Ray O. Nolan`s Nostradamus-Forum

Eva S. · Besucher

Hallo @ll,

im Thread "Schlüssel zu Nostradamus" habe ich auf die vielen, durchaus logischen Schlüssel hingewiesen, die für Nossis Werk existieren. Hier möchte ich einfach mal ein Beispiel bringen, warum es meiner Ansicht nach so schwer ist, einen Schlüssel zu präsentieren, der nicht ständig in Zweifel gezogen wird und auch "eine Lanze dafür brechen", dass sich meiner Ansicht nach Nostradamusforscher untereinander, egal ob Experte oder Hobbieforscher mit mehr Achtung voreinander "begegnen" sollten und ihre jeweiligen Erkenntnisse nicht immer "als der Weisheit letzter Schluss" betrachten sollten.

Auch möchte ich an nachfolgendem Beispiel demonstrieren, dass bestimmte Satzzeichen und absichtlich falsch geschriebene Wörter (hier das Wort "noun" = hebr. "N") durchaus Hinweise auf die Entschlüsselung geben können und darum nicht korrigiert werden dürfen.

Hier nun das Beispiel, eine rein von mir erfundene fiktive "Prophezeiung"(?).

Mein verschlüsselter Text lautet so:

"Goldene Sonne, Zahl des Unglücks,
Stunde Vier mal Vier und drei:
Engel, sehr feminin & der mit dem Namen des Heiligen,
erkannt durch Aleph, Noounn und Thau,
begleitet vom jungen Apostel:
Paulus am Altar des Berges."

Hört sich vielleicht nicht so gut und dunkel wie Nossis Verse an, sollte aber als Beispiel für die Entschlüsselungsproblematik genügen.

Kommen wir jetzt zu meinen "Forschern". Forscher A ist Japaner, spricht fließend Deutsch und ist Experte; Forscher B ist ebenfalls Experte, Deutscher (also im Hinblick auf "meine Propeheiung" Muttersprachler) und sieht sich selbst als Realist. Für ihn ist die "Entschlüsselung" obigen Verses in historischen Aufzeichnungen, Mythologie und Bibel zu suchen.
Forscher C ist Franzose, Verschwörungstheoretiker und Hobbieforscher und last but not least, Forscher D. Auch er ist Hobbieforscher, Deutscher und offen für alle Möglichkeiten, was obige "Prophezeiung" wirklich bedeutet.

Nun zur Entschlüsselung:

1. Goldene Sonne = in obigem Beispiel eine Umschreibung für den Monat Oktober.
Wer von "meinen Forschern" glaubt ihr, wäre hierauf gekommen? Forscher A (Japaner) höchstwahrscheinlich nicht, da er trotz ausgezeichneter Sprachkenntnisse eher nicht unsere Redewendung vom "Goldenen Oktober" bzw. der "Goldenen Oktobersonne" kennen dürfte.
Auch Forscher C (Franzose) könnte Schwierigkeiten haben. Am ehesten würde ich diese "Erkenntnis" Hobbieforscher D zuschreiben, da er vorurteilsfrei alles analysiert und für jede Lösung offen ist.

2. Zahl des Unglücks = Die Zahl 13
Hier ist es schon einfacher, da "13" als Unglückszahl fast schon international "bekannt ist". Ein schönes Aha-Erlebnis für obige Forscher, jetzt müßte man die 13 nur noch in einen passenden Kontext zur "Goldenen Sonne" setzen - wieder gute Chancen für Forscher D.

Somit ergibt sich bei richtiger Entschlüsselung eine Datumsangabe: 13. Oktober. Sollte Forscher C dies entschlüsselt haben, wird er der Meinung sein, hier eine Bestätigung für seine Vermutung, obige Prophezeiung stehe im Zusammenhang mit Mitteilungen an Geheimbünde, gefunden zu haben. Aber hat er das wirklich? Wir werden sehen.
Falls Forscher B bis hierher entschlüsselt hat, wird er sich wahrscheinlich auf historische Chroniken stürzen und nachsehen, was sich jeweils am 13. Oktober abgespielt hat.

3. Stunde Vier mal Vier und drei:
Hier habe ich eine "kleine Falle" eingebaut. "Stunde Vier mal Vier" lässt sich noch nachvollziehen zum entschlüsselten "zur 16. Stunde" = 16.00 Uhr, was aber ist mit "und drei:" Die "Vier" wurde von mir mit Absicht groß geschrieben, ebenso die "drei" klein. Flüchtig betrachtet könnte man annehmen, "und drei" gehört zur Zeitangabe. Wenn dem so ist bedeutet es + 3 Minuten oder + 3 Stunden? Letzteres würde schon wieder eine Änderung der Uhrzeit um drei Stunden, also 19.00 Uhr zur Folge haben.

Aber "und drei" hat mit der vorherigen Zeitangabe nichts zu tun. Ich werde später auf die Bedeutung zurückkommen.

4. Engel, sehr feminin & der mit dem Namen des Heiligen, erkannt durch Aleph, Noounn und Thau
Hier dürften obigen Forschern die "Köpfe rauchen". Was soll man sich hier auch vorstellen? Schlechte Karten haben Forscher A und C, aber auch die deutschen Forscher müßten sehr lange überlegen.

Forscher B würde jetzt vielleicht an eine Geschichte in der Bibel denken, da in obiger "Prophezeiung" auch noch zwei Apostel erwähnt werden.
Die Übrigen würden vielleicht auch an einen Engel aus der Bibel denken oder aber vielleicht an eine sehr schöne Frau, zumindest mit der "Frau" würden sie der Entschlüsselung näher kommen. Der "sehr feminine Engel" wurde von mir nämlich als Umschreibung für den weiblichen Vornamen Angela benutzt.

Sollte einer "meiner Forscher" "Angela" entschlüsselt haben, würde er vielleicht vermuten, dass sich auch hinter "der mit dem Namen des Heiligen" ein Name verbirgt. Damit würde er richtig liegen. Es handelt sich um den Namen "Anton". Der Heilige Anton gehört zu den weniger bekannten Heiligen. Aber der Hinweis auf diesen Vornamen ist versteckt in "erkannt durch Aleph, Noounn und Thau" = ANT, der Rest des Namens wurde in dem falsch geschriebenen "Noounn" --> zusätzliches "o" und "n" versteckt.

5. begleitet durch den jungen Apostel

Sollte einer obiger Forscher bis hierher richtig entschlüsselt haben, wird er auch vermuten, dass der "junge Apostel" für einen weiteren Namen steht. Aber welcher Apostel ist gemeint? Die Betonung liegt bei mir auf "jung" - Johannes war der jüngste Apostel Christi. Also haben wir richtig entschlüsselt den Namen Johann.

6. Paulus am Altar der Berge

Achtet man nicht auf den Doppelpunkt nach "jungen Apostel", könnte man zu dem falschen Schluss kommen, dass der letzte Satz tatsächlich den "Apostel Paulus" meint und vielleicht gar nicht zum übrigen Vers gehört. Es ist aber ganz anders. Mit "Paulus am Altar der Berge" habe ich die (rein fiktive) Bergkapelle St. Paul umschrieben.

Kommen wir nochmal auf "und drei" zurück. "und drei" bedeutet drei Personen und im weiteren Sinn "treffen".

Nun zur vollständig entschlüsselten Nachricht:

"Angela, Anton und Johann treffen sich am 13. Oktober um 16.00 Uhr bei der Bergkapelle St. Paul".

Wer von obigen Forschern wäre hier allein draufgekommen? Die Chancen, die Botschaft richtig zu entschlüsseln, hätten sich bei einer Zusammenarbeit sehr erhöht, da die verschiedenen Ansichten schließlich leichter zur Wahrheit geführt hätten, was die "Prophezeiung" wirklich beinhaltet.

Aber selbst wenn man von den einzelnen Standpunkten obiger Forscher ausgeht, wären die jeweiligen individuellen Entschlüsselungen reine Pseudowissenschaft? Wohl kaum - denn jeder der vier hat nach bestem Wissen und Gewissen entschlüsselt und dass der ursprüngliche Text eine simple Nachricht und keine Prophezeiung ist - konnte keiner von ihnen wissen. Am besten würde es nach dieser Entschlüsselung noch Forscher C gehen - denn Angela, Anton und Johann könnten ja tatsächlich einem Geheimbund angehören oder ein Verschwörertrio auf dem Weg zu einem konspirativen Treffen sein. *gg*

Fazit:
Was ich mit diesem, zugegeben sehr langen, Beitrag sagen wollte, ist, wie sehr man sich bei Nostradamus auch als Experte irren kann, da der Interpretationsspielraum viel größer ist, als bei meinem kleinen Beispiel. Darum sollte man mit "nur ich habe den richtigen Schlüssel" oder mit Niedermachen der Forschungsarbeiten anderer sehr vorsichtig sein und sich immer vor Augen halten, dass wir alle voneinander lernen können.

Liebe Grüsse,
Eva

Wenn einer allein träumt, dann bleibt es ein Traum. Wenn aber wir alle gemeinsam träumen, dann wird es Wirklichkeit.
Helder Camara