Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"

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14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs".
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Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen
zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des
"Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO .
Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste,
Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
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Die Nutzer dieses FORUMS haben sich trotzdem mit Mehrheit für die Beibehaltung dieses FORUMs ausgesprochen, das weiterhin wohl auch hauptsächlich das weitere Vorgehen von http://Grundeinkommen.INFO begleiten wird.
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Das FORUM ist z.Zt. versuchsweise ÖFFENTLICH geschaltet.
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WOZ-Artikel Weiterleitung

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Ingrid Wagner

Ort: Freiburg


New PostErstellt: 23.10.04, 20:50  Betreff: WOZ-Artikel Weiterleitung  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

WOZ Die Wochenzeitung - MAIL SERVICE
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schickt Ihnen den folgenden Link auf einen WOZ-Online-Artikel:


http://www.woz.ch/artikel/archiv/10683.html


<<<<Hallo Leute,
ich dachte das könnte auch mal ein Beitrag sein. Artikel ist über die Liste 13 in Basel, die morgen zum 1. Mal zur Wahl der Regierungsräte aufgestellt ist. Sie beinhaltet auch eine Initiative für ein Grundeinkommen.
LG Ingrid Wagner
<<<<--------------------------------------------
Dies ist eine Gratis-Dienstleistung der WOZ, der linken Schweizer
Wochenzeitung. Sie erhalten dieses Email, weil jemand, der Ihre
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Online-Artikel der WOZ (http://www.woz.ch) aufmerksam machen will.
Ihre Fragen richten Sie bitte an:
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Michael Opielka
(Administrator)

Beiträge: 101
Ort: Jena/Königswinter



New PostErstellt: 23.10.04, 21:05  Betreff: Re: WOZ-Artikel Weiterleitung  drucken  weiterempfehlen

Am Ende dieses Artikels finden sich die Wünsche:



„ (...) Dass die Liste 13 reelle Chancen hat, ein bis zwei Kantonsratssitze
zu holen. Und darüber, dass es ein garantiertes Grundeinkommen von 3000
Franken brauche. «Dann könnte man Karriere machen oder nicht, könnte
studieren oder gratis Alte pflegen», sagt Ditzler. Dann würde er einen
Kostenlosladen eröffnen, sagt er. «Einen Laden ohne Geld, wo man fünf
Stunden Hundehüten gegen ein Paar Skier tauschen kann.» (...)“



3000 Franken sind etwa 1950 Euro.



prof. dr. michael opielka

institut für sozialökologie (isö)



www.isoe.org

_____

Von: Ingrid Wagner [mailto:@carookee.com]
Gesendet: Samstag, 23. Oktober 2004 20:50
An:
Betreff: [Mailingliste-Grundeinkommen:] WOZ-Artikel Weiterleitung



schickt Ihnen den folgenden Link auf einen WOZ-Online-Artikel:


http://www.woz.ch/artikel/archiv/10683.html

<<<<
Hallo Leute,
ich dachte das könnte auch mal ein Beitrag sein. Artikel ist über die Liste
13 in Basel, die morgen zum 1. Mal zur Wahl der Regierungsräte aufgestellt
ist. Sie beinhaltet auch eine Initiative für ein Grundeinkommen.
LG Ingrid Wagner
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W.Clement

Beiträge: 3


New PostErstellt: 23.10.04, 22:25  Betreff: Re: WOZ-Artikel Weiterleitung  drucken  weiterempfehlen

Sehr geehrter Herr Professor Dr. Opielka,

Sie schreiben:

"3000 Franken sind etwa 1950 Euro."

Das ist richtig. Ich habe ja vollstes Verständnis für diese armen Leute, aber das hier geht zu weit! Wo kämen wir da hin! Sie wissen ja auch, was man heute so alles hört: Sozialschmarozer, kein Recht auf Faulheit, die sollen lieber arbeiten gehen. Da kann man sowas nicht verlangen. Um die Leute an den Stammtischen zu beruhigen, empfehle ich lieber das:
http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/allg/hartzporno.html

Mit freundlichen Grüßen
W. Clement







Am Ende dieses Artikels finden sich die Wünsche:



_ (...) Dass die Liste 13 reelle Chancen hat, ein bis zwei
Kantonsratssitze zu holen. Und darüber, dass es ein garantiertes
Grundeinkommen von 3000 Franken brauche. «Dann könnte man Karriere
machen oder nicht, könnte studieren oder gratis Alte pflegen», sagt
Ditzler. Dann würde er einen Kostenlosladen eröffnen, sagt er.
«Einen Laden ohne Geld, wo man fünf Stunden Hundehüten gegen ein
Paar Skier tauschen kann.» (...)_



3000 Franken sind etwa 1950 Euro.



prof. dr. michael opielka

institut für sozialökologie (isö)



www.isoe.org

_____

Von: Ingrid Wagner [mailto:@carookee.com]
Gesendet: Samstag, 23. Oktober 2004 20:50
An:
Betreff: [Mailingliste-Grundeinkommen:] WOZ-Artikel Weiterleitung



schickt Ihnen den folgenden Link auf einen WOZ-Online-Artikel:

<http://www.woz.ch/artikel/archiv/10683.html>
http://www.woz.ch/artikel/archiv/10683.html

<<<<
Hallo Leute,
ich dachte das könnte auch mal ein Beitrag sein. Artikel ist über
die Liste 13 in Basel, die morgen zum 1. Mal zur Wahl der
Regierungsräte aufgestellt ist. Sie beinhaltet auch eine Initiative
für ein Grundeinkommen. LG Ingrid Wagner
___________________________________________________________________


[editiert: 24.10.04, 00:24 von W.Clement]
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Ingrid Wagner

Ort: Freiburg


New PostErstellt: 24.10.04, 12:15  Betreff: Re: WOZ-Artikel Weiterleitung  drucken  weiterempfehlen

Hallo Leute,

ich muss jetzt doch auch noch meinen Senf dazugeben, hier in der REGIO
ist man halt der Ansicht, dass man Forderungen SEHR HOCH ansetzen muss,
um überhaupt was zu bekommen. Es dürfte interessant sein, wie die Liste
13 heute abschneidet. Diese „armen Leute“ sind in Basel immerhin 15 %
der Bevölkerung.

Übrigens ich mag nicht die Art von Sarkasmus der Sozialpornos. Das geht
mir jetzt doch etwas zu weit…. Und die Bezeichnung ist auch äußerst
unglücklich, denn es geht ja um alles bloß nicht um Sex. Oder ??

Mit sonntäglichem Gruß

Ingrid Wagner aus Freiburg



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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: W.Clement [mailto:@carookee.com]
Gesendet: Samstag, 23. Oktober 2004 22:25
An:
Betreff: [Mailingliste-Grundeinkommen:] Re: WOZ-Artikel Weiterleitung



Sehr geehrter Herr Professor Dr. Opielka,

Sie schreiben:

"3000 Franken sind etwa 1950 Euro."

Das ist richtig. Ich habe ja vollstes Verständnis für diese armen Leute,
aber das hier geht zu weit! Wo kämen wir da hin! Sie wissen ja auch, was
man heute so alles hört: Sozialschmarozer, kein Recht auf Faulheit, die
sollen lieber arbeiten gehen. Da kann man sowas nicht verlangen. Um die
Leute an den Stammtischen zu beruhigen, empfehle ich lieber das:
http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/allg/hartzporno.ht
ml

Mit freundlichen Grüßen
W. Clement

Am Ende dieses Artikels finden sich die Wünsche:

_ (...) Dass die Liste 13 reelle Chancen hat, ein bis zwei
Kantonsratssitze zu holen. Und darüber, dass es ein garantiertes
Grundeinkommen von 3000 Franken brauche. «Dann könnte man Karriere
machen oder nicht, könnte studieren oder gratis Alte pflegen», sagt
Ditzler. Dann würde er einen Kostenlosladen eröffnen, sagt er.
«Einen Laden ohne Geld, wo man fünf Stunden Hundehüten gegen ein
Paar Skier tauschen kann.» (...)_



3000 Franken sind etwa 1950 Euro.



prof. dr. michael opielka

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Muslix

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Ort: Montabaur


New PostErstellt: 26.10.04, 08:40  Betreff: Umverteilung  drucken  weiterempfehlen

Ein sehr interessanter Artikel aus dem Tagesspiegel:



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Wer nicht richtig rechnet

Rot-Grün betreibt eine Umverteilung von unten nach oben - und verschärft
so die wirtschaftliche Lage des Landes

Von Harald Schumann / Tagesspiegel vom 10.10.2004

Jetzt lachen sie wieder, Deutschlands Sozialdemokraten und ihr Kanzler.
Die Protestwelle gegen die Sozialkürzungen ebbt ab. Auch die C-Parteien
beziehen nun Wählerprügel für ihre Reformdrohungen. Und auf dem
Arbeitsmarkt sei eine "Trendwende zu erwarten", verspricht der
Wirtschaftsminister. Alles in Ordnung also? Geht es wieder aufwärts in
Deutschland?

Schön wär's. Doch die Wende wird nicht eintreten. Denn der von
Deutschlands Wirtschaftselite mit Hilfe von Rot-Grün verfolgte
Radikalumbau führt geradewegs in den weiteren Niedergang. Dabei ist die
Kürzung der Arbeitslosenhilfe nur der jüngste Baustein eines längst
gescheiterten Konzepts: Sinkende Löhne, Entlastung der Arbeitgeber von
Sozialabgaben und weitgehende Steuerfreiheit für Kapitalerträge - all
das soll die Gewinne der Unternehmen steigern. Werde diese Strategie nur
lange genug verfolgt, dann investieren die Begünstigten wieder, schaffen
damit zusätzliche Arbeitsplätze - und alles wird gut. So lautet der seit
mehr als einem Jahrzehnt von Unternehmerverbänden und ihren akademischen
Wasserträgern verkündete Kinderglaube. Und genau so wird es niemals
funktionieren. Wäre diese Strategie erfolgreich, dann müsste Deutschland
längst wieder zur europäischen Wachstumslokomotive aufgestiegen sein.
Schließlich ist die Umverteilung des Volkseinkommens von unten nach oben
in den letzten Jahren ordentlich vorangekommen.

So stiegen die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen zwischen
1990 und 2002 abzüglich der Inflation um satte 40 Prozent. Die Gewinne
von Kapitalgesellschaften (AG, GmbH) legten sogar um 75 Prozent zu,
Löhne und Gehälter dagegen lediglich um sieben Prozent. Und das auch nur
Brutto.
Nach Steuern und Abgaben sind die tatsächlich verfügbaren Einkommen der
abhängig Beschäftigten heute um ein knappes Prozent geringer als vor 14
Jahren. Die Bezieher von Gewinn- und Vermögenseinkommen haben dagegen
fast 50 Prozent mehr. "Wir können nur das verteilen, was wir vorher
erwirtschaftet haben", sagt Gerhard Schröder , wenn er seinen Wählern
Verzicht predigt. Diese Aussage ist irreführend, weil fortwährend ganz
ordentlich verteilt wird. Nur ist eben die Erwerbsarbeit nicht mehr das
Medium, über das der wachsende Reichtum unter die Leute kommt. Vom
gesamten Wirtschaftswachstum der vergangenen anderthalb Jahrzehnte,
preis-bereinigt immerhin 270 Milliarden Euro jährlich, haben die
Arbeitnehmer nichts gesehen. Und selbst das beschönigt die wachsende
Ungleichverteilung. In der Lohnsumme enthalten sind auch die extrem
angewachsenen Gehälter von Spitzenmanagern und anderen hoch
qualifizierten Fachkräften. De facto muss sich also ein erheblicher Teil
der Bevölkerung seit langem mit sinkenden Einkommen begnügen.

Kein Wunder, dass jede seriöse volkswirtschaftliche Analyse in der
Feststellung mündet, das Kernproblem der deutschen Ökonomie sei die
mangelnde Binnennachfrage. Dieser Umstand ist die zentrale Ursache für
den anhaltenden Niedergang der Investitionen und die damit einhergehende
Stagnation. Denn für zusätzliche Produkte oder Dienstleistungen gibt es
einfach keinen Markt hierzulande. "Autos kaufen keine Autos", die banale
Erkenntnis, mit der vor einem Jahrhundert Henry Ford die Verdoppelung
der Löhne seiner Arbeiter begründete, ist heute noch so wahr wie damals.
Und so wie damals das "Wall Street Journal" Ford zum
"Wirtschaftsverbrecher" erklärte, geißeln heute Konzernstrategen und
ihre medialen Auguren jeden zum Modernisierungsfeind, der an die simple
Tatsache erinnert, dass Löhne eben nicht nur Kosten sind, sondern auch
Nachfrage schaffen.

Trotzdem setzt die Schröder-Regierung alles daran, die Masseneinkommen
weiter nach unten zu treiben. Das Unheil begann mit der
Unternehmenssteuerreform im Jahr 2000. Obwohl bereits die Kohl-Regierung
die Steuerlast der Unternehmen in großem Umfang gesenkt hatte, legten
Schröder und sein Eichel noch eins drauf. So verlor die öffentliche Hand
Einnahmen in Höhe von rund 20 Milliarden Euro pro Jahr.

Weitere sechs Milliarden Euro jährlich kostet die Senkung des
Spitzensteuersatzes von 48,5 auf 42 Prozent, die wiederum die ohnehin
Privilegierten begünstigt. 26 000 000 000 Euro - damit könnten 100 000
Lehrer bezahlt und obendrein noch 16 000 marode Schulen mit einer
Million Euro jährlich saniert werden. Stattdessen wurden gigantische
Defizite vorsätzlich herbeigeführt. Seitdem agiert der Staat selbst als
Krisentreiber. Jugendzentren, Bibliotheken, Schwimmbäder müssen
schließen.
Die präventive Jugend- und Sozialarbeit wird abgeschafft. Und die
Kommunen kürzten ihre Investitionen um über 30 Prozent, was bei
Handwerksbetrieben und anderen regional tätigen Unternehmen zigtausende
Jobs kostete.

Zum anderen legte Rot-Grün unter dem Tarnnamen Agenda 2010 ein
Sparprogramm auf, das die Milliardengeschenke an die Gewinner der
Gesellschaft durch Kürzungen bei den Verlierern wieder reinholen soll.
Die Einsparungen bei den Arbeitslosen entsprechen dabei in etwa den
Mindereinahmen infolge des abgesenkten Spitzensteuersatzes. Gleichzeitig
wollen die neuen Sozialdemokraten die Misere am Arbeitsmarkt dadurch
beheben, dass künftig die Arbeitsvermittler der Bundesagentur ihre
Kunden zur Annahme von Jobs zwingen, die 30 Prozent unter Tarif bezahlt
werden.
Das ist wirtschaftpolitischer Unfug. Welchen Sinn macht es, denen, die
schon alles haben und nicht viel mehr konsumieren werden, noch mehr zu
verschaffen und bei denen zu kürzen, die ohnehin jeden Euro ausgeben?
Und wie soll jemals die deutsche Binnenkonjunktur in Gang kommen, wenn
jetzt das Lohngefüge auf breiter Front aufbricht und die gesamte
Mittelschicht unter Abstiegsdruck ge-setzt wird?

Ja, schon recht, angeblich erfordert "der Sturm der Globalisierung"
(Schröder) dieses ganze Programm. Hätte Rot-Grün die Gewinnsteuern nicht
gesenkt, würden noch mehr Unternehmen Jobs in Niedriglohnländer
verlagern und würden noch mehr Reiche ihr Vermögen in die Schweiz
verlegen, lautet die Mär. Dumm nur, dass die Steuerflucht trotz
niedriger Steuersätze keineswegs nachlässt. Denn wer den Fiskus betrügen
will, den hält nichts zurück außer ein erhöhtes Entdeckungsrisiko. Darum
ist jeder Steuerfahnder ein Vielfaches seines Gehaltes wert - eine
Erkenntnis, die in den Vereinigten Staaten zu einer massiven Erhöhung
des Fahndungsdrucks führte.
Merkwürdig auch, dass trotz des Globalisierungsdrucks in den meisten
Industriestaaten mehr Steuern auf Gewinne und Kapitalerträge
eingetrieben werden als in Deutschland. In Großbritannien etwa
entsprechen die Gewinnsteuern über sechs Prozent der
Wirtschaftsleistung. Bei uns ist es fast ein Drittel weniger.

Erst recht absurd ist das Argument, die Löhne müssten sinken, weil die
deutsche Industrie sonst im globalen Wettbewerb nicht mithalten könne.
Tatsächlich gibt es überhaupt kein Industrieland, das mehr exportiert
als Deutschland. Ein Zehntel des gesamten Weltexports kam im vergangenen
Jahr von hier. Weil dieser Erfolg so gar nicht zum Standortgejammer
passt, erfand Hans-Werner Sinn, Direktor des Ifo-Instituts und
Chefideologe der Abbaustrategen, flugs das Stichwort von der deut-schen
"Basar-Ökonomie", die ihre Exportwaren "in zunehmendem Maße nicht mehr
selbst erzeugt, sondern in seinem osteuropäischen Hinterland erzeugen
lässt" - eine lächerliche These. Selbstver-ständlich nutzen Deutschlands
Unternehmen die internationale Arbeitsteilung für den Bezug von
Vorprodukten. Wie anders sollten sie sich sonst ihre Spitzenstellung
erhalten? Nicht trotz, sondern wegen der geschickten Nutzung der
weltweiten Vernetzung konnte die Zahl der Beschäftigten in der deutschen
Automobilindustrie in den letzten zehn Jahren um 20 Prozent steigen,
obwohl die Inlandsnachfrage stagniert. So haben über acht Millionen
Menschen in Deutschland durch die Nachfrage im Ausland Arbeit. Unterm
Strich erwirtschaften sie einen Handelsüberschuss von 90 Milliarden Euro
im Jahr. Dass nun ausgerechnet ein Großökonom wie Sinn die
internationale Ar-beitsteilung in Frage stellt und wie die Nationalisten
des letzten Jahrhunderts auf mehr Autarkie pocht, offenbart, wie tief
das Niveau der wirtschaftspolitischen Debatte gesunken ist.

All das heißt keineswegs, dass nichts reformiert werden müsste, gerade
in den sozialen Sicherungs-systemen. So sind die hohen Sozialabgaben
sehr wohl ein starkes Wachstumshindernis. Ohne sie könnte der
unterentwickelte Arbeitsmarkt für personennahe Dienstleistungen - vom
PC-Support bis zur häuslichen Pflege - viel rascher expandieren.
Wichtigste Ursache dafür sind aber nicht überbor-dende Ausgaben. Der
Anteil der Sozialleistungen am Bruttoinlandsprodukt ist heute genauso
hoch wie 1975. Ein Strukturfehler ist vielmehr, dass ein Drittel des
Volkseinkommens (Beamte, Selb-ständige,
Rentiers) an der Finanzierung der Sozialversicherungen gar nicht
beteiligt ist, weil diese fast ausschließlich über die Lohneinkommen
läuft und darum wie eine Strafsteuer auf Arbeit wirkt. Darum spricht
viel dafür, die Rentenversicherung wie in der Schweiz auf sämtliche
Einkommen auszudehnen.
Damit könnten die Beitragssätze drastisch sinken. Begünstigt wäre vor
allem gering entlohnte Arbeit.

Auch bei der Reform des Arbeitsmarktes können die Erfahrungen
erfolgreicher Nachbarländer nützlich sein, auf die der Bundeskanzler so
gern verweist. Dabei nur die Bausteine aufzugreifen, die den Forderungen
der Unternehmerverbände entsprechen, ist allerdings verlogen. Dänemark
zum Beispiel hat den Kündigungsschutz radikal geschliffen. Dänische
Unternehmen sind damit hoch-gradig flexibel. Dafür aber wird die Formel
"Fördern und Fordern" wirklich ausgefüllt. Dänische Arbeitslose erhalten
bis zu 89 Prozent ihres letzten Nettoeinkommens und werden nicht nach
einem Jahr zu Almosenempfängern. Vielmehr haben sie solange einen
Anspruch auf Zahlung, Ausbildung und Vermittlung, bis sie wieder Arbeit
haben.
Darum ist die dänische Arbeitsmarktpolitik fast 40 Prozent teurer als
die deutsche, und das bei nur halb so hoher Arbeitslosenquote.
Dementsprechend sind die Steuern weit höher als südlich der Grenze. Vor
allem aber hat sich Dänemark nicht gegen, sondern mit seinen
Arbeitnehmern saniert: Die Lohneinkommen steigen seit Jahren weit über
der Inflationsrate, der wachsende Reichtum aus steigender Produktivität
erreicht die ganze Bevölke-rung. Darum läuft die Konjunktur rund und die
Staatsausgaben sind im Lot.

Dieses Ziel wird von der Mehrzahl der deutschen Radikalreformer aber gar
nicht mehr verfolgt. Vielmehr propagieren sie penetrant "schmerzhafte"
Kürzungen, die nicht nur stets zu Lasten der Schwächeren gehen, sondern
auch garantiert kein Wachstum bringen. Das hat den Vorteil, dass man
eine höhere Dosis der gleichen unwirksamen Arznei fordern kann. So
mahnte der Chef der Arbeit-geberverbände, Dieter Hundt, dieser Tage
allen Ernstes eine nochmalige Senkung der Unterneh-menssteuern an. Und
Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Industrie, erklärte,
das neue Arbeitslosengeld II müsse noch einmal um 25 Prozent gekürzt
werden. Wie die so dringend geforderte Bildungsreform oder die
Familienförderung bezahlt werden soll, darüber schweigen sie sich aus.

So wird der Verdacht immer dringender, dass es den Apologeten des
Verzichts gar nicht um wirt-schaftliche Erfolge geht. Ihr Ziel ist
vielmehr eine grundsätzlich andere Verteilung von Einkommen und Macht,
mit der die Grenzen zwischen oben und unten endlich wieder klar
definiert sind. Anders ist kaum zu erklären, dass sie ihre eigenen
Bezüge am US-Vorbild orientieren, bei den Einkommen ihrer Beschäftigten
aber auf Polen verweisen. Der Blick in die erfolgreichen skandinavischen
Län-der offenbart, wo das eigentliche Problem liegt: Dort stehen die
Eliten zu ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl und den sozialen
Zusammenhalt.
Hierzulande strebt die Mehrheit der Gewinner eine gespaltene
Gesellschaft nach angelsächsischem Vorbild an. Das aber ist ein Spiel
mit dem Feuer, weil es große Teile der Bevölkerung zuerst in die
Resignation und dann den rechtspopulisti-schen Verführern in die Arme
treibt. Wie groß das Risiko ist, war Ludwig Erhard noch bewusst. Als
Anfang der 50er Jahre eine Streikbewegung ausbrach, mahnte er: "Das
soziale und demokratische Element unserer Wirtschaftsordnung findet
seine Verwirklichung in Verteilungsgerechtigkeit. Denn die Demokratie
ist noch niemals durch mächtige Organisationen vor dem Verfall bewahrt
worden. Sie wird nur so lange bestehen, als sie von den Menschen
mitgetragen wird."



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