Naid2Xo Fan Projekt

 
Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge MembersMitglieder SucheSuche HilfeHilfe
ChatChat VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender BookmarksBookmarks
Gags wie aus dem Maschinengewehr

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
Frickibär

Mitglied

Beiträge: 1177
Ort: Mannheim


New PostErstellt: 30.04.06, 07:44  Betreff: Gags wie aus dem Maschinengewehr  drucken  weiterempfehlen

Gags wie aus dem Maschinengewehr
Keine "Comedy zum Kuscheln" bei Ausbilder Schmidt im Capitol


Mannheim. Männerritualen, ob in Geheimbund-Logen, Studentenverbindungen oder bei der Armee, haftet für Außenstehende immer etwas Beknacktes an. So etwas passt demnach prima zur Comedy: Mit "Morgen, ihr Luschen!" begrüßt Ausbilder Schmidt sein Publikum im Capitol, und aus Hunderten von Kehlen schallt ihm ein ergebenes "Morgen, Chef!" zurück, später noch ein masochistisch anmutendes "Ausbilder, sei streng zu uns!"

Holger Müller ist ganz in seinem Element. Bundeswehr-Oliv, rotes Barett, Sonnenbrille und eine lange Zigarre machen den in Köln lebenden Pfälzer, der privat ein absolut umgänglicher Kerl ist, auf der Bühne zum fiesen "grünen Drecksack", zum widerlichen Schleifer, der alles und jeden auf Vordermann bringen will. Er sieht die Welt unter strikt militärischen Aspekten, die in Kindererziehung, Eheführung und die Schrebergartensiedlung "Klein-Alcatraz" hineinleuchten; klar definierte Aufgaben, bedingungslose Disziplin und selbstverleugnende Pflichterfüllung erlauben ihm überhaupt erst ein funktionierendes Leben: Ohne Drill kein Heil. In der Figur des Ausbilders Schmidt hat Müller einen comicartigen Bühnencharakter geschaffen, der einmalig ist in der deutschen Comedy-Landschaft und in seiner perfektionierten Darstellung zudem einsame Spitze. Genauer: darüber, "over the top", gar nicht mehr in und von dieser Welt.

Natürlich gibt es einen Ausbilder Schmidt so nicht im wahren Leben. Müller hat bei der Luftwaffe gedient und keine derartige Type je getroffen. Vielmehr fügt sich die Figur aus wahren Kernen und Fiktionen zusammen, die in ihrer Gesamtheit denn doch ein veritables Bild übersteigerter Mannhaftigkeit im Heer ergeben. Die gründliche Überzeichnung der Rolle ist letztlich eine Form der Kritik: Der soziopathische Ausbilder, laut, cholerisch und herrschsüchtig, ist so sehr Mega-Macho, dass er in Wirklichkeit nur selber das Weichei sein kann, dem er in misogynen Metaphern und krudem Kasernenhofton - bisweilen auch vom Megaphon verstärkt - das Turnbeutelvergessen und Warmduschen austreiben will.

Tatsächlich dokumentiert Müller Distanz und bricht seine Rolle mehrmals: im Test zur Erkennung der Geschlechteridentität ("Du bist hart, du bist stark, dir kann keiner was - du bist eine Frau."), im Dialog mit dem Publikum ("Bist du etwa Lehrer?" - "Nein, Kritiker." - "Kritiker? Was willst du trinken?") oder indem Tourneegast Lars Hohlfeld die Spieß-Brüllerei parodieren darf. Hohlfeld ("12 Dioptrien"), glänzt mit Auszügen aus seinem eigenen Stand-up-Programm und gewinnt die Gunst der Gäste mit einer umwerfenden Nummer über eine Außenzahnspange. Ausbilder Schmidt freilich bleibt unerreicht: Pythonesker Humor, morbide und tiefschwarz, führen den Programmtitel "Ruck Zuck - Comedy zum Kuscheln" ad absurdum, die Groteske wird zum Dauer-Schenkelklopfer mit Gags wie aus dem Maschinengewehr. Mike Seifert

© Sonntag Aktuell - 30.04.2006



Quelle: www.morgenweb.de



"doch wenn ich arm bin, habe ich nur meine träume. die träume breite ich aus vor deinen füßen. tritt leicht darauf, du trittst auf meine träume." (William Butler Yeats)
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
Sortierung ndern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 1 von 1
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Layout © subBlue design