christina
Mitglied
Beiträge: 92
|
Erstellt: 17.11.04, 22:05 Betreff: Re: Zweittumor nach Retinoblastom |
|
|
Hallo alle zusammen! Die Frage nach einem erhöhten Zweittumorrisiko beschäftigt mich nun auch schon seit einigen Jahren. Ich wurde von 1985-1987 im Uniklinikum in Essen behandelt, u.a. auch mit perkutaner Bestrahlung. Meine Eltern haben mir erst vor ca. drei Jahren, als ich etwas unerklärliche, aber anscheinend harmlose Schwindelanfälle hatte, erzählt, dass ihnen die Ärzte damals schon von einem erhöhten Zweittumorrisiko erzählt haben, das durch diese Behandlung verursacht wird. Als ich mich im Internet auf die Suche machte, stieß ich auch auf für mich erschreckend hohe Statistiken hierzu. Aber bei Statistiken weiß man als Laie nie so genau, wie man sie zu bewerten hat. Deshalb fragte ich letztes Jahr, als ich in Essen war, den dortigen Oberarzt Dr. Schüler nach seinen Informationen. Vergangenen Samstag, auf dem Retinoblastomtreffen in Essen, sprachen auch Herr Professor Dr. Bornfeld und Frau Wieland, eine Ärztin aus der Kinderonkologie, das Zweittumorrisiko an. Auch hier fragten einige Eltern und auch ich noch einmal nach und die Auskünfte kann man wohl so zusammenfassen: Wenn das Retinoblastom aufgrund einer Genmutation ausgebrochen ist, ist durch diese genetische Veranlagung das Krebsrisiko allgemein erhöht und zwar für alle Krebsarten im gesamten Körper. (Prozentzahlen weiß ich hierzu nicht.) Perkutane Bestrahlung oder auch die Behandlung mit Chemotherapie erhöht dieses Zweittumorrisiko noch weiter. In den letzten zehn Jahren wird RB in Essen zunehmend durch Chemotherapie behandelt, da die Tumoren recht gut auf diese Behandlung ansprechen, schrumpfen und dann recht gut weggelasert werden können. Aber wegen der relativ kurzen Zeit der regelmäßigen Anwendung dieser Behandlung liegen noch kaum Zahlen vor, die etwas über die langfristigen Auswirkungen aussagen. Für die perkutane Bestrahlung gibt es solche Statistiken - nicht nur in Essen, sondern weltweit, die auch eine recht einheitliche Aussage zu machen scheinen. Danach haben Patienten mit einer genetischen Veranlagung zu RB, die mit perkutaner Bestrahlung behandelt wurden, ein Zweittumorrisiko von 30% bis zum 30. Lebensjahr. Danach steigt diese Gefährdung mit zunehmendem Lebensalter weiter an. Ich finde diese Zahlen immer wieder aufs Neue erschreckend hoch. Herr Schüler und Frau Wieland relativieren den Schrecken immer ein wenig, indem sie darauf hinweisen, dass jeder ein gewisses Krebsrisiko hat, das mit zunehmendem Alter ansteigt, und dass RB-Patienten "nur" ein erhöhtes Risiko haben. Herr Bornfeld empfahl, nach perkutaner Bestrahlung einen halbjährlichen Kontrollbesuch beim HNO-Arzt. Da die Bestrahlung von außen vorgenommen wurde, haben die Strahlen - wie ein Scheinwerfer - einen Teil des Gesichtsfeldes mit betroffen, sodass vor allem in den Nasen- und Stirnnebenhöhlen Zweittumoren auftreten können. Alle sind sich aber wohl einig, dass eine umfassende Krebsvorsorge gar nicht möglich ist, da Tumoren in jeglicher Form und überall im Körper auftretenkönnen und man nicht ernsthaft alle vier Wochen eine Kernspintomographie machen lassen kann. Deshalb wird einfach zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten: Bei Kopfschmerzen, die länger andauern, oder wenn man sich das Knie stößt und nach einer Woche noch hinkt oder wenn man Schwellungen oder Knubbel unter der Haut feststellt, dann sollte man einfach misstrauischer sein und schneller zum Arzt gehen und vor allem dem Hausarzt von diesem erhöhten Risiko berichten. Mir machen diese Informationen teilweise ganz schöne Angst, als ob ein Damoklesschwert über mir hängt. Aber ich muss wohl für mich zu der Einstellung gelangen, dass ich bisher sehr gut gelebt habe und das auch weiter tun werde und es nicht viel Sinn macht, mein Leben mit Ängsten und Befürchtungen zu beschweren, von denen ich nicht weiß, ob überhaupt und wann und in welcher Form sie eintreten. Egal, wie lang das eigene Leben noch ist, man sollte es sich immer so schön wie möglich machen. - Trotzdem ist die Angst natürlich da.
Herzliche Grüße an alle!
Christina
|
|