Sigillum salomonis magdeburgensis
Heiden, Hexen und derlei Wesen in und um Magdeburg!
Ein kleines Forum für all die Weltenwandler und Zaunreiter unter Euch, die die ehrwürdigen Feste Magdeburg ihr Zuhause nennen und durch das weite Umland streifen, stets begierig neues zu erlernen...
 
Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge SucheSuche HilfeHilfe
VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender BookmarksBookmarks
Gründungssagen...

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
Olli Daturianus
Administrator

Beiträge: 270
Ort: Magdeburg


New PostErstellt: 19.11.10, 20:18  Betreff: Gründungssagen...  drucken  weiterempfehlen

-Von der Gründung und dem Namen der Stadt-

Mit Stolz sprechen die alten Geschichtsschreiber der Stadt Magdeburg von der alten Stadt Magdeburg und nennen sie gern nicht nur die älteste der sächsischen Städte, sondern auch die Hauptstadt des alten Sachsenlandes.

Wir dürfen dabei nicht an die Hauptstädte unserer neuen Zeit denken, wohl aber war es Jahrhunderte lang die bedeutendste Stadt des östlichen Sachsenlandes. Und nicht nur die Geschichtsschreiber, auch der Rat und die Bürgerschaft nannten sich Rat und Bürgerschaft der "alten Stadt Maideborg", nicht im Gegensatz zur Neustadt, sondern im stolzen Selbstgefühl des hohen Alters ihrer heimatlichen Stadt. Und in der Tat ... können Magdeburgs Einwohner zurückblicken auf das tausendjährige Bestehen ihrer Stadt, nicht auf den sagenhaften Ursprung, sondern auf das durch Geschichtsschreiber und Urkunden bezeugte Vorhandensein derselben seit dem Jahre 805.

Aber damals ist Magdeburg nicht erst begründet worden; sein Ursprung reicht noch weiter zurück und keine sichere Kunde ist der Nachwelt überliefert, wann hier die ersten festen Ansiedlungen entstanden. Wenn wir freilich den Angaben der Geschichtsschreiber des Mittelalters Glauben schenken dürfen, so war hier an den Ufern des Elbstroms schon von dem Römer Julius Cäsar eine Stadt oder ein Kastell gegründet worden, die er zu Ehren der jungfräulichen Göttin Diana, Jungfrauenstadt (Parthenopolis) genannt habe. Er habe auch einen Tempel dieser Göttin erbaut und Priesterinnen zum Dienst derselben eingesetzt. Man bezeichnete auch als den Ort, wo der Tempel errichtet wurde, den Raum des Marien-Magdalenenklosters, wo vorher eine Burg, das sogenannte Burggrafenschloss gestanden. Andere aber setzten den Tempel weiter stromaufwärts, an das südliche Ende der Stephansbrücke, wo noch zur Zeit Dr. Martin Luthers eine St. Stephanskapelle stand, denn erst Karl der Große sollte auf einem Zuge gegen die Sachsen hier den heidnischen Tempel zerstört und an Stelle desselben eine christliche Kirche, eben das St. Stephanskirchlein, erbaut haben, oder auch da, wo nach anderen Bericht die erste St. Stephanskapelle gestanden haben soll, nämlich an der Stelle der späteren sogenannten Eselskirche neben dem Hospital St. Gertraud die seit einigen Jahren vollständig abgebrochen worden ist.

Andererseits gibt es Geschichtsschreiber, die die Stadt nicht von Cäsar, sondern etwas später von dem Römer Drusus, dem Stiefsohn des ersten Kaisers Augustus, gegründet werden lassen. Späterhin trat an die Stelle der Göttin Diana die Venus mit ihren Priesterinnen. Ja, ein Magdeburger Geschichtsschreiber aus dem 16. Jahrhundert, Andreas Werner, Prediger in dem benachbarten Wolmirstedt, erzählt, dass Cäsar die Stadt zum Wohlgefallen seiner Geliebten, Namens Parthena, gebaut und benannt habe. Dann soll er dieselbe durch kaiserliches Gebot, denn Cäsar ist ihm römischer Kaiser, unter die Zahl der Götter versetzt und ihr sodann ein Heiligtum, Tempel der Venus, hart am Elbstrom erbaut, ihr Bildnis hineingesetzt und ihr etliche nackende Jungfrauen zugeeignet haben, die die Tempeldienste versehen sollten.

Wie gläubig man noch im 16. Jahrhundert diese Gründungssagen annahm, zeugt der Umstand, dass man damals sogar noch das Bildnis der Göttin Venus, wie es von Cäsar oder Drusus aufgestellt worden war, zu kennen meinte. Es gibt selbst Münzen der Stadt, die solche Abbildung zeigen. Folgendermaßen wird das Bildnis der Venus und ihrer Dienerinnen, Grazien oder auch Töchter der Venus genannt, beschrieben:
 
Auf einem goldenen Wagen stand ein schönes, nacktes Weib mit klaren, lieblichen Augen und mit schönen und langen blonden Haaren, die aufgelöst bis zum Knie herabhingen. Auf dem Haupte trug sie einen Kranz aus Myrthen und roten Rosen gewunden, und in ihrem lachenden Munde hielt sie eine geschlossenen Rose; auf der Brust hatte sie eine brennende Fackel und einen Pfeil aus dem Herzen gehend. (Alles Abzeichen der Liebesgöttin.) In der linken Hand trug sie die Weltkugel, in der Himmel, Meer und Erdreich abgeteilt war, in der rechten aber drei goldene Äpfel. Hinter ihr auf dem Wagen standen die drei Chartinnen oder Grazien, wie der Chronist aber sagt, die Göttinnen der Holdseligkeit, Freundlichkeit und Dankbarkeit, ebenso wie die Venus selbst, nackend, die Arme ineinander verschränkt, und reichten einander einen goldenen Apfel zur Verehrung dar, und zwar so, dass ihn eine der anderen mit abgewandtem Gesicht darbot. Den goldenen Wagen, auf welchen die Göttinnen standen, zogen zwei weiße Schwäne und zwei weiße Tauben.


Derartige Abbildungen findet man bei dem Magdeburger Johannes Pomarius, in seinem Buche, das er "Summarischer Begriff der Magdeburgischen Stadtchroniken" betitelt hat, und in gleicher Weise auch noch bei späteren Geschichtsschreibern, wie in dem vielfach bekannten Buche von Bulpins, "der Stadt Magdeburg Wunderbare Herrlichkeit". Eine etwas abweichende, aber in den Hauptzügen gleiche Abbildung findet sich in dem lateinisch geschriebenen Buche eines Magdeburgischen Geistlichen G. Torquatus, deutsch Halsband genannt, der 1575 als Prediger in der Neustadt starb. Hier ist der Wagen ein gewöhnlicher Leiterwagen, und die Schwäne sehen mehr wie gewöhnliche Gänse aus.

Wir können diese Sagen von römischen Ursprunge nur als eitle Dichtungen einer frühen Zeit ansehen, die sich bemühte aus allzugroßer Hochachtung für die Römer, diese als die Begründer unserer alten Stadt auszugeben, zugleich aber auch damit das Alter Magdeburgs bis in die graue Vorzeit zurückzuversetzen. Aber es gibt auch noch andere Sagen von dem Ursprunge der Stadt, die jedoch gleichfalls keine größere Wahrscheinlichkeit als jene beanspruchen können. Sie stehen alle mit dem Namen der Stadt in Beziehung und suchen gerade diesen zu erklären.
So lautet ein fabelhafter Bericht:

Einstmals wohnte hier in der Gegend an der Elbe ein Volk der Amazonen, kriegerische Frauen, wie man solche Amazonen aus den Sagen der alten Griechen kannte. Diese wehrhaften Frauen und Jungfrauen (Mägde) bewohnten eine feste Burg, die, weil sie von Mägden erbaut war, daher auch die Burg der Mägde, d. h. Magdeburg, genannt wurde.


Eine solche Burg und solches Volk von Amazonen fand Otto der Große vor, als er in diese Gegenden kam, und ihm übergaben sie Land und Burg; den Namen aber behielt der Ort bei. Darum aber führten die Magdeburger noch eine Jungfrau in ihrem Banner, die aufgerichtet zwischen zwei Türmen steht und in der Hand einen Rosenkranz hält. Das sie aber aufrecht steht, sollte andeuten, dass die Burg noch nicht bezwungen worden ist.

Weiter berichten andere, dass der Ort und die Burg von dem Volke der Sachsen angelegt worden sei, als Schutzwehr gegen die benachbarten Wenden und Slawen, denn hier trafen die Grenzen beider Völker zusammen und sicherlich werden gerade die letzteren immer wieder Anstrengungen gemacht haben, die reichen Gefilde dieser Gegend in ihren Besitz zu bekommen. Um so hartnäckiger aber wehrten sich die tapferen Sachsen und es ist jenen in der Tat nicht gelungen, hier in größerer Anzahl festen Fuß zu fassen. Die Sachsen hätten nun den hier angelegten Ort oder Burg nach ihrer Göttin Freia genannt, oder wie andere sagen, nach der Ostara, der jungfräulichen Frühlingsgöttin, die in diesen Gegenden von den alten Sachsen verehrt worden sei. Es ist die Göttin, deren Namen sich noch in unserm christlichen Osterfeste erhalten hat.
Wenn im Frühjahre die Tage länger wurden, da feierte man das Frühlingsfest und opferte der Ostara, der Gottheit des aufsteigenden Lichts und des strahlenden Morgens. Daher auch die Osterfeuer, die an vielen Orten noch heutigen Tags auf den Höhen der Berge angezündet werden. Ein Irrtum aber ist es, wenn man annimmt, dass die Sachsen zugleich ein Heiligtum, einen Tempel dieser Göttin errichtet hätten, und dann versetzt man diesen an dieselbe Stelle, wie von anderen den der römischen Göttin Venus. Denn die alten Germanen haben ihren Göttern keine solche Heiligtümer erbaut, den man den alten griechischen und römischen Tempeln oder den späteren christlichen Kirchen vergleichen könnte. Und ebenso wäre es zu erwarten, dass nicht der Name "Magd", sondern Ostara bei der Benennung des Ortes gebraucht worden wäre.

Gleichwohl wollen wir uns dafür entscheiden, dass unsere Stadt eine alte Gründung der Sachsen ist und bis um das Jahr 550 zurückreicht, aber nur als Schutzwehr und Grenzfeste diente und erst viel später, zu den Zeiten Ottos I., die Bedeutung einer wirklichen Stadt erhielt. Damit weisen wir aber zugleich auch die übrigen Deutungen des Namens unserer Stadt zurück, die man derselben sonst zu geben versucht hat. Denn wie es unmöglich ist, dass Otto I. selbst den Namen Magdeburg der Stadt beigelegt habe, zu Ehren seiner Gemahlin Editha, da ja schon lange vorher der Name Magdeburg vorkommt, ebenso wenig ist anzunehmen, dass Karl der Große dem Orte, der dann auch von ihm selbst gegründet sein soll, den Namen nach der heiligen Jungrau Maria, der Mutter unseres Herrn, der reinen Himmelsmagd, gegeben habe.
...
Wahrscheinlich aber ist doch in dem Wort "Magd" eine Beziehung auf irgendwelche Gottheit der alten Germanen (Sachsen) enthalten, nur daß nicht eine bestimmte benannt werden kann. Darauf geht auch eine der neuesten Deutungen des Namens, die den letzteren mit dem der Magetheide (d.h. Mädchen- oder Jungfernheide) zusammenbringt. In jener Zeit nämlich, in die wir die Gründung unseres Ortes zurückversetzen, und in der sicherlich schon die slavischen Völkerschaften bis über die Elbe vorgedrungen waren und die heutige Altmark eingenommen hatten, zogen sich große Waldungen und Heiden an den Grenzen des Landes hin von der Lüneburger Heide an bis zu der Elbe bei Magdeburg, die alle den Namen Magetheide führten und später sogenannte kaiserliche (königliche) Bannforsten waren.   Wenn man noch eine Vermutung anstellen will, so könnten die Mägde oder Jungfrauen, denen jene Grenzheiden geheiligt waren, wohl die Walküren sein, die Schlachtjungfrauen der alten Germanen, welche diejenigen Helden auswählten, die zum Tode auf dem Schlachtfelde bestimmt waren. Sie reiten über das Schlachtfeld hin auf ihren Wolkenrossen und Tau trieft von den Mähnen ihrer Rosse. So bringen sie die Toten in die Walhalla des Odins, des höchsten Gottes, um ihnen hier bei den Trinkgelagen den göttlichen Meth zu schenken. Sie erscheinen auch als die bekannten Schwanenjungfrauen, die ihr Schwanenhemd anziehen, wenn sie durch die Luft und über das Wasser reiten. Da nun der von den Sachsen gegründete Ort am Ende und in der Magetheide lag, so könnte es nicht unwahrscheinlich sein, daß man dem neuen Ort eben deshalb, weil er in der Magetheide lag, den Namen die Burg der Mägde, Magdeburg, gab. So wäre doch eine uralte Beziehung auf die alten Gottheiten der Sachsen in dem Namen enthalten, eine Beziehung, die freilich immer dunkel bleiben wird.
        
So viel von den Sagen und den Berichten von der Gründung der Stadt Magdeburg und den Namen derselben, soweit sie auf germanische, d. h. sächsische Ansiedler sich erstrecken. Wohl aber liest man auch von der Gründung eines Ortes und einer Burg durch die slavischen Wenden, die sich hier noch vor den Zeiten Karl des Großen an dem linken Ufer der Elbe festgesetzt hatten. Auch da wird erzählt, daß die Wenden ihrer Göttin Seba oder Sewa einen Tempel oder Heiligtum erbaut hätten; sie wären aber bald wieder von hier verdrängt worden. Daran knüpft sich eine hübsche Sage, die auf späteren Blättern erzählt werden wird. In der Geschichte weist aber nicht darauf hin, daß die Wenden jemals hier längere Zeit gesessen und einen festen Ort gegründet haben.

Zum Schluß möge noch eine artige, poetische Auffassung Platz finden, die zwar für die Jungfrauen der alten Stadt Magdeburg sehr schmeichelhaft, aber doch eben nur als ein poetischer Versuch anzusehen ist, zu den damals gewöhnlichen Erklärungen des Stadtnamens noch einen neuen hinzuzufügen. Der Dichter Peter Lotichius (im 16.Jahrhundert) schreibt in einer lateinischen Elegie, die er an seinen Freund Markus Eridanus richtete, über die Bedeutung des Namens:


Wie ist der uralten Stadt am kräuternährenden Elbstrom,
Die nach den Jungfrauen heißt, treffend ihr Name gewählt!
Da sie der Mädchen so viel lieblichen Antlitz, o Markus,
Wenn auch entstammt nur dem Blut mittlerer Stände, besitzt.        
(aus: Sagen der Stadt Magdeburg, Fr.Hülße)

[Anmerkung: Seit diesem Text sind ca 200 Jahre vegangen, wie man leicht am der Erwähnung der tausendjährigen Stadt und dem übertrieben erscheinenden 'nationalen Stolz' auf germanische Wurzeln entnehmen kann. Die Wissenschaft geht heute davon aus, dass der Name der Stadt nichts mit dem heutigen Wort MAGD zu tun hat, sondern sich aus den germanischen Worten für GROSS und BURG zusammensetzt. Spuren sesshafter menschlicher Besiedlung im Raum Magdeburg finden sich allerdings bereits schon 15000 B.C.]




Ich horche und warte, kein Stein entgeht mir,
keine Kreatur unter dem Himmel;
aus den Rinden der Bäume will ich lesen,
die Steine sollen mich mit ihrer Kraft taufen,
die Wälder mich einlassen,
die Kräuter mich Wunder und heilsame Zauberei lehren.

Gustav Schenk
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
Sortierung ndern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 1 von 1
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Layout © Karl Tauber
http://file1.carookee.com/forum/Salomons-Siegel/file/2754621/Godessgift.gif?w