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Bin auch Neuling...

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Autor Beitrag
Philotas
Neuling


Beiträge: 70
Ort: Stuttgart


New PostErstellt: 07.09.06, 01:19  Betreff:  Bin auch Neuling...  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Hallo ihr !!

Erstmal danke für die nette Begrüßung. Ich selbst bin 18 Jahre alt, komme aus Süddeutschland (aus dem guten, alten Schwaben) und bestreite bald mein letztes Schuljahr. Außerschulisch (wo sich mein eigentliches Leben abspielt) lese ich sehr, sehr gern, höre genauso gern Musik, vor allem Klassische (Wagner, Liszt, Ravel, Scriabin, Debussy, etc.), und liebe das Theater. Außerdem widersetze ich mich leidenschaftlich dem Verdikt, das Lord Goring in "An Ideal Husband" spricht: "It is love, and not German philosophy, that is the true explanation of this world, whatever may be the explanation of the next." 

Wie ich zu Wilde kam ?? Das war bei mir herzlich unspektakulär: Im Englischkurs musste jeder ein Buch innerhalb von 20min "präsentieren". Ich wollte ursprünglich "Death of a Salesman" von Arthur Miller machen, aber das wurde abgelehnt, weil Theaterstücke anscheinend nicht zugelassen sind (aus welchem Grund auch immer). Wie dem auch sei: Für die Leute, die noch kein Buch hatten, und da gehörte ich dann notgedrungen auch dazu, wurde eine Liste vorgelesen und zufälligerweise fand sich darauf auch "Picture of Dorian Gray". Ich hatte vorher nichts von Wilde gelesen, aber das Buch war mir natürlich ein Begriff; darum habe ich es ausgewählt. Ich war zuvor ein bißchen skeptisch, weil Klaus Mann in seiner Biographie "Der Wendepunkt" nicht sehr positiv über die Phase des "Dandys" Wilde spricht (wozu er auch den Dorian Gray zählt) und dafür das Spätwerk vorgezogen hat... Als ich aber (zugegebenermaßen von diesem Vorurteil eingenommen) schon im zweiten Kapitel solche Sätze fand wie:"The aim of life is self-development. To realize one's nature perfectly--that is what each of us is here for", dann musste ich mich eines Besseren belehren. Das Buch hat mich von Grund auf verändert, vor allem die Lebensphilosophie, die darin ausgesprochen wird. Kurz danach habe ich dann "De Profundis" und "The Soul of Man under Socialism" gelesen und war genauso begeistert. Wilde hat eine Art an sich Dinge klar und deutlich auszusprechen, was bei z.B. deutschen Autoren sehr schwerfällig ausehen würde und genau deswegen treffen sie mich so tief, weil man es immer sofort versteht und vielleicht sogar für richtig hält. Außerdem fasziniert mich die Zeit, in der er gelebt hat, und vor allem seine Kunstanschauung bzw., was damit zusammenhängt seine Lebensanschauung. Umso größere Probleme hatte ich später, als ich das Buch dann endlich vorstellen musste, damit, wie ich die Quintessenz des Buches, die ja gerade in dieser Lebensanschauung besteht, darstellen sollte. Ich habe mich dann einfach nachher auf die Geschichte konzentriert. Andrerseits glaube ich nicht, dass meine Mitschüler das verstanden hätten. Ich musste mir auch vor meiner Buchvorstellung solche Kommentare anhören wie: "Na, das der schwul ist kann man sich ja gleich denken." Ich denke, das sagt schon alles aus. 

Deswegen bin ich auch unendlich froh endlich Gleichgesinnte gefunden zu haben. Ich freue schon darauf mich mit euch auszutauschen und neue Leute kennenzulernen. Wenn ihr Fragen habt, dürft ihr sie gerne stellen...

Viele liebe Grüße

Philotas





Denn der hat viel gewonnen, der das Leben verstehen kann, ohne zu trauern.
(Friedrich Hölderlin)
Destiny does not send us heralds. She is too wise or too cruel for that.
(natürlich Oscar Wilde)


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Hat je ein Dasein als es selbst frei darüber entschieden, und wird es je darüber entscheiden können, ob es ins "Dasein" kommen will oder nicht ? Martin Heidegger
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Mrs. Umney
Stammgast


Beiträge: 401


New PostErstellt: 14.09.06, 16:47  Betreff: Re: Bin auch Neuling...  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Was hast du denn als Quintessenz des Buches erkannt? Interessiert mich mal. :-)



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"Lüge nie, denn du kannst ja doch nicht behalten, was du alles gesagt hast!"
Konrad Adenauer
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Mrs. Umney
Stammgast


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New PostErstellt: 14.09.06, 16:48  Betreff: Re: Bin auch Neuling...  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Und: Was hast Du da eigentlich für ein Bild im Ava... gefällt mir.



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Philotas
Neuling


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New PostErstellt: 15.09.06, 12:05  Betreff: Re: Bin auch Neuling...  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Gleich im voraus würde ich mich gern für meine Ausdrucksweise oder vielmehr für meinen Ausdruck entschuldigen: Ich finde "Quintessenz" erhebt gleich einen Anspruch auf Allgemeinheit, und zwar eine Allgemeinheit, die es bei einem Werk wie Dorian Gray, glaube ich, niemals geben wird (was im übrigen für alle großen Kunstwerke gilt). Es ist einfach ein Aspekt, der mir sehr wichtig war und immer noch ist, daher eher subjektiv als objektiv..

Das habe ich in meiner Beschreibung nur angedeutet, und zwar ging es um das Gespräch im zweiten Kapitel zwischen Dorian Gray und Lord Henry, die ja auch einen gewissen Expositionscharakter hat (mit dem ersten Kapitel zusammen); und da sagt Lord Henry: "The aim of life is self-development. To realize one's nature perfectly--that is what each of us is here for. People are afraid of themselves, nowadays. They have forgotten the highest of all duties, the duty that one owes to one's self. Of course, they are charitable. They feed the hungry and clothe the beggar. But their own souls starve, and are naked. Courage has gone out of our race. Perhaps we never really had it. The terror of society, which is the basis of morals, the terror of God, which is the secret of religion--these are the two things that govern us." Das führt er dann weiter aus :"I believe that if one man were to live out his life fully and completely, were to give form to every feeling, expression to every thought, reality to every dream--I believe that the world would gain such a fresh impulse of joy that we would forget all the maladies of mediaevalism, and return to the Hellenic ideal-- to something finer, richer than the Hellenic ideal, it may be." Ich weiß, dass viele Leute über Selbstverwirklichung gesprochen bzw. geschrieben haben. Aber ich finde keiner tut das so direkt und klar wie das Oscar tut. Vielleicht muss ich dazu sagen, dass es mir zu dieser Zeit nicht besonders gut ging und ich mir Sinnfragen gestellt habe, auf die ich keine Antworten hatte.. Hier hab ich sie gefunden und zwar komprimiert auf wenige Worte. Das erstaunlichste ist, dass Oscar diese These weiterentwickelt hat, und er ging dabei sogar soweit es mit dem Sozialismus in Verbindung zu bringen. Das besondere seiner Ansicht ist ja, dass der Sozialimus einen neuen Individualismus hervorbringen soll, ich denke ich sage hier nichts unbekanntes; aber das hat mich weiterhin fasziniert: "Andererseits ist der Sozialismus lediglich darum von Wert, weil er zum Individualismus führt." Und zwar meint er einen Individualismus, der sich gerade nur in der Unabhängigkeit vom Äußeren entwickeln kann. Es geht einzig und allein darum den Wert seines Daseins in der inneren Persönlichkeit zu entdecken und zu verwirklichen. So interpretiert er dann auch die Lehre von Jesus:"Du solltest das Privateigentum aufgeben. Es hindert dich an der Verwirklichung deiner Vollkommenheit. Es ist eine Fessel für dich. Es ist eine Last. Deine Persönlichkeit braucht sie nicht. In dir selbst, nicht draußen findest du, was du wirklich bist und was du bist." Entsprechend kritisiert er die Menschen, die ihr Leben nur an Äußerlichkeiten fest machen und nur dem Besitz nachgehen.

Das ist kein Zug von seiner Dandy-Phase. Er findet sich auch noch in De profundis, vielleicht fast noch schöner ausgedrückt:"Wer einzig und allein nach Selbstverwirklichung strebt, weiß nie, wohin er geht. Er kann es nicht wissen. In einem bestimmten Sinn des Wortes ist es natürlich nötig, daß man, wie das griechische Orakel sagte, sich selbst erkennt. Darin besteht die erste Stufe des Wissens. Und die letzte Stufe der Weisheit ist die Erkenntnis, daß die Menschenseele unerforschlich ist. Das letzte Geheimnis sind wir selbst." Dem setzt er die "praktische Natur" entgegen: "Praktische Naturen, für die das Leben eine Spekulation ist, die von der sorgfältigen Berechnung aller Mittel und Wege abhängt, wissen immer, wohin sie gehen, und dahin gehen sie auch.[...] Wer danach trachtet, etwas zu werde, was nichts mit seiner Persönlichkeit zu tun hat, Parlamentsmitglied oder erfolgreicher Gemischtwahrenhändler oder ein bekannter Rechtsanwalt oder Richter oder sonst etwas Langweiliges, wird unweigerlich dieses Ziel erreichen. Das ist seine Strafe. Wer eine Maske haben will, muß sie auch tragen." Dazu kam bei mir noch die Definition von "Persönlichkeit" wie Kant sie gibt (in der Kritik der praktischen Vernunft):"Persönlichkeit, das ist die Freiheit und Unabhängigkeit vom dem Mechanismus der ganzen Natur." Das mag vielleicht weit hergeholt scheinen, aber in einem gewissen Punkt stimmt es mit Wilde überein: Kant definiert das moralische Vermögen (das intelligible Ich; oder hier die „Persönlichkeit“) als dasjenige, was sich frei selbst bestimmen kann, also ein aktives Vermögen ist; im Unterschied zum „Verstand“ der das rezeptive Vermögen ist, der nur Eindrücke (Erfahrungen) aufnimmt und sie unter einen Begriff bringt. Ich finde, das trifft auch ein Stück weit auf Wilde zu, der Persönlichkeitsentwicklung als dasjenige beszeichnet, was von allem Äußeren absieht (bei Kant der „Mechanismus der ganzen Natur“, wenigstens in Analogie dazu). Ich würde das gerne weiter ausführen, aber der Beitrag ist schon lang genug…

Um jetzt wieder auf Dorian Gray zurückzukommen: Es gibt eine kleine Stelle in seinem Essay „The Decay of Lying“, wo er über die Beziehung zwischen Kunst und Leben spricht (was er eigentlich in dem ganzen Essay tut):“ Das Leben hält der Kunst den Spiegel vor und reproduziert entweder den ausgefallenen Typus, den der Maler oder Bildhauer geschaffen hat, oder es verwirklicht in der Tat den Traum des Dichters. Philosophisch gesprochen ist die Grundlage des Lebens - die Energie des Lebens, wie Aristoteles sagen würde einfach das Verlangen nach Ausdruck, und die Kunst bietet immer die mannigfaltigsten Formen dar, durch welche der Ausdruck erreicht werden kann. Das Leben greift sie auf und benutzt sie, selbst wenn sie zu seinem Verderben sind.“ Bei Aristoteles gibt es die beiden Begriffe dymnamis und energeia, Möglichkeit und Wirklichkeit. Jedes Wesen, sei es in der Natur bis zum Menschen, liegt ein Vermögen, eine Möglichkeit zu Grunde, und der Sinn seines Daseins ist es, dass diese Möglichkeit Wirklichkeit wird (entsprechend spricht Lord Henry von:“ To realize one's nature perfectly--that is what each of us is here for.“) Meiner Meinung nach gibt er hier einen kleinen Kommentar zum Dorian Gray, indem er sagt, das Leben ist die Verwirklichung (energeia), oder wie er sagt „das Verlangen nach Ausdruck“, und zwar die Verwirklichung der dymnamis, der Möglichkeit, also das menschliche Selbst, wenn er sich hier auf die dymnamis der Menschen bezieht. Er erwähnt sie zwar nicht direkt, aber wenn er schon von Aristoteles spricht und „Energie“, dann liegt das glaube ich nahe.  Das wirkliche wichtige dabei finde ich, dass er sagt, dass die Verwirklichung als Grundlage des Lebens, das „Verlangen nach Ausdruck“ sein Vorbild in der Kunst sieht und sich danach richtet, obwohl er es nie erreichen kann. Dorian Gray will darin seinen Lebensinhalt sehen, zum Kunstwerk zu werden, anstelle seines eigenen Bildes, „selbst wenn es zu [seinem eigenem] Verderben“ ist.

Ich weiß, insgesamt ist das eine sehr subjektive Interpretation, aber mir hat sie viel geholfen, oder vielmehr unter diesem Aspekt ist mir das Buch und mit ihm der ganze Oscar sehr kostbar geworden, was aber wiederum nicht heißen soll, dass ich ihn darauf reduzieren will. Das ist das letzte, was ich wollte.

Die Antwort ist jetzt ganz schön lang geworden…  naja, ich denke mal sie ist zumindest aufklärend, was deine Frage betrifft..

 

 

 


Denn der hat viel gewonnen, der das Leben verstehen kann, ohne zu trauern.
(Friedrich Hölderlin)
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(natürlich Oscar Wilde)


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[editiert: 15.09.06, 19:52 von Philotas]
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Philotas
Neuling


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New PostErstellt: 15.09.06, 12:15  Betreff: Re: Bin auch Neuling...  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Vor lauter schreiben hätte ich das eine fast vergessen: Das Bild ist von Gustave Moreau (1826-1898), der Wilde übrigens mitunter durch seine Bilder zur "Salome" inspiriert hat. Das schönste von ihnen habe ich als Ava genommen.. Ich kenne das Bild selbst von der CD-Hülle von der Strausschen Opernfassung von Salome, übrigens seit kurzer Zeit eine meiner Lieblingsopern (und eins meiner Lieblingswerke von Oscar). Er hat auch andere wunderschöne Bilder gemalt, aber ich fand das verständlicherweise das passendste.





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