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Die Möwe Artha - nach einer Fabel Guru Devs

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Jan
Administrator

Beiträge: 85
Ort: Oebisfelde


New PostErstellt: 04.11.10, 23:31  Betreff: Die Möwe Artha - nach einer Fabel Guru Devs  drucken  weiterempfehlen

Die Möwe Artha
nach einer Fabel Guru Devs

Artha ritt auf dem salzigen Wind, sog den Duft von Tang und Fisch ein, tanzte im Atem der Brandung und bewachte voll Sorge und Stolz etwas Weißes, Rundes in einer Kuhle tief unten im Sand, etwas, dem ihr ganzes Herz gehörte. Dort unten brütete die heiße Sonne drei Möweneier aus. Artha sollte Mutter werden! Sie fieberte dem Tag entgegen, an dem die Eierschalen brechen und die zarten Küken schlüpfen würden.
Die Brandung schäumte, Welle um Welle leckte über den trockenen Sand, eine Woge überrollte die Kuhle und spülte die Eier ins Meer.
„Nein!” schrie Artha, stieß zum Strand hinunter und bat: „Meer, gib meine Brut zurück!”
Doch ihre Stimme verlor sich im Tosen der Brandung.
Artha spürte, wie das Gefühl der Ohnmacht sie zu lähmen drohte, kämpfte mit aller Kraft dagegen an und versuchte, das Rauschen zu übertönen. „Meer, wenn du die Eier nicht wieder hergibst, trockne ich dich aus!”
Wer je dem Atem des Meeres gelauscht, wer je erlebt hat, wie es sich aufbäumt und scheu in sich selbst zurückzieht, wer je auf hoher See die Macht der Wogen gespürt hat, kennt des Meeres Mutwillen. Es hatte die Stimme gehört, aber es stellte sich taub. Lächelnd wiegte es sich unter der brütenden Sonne.
Artha begann, mit dem Schnabel Wasser zu schöpfen und an den Strand zu schütten. Einen Schluck nach dem anderen holte sie aus dem Meer. So etwas tat keine Möwe! „Was soll das?”, fragten die anderen.
„Ich trockne das Meer aus.”
Die Möwen sahen sich an. „Das Meer?”
„Ja.” Artha hatte keine Zeit für lange Gespräche. Sie musste sich eilen, musste das Meer austrocknen, bevor ihre halb ausgebrüteten Küken erfroren.
Manyu, der Möwenvater, flog herbei und sah verwundert, wie Artha hin- und herflog. „Sie hat den Verstand verloren”, klärten ihn die anderen auf. „Sie glaubt, sie kann das Meer austrocknen.”
Manyu flog zu Artha und rief: „Artha, komm zu dir! Du kannst doch nicht ...”
„Das Meer hat unsre Eier gestohlen. Jetzt bekommen wir keine Küken. Wenn sie über Nacht im Wasser bleiben, erfrieren sie.”
Manyu erschrak. „Unsre Eier?”
„Ich habe das Meer gebeten, sie zurückzugeben, aber es hört nicht auf mich.”
„Meer!” rief Manyu gegen den Wind. „Gib unsre Eier zurück!”
Aber das Meer, das ewig atmende Meer, hörte ihn nicht.
„Gut!”, rief Manyu. „Ich gebe dir Bedenkzeit, bis die Sonne senkrecht über uns steht. Wenn du bis dahin die Eier nicht hergegeben hast, trocknen wir dich aus.”
Die Sonne zog zum Mittagspunkt, stand senkrecht über dem Strand, doch nichts geschah.
„So”, sprach Manyu, „die Zeit ist um!”
Er folgte Artha, nahm Schnabel um Schnabel, Schluck um Schluck, und spie das Meer in den Sand. Sie gönnten sich keine Pause, sie hatten nur eines im Sinn: das Meer auszutrocknen! Tropfen für Tropfen. Bis es kein Wasser mehr hatte.
Die Sonne zog weiter nach Westen. Artha sah besorgt zum Himmel. „Wir schaffen es nicht! Warum hast du nur bis zum Mittag gewartet? Kostbare Zeit ging verloren!“
„Mach dir keine Sorgen”, sagte Manyu. „Garuda lässt uns nicht im Stich. Dieses Unrecht schreit doch zum Himmel.”
Die anderen Möwen horchten auf. „Welches Unrecht?”
„Das Meer hat unsre Eier gestohlen“, erklärte ihnen Manyu. „Das kann Garuda nicht dulden.”
„Ach”, seufzte Artha, „was kümmern den unsre Eier.”
„Stimmt!“ Die anderen nickten. „Der hat Wichtigeres zu tun.“
Als sie sahen, wie Artha unermüdlich weiter hin und her flog, fühlten sie Mitleid, wurden zornig auf das Meer und halfen mit. Bald wimmelte der Strand von Möwen, die Wasser vom Meer in den Sand spieen.
Die Sonne neigte sich tiefer, stand fast schon am Horizont. Mit letzter Kraft spie Artha das Meer in den Sand. „Gleich verschwindet die Sonne hinter dem Meer und wir haben verloren.”
„Nein! Wir werden die Eier bekommen, bevor die Nacht einbricht.”
Die Sonne wurde orange, dann rot. Jeden Augenblick musste sie untergehen. Da verdunkelte sich der Himmel, und ein riesiger Schatten breitete sich übers Meer. Manyu sah auf, erblickte einen Vogel mit mächtigen Schwingen und stieß einen Siegesschrei aus. „Dem Himmel sei Dank! Da kommt Garuda, der mächtige Vogelkönig, der über alle Vögel der Welt gebietet. Ergib dich, Meer! Wenn er dich aufsaugt, bist du verloren!”
Hatte das Meer ein Herz? Hatte es Furcht oder Mitleid? Die Brandung schäumte, Welle um Welle leckte über den trockenen Sand, eine Woge überrollte die Kuhle und spülte die Eier zurück.

Tipps zur Aufführung als Kinderschattenspiel
Als Schattenwand werden zwei zusammengenähte oder -geheftete weiße Laken so aufgehängt, dass davor ein großer Zuschauerraum und dahinter ein kleiner Bühnenraum für Schattenspieler und Lichtquelle entstehen. Als Lichtquelle dient am besten ein Tageslichtprojektor. Die Kinder basteln sich Pappschnäbel, die mit Gummibändern über Nase und Kinnlade gehalten werden, und deuten mit wehendem Tuch über den Armen die Flügel der Möwen an. Wenn Artha am Anfang über dem Strand fliegt, steht das Kind neben der Schattenwand auf einem Stuhl und beugt sich ins Lichtfeld, so dass man nur den Kopf und die Arme sieht.
Das Bühnenbild wird aus Papier und farbig bemalter Klarsichtfolie hergestellt und vom Tageslichtprojektor an die Schattenwand geworfen. Himmel, Sonne, Palmenstrand und Meer werden mit farbigen Filzstiften oder Glasmalfarbe auf die Folie gemalt. Der Vordergrund des Palmenstrands mit der Kuhle für die Eier wird aus Papier oder Pappe ausgeschnitten und bildet einen schwarzen Schattenriss am Boden. Er wird auf den Tageslichtprojektor geheftet, und aus der Kuhle ragt ein Papierstreifen, der am oberen Rand wie drei Eier geschnitten ist. Wenn das Meer die Eier hin und her spült, wird der Papierstreifen bewegt.
Das Wogen des Meeres wird auf dem Tageslichtprojektor mit blauer Klarsichtfolie oder mit einem Klarsichtbeutel dargestellt, der leicht mit gefärbtem, schäumendem Wasser gefüllt ist. Etwas Spülmittel im Wasser bringt es zum Schäumen. Der Vogelkönig wird als Handschatten oder als ausgeschnittene Papiersilhouette auf dem Projektor bewegt. Am Ende, wenn die Eier wieder da sind, vollführen die Möwen einen Freudentanz. Die Geschichte kann von einem Erzähler geschildert oder vorgelesen werden oder von den Kindern frei improvisiert werden. Das Rollen der Flutwelle, die die Eier stielt und wiederbringt, sollte von einem Musiker oder einer Tonaufnahme untermalt werden.

Zuerst veröffentlicht im Juni 2004 auf schreib-lust.de


[editiert: 20.09.11, 18:25 von Jan]
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