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Autor Beitrag
ute
Super-Kromi


Beiträge: 1470


New PostErstellt: 16.10.08, 23:17     Betreff: Ankündigung: Hund zu vermitteln: was muß man beachten!

Das verlorene Symbol

Servus, alle miteinander,

nachdem immer wieder Kromifreunde einen Kromi zu sich nehmen und versuchen - mehr oder weniger erfolgreich - ihn auf einem neuen und natürlich guten Platz unterzubringen, und auch verschiedene Leute einen "gebrauchten" Kromi zu sich nehmen würden, will ich mal versuchen hier darzustellen, wie das idealerweise aussieht. Daß die Bedingungen nicht immer ideal sind, ist klar, aber man kann ja versuchen, das eine oder andere zu übernehmen.

1. Ein Hund, der abgegeben wurde, ist immer traumatisiert. Das ist so und darüber muß man nicht diskutieren. Der Hund hat sich aus seiner Sicht einwandfrei verhalten, aber die Menschen haben ihn trotzdem ausgestoßen. Das kann gute Gründe haben (Krankheit, Scheidung, Tod...), für den Hund ändert das an der Dramatik in seiner Situation nicht das Geringste.

2. Mit viel Glück, aber sehr, sehr selten findet sich sofort jemand, der den Hund nimmt und alles läuft primasupergut. Darüber muß man kein Wort verlieren, außer: das ist äußerst selten der Fall.

3. So ein Hund hat oft sehr viel unerfreuliches erlebt, zumindest hat er die Aufregung und das schlechte Gewissen seiner Menschen erlebt, das er nicht einordnen konnte, aber das hat ihn sehr verunsichert. Er braucht also zuallerst ein sicheres und ruhiges Umfeld, gute und klare Rituale und souveräne Menschen, die ihm die verlorene Sicherheit wenigstens zum Teil wiedergeben. Das heißt: ein geregelter und ruhiger Tagesablauf, der für den Hund gut und leicht überschaubar ist. Als Beispiel vielleicht eher ein Negativbeispiel, das für den Hund nicht gut wäre: der Pflegemensch muß viel arbeiten, ist selten zu Hause und der Hund ist entweder viel allein, sieht seinen Pflegemenschen sehr unregelmäßig oder muß ihn viel begleiten (Unruhe und Unregelmäßigkeit) und / oder sitzt viel im Auto.

4. Hunde im neuen Haushalt können von Vorteil sind, müssen das aber nicht. Zum einen ist nicht jeder Hund glücklich über so einen Fremdling im Haus. Zum anderen sollte der eingesessene Hund dem Pflegehund schon auch das Gefühl geben, daß er willkommen ist. Er sollte also souverän und sozial sicher sein. Sozial sicher heißt nicht: ich setze alle meine Interessen durch, egal wie, wenn es sein muß auch mit "Biss", sondern: er vermittelt dem anderen das Gefühl, daß hier ein Vierbeiner ist, der sich sicher und wohl fühlt und das Leben gelassen und locker sieht. Auch muß der Hund der Pfegestelle akzeptieren, wenn hier ein Hund kommt, der erstmal andere Sorgen hat, als pausenlos zu spielen. Also: z.B. so ein dauerfröhlicher Spielbello kann auch zum Problem für einen Abgabehund werden.

5. Die Interessenten müssen lückenlos (! das ist sehr ernst zu nehmen) über alles aufgeklärt werden, warum dieser Hund abgegeben wurde. Wenn das die Pflegestelle schon nicht ernst nimmt, wie sollen die neuen Leute dann das Problem des Hundes ernst nehmen. Es gibt eben keinen unbelasteten Neuanfang mit einem Hund, der z.B. schon mal ein Kind oder die Oma gebissen hat. Man muß wissen, was man da ins Haus bekommt. Nur wenn man für sich selber die Risken einschätzen kann, kann man sich auch vernünftig entscheiden. Leider erfährt man nicht immer wirklich warum ein Hund "weg" muß. Umso wichtiger ist es, alles weiterzugeben, was man als Vermittler weiß. Auch Einstellungen wie "Es reicht ja, daß ich das weiß", helfen den neuen Besitzern nicht wirklich, wenn die Situation sich zuspitzt. Wenn ein Hund z.B. nicht allein bleiben kann, dann hilft es nichts zu sagen: das muß er aber können. Die bessere Ausgangslage ist zu sagen: Momentan kann er das nicht, aber wir werden unser Bestes geben, damit er das irgenwann in der Zukunft lernt. Ansonsten zerlegt er nämlich bei der ersten Gelegenheit die Wohnung und kommt wieder zurück. Keine gute Idee.

6. Die Interessenten sollten auch nicht den Hund einfach in die Hand gedrückt bekommen, weil sie ihn sooooo süß finden, sondern weil sie diejenigen sind, die man am besten für in der Lage hält, diesen Hund zu übernehmen. Ich würde nicht lange überlegen, ob ich einen Hund, der ein Kind gebissen hat, in eine Familie mit Kindern geben würde. Zunächst mal würde ich das rundweg ablehnen. Außer sie erweisen sich nach eingehender Prüfung als fähig, mit dem Hund so umzugehen, daß ich guten Gewissens dieses Experiment eingehen kann.

7. Einen Hund aus dem Tierschutz (im weitesten Sinne) zu übernehmen, heißt nicht: ich rette ein Tier und deshalb muß es dankbar sein. Das heißt vielmehr: ich verstehe, daß dieser Hund ein Problem hat, ich anerkenne, daß das ernst zu nehmen ist und wenn ich diesen Hund zu mir nehme, dann werden wir - wenn auch vielleicht auf Umwegen - ein gutes und glückliches Leben zusammen führen. Die Verantwortung, daß das so wird, übernehme ich, nicht der Hund.

8. In der Praxis sieht das so aus: ich besuche den Hund und wir stellen fest, ob von wenigstens einer Seite - meistens von der menschlichen Seite aus - ernsthaftes Interesse besteht. Dann verbringen wir mehrfach Zeit miteinander: wir gehen zusammen spazieren, der Hund kommt mal für ein paar Stunden oder Tage zu mir. Wir verbringen Zeit im derzeitigen Lebensumfeld des Hundes zusammen. Man merkt sehr schnell, ob man sich sympathisch ist und kann so auch den Hund besser einschätzen. Die Entscheidung, ob man den Hund nimmt, fällt nach reiflicher Überlegung und ohne Druck der Pflegestelle. Aussagen wie: Sie müssen ihn einfach nehmen, schauen Sie nur wie lieb er sie ankuckt! sollten einen nur dazu bringen, sich sofort vom Acker zu machen.

9. Am neuen Wohnsitz sollte der Hund zuallererst viel Zeit und Ruhe haben um sich einzuleben. Konkretes Beispiel: Krümels "neue Leute" haben ihn erstmal "ausgepowert" und dann alleingelassen. Ums kurz zu sagen: dümmer kann man sich kaum anstellen. Ruhe und Sicherheit braucht ein Abgabehund, keine Daueraction. Es geht hier nicht um Bespaßung, sondern um Eingewöhnung und Vertrauen, das langsam aufgebaut werden muß. Wichtig ist dabei der Kontakt zur Pflegestelle, damit man jemanden hat, an den man sich in unsicheren Situationen wenden kann. Also geht man die ersten Tage nur kleinere Runden an der Leine, läßt den Hund in aller Ruhe die neue Umgebung erkunden und fängt so ganz nebenbei an, kleine Gehorsamsübungen mit ihm aufzubauen. Bitte nicht : bei Fuß gehen und Abbruchsignale (damit er gleich weiß wos lang geht), sondern ruhiges Abrufen, locker an der Leine gehen, freundlich und bestimmt Grenzen setzen....

10. Es muß nicht jeder einen Hund aus dem Tierschutz haben. Es ist völlig ok, wenn jemand sagt: da fühle ich mich überfordert. Genauso kann nicht jeder einen Hund zur Pflege nehmen, das ist auftreibend und kostet Geld, Zeit und Energie. Aber wer es tut, sollte das ernst nehmen und nicht versuchen sich zu profilieren:

Es geht um den Hund, daß er einen guten Platz bekommt und nicht als Wanderpokal durch die Gegend gereicht wird. Jeder Hund, der vermittelt werden muß, ist ein Hund zuviel. Jeder Hund, der vom neuen Platz zurückkommt, hat einen weiteren Knacks. Für den Hund ist das kein Spaß, sondern Stress. Wer das nicht berücksichtigt, sollte die Finger davon lassen.

Ansonsten ist ein Hund aus zweiter Hand zu 99,999 % ein 6er im Lotto. Wert sind sie es alle.





Liebe Grüße
von Ute, Fritzi und Loni


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Liebe Grüße
von Ute, Fritzi und Loni

Wer für alles offen ist, ist vermutlich nicht ganz dicht.


[editiert: 18.10.08, 15:27 von Eva]
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