Retinoblastom - Forum

 
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Retinoblastom - Forum
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No new posts Fernsehsendung am 29.11.
Liebes Forum! Am 29.11. wird eine halbstündige Reportage über mich in der ARD ausgestrahlt und zwar 29.11., 17.30 in der Sendereihe "Gott und die Welt" unter dem Titel "Blind - nicht blöd. Mit Handicap zum Erfolg". Eine erste Presseankündigung ist unter dem Titel und meinem Namen schon bei Google zu finden (dort auch einige Fotos aus dem Filmmaterial) und für diejenigen, die im Ausland die ARD nicht empfangen können oder die Sendung verpassen: Sie wird auf der ARD-Seite eingestellt und kann dort einige Wochen lang online angeschaut werden ( www.daserste.de). Für die, die gerade nicht parat haben, wer ich bin: :) Ich bin 26, bin an Retinoblastom vollständig erblindet und habe in diesem Jahr mein Theologiestudium in Göttingen abgeschlossen. Vielleicht noch einige Worte, wie ich dazu kam und worum es geht: Ich mache bei einem Mentoring-Projekt mit, bei dem behinderte Frauen gefördert werden, um ihnen den Berufseinstieg nach dem Studium, die Karriereplanung und das Knüpfen von Netzwerken zu erleichtern. Am 13. Dezember findet das Abschlusstreffen statt. Dieses Projekt wurde von einem Filmteam dokumentiert, das sich mich ausgesucht hat, um an mir das Anliegen des Projektes zu veranschaulichen. Seit Januar haben wir insgesamt an neun Drehtagen in Göttingen, Erfurt und Bonn gedreht, dabei sind viele schöne Bilder entstanden. Mit der Zeit stellte sich heraus, dass zwar das Mentoring-Projekt nachwievor ein roter Faden der Sendung ist, dass aber doch sehr stark meine Biografie und mein Alltag im Vordergrund stehen. Ich bin nun zunehmend aufgeregt, was schließlich als Sendung herauskommen wird, finde es aber immer noch wichtig, solche Öffentlichkeitsarbeit zu machen und hoffentlich einem weiteren Zuschauerkreis zu verdeutlichen, wie ich zurechtkomme, um in Zukunft Hemmschwellen, auch manche Vorurteile abzubauen. - Der Dreh war anstrengend, hat aber auch viel Spaß gemacht, das Team war sehr nett und ich bin ganz optimistisch, dass eine schöne Sendung dabei herauskommen wird. Schaut sie euch also gern an! Viele Grüße Christina
christina 03.11.09, 23:32
No new posts Herzlich willkommen, Rita!
Hallo Rita! Herzlich willkommen im Forum! Du bist heute hier so hereingeschneit - möchtest du dich vielleicht kurz vorstellen? Du hast gerade erwähnt, dass du einen 15jährigen Sohn hast, hast du noch weitere Kinder? Warum suchst du jetzt nach Kontakt zu anderen Eltern und Betroffenen, gibt es einen bestimmten Anlass, das Thema "hervorzuholen"? Es freut mich, dass wir wieder ein neues Mitglied haben! Viele Grüße Christina
christina 10.07.06, 19:40
No new posts Bitte um Mitarbeit! Buch über Retinoblastom von und für Betroffene und ihre Angehörigen
Hallo alle zusammen! Nachdem mein Vorschlag zur Erstellung eines Buches über RB so positiv aufgenommen wurde, beginne ich jetzt die konkrete Arbeit daran und brauche dafür eure Mithilfe. Ihr seid alle herzlich eingeladen, eure Erfahrungen aufzuschreiben zu den genannten Themen, weitere Themenvorschläge zu machen, Kritik an dem Konzept zu üben, Fotos zur Verfügung zu stellen. Vor allem würde ich mich über viele persönliche Berichte freuen, die in diesem Buch veröffentlicht werden. Je nach dem, wie viele sich beteiligen, kann ich nicht versprechen, dass wirklich jeder Bericht aufgenommen werden kann. Ich werde mich aber bemühen, alle unterzubringen und ein schönes Buch zusammenzustellen. Dafür ist eure Beteiligung ganz wichtig! Neben euren Erfahrungsberichten werden auch einige Aufsätze aus fachlicher (medizinischer, pädagogischer, psychologischer) Sicht in diesem Buch enthalten sein. Falls jemand Kontakte zu Leuten hat, die zu einem der Themen kompetent sind und bereit wären, einen Artikel ohne Honorar zu schreiben, wäre ich für solche „Kontaktvermittlungen“ ebenfalls sehr dankbar. (Frau Dr. Jurklies aus Essen hat ihren Aufsatz bereits zur Verfügung gestellt und unterstützt das Projekt.) So sieht das vorläufige Inhaltsverzeichnis aus: Vorwort (2 Seiten) Das Retinoblastom – ein Leitfaden für Eltern und Betroffene (Dr. Ch. Jurklies, ca. 12 Seiten) Erinnerungen von RB-Kindern (ca. 25 Seiten) Erfahrungsberichte von Eltern über - Diagnose und erste Konfrontation - Behandlungszeit (mit Bezug auf verschiedene Behandlungsmethoden) - Erfahrungen und Leben im Elternhaus bzw. Ronald McDonald Haus (insgesamt ca. 40 Seiten) Was passiert „hinter der Tür“? (ca. 5 Seiten) Leben mit einem Glasauge (ca. 15) Frühförderung und Kindergarten (mit Sehbehinderung und vollblind) - Erfahrungsberichte - Artikel aus sonderpädagogischer Sicht (ca. 20 Seiten) Integrative Beschulung (ca. 10 Seiten) Biografien Betroffener (über die Kindheit hinausgehend) (ca. 20 Seiten) Gefahr von Zweittumoren und Langzeitfolgen der Behandlung (ca. 10-15 Seiten) Umgang mit RB in der Familie: - persönliche Erfahrungen - Wie kann ich meinem Kind die Krankheit erklären? 1) Notwendigkeit der Behandlung bei älteren Kindern und deren Einbeziehung in das Geschehen 2) Erklärung der Krankheit und Grund der Sehbehinderung/des Glasauges, wenn das Kind die Behandlung nicht bewusst erinnern kann - Parentifizierung des Kindes - Situation der Eltern während der Behandlungszeit (Schuldgefühle, Umgang mit eigenen Aggressionen auch gegen das Kind) - *Verdrängung der Krankheit in der Familie (ca. 45 Seiten) Verlust des Sehvermögens als psychisches Trauma/Trennung von der Mutter (5 Seiten) Nachwort (evtl. über positiven Umgang mit dem Krebs durch Akzeptanz; 5 Seiten) Adressen von Kliniken, Elternhäusern, Okularisten, Internetforen und Homepages (ca. 5 Seiten) Insgesamt ca. 220 Seiten Ich hoffe auf zahlreiche Reaktionen! Für meine weiteren Planungen wäre es gut, wenn sich Interessierte recht bald bei mir melden und sagen, zu welchem Thema sie etwas schreiben würden. Meine Emailadresse ist: [email protected] Meine Telefonnummer möchte ich hier nicht veröffentlichen, kann sie aber privat gern geben.
christina 04.06.06, 14:50
No new posts Kontakt zu Kinderkrebsstiftung und Elternhaus (dringend!)
Hallo! Hat jemand die Adresse/Telefonnummer/E-Mail-Adresse der Kinderkrebsstiftung und des Elternhauses in Essen? Ildiko braucht diese Kontakte dringend, da sie sich für ein an Rb erkranktes rumänisches Kind einsetzt und mit diesem Mädchen und ihrer Mutter Ende Juni nach Essen kommt. Vielen Dank!
christina 19.06.03, 09:27
No new posts RB-Kinder und Eltern - Benötigen wir zwei Foren?
Vor anderthalb Monaten antwortete mir Ildiko auf meinen Eintrag im „alten“ Forum. Wir begannen, uns (fast täglich) Emails zu schreiben und hatten bald das Gefühl, in der jeweils anderen ein alter ego vor uns zu haben. Die Parallelen, die wir immer wieder beieinander feststellen, sind so stark, dass wir schon längst sicher sind, dass unsere beiden Lebensgeschichten, unsere Zweifel und Ängste, unsere Erfahrungen und Gefühle exemplarisch stehen für eine ganze Gruppe. Durch unsere Briefe kommt es zu einer fast symbiotischen Aufarbeitung unserer beiden, individuellen Schicksale, aber die Themen, die hier immer wieder auftauchen, sind allgemeingültig: Minderwertigkeitsgefühle, die Erfahrung des Anders- und des Reiferseins als Altersgenossen, eine teilweise recht problematische Beziehung zu den Eltern, um nur einige Bereiche zu nennen. Obwohl unsere Korrespondenz sehr persönlich ist, überlegen wir, Teile daraus zu veröffentlichen, die eben diesen außerpersönlichen Charakter haben. Hier ist nun eine Kollage von uns beiden, die der Überlegung nachgeht, ob es nicht sinnvoll wäre, zwei verschiedene Foren einzurichten: Dieses Forum kann man grob in zwei Gruppen einteilen: in die Gruppe der Eltern und Angehörigen von Kindern mit RB und in diese Kinder selbst, die, inzwischen älter geworden, über ihre Erfahrungen, Ängste und Probleme miteinander reden wollen. In den letzten Wochen hat sich verstärkt diese zweite Gruppe zu Wort gemeldet, während die Eltern vorübergehend verstummt sind. Haben wir sie zu sehr erschreckt? Fühlen sie sich von uns verdrängt? Erscheinen die Erinnerungen, die nach langen Jahren in Worte gefasst werden, ihnen so erschreckend und belastend, dass ihnen nicht nur die Worte fehlen, sondern dass auch ihre Ängste und Sorgen ihnen plötzlich klein erscheinen angesichts dieser "schweren Schicksale" ihrer Kinder? Als kleines Kind habe ich mich wehrlos und ausgeliefert gefühlt. Aber obwohl ich mit meiner Mutter sehr wenig über diese Zeit spreche, weiß ich, dass sie vielleicht noch hilfloser danebenstand und zusehen musste. Dieses Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit der Eltern ist bestimmt genauso schlimm und manchmal vielleicht sogar schwerer zu ertragen als die Ängste, die wir durchlebt haben und die uns für immer geprägt haben. Es ist gerade diese Scheu vor "schweren Schicksalen", die uns das lange Schweigen und das schamhafte Verstecken aufgezwungen haben. Anderen mag es wohl so erscheinen, dass wir mit unseren offenen Wunden hausieren bzw. betteln gehen, hinter uns aber stehen lange, schmerzhafte, einsame Wege zu uns selbst und das, was andere abzuschrecken und zu verstören scheint, ist unsere Befreiung. Ich glaube, wir alle haben in erster Linie die Freude verspürt, endlich Parallelen zu unseren Lebenssituationen gefunden zu haben, die uns die Möglichkeit bieten, das, was bisher als individueller Irrweg und Überproblematisieren alltäglicher Lebenssituationen erschien, im Spiegel des anderen als objektiv einordbar und analysierbar und endlich RATIONELL FASSBAR zu erleben. Es ist kein selbstmitleidvolles Gejammer, was wir da verzapfen, es ist Beschreibung von Tatsachen. Jawohl, solche Spätfolgen haben Kindheitstraumata. Und es soll ein Wink sein, dass die medizinische Begleitung eines RB-Kindes nicht nach Abklingen der Krebsgefahr aufhören darf. Wir alle stehen als gute Beispiele dafür, dass wir - und wenn es noch so arrogant klingen mag - überdurchschnittlich intelligente, beruflich erfolgreiche und in der Welt der "Normalen" unseren Mann stehende Menschen sind. Unsere Lebensumstände haben uns auch überdurchschnittlich empfindlich gemacht und da wir von früh auf gezwungen waren, Dinge aus anderen Perspektiven wahrzunehmen, als Menschen mit kleineren gesundheitlichen Problemen, haben wir manchmal auch den Blick für Dinge, die andere übersehen. Deshalb brauchen wir dieses Forum, doch wir wollen niemanden verdrängen oder verletzen. Oft ist es sehr schwer für uns, in einen Dialog mit unseren Eltern zu treten, ihre Ängste, ihre Schuldgefühle, ihre Sorgen gelten zu lassen und zu verstehen. Obwohl auf beiden Seiten sicherlich eine große Bereitschaft da ist, einander zu verstehen, spüre ich oft das Vorhandensein von zwei Seiten, die in einer komplizierten Weise gegeneinanderstehen und doch untrennbar so eng miteinander verbunden sind. Ich glaube aber, dass die Voraussetzung für eine Annäherung, für ein besseres Verstehen zwischen Eltern und Kindern in ausreichenden Schonräumen besteht. Ich brauche Zeit, um meine eigenen Gefühle zu klären, mir einige unangenehme Wahrheiten einzugestehen und zu akzeptieren, bevor ich in der Lage bin, mich meinen Eltern mitzuteilen. Die Unfähigkeit, mit ihnen über meine Kindheit und ihre Auswirkungen bis heute offen zu reden, tut mir oft selbst weh. Außer, daß dieser Text sehr impulsiv ist und eindeutig die Position des Kindes verteidigt, ohne der Mutter/dem Vater eine Chance zu lassen, stehe ich zu dem, was ich geschrieben habe. Ildiko & Christina
christina 01.02.03, 18:08
No new posts Erinnerungen eines RB-Kindes
„Schreiben ist eine Form des Gebetes“, sagt Franz Kafka und hat recht damit. Durch das Schreiben (von Tagebüchern, Briefen, literarischen Texten) kann ich mir über vieles Klarheit verschaffen und immer wieder ist es eine Möglichkeit für mich, mir meine Zweifel und Ängste einzugestehen und mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Schreiben befreit mich und hilft mir, zu meinem inneren Gleichgewicht zurück zu finden. Der folgende Text entstand in einer Zeit, in der bestimmte Erlebnisse aus meiner Kindheit, die ich lange völlig verdrängt hatte, wieder zurückkamen und mich quälten. Indem ich sie in Worte fasste und niederschrieb, begann ich, mich mit meiner Vergangenheit und meinen Ängsten auseinanderzusetzen. Deshalb möchte ich auch betonen: So beunruhigend der Text ist (er ist mit Tränen geschrieben), das Ende ist durchaus hoffnungsvoll und positiv gemeint. Es ist eine sehr persönliche Geschichte, aber ich habe mich dazu entschlossen, sie ins Forum zu stellen, weil es stimmt, was Ildiko mir gesagt hat: „Sie ist zwar eine Geschichte über Dich, doch sie geht alle an und überschreitet den Rahmen des Persönlichen.“ Wehrlos Der Zug rollt. Planmäßig ist er abgefahren und planmäßig wird er ankommen. Nichts kann ihn aufhalten, noch nicht einmal langsamer wird er fahren nur wegen ihr. Wenn die Gedanken eines dreijährigen kleinen Mädchens ausreichten, einen Zug zu stoppen und zur Umkehr zu zwingen, dann würde dieser Zug sein Ziel nie erreichen, dann würde er mit Lichtgeschwindigkeit zum anderen Ende der Welt rasen und nie wieder zurückkehren. Doch so sehr es sich gegen die Sitzlehne presst, es wird unaufhaltsam nach vorne geschoben zum unerbittlichen Rhythmus der Räder. Der Zug rollt. Am liebsten würde sie weglaufen, aber sie weiß zu gut, wie schwach und klein es ist. Sie weiß, es wird ihnen nicht entkommen, denn es ist ein Nichts ohne Kraft, ohne Rechte, ohne Willen. Es kommt nicht auf sie an, denn egal, was sie tut, sie weiß genau, was vor ihr liegt, und daran gibt es nichts zu rütteln. Es ist eine grausame Sicherheit, die genau wie die Zeit unabänderlich ist. So wie sie die Zeit nicht anhalten kann, so kann sie auch dieses Schicksal, an dem sie keinen Anteil hat, nicht beeinflussen. Der Zug rollt. Bald sitzt sie im Wartezimmer auf dem Stuhl direkt neben der Tür, die Hände fest um die Armlehnen gekrampft. Ihre Mutter redet beruhigend auf sie ein, aber sie glaubt ihr nicht, hört nicht einmal zu, denn ihre Angst ist zu stark und die Gewissheit zu groß. Der Zug Rollt und die Tür öffnet sich. Sie wird in ein Arztzimmer geführt, wo ein Arzt und eine Schwester nur auf sie warten. Ihre Mutter nimmt sie auf den Schoß und legt die Arme um sie, liebend und fesselnd zugleich, denn die Schwester geht mit aufgezogener Spritze drohend auf das Mädchen los. Es wehrt sich, schlägt um sich, schreit. Doch es nützt nichts. Ihre Hose wird heruntergezogen, ihre Oberschenkel liegen nackt und schutzlos da. Ausgeliefert. Sie dreht sich um auf dem Schoß der Mutter und streckt ihnen den Hintern entgegen, um ihre Oberschenkel zu schützen, denn das ist ihr wunder Punkt, auf den sie es abgesehen haben. Die Schwester sagt: „Dann müssen wir ihr die Spritze in den Po geben.“ Panik erfüllt sie, sie ist eingekreist. Es gibt keinen Ausweg, sie ist gefangen. Da dreht sich das Mädchen um wie ein Tier. Unter Tränen empfängt es den stechenden Schmerz, die Qual, die nicht aufhören will. Danach fühlt es sich schlecht, schwach, schmutzig, gedemütigt, wehr- und wertlos. Sie haben gesiegt. Der Zug rollt und sie wird immer müder und müder. Sie will nicht müde werden, wehrt sich gegen den Schlaf, will ihre Gedanken festhalten, wird aggressiv, schlägt der Mutter die Brille von der Nase und weint üer ihre eigene Gemeinheit. Doch die Mutter sagt nichts, weint nur still. Sie kann dem Kind nicht helfen, als es gepackt und fortgetragen wird. Es streckt seine Arme nach der Mutter aus, „Mama, mama!“, aber es wird fortgeschleppt und verschwindet hinter einer schweren Tür. Dann verliert sie das Bewusstsein. Der Zug rollt und sie wacht auf. Benommen öffnet sie die Augen, denn sie hört, wie jemand zu ihr spricht. Sie will antworten, doch da senkt sich etwas über ihr Gesicht, über Nase und Mund. Es ist ekelhaft und stinkt und das Mädchen weiß, es darf dieses Zeug nicht einatmen. Es will die Luft anhalten, doch das geht nicht... Der Zug rollt. Manchmal muss sie tage-, wochenlang dortbleiben. Jeden Morgen kommen sie dann und rollen es fort in einem Bett mit Gitter drumherum. Es ist noch früh und das Mädchen ist müde. Auf leisen Rollen geht es durch die langen Flure dem schrecklichen Raum entgegen. Schmerzen, Angst und Bewusstlosigkeit erwarten das Kind und es fühlt sich so allein. Die Mutter ist fort und ihnen vertraut sie nicht. Sie schieben es durch den Flur und es ist ihnen ausgeliefert, klein, schwach, unwichtig, wehrlos, ein Nichts. 15 Jahre später traue ich mich langsam wieder, dieses kleine Mädchen anzusehen, das da in meinem Herzen liegt und mir manchmal den Atem nimmt, mich erdrücken will. Man sagt mir, wie stark und selbstbewusst ich sei, bewundert mich offen und nennt mich King Lear. Aber niemand kennt dieses Mädchen in mir, gegen das ich kämpfe, dem ich den Mund zuhalten muss, um seine Verzweiflung und seine Schwäche nicht zu fühlen. Niemand soll es sehen, denn sie ist mein Geheimnis, für das ich mich manchmal schäme, das ich nicht verstehe, das ich wegstoße, das ich beweine, das mich verwirrt und anders macht. Erst langsam begreife ich, dass ich das Mädchen nicht töten und nicht fortwerfen kann. Es wird mich immer und überall begleiten und mit ihm auch die Angst vor dem Zug, der hoffentlich nie wieder rollt. 18.4.2002
christina 12.01.03, 15:01
 
 
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