Gesellschaft gänzlich neu dar. Vermutlich sind dann alle sozialistischen Gleichheitsträume erfüllt. Vorerst aber noch nicht.


Bei einer Standardisierung von Arbeitsleistungen in einer fordistischen Wirtschaft oder einer Planwirtschaft konnte für die standardisierte Einzelleistung eines Arbeitnehmers ein standardisierter Lohnanteil gefordert werden, der abhängig war vom Umsatz des Unternehmens. Die Arbeitsprozesse und die Verteilung von Löhnen wurden von Managern, Ingenieuren, Abteilungsleitern in den Unternehmen organisiert.

Die Höhe der Arbeitslöhne und die entsprechenden Arbeitsleistungen waren gekoppelt. Die Höhe der Löhne sollte dafür sorgen, dass Arbeitnehmer und ihre Familien hinreichend versorgt werden konnten.

In früherer Zeit gab es Vollbeschäftigungsgesellschaften. Derjenige, der sich nicht in den Arbeitsprozess eingliederte, wurde vom Einkommen abgeschnitten, so dass er sozial und gesellschaftlich geächtet wurde. Der mitunter absichtlich herbeigeführte Teilhabeverlust von Gesellschaftsmitgliedern hatte mitunter auch sozialdarwinistische, Verhaltens-, Benimm-, Anpassungs- Hintergründe. Wer sich nicht ausreichend durch ein Arbeitseinkommen versorgen konnte, hatte schlechtere Karten im Bekannten-, Freundeskreis oder bei der Findung eines Lebenspartners. Wer sich nicht in die gesellschaftliche Ordnung fügte wurde von der Gesellschaft bestraft, da durch eine allgemeine Untätigkeit sowohl Wohlstand als auch Überleben einer Gesellschaft nicht möglich gewesen wäre („Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“). Eine allgemeine Untätigkeit können wir uns natürlich auch jetzt und in näherer Zukunft nicht leisten.

Durch die moderne Technik, die globalisierende Wirtschaft und eine nachlassende Nachfrage, beispielsweise im Wohnungsneubau, wird aber der Grenznutzen von vielen Arbeitsplätzen – gerade im mittleren oder einfachem Qualifikationsniveau – für Arbeitgeber immer geringer.

Natürlich wäre eine „Lohn“-Vollbeschäftigung, wobei man Bürger auch zwangsweise mit unsinnigen oder überflüssigen (unabhängig von ihren beruflichen und persönlichen Fähigkeiten und Neigungen) (Lohn-)Beschäftigungen versorgen kann, damit ein verschärfter gesellschaftlicher Druck auf Nichtarbeitende ausgeübt werden kann, jederzeit wieder möglich.

Man darf aber nicht die Arbeit zum gesellschaftlichen Selbstzweck erklären, sondern muß den gesellschaftlichen Wohlstand, der durch Arbeit geschaffen wird im Auge behalten.

Eine Beschäftigungsankurbelung nach Keynes, wobei eine Gruppe von Arbeitnehmer Löcher ausschaufelt und eine andere Gruppe diese Löcher wieder zuschaufelt, findet nicht ungeteilte Zustimmung in der Bevölkerung. Auch die vielen Rüstungsprogramme, die zwischen Staaten zu Feindschaften, Angst, Schrecken und Katastrophen führten, waren häufig unvorteilhaft.

Ein Grundeinkommen mit einem Steuersystem, dass einen fließenden Übergang von arbeitslosem Grundeinkommen, zu Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung und für alle eine ausreichende gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, hätte gewiß gesellschaftliche Vorteile.


Die exakte Messung des Wertes eines Menschen für die Gesellschaft ist gar nicht möglich. Ein gastfreundlicher und geistvoller, freundlicher Unterhalter hat zwar – rein ökonomisch gesehen- keinen monetären Wert, dennoch würden wir ihn vielleicht vermissen, wenn er uns nicht mehr besuchen würde. Sicherlich wollen wir nicht alles messen, was nicht messbar ist, weil es zu unseren Gefühlen gehört. Der Kauf eines schönen Gebäude, eines schönen Gemäldes oder eines Konzertes zu Zeiten Kants wurden zwar auch ökonomisch in Zahlungen, in Geldbeträgen ausgedrückt. Dies Einkommen war für den Künstler als Anerkennung für seine Leistung, und in sorgfältiger Abwägung der Arbeitsleistungen der anderen Gesellschaftsmitglieder bestimmt. Die Gefühle, die solche Kunstwerke bei anderen Menschen auslösen, können gar nicht gemessen werden. Wir wollen auch nicht, unsere schönen Gefühle über diese Welt gegen einen Geldbetrag eintauschen. Sie gehören uns allein, darin sind wir egoistisch.

Ein Grundeinkommen würde zu dem Gefühl der gesellschaftlichen Geborgenheit beitragen, dass jeder Bürger in unserem Lande eine Würde besitzt, die nicht käuflich ist. Arbeiten werden die Bürger auch mit dem Grundeinkommen, nur Selbstbestimmter im Gefühl etwas für sich selbst und für andere zu tun, damit das Empfinden und das eigene Wollen besser harmonieren.


Ich fände es keinesfalls gut, wenn alle Bürger das gleiche Einkommen erhielten, da dies Leistung , Arbeitsmarkt und gesellschaftlichen Zusammenhalt zerstören würde. Aber ein Grundeinkommen, das dem Menschen seine Würde gegenüber neoliberalen Konkurrenzdenkern gibt, befürworte ich.


Mit freundlichen Grüßen


Tobias



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Silas Bernd

Beiträge: 115
Ort: Osnabrück


New PostErstellt: 18.12.05, 17:34  Betreff: Re: Der kategorische Imperativ  drucken  weiterempfehlen

>Natürlich wäre eine "Lohn"-Vollbeschäftigung, wobei man Bürger auch zwangsweise
>mit unsinnigen oder überflüssigen (unabhängig von ihren beruflichen und persön-
>lichen Fähigkeiten und Neigungen) (Lohn-)Beschäftigungen versorgen kann, damit
>ein verschärfter gesellschaftlicher Druck auf Nichtarbeitende ausgeübt werden
>kann, jederzeit wieder möglich.

Wenn Vollbeschäftigung nicht gleich (Voll-)Erwerbstätigkeit ist, kann man mit
HatzIV auch heute vom Bestehen ersterer sprechen. Nimmt nicht sogar der admi-
nistrative Druck auf die Arbeitslosen mit Abstand zum je letzten Kriege immer
(wieder - seit Bestehen der Bürgergesellschaft) zu? Gleich nach dem Krieg ist
der Druck für die Mehrzahl der Menschen so spürbar, daß kaum einer sich der
Arbeit entzieht. Der Druck bleibt gleich, nur sein Sinn nimmt mit der zuneh-
menden Zeit zum letzten Krieg ab.
Andererseits ist Vollbeschäftigung (im Sinne einer Beschäftigung aller danach
Suchenden) auch durch die Verteilung von Werte schöpfender Arbeit denkbar.

>Ein Grundeinkommen würde zu dem Gefühl der gesellschaftlichen Geborgenheit
>beitragen, dass jeder Bürger in unserem Lande eine Würde besitzt, die nicht
>käuflich ist. Arbeiten werden die Bürger auch mit dem Grundeinkommen, nur
>Selbstbestimmter im Gefühl etwas für sich selbst und für andere zu tun,
>damit das Empfinden und das eigene Wollen besser harmonieren.

Ja, das stimmt. Besonders der erste Satz, über den wohl Einvernehmen bei allen
GrundeinkommensbefürworterInneN besteht. In Verbindung mit dem Beitragstitel
möcht ich aber beim zweiten doch etwas einhaken.
Die Beachtung des k.I. fordert gerade, das ich nicht 'für mich selbst' handle.
Ich kann bei Betrachtung des k.I. nur meine Pflicht erfüllen wollen. Das aber
ist, da solche Pflicht ja bewußt, willentlich gesetzt ist, Freiheit. Indem
ich den k.I. als zwingend erkenne und ihn als solchen annehme ist er 'mein
eigenes- und zugleich allgemeines Gesetz'. Indem er mein eigenes Gesetz ist,
folge ich nicht ausserhalb liegenden Interessen, Zielen, dh. mein Wille ist
autonom. (GMS 433)
Alles weitere, zB. der Selbsterhalt, Ausbildung von Talenten,... geschieht
unter dieser Prämisse. Ich übe die Vervollkommnung meiner Selbst, um dem
Ganzen besser dienen zu können, der Glückseligkeit der anderen wegen.

>Ich fände es keinesfalls gut, wenn alle Bürger das gleiche Einkommen erhiel-
>ten, da dies Leistung, Arbeitsmarkt und gesellschaftlichen Zusammenhalt
>zerstören würde. Aber ein Grundeinkommen, das dem Menschen seine Würde
>gegenüber neoliberalen Konkurrenzdenkern gibt, befürworte ich.

Für mich bleibt das, wenn auch weiteres-, so doch Ziel. Wir können uns die
Aufgaben 'zu eigen machen', ganz ohne äußeren Anreiz, ohne Geld.
Es gäbe, es gibt doch ausserhalb des durch Geld vermittelten Lohn-/Wertempfin-
den viele Möglichkeiten individueller Erfahrung. Angenommen eine Gesellschaft
hätte mit 'gleichem Geld für alle' es geschafft, daß alle erforderlichen Arbei-
ten erledigt werden. Dann wäre da immer noch möglich, das wer nur aus der Ein-
sicht in die Notwendigkeit, wer anders aber daraus und dazu mit viel Freude
genau der gleichen Arbeit nachginge.

Als ich, vor nun schon 10 Jahren zum Arbeitsverweigerer 'mutierte', war mir
von Seiten der Gesellschaft (in Form des Sozialamtes) dafür sicher alles an-
dere als Lohn und Anerkennung zuteil. Für mich selber bedeutete dieses Ver-
halten aber Pflichterfüllung und damit, selbst wenn meine Ansprüche (immer-
hin die eines damals schon Schwerbehinderten), per Gerichtsbeschluß bestä-
tigt, 'auf Null gekürzt' wurden, Freiheit (nicht Freude).

Natürlich ist die Überwindung des Zwanges zur Arbeit das erste Ziel des Grund-
einkommen, aber wir brauchen (dann) ebenso Handlungsmotive jenseits des Geldes.
Geld verhindert, zumindest mindert, die Einsicht in die Notwendigkeit einer Ar-
beit. Es lenkt den Blick von der Aufgabe selber auf Sekundäres; eben auf das
Geld. Es verführt - das ist ja genau seine, des über das erforderliche, des beG
hinausgehenden Geldes, Aufgabe. Dieses Mehr an Geld ist ja nicht notwendig zur
Erledigung der Aufgaben. Arbeit mit dem Ziel Geld zu verdienen heißt, 'sich in
den Dienst eines niederen Zweckes stellen', heißt sich zu prostituieren.

liebe Grüße -
Bernd

ps: dem, worauf ich nicht geantwortet hab, stimme ich zu.


-- Das Forum soll von der HP aus erreichbar sein --



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Tobias Teetz

Beiträge: 97
Ort: Berlin


New PostErstellt: 19.12.05, 21:45  Betreff: Re: Der kategorische Imperativ  drucken  weiterempfehlen

 

Hallo Bernd,


Dein Text:

wenn Vollbeschäftigung nicht gleich (Voll-)Erwerbstätigkeit ist, kann man mit
HatzIV auch heute vom Bestehen ersterer sprechen. Nimmt nicht sogar der admi-
nistrative Druck auf die Arbeitslosen mit Abstand zum je letzten Kriege immer
(wieder - seit Bestehen der Bürgergesellschaft) zu? Gleich nach dem Krieg ist
der Druck für die Mehrzahl der Menschen so spürbar, daß kaum einer sich der
Arbeit entzieht. Der Druck bleibt gleich, nur sein Sinn nimmt mit der zuneh-
menden Zeit zum letzten Krieg ab.
Andererseits ist Vollbeschäftigung (im Sinne einer Beschäftigung aller danach
Suchenden) auch durch die Verteilung von Werte schöpfender Arbeit denkbar.

Viele Hartz IV Empfänger leisten unbesehen wichtige Arbeiten für unser Gemeinwesen. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger ist zwischen 1970-2000 gewaltig angewachsen, ebenso die Zahl von Arbeitslosenhilfeempfängern.

Nach den letzten beiden Kriegen (Weltkriegen) gab es meines Wissens nach weniger Lohnarbeitsplätze für Frauen (im Westen waren viele Frauen Hausfrauen, wurden also nicht vom Staat oder von Arbeitgebern einkommensmäßig versorgt, sondern von den lohnarbeitenden Ehemännern).

Eine Vollerwerbsarbeitsgesellschaft für Frauen zwischen 18-65 Jahren gab es damals (im Westen) aufgrund von anderen Familienprioritäten nicht. Auch viele Kriegsbehinderte konnten nicht oder nur in einem geringen Umfang arbeiten, so dass sie sozial und einkommensmäßig mitversorgt werden mußten.

Der Wohlstandsanstieg (im Wohnungsbau, im produzierendem Sektor), trotz des Nichteinsatzes eines Großteils von weiblichen erwerbsfähigen Personen und Kriegsversehrter, war in diesem Zeitraum keinesfalls langsam. Natürlich gab es einen erheblichen gesellschaftlichen Druck auf Männer, Unverheiratete, Witwen für ein ausreichendes Arbeitseinkommen zu sorgen.


Auch durch Zölle, Kapitalabflüsse und fehlerhaftes wirtschaftspolitisches Handeln konnten wirtschaftliche Krisen, verbunden mit Armut, hervorgerufen. So sank beispielsweise das Volkseinkommen Deutschlands zwischen 1929-1932 von umgerechnet 660 €(1929)/Einwohner und Jahr auf umgerechnet 380 €(1932)/Einwohner und Jahr (s. Statistisches Jahrbuch 2003, S. 656). Der Wohlstand sackte ab, die Arbeitslosigkeit und Armut stieg ohne dass es eine kriegerische Verwicklung oder eine bewusste wirtschaftliche Aggression von anderen Staaten gegeben hätte. Wohlstandsminderungen waren auch möglich durch Fehlsteuerungen von Einkommen und Arbeit.

Wenn es keine Arbeit gab, bekamen damals die Arbeitslosen kein Einkommen, konnten sich keine Güter kaufen, die Produktion wurde aufgrund der geringeren Massenkaufkraft weiter gedrosselt, Beschäftigte mußten die Betriebe verlassen usw.. In einer Weltwirtschaft mit schwankenden Wechselkursen, diversen weltweiten Produktionsstandorten, Kapitalbeteiligungen von internationalen Finanzinvestoren sind die Verhältnisse für den Nichtfachmann kompliziert. Es ist heutzutage jedoch eher unwahrscheinlich, dass der gesellschaftliche Wohlstand kurzfristig wegbricht, da eine große Kooperationsbereitschaft zwischen den Industrienationen vorhanden ist und der weltweite Wohlstand eher wachsen als sinken wird, wovon alle Staaten profitieren. Eine falsche und unkoordinierte Festsetzung eines Grundeinkommens könnte jedoch schwerwiegende Folgen für Kapitalströme und damit auch für den Wohlstand haben.


Der hypothetische Imperativ der Arbeitsgesellschaft lautet: „Handle so, dass Du Armut und die dadurch entstehende gesellschaftliche Isolation vermeidest“. Dies bedeutet, dass man sich einen Arbeitsplatz suchen muss, um ein Erwerbseinkommen zu erzielen.

Dies ist ein hypothetischer Imperativ, da nicht alle Personen unbedingt großen Wert auf höheren Wohlstand oder menschliches Glück durch Arbeit legen. Einige Kyniker (gr. kynas=Hund, das deutsche Wort „zynisch“ kommt von der teilweise als menschenverachtenden Redensweise der Kyniker) - wie Diogenes - werden eventuell nur die eigene Bedürfnislosigkeit fordern. Arbeitslose sind Bürger, die weder für sich noch für andere Leistungen erbringen und Verantwortung tragen wollen (so wird der Arbeitslose von Teilen der Öffentlichkeit gesehen).

Bei den vielen ALGII-Empfängern dürfte es sich jedoch kaum um Kyniker handeln, sondern um Bürger, die sehr verzweifelt nach jeder Arbeit und Einkommen nachsuchen. Diese Personen müssen durch ein Grundeinkommen geschützt werden, welches dann auch einen verbesserten Übergang (durch eine Reform des Steuerwesens) in Beschäftigungsverhältnisse ermöglicht. Für diese Bürger, aber auch für Ehefrauen, die für ihre Kinder da sein wollen, und auch für Bürger die aus sozialen oder Gesundheitsgründen nicht arbeiten können, setzen wir uns hier im Grundeinkommensforum ein.



Das Interesse der eigenen Vernunft vereinigt sich nach Kant in drei Fragen:

  1. Was kann ich wissen ?

  2. Was soll ich tun ?

  3. Was darf ich hoffen ?


Im Interesse der Bürger(-innen), die von Armut und gesellschaftlicher Teilhabe ausgegrenzt sind, müssen für wir die Zusammenhänge so klar darstellen, damit sie von diesen und von der Öffentlichkeit verstanden und aufgegriffen werden. Das Grundeinkommensforum ist ein Brainstorming Prozess. Wir beschäftigen uns mit Punkt 1. Ständig ändern sich aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, so dass Punkt 2 ständig überprüft werden muß und die Hoffnung auf ein Grundeinkommen leider immer noch schwankend ist.


Als ich, vor nun schon 10 Jahren zum Arbeitsverweigerer 'mutierte', war mir
von Seiten der Gesellschaft (in Form des Sozialamtes) dafür sicher alles an-
dere als Lohn und Anerkennung zuteil. Für mich selber bedeutete dieses Ver-
halten aber Pflichterfüllung und damit, selbst wenn meine Ansprüche (immer-
hin die eines damals schon Schwerbehinderten), per Gerichtsbeschluß bestä-
tigt, 'auf Null gekürzt' wurden, Freiheit (nicht Freude).

Natürlich ist die Überwindung des Zwanges zur Arbeit das erste Ziel des Grund-
einkommen, aber wir brauchen (dann) ebenso Handlungsmotive jenseits des Geldes.
Geld verhindert, zumindest mindert, die Einsicht in die Notwendigkeit einer Ar-
beit. Es lenkt den Blick von der Aufgabe selber auf Sekundäres; eben auf das
Geld. Es verführt - das ist ja genau seine, des über das erforderliche, des beG
hinausgehenden Geldes, Aufgabe. Dieses Mehr an Geld ist ja nicht notwendig zur
Erledigung der Aufgaben. Arbeit mit dem Ziel Geld zu verdienen heißt, 'sich in
den Dienst eines niederen Zweckes stellen', heißt sich zu prostituieren.“



Für die 4,7 Millionen ALGII-Empfängern, die 1,8 Millionen ALGI-Empfängern dürfte sowohl das Gefühl der sozialen wie der ökonomischen Ausgegrenztheit eine erhebliche Belastung für das Selbstwertgefühl darstellen. Ich find es richtig skandalös, wenn Du von den Sozialbehörden quasi kein Einkommen erhälst, wer kann denn ohne Einkommen leben ? Und Deine ganze Arbeit hier im Forum war wohl auch niemandem etwas wert ?

Sobald eine Untergrenze beim Einkommen unterschritten wird, kann man, sofern es keine anderen finanziellen Zuwendungen gibt, natürlich nicht mehr frei und selbstbestimmt für etwas arbeiten, einen kranken Menschen betreuen, seine intellektuellen, selbständigen Fertigkeiten verbessern oder seinen zukünftigen Arbeitsplatz frei suchen. Dann muß man dem Zwang des eigenen Überlebens folgend auch staatliche Zwangsarbeit, auch wenn sie nichts mit den eigenen persönlichen Fähigkeiten und Begabungen oder den eigenen Wünschen für ein besseres Gemeinwesen übereinstimmen, annehmen. Ohne ein Mindesteinkommen kann in unserer Gesellschaft niemand überleben. Ohne eigene Einsicht in den Sinn einer Arbeit, die man für sich (durch das Arbeitseinkommen) und für andere (durch den Nutzen den diese Arbeit anderen Menschen zuteil wird) ausführt, kann diese Tätigkeit auch nicht frei sein. Die Freiheit mit den eigenen Kenntnissen, mit der eigenen Einsicht die für mich gegenwärtig sinnvollste Tätigkeit selbst wählen zu dürfen, unter der Beachtung, dass diese Tätigkeit der Gemeinschaft Vorteile bringt und nicht schadet, stellt einen hohen Anspruch an die eigene Freiheit und den kategorischen Imperativ. Viele Bürger brauchen aber auch Anregungen durch gesellschaftliche Eliten: durch Unternehmer, Politiker oder Vereine o.ä. wie sie ihre eigenen Fähigkeiten zum Wohle des Gemeinwesens einsetzen können. Solchen gesellschaftlichen Angeboten sollten sich die Bürger nicht verschließen.

Arbeiten, mit der Absicht Geld zu verdienen, ist nicht verwerflich. Sie bringt Vorteile für den Empfänger der Arbeitsleistung wie auch für den Arbeitenden. Nur Arbeiten, die weder auf der eigenen Einsicht in deren Vorteile für andere Menschen, noch auf Einsicht in die Verbesserung der persönlichen Lage (Zwangs- oder Sklavenarbeit ohne Arbeitseinkommen) basieren, sind schädlich.

Arbeitsentgelte, die leicht über einem Grundeinkommen liegen, könnten durchaus angenommen werden, wenn man durch diese Entlohnung nicht zu einem Ortsumzug, was mitunter zum Verlust von Bekannten, der eigenen Wohnung und Familie führt, gezwungen wird. Bedenkenswert wäre es, wenn man das Gefühl hat, durch einen Arbeitgeber zu einer Form von Zwangsarbeit verpflichtet zu sein, welche im Nettolohn sehr deutlich unter den regulären Nettolöhnen und nur sehr knapp über einem Grundeinkommen liegt.



Mit freundlichen Grüßen



Tobias



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Silas Bernd

Beiträge: 115
Ort: Osnabrück


New PostErstellt: 21.12.05, 17:22  Betreff: Re: beG ermöglicht Arbeitsverweigerung  drucken  weiterempfehlen

Hallo Tobias

>Bei den vielen ALGII-Empfängern dürfte es sich ...handeln.. um Bürger,
>die sehr verzweifelt nach jeder Arbeit und Einkommen nachsuchen. Diese
>Personen müssen durch ein Grundeinkommen geschützt werden, welches dann
>auch einen verbesserten Übergang (durch eine Reform des Steuerwesens)
>in Beschäftigungsverhältnisse ermöglicht. Für diese Bürger, aber auch
>für Ehefrauen, die für ihre Kinder da sein wollen, und auch für Bürger
>die aus sozialen oder Gesundheitsgründen nicht arbeiten können, setzen
>wir uns hier im Grundeinkommensforum ein.

Entweder ist das Grundeinkommen bedingungslos und existenzsichernd, dann
ist es die durch eine Rechtsgemeinschaft garantierte Möglichkeit des ein-
zelnen, an der Wirtschaft eben dieser Gesellschaft tatsächliche Kritik zu
üben, oder es ist nicht das Grundeinkommen, wie es vom Netzwerk formuliert
wird.
Zu sagen, das Netzwerk setze sich für alle Arbeitsuchenden / ausserhalb von
Erwerbstätigkeit Arbeitenden ein, widerspricht der geforderten Form.
Es ist ein  Unterschied, ob ich an der Wirtschaft der Gesellschaft zu der
ich gehöre Kritik äussern darf, oder mir diese Gesellschaft eine Möglich-
keit zu einem im Widerspruch zu ihren Prämissen stehenden wirtschaftlichen
Verhalten gibt.
Ich setze mich hier im Netzwerk, durchaus seit seinem Bestehen, für jene
Menschen ein, die, egal aus welchem Grunde, nicht arbeiten _wollen_.

>Viele Bürger brauchen aber auch Anregungen durch gesellschaftliche Eliten:
>durch Unternehmer, Politiker oder Vereine o.ä. wie sie ihre eigenen Fähig-
>keiten zum Wohle des Gemeinwesens einsetzen können. Solchen gesellschaft-
>lichen Angeboten sollten sich die Bürger nicht verschließen.

Anregungen, eigene Fähigkeiten zum Wohle aller einzusetzen, und die noch
durch Eliten gegeben - hm - das ist selten. Ich sehe, gerade bei den sich
elitär Dünkenden nur krassen Eigennutz (Ausnahmen..). Aber wenn es irgend-
wo doch sowas geben sollt, darf es Interesse wecken. Richtig ist aber den-
noch die Annahme der Überwindungsbedürftigkeit aller Eliten/Exzellenzen
als Schluß aus dem kategorischen Imperativ.

>Arbeiten, mit der Absicht Geld zu verdienen, ist nicht verwerflich. Sie
>bringt Vorteile für den Empfänger der Arbeitsleistung wie auch für den
>Arbeitenden. Nur Arbeiten, die weder auf der eigenen Einsicht in deren
>Vorteile für andere Menschen, noch auf Einsicht in die Verbesserung der
>persönlichen Lage (Zwangs- oder Sklavenarbeit ohne Arbeitseinkommen)
>basieren, sind schädlich.

Das sehen Menschen, zB. ich, anders; Arbeit für Geld lenkt von der Aufgabe
auf Sekundäres. Nur, wenn nicht Geld zur Arbeit reizt, kann sicher sein,
das die Arbeit um ihres Zweckes willen getan wird, das mensch konzentriert
bei der Sache ist.
Und das Arbeit nützlich ist, die der Verbesserung der eigenen Lage dient,
wage ich einmal zu bezweifeln. Man kann nicht ausschließen, das es sowas
gibt. Zwangs(Sklaven-)arbeit ist sicher schädlich, aber es ist eben auch
möglich (ich sage: nötig), nicht nur ohne 'Druck', sondern auch ohne mone-
tären Anzeiz zu Werke zu gehen. Ist das eine hier nicht auch das andere
dort?

>Arbeitsentgelte, die leicht über einem Grundeinkommen liegen, könnten
>durchaus angenommen werden, wenn man durch diese Entlohnung nicht zu
>einem Ortsumzug, was mitunter zum Verlust von Bekannten, der eigenen
>Wohnung und Familie führt, gezwungen wird. Bedenkenswert wäre es, wenn
>man das Gefühl hat, durch einen Arbeitgeber zu einer Form von Zwangs-
>arbeit verpflichtet zu sein, welche im Nettolohn sehr deutlich unter
>den regulären Nettolöhnen und nur sehr knapp über einem Grundeinkommen
>liegt.

Was unter dem Durchschnitt liegt, kann ohne dem k.I. zu widersprechen
angenommen werden, wenn nicht die Tätigkeit davon abhängig gemacht wird.
Mit dem bedingungslosen und existenzsichernden Grundeinkommen zwingt ja
bestimmt kein Geld zu irgendwas. Krankheit könnt einen solchen Zwang noch
ausüben. Sonst seh ich keinen.
Wenn die Menschen keinen Bock haben zur Arbeit, solln sie es lassen.
Dafür gibts des beG. Dafür, daß die Triebfeder in jedem, in jeder einzel-
nen liegt, und nichts ausserhalb, als die Aufgabe selbst interessiert.

Das bedingungslose und existenzsichernde Grundeinkommen ist die durch eine
Rechtsgemeinschaft garantierte Möglichkeit des einzelnen, sich entgegen den
wirtschaftlichen Prämissen der Gesellschaft zu verhalten.
Das wir uns hier für die Rechte von Arbeitsuchenden einsetzen, beschreibt
das Ziel nicht zureichend. Das ist unproblematisch. Das Problem ergibt sich
erst aus unserem Engagement für Ansprüche von Arbeitsverweigerern, welche
wir aber mit unser Antwort auf das 'wie' des beG formulieren.

Menschen sind nicht für ihr Dasein Rechenschaftspflichtig. Eine am Ende
des Lebens angenommene Bilanz führt nicht zu der Frage; "Ich war hier,
war das in Ordnung?", wohl aber zu der Frage; "Was habe ich hier getan,
unterlassen? War das in Ordnung?"
"Menge gewährt entweder völlige Reuelosigkeit oder Unverantwortlichkeit
oder schwächt doch die Verantwortung für den Einzelnen dadurch, daß sie
diese zur Größe eines Bruchs herabsetzt" lässt Martin Buber Kierkegaard
in Gegenrede zu Stirner sagen ('Die Frage an den Einzelnen' in 'Das Dia-
logische Prinzip' S.208/242).
Eine Gesellschaft des 'Fördern und Fordern' unterstellt einigen ein Recht,
darüber zu befinden, wem Förderung, wem Forderung zuzuweisen ist. Diese
wenigen sind aber ebenso wie alle nur Menschen, die 'Gesetze' gemachte.

Es ist nicht die Frage, wem das Recht zukommen soll, über Fördern und For-
dern zu befinden, und auch nicht, ob die administrativ verordnete Verant-
wortungslosigkeit sogleich und für alle Menschen umfassend aufgehoben, als
ein Fehler erkannt behoben, wird, sondern ob wir darauf hinwirken, die
Macht zu verteilen, ob die Entwicklung dahin geht, daß Menschen Einzelne,
also Verantwortliche, werden können. Das beG ist ein Schritt dahin.

liebe Grüße -
Bernd



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