Retinoblastom - Forum

 
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Autor Beitrag
christina
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Beiträge: 92

New PostErstellt: 01.02.03, 18:08     Betreff: RB-Kinder und Eltern - Benötigen wir zwei Foren? Antwort mit Zitat  

Eve und der letzte Engländer
Vor anderthalb Monaten antwortete mir Ildiko auf meinen Eintrag im „alten“ Forum. Wir begannen, uns (fast täglich) Emails zu schreiben und hatten bald das Gefühl, in der jeweils anderen ein alter ego vor uns zu haben. Die Parallelen, die wir immer wieder beieinander feststellen, sind so stark, dass wir schon längst sicher sind, dass unsere beiden Lebensgeschichten, unsere Zweifel und Ängste, unsere Erfahrungen und Gefühle exemplarisch stehen für eine ganze Gruppe. Durch unsere Briefe kommt es zu einer fast symbiotischen Aufarbeitung unserer beiden, individuellen Schicksale, aber die Themen, die hier immer wieder auftauchen, sind allgemeingültig: Minderwertigkeitsgefühle, die Erfahrung des Anders- und des Reiferseins als Altersgenossen, eine teilweise recht problematische Beziehung zu den Eltern, um nur einige Bereiche zu nennen. Obwohl unsere Korrespondenz sehr persönlich ist, überlegen wir, Teile daraus zu veröffentlichen, die eben diesen außerpersönlichen Charakter haben.
Hier ist nun eine Kollage von uns beiden, die der Überlegung nachgeht, ob es nicht sinnvoll wäre, zwei verschiedene Foren einzurichten:

Dieses Forum kann man grob in zwei Gruppen einteilen: in die Gruppe der Eltern und Angehörigen von Kindern mit RB und in diese Kinder selbst, die, inzwischen älter geworden, über ihre Erfahrungen, Ängste und Probleme miteinander reden wollen. In den letzten Wochen hat sich verstärkt diese zweite Gruppe zu Wort gemeldet, während die Eltern vorübergehend verstummt sind. Haben wir sie zu sehr erschreckt? Fühlen sie sich von uns verdrängt? Erscheinen die Erinnerungen, die nach langen Jahren in Worte gefasst werden, ihnen so erschreckend und belastend, dass ihnen nicht nur die Worte fehlen, sondern dass auch ihre Ängste und Sorgen ihnen plötzlich klein erscheinen angesichts dieser "schweren Schicksale" ihrer Kinder? Als kleines Kind habe ich mich wehrlos und ausgeliefert gefühlt. Aber obwohl ich mit meiner Mutter sehr wenig über diese Zeit spreche, weiß ich, dass sie vielleicht noch hilfloser danebenstand und zusehen musste. Dieses Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit der Eltern ist bestimmt genauso schlimm und manchmal vielleicht sogar schwerer zu ertragen als die Ängste, die wir durchlebt haben und die uns für immer geprägt haben.
Es ist gerade diese Scheu vor "schweren Schicksalen", die uns das lange Schweigen und das schamhafte Verstecken aufgezwungen haben. Anderen mag es wohl so erscheinen, dass wir mit unseren offenen Wunden hausieren bzw. betteln gehen, hinter uns aber stehen lange, schmerzhafte, einsame Wege zu uns selbst und das, was andere abzuschrecken und zu verstören scheint, ist unsere Befreiung. Ich glaube, wir alle haben in erster Linie die Freude verspürt, endlich Parallelen zu unseren Lebenssituationen gefunden zu haben, die uns die Möglichkeit bieten, das, was bisher als individueller Irrweg und Überproblematisieren alltäglicher Lebenssituationen erschien, im Spiegel des anderen als objektiv einordbar und analysierbar und endlich RATIONELL FASSBAR zu erleben. Es ist kein selbstmitleidvolles Gejammer, was wir da verzapfen, es ist Beschreibung von Tatsachen. Jawohl, solche Spätfolgen haben Kindheitstraumata. Und es soll ein Wink sein, dass die medizinische Begleitung eines RB-Kindes nicht nach Abklingen der Krebsgefahr aufhören darf. Wir alle stehen als gute Beispiele dafür, dass wir - und wenn es noch so arrogant klingen mag - überdurchschnittlich intelligente, beruflich erfolgreiche und in der Welt der "Normalen" unseren Mann stehende Menschen sind. Unsere Lebensumstände haben uns auch überdurchschnittlich empfindlich gemacht und da wir von früh auf gezwungen waren, Dinge aus anderen Perspektiven wahrzunehmen, als Menschen mit kleineren gesundheitlichen Problemen, haben wir manchmal auch den Blick für Dinge, die andere übersehen.
Deshalb brauchen wir dieses Forum, doch wir wollen niemanden verdrängen oder verletzen. Oft ist es sehr schwer für uns, in einen Dialog mit unseren Eltern zu treten, ihre Ängste, ihre Schuldgefühle, ihre Sorgen gelten zu lassen und zu verstehen. Obwohl auf beiden Seiten sicherlich eine große Bereitschaft da ist, einander zu verstehen, spüre ich oft das Vorhandensein von zwei Seiten, die in einer komplizierten Weise gegeneinanderstehen und doch untrennbar so eng miteinander verbunden sind.
Ich glaube aber, dass die Voraussetzung für eine Annäherung, für ein besseres Verstehen zwischen Eltern und Kindern in ausreichenden Schonräumen besteht. Ich brauche Zeit, um meine eigenen Gefühle zu klären, mir einige unangenehme Wahrheiten einzugestehen und zu akzeptieren, bevor ich in der Lage bin, mich meinen Eltern mitzuteilen. Die Unfähigkeit, mit ihnen über meine Kindheit und ihre Auswirkungen bis heute offen zu reden, tut mir oft selbst weh.
Außer, daß dieser Text sehr impulsiv ist und eindeutig die Position des Kindes verteidigt, ohne der Mutter/dem Vater eine Chance zu lassen, stehe ich zu dem, was ich geschrieben habe.

Ildiko & Christina
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