Hroc Earricson
Erster Maat Ehemaliges Mitglied
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Erstellt: 04.11.09, 17:43 Betreff: Re: Im Auftrag des Falgathen IV |
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Das Blatt hatte sich bereits braun gefärbt und mit seinen Brüdern bildete es den kräftig roten Ton seiner heimatlichen Buche. Der Herbst war zweifellos und unaufhaltsam über Danglar hereingebrochen. In den letzten Tagen hatte manch Regenschauer dem Blatt zugesetzt und nun, als der kalte Wind seinen Weg aus dem Norden-Westen hinab gefunden hatte und entlang der Küste Danglars erneut nach Nord-Osten drehte, da gab das Blatt nach, löste sich und wurde mit Kraft empor gehoben. Die eisige Briese trug es weiter, über schäumende Dünung und endlose Wogen wirbelte es oft mit aller Kraft um die eigene Achse, ließ es dann und wann etwas sinken, um es mit noch mehr Kraft erneut hinauf zu schnellen. Alsbald eilte das braune Blatt zwischen Fetzen eilenden Meeresschaums dahin und über blankgeschliffene Sandbänke hinweg, wich geschickt den wankenden und mit Reisig gekrönten Pricken im Flachwasser aus und eilte auf ein in das Wasser ragende Gestell aus Holz zu. Eine Bö wirbelte es über Kisten und Stoffballen hinweg und durch zwei nach unten greifende Arme hindurch. Das braune Blatt schnellte die feuchten Planken des Stegs entlang, tänzelte über den Strand, wurde an der Dünenkante empor gerissen und verfing sich klatschend in einem zotteligen Gestrüpp...
Normanshavn südlich der Skanseborg, der Nordmann-Schanze auf Runkel:
Hásteinn, ein stämminger Draengr aus Vestirgard, fuhr sich erschrocken ins Gesicht und fischte sich ein nasses Buchenblatt aus dem Bart. Brummig bestaunte er es einen Augenblick, bis er es zerknüllte und hinter sich warf. Dann wandte er sich wieder seinem Nebenmann zu, mit dem er Posten auf dieser Seite des Hafens bezogen hatte. Ófnir und er blickten auf die Busse hinunter, die an dem Steg festgemacht hatte und nun ausgeladen wurde. „Tydligen den Trana är tillbaka. Jag tror, jarlen det vill veta.“ sagte Hásteinn, doch Ófnir zuckte nur mit den Schultern. Er deutete mit der Hand auf einen Mann, der den Pfad hinauf eilte, welcher zur Skanseborg führte. „Men han har bråttom.” meinte Ófnir staundend „Dålig nyheter?“
Die Skanseborg, der Nordmann-Schanze auf Runkel:
Die Havahål der Skanseborg war an diesem Nachmittag gut mit jenen Nordmannen gefüllt, die sich auf Runkel vom Dienst in Perlhafen erholten und welche die Gemeinschaft sowie etwas Unterhaltung suchten. Lachen und Gesang erfüllte Halle, in der ein großes Feuer prasselte, über dem ein Schwein für den Abend zubereitet wurde. Das Klackern von Würfeln und Anfeuerungsrufe bei Wettkämpfen erfüllten neben dem bunt gemischten Gerüchen von frisch gebratenem Schwein, Ale, Wein und Kräutern die Luft. Manch einer hatte auch ein kleines Instrument, eine Flöte aus Bein zum Beispiel, mit auf die Reise genommen, andere verstanden sich auf Sagas und waren lebhafte Erzähler.
Doch all das gelassene Feiern spiegelte sich nicht auf dem Gesicht Hrocs Earricsons wieder, als er das Pergament in seiner Hand durchlaß. Eher beiläufig winkte er Frostan, den Überbringer dieser Nachricht, an die Tafel und wies an, ihm Essen und Getränke zu bringen. Als er endete, wandte er sich sofort an den Boten. „Und es ist nicht bekannt, wer hinter den Angriffen steckt?“ Frostan schüttelte den Kopf. „Trotz überschaubarer Zahl sind sie schnell und stark aufgetreten, so daß den Hirten nur die rasche Flucht blieb. Einar hat ihnen eine Falle gestellt, doch sie sind daraus entkommen. Sie sind kampferprobt und nicht leicht zu täuschen. Zudem tragen sie nichts, was auf ihre Herkunft hinweisen könnte. Ihre Schilde sind ungefärbt…“ er hob vielsagend die Schultern und Hroc nickte. „Einar hat recht, es sind wohl Sticheleien. Ich wüßte sonst nichts, was dies bewirken soll. Anscheinend wollen sie die Huscarle aus Husgard hervorlocken. Ein Glück, daß dies bislang nicht gelungen ist.“
Der Hersir der Nordmänner auf Runkel führte einen Becher mit Wein an seinen Mund und verzog diesen, als sei der Wein bitter geworden. „Von meinem Bruder gibt es noch immer keine Spur?“ Frostan schüttelte den Kopf. „Wir hatten auch nicht viel Möglichkeit nach ihm zu suchen. Wo sollten wir anfangen? Die Jäger haben jedenfalls den Wald und die Berge abgesucht, als sie den Plünderern nachstellten. Zumindest dort haben sie noch nichts gefunden.“ Er blickte Hroc an. „Willst Du nach Hause segeln?“
Hroc prustete und schüttelte den Kopf. „Es ist die Zeit der Höststorme. Niemand segelt im Winter freiwillig mit einer Flotte ins Nordmeer. Nein, ich werde die Männer nicht gefährden. In den Armen der Ran helfen sie niemandem.“ Er schüttelte den Kopf und knirschte mit den Zähnen. „Ich werde Fearn zurückhalten müssen, wenn er davon erfährt.“ Er stellte den Becher wieder ab. „Wir warten hier auf die Ameländer, denn ich habe ihren Hersir Hein hierhin eingeladen und wir warten auf Thjálmi, Bjarne und Tyyni. Sie waren auf dem Festland und sind wohlmöglich mitten in ein Wespennest getreten. Sie wollten in ein Gebiet, in dem der Feind vor ein paar Tagen fast durchgebrochen wäre. Ich hoffe, ihnen ist nichts geschehen.“ Er knirschte mit den Zähnen. „Nein, wir sind verdammt zu warten...“
Aus der Menge traten nun Jálfur Langaxt Aldurson und der schwarzbärtige Brynjar an die Tafel heran. Sie trugen frisch gefüllte Krüge mit schäumenden Bier und stellten auf dem Tische ab. Ein kurzer Blick Jálfurs erfaßte die Lage. „Probleme?“ fragte er kurz und erhielt das Schreiben von Hroc herübergereicht. Er grunzte kurz als er zu lesen begann. „Nun, mein Albionisch ist nicht das Beste, aber vielleicht solltest Du solch persönliche Zeilen lieber selbst...“ er stutzte und laß weiter. „Oha, ja, ja...“ Sein Blick folgte den geschwungenen Lettern einer Frauenhand interessiert und sein Blick verdüsterte sich. Dann gab er das Pergament an Hroc zurück und er maß seinen Hersir mit abschätzenden Blick. „Ich nehme an, wir eilen nicht direkt nach Hause?“ fragte er ganz offen.
Hroc hob eine Augenbraue, was als Antwort durchaus gereicht hätte. „Nein, wir werden einen weiteren Winter auf Runkel bleiben. Für einen Aufbruch ist es bereits zu spät, wir haben schon Nebelung, den Windmond. Wir würden die gesamte Flotte gefährden, würden wir jetzt gen Nordmeer in See stechen.“ Grübelnd fuhr Hroc sich über das Kinn. „Wir erwarten Gäste. Der ameländer Hersir wird bald hier eintreffen und er tut dies sicherlich nicht uneigennützig. Wir werden gewiß noch einmal Arbeit finden, bevor wir gen Heimat aufbrechen.“ Dann lehnte er sich zu Jálfur und Brynjar hinüber. „Habt Ihr Erfolg gehabt? Gibt es Männer mit Interesse?“ fragte er fast schon verschwörerisch, auf das Jálfur und Brynjar grinsen mußten. „Ich denke, ja. Die Skanseborg ist auch zu reizvoll, um sie anderen zu überlassen, nicht wahr?“ Die Männer schauten sich an und lachten...
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