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Leseprobe (Original) - HERBSTLAUBRASCHELN

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Autor Beitrag
LucreceDuBois
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 26.07.10, 20:46  Betreff: Leseprobe (Original) - HERBSTLAUBRASCHELN  drucken  weiterempfehlen

Hier das erste Kapitel meines laaaangen Romans mit dem Thema Shonen-Ai, vielleicht hat ja jemand grade Lust zu lesen..


**
Mariko beobachtete die die Trauerfeier ihres Mannes eher desinteressiert.
Sie hatte nie viel Zuneigung für die entfernten Verwandten aufbringen können, die sich generell nur dann blicken ließen, wenn ein offizieller Anlaß es erforderte. Akihitos Tod war vorher zu sehen.
Seit vor zwei Jahren seine Krebserkrankung diagnostiziert wurde, war er von einem stattlichen, kräftigen Mann ein Schatten seiner Selbst geworden. All seiner Bemühungen zum Trotz, innerhalb weniger Monate schwand seine übermächtige Ausstrahlung. Schmerzen und Medikamente machten einen mageren, gebrochenen Mann aus ihm, der all seine Geschäfte von Dritten abwickeln ließ, weil er weder Zeit noch Kraft dazu fand.
Vor etwa einem Jahr scharten sich die Aasgeier das erste Mal um ihn, doch zur Enttäuschung aller schaffte es Akihito, eine schwere Operation zu überstehen und danach einigermaßen gut auf die Beine zu kommen. Dieser Zustand hielt nur wenige Monate an und schon bald wurden die Schatten unter seinen Augen wieder tiefer und die Wangen eingefallener.
Nun war es soweit – das Oberhaupt des Hinô – Clans war tot.
Mariko hatte diese Tatsache nicht wirklich schwer getroffen. Sie hatte sich schon lange mit dem baldigen Ableben ihres Ehemannes abgefunden, es war nur eine Frage der Zeit, bis es die gesamte Familie in Chaos und Machtkämpfe stürzen würde. Es wäre übertrieben gewesen, zu behaupten, daß sie ihn geliebt hatte. Als die Hochzeit mit dem wesentlich älteren Akihito von ihren Eltern in die Wege geleitet wurde, war sie gerade 16 Jahre alt geworden – und es kam kein einziges Widerwort über ihre Lippen. Schon als junges Mädchen wußte Mariko, daß Liebe bei ihrer Verbindung keine große Rolle spielen würde, doch ihre Ehe ihr ein wesentlich wichtigeres Gut bescheren würde: Macht und Reichtum. Es war nie schwer für sie, sich mit dieser Tatsache zu arrangieren. Bei dem Gedanken, daß ihr Leben auch wesentlich unspektakulärer hätte verlaufen können, lächelte sie in sich hinein. Sie war Akihito eine gute Ehefrau gewesen. Hatte ihm fünf Kinder geschenkt und seinen billigen, kurzen Affären wenig Beachtung geschenkt, sich um die Hausangestellten gekümmert und seine griesgrämigen Vater sowie seine boshafte Mutter bedient und verpflegt, bis Ersterer verstarb und die Mutter sich wieder auf ihren alten Wohnsitz nach Kyoto zurück zog.
Selbstverständlich war sie heute anwesend, die Gebetsperlen zwischen den kleinen, altersfleckigen Händen, das schneeweiße Haar streng zurückgehalten. Junkos Gesicht war so faltig und eingefallen, daß man nur noch erahnen konnte, wie sie in jungen Jahren ausgesehen haben mußte. Sicherlich war sie keine Schönheit gewesen, doch ihre aufrechte Haltung und die Strenge in der Stimme zeugte von ihrer Autorität.
Die alte Hexe muß mittlerweile weit über 80 sein.. seit ich sie kenne, sieht sie uralt aus…und ich kenne sie schon lange..
Gleich neben ihrer Schwiegermutter saß Kojiro.
Mein Augenstern.
Er war nun schon 32 Jahre alt, in seinem Alter hatte Mariko bereits all ihre Kinder zur Welt gebracht und war die Hälfte ihres Lebens verheiratet. Kojiro war ihr ältester Sohn und hatte von all ihren Kindern wohl am meisten von ihr – das leicht herzförmige Gesicht, die hohen Wangenknochen, die spitze Nase und einen leicht grausamen Zug um den Mund, der sich schon in seinen Kindertagen nicht leugnen ließ. Die wilde, tiefschwarze Mähne trug er im Nacken zusammen gebunden, der dunkelblaue Anzug saß perfekt. Von der männlichen Statur seines Vaters war an Kojiro nichts zu sehen, er erreichte nie eine herausragende Größe und seine Schultern waren ebenso schmal wie der Rest seines Körpers. Auch auf seinem Gesicht konnte Yuriko keine Spur von Betroffenheit erkennen.
Ihre Junge war unglücklich, das wußte sie. Akihito hatte ihn dazu angehalten, zu heiraten – ein kleines Dummchen vom Land, wenn auch aus einer einflußreichen und angesehenen Familie- , eines der wenigen Themen, die er jemals mit seinem Sohn besprochen hatte.
Das Verhältnis zwischen den beiden war mehr als kühl gewesen.
Ihr jüngster Sohn, Yoshio, hatte seinen Platz neben dem älteren Bruder und Junko eingenommen. Er schluchzte herzzerreißend, seine großen Kinderaugen waren rot unterlaufen und erfüllt von Schmerz und Trauer. Er war gerade 14 Jahre alt geworden und selbst für sein Alter noch sehr kindlich und weich. Eigenschaften, die er wohl auch in 6, 7 Jahren noch nicht ablegen wird. Er war zu sehr wie sein Vater, das wußte Mariko schon immer. Die kurzen dunklen Haare wirkten zerzaust und ungepflegt, wahrscheinlich hatte er in den letzten Tagen nicht einmal daran gedacht, bei einem öffentlichen Anlaß stets ordentlich auszusehen.
Und da waren noch ihre drei Töchter, die stumm und artig hinter ihr saßen, so wie sie erzogen worden waren. Minami, Yuri und Minako.
Erstere, wie immer in streng traditioneller Tracht, wirkte wie immer relativ zurückgezogen, ihr Gesicht war kreideweiß, denn sie war wieder schwanger. Ihr Bauch wölbte sich monströs unter dem edel bestickten Obi hervor und sie hielt sich immer wieder den schmerzenden Rücken, als würden die Beschwerden dadurch leichter werden.
Wie auch Mariko wurde Manami früh verheiratet, mit einem gut verdienenden, hochangesehen Rechtsanwalt aus Tokyo, der kaum zu Hause war und sein zweites Kind wohl ebenso wenig zu Gesicht bekommen würde wie schon sein Erstes. Minami schien daran keinen Anstoß zu nehmen; stillschweigend duldete sie ihr neues Leben als Mutter und Hausfrau und lächelte freundlich, wann immer man sich nach ihr erkundigte.
Minako trug ihre Schuluniform, das kinnlange Haar war von orange und roten Strähnen durchzogen, die selben Farben die einem auch auf ihrem bunten Haarreif in die Augen sprangen. Ihr Gesicht war verquollen und klebrig von den vielen Tränen, die sie in den letzten Tagen geweint hatte. Von seinen Töchtern war Minako Akihito am nächsten gestanden.
Die kleine Yuri war erst 10 und schien die Familienversammlung noch nicht wirklich zu verstehen. Einzig und allein den aufgebahrten Leichnam ihres Vaters betrachtete sie mit Furcht und Trauer in den Augen. Minami legte die Hand auf das Knie des zitternden Mädchens und versuchte, sie so gut es ging zu beruhigen.
Die Verlesung des Testaments, der Höhepunkt der Trauerandacht, stand bevor und Mariko tauschte mit Kojiro einen kurzen Blick aus. Generell war alles bereits auf ihn als neues Familienoberhaupt abgestimmt, man wartete nur noch aus Respekt und Höflichkeit vor Akihito seinen letzten Willen ab, um alles Weitere in die Wege zu leiten.

„Wir sind zusammen gekommen, um den letzten Willen Hino-samas der Öffentlichkeit bekannt zu geben.“ Verkündete Anwalt, der über das Schreiben verfügte.
Mariko erhob spöttisch die Augenbrauen. Nun war es endlich so weit. Die Gier von Akihitos entfernten Verwandten war förmlich im Raum zu spüren. Doch sie kannte ihn – er würde keinen von ihnen großartig bedacht haben.
„Ich verfüge, meine hochverehrte Mutter wieder in den Kreis der Familie und in das Haus meiner Kinder und Enkelkinder aufzunehmen, wo sie in Ruhe und Frieden ihre letzten Tage verbringen soll.“
Mariko konnte es sich nicht verkneifen, sich zu räuspern. Ein Punkt, den sie nicht bedacht hatte. Aber wie auch immer es kommen mag, sie war die Herrin des Hauses und würde sich als trauernde Witwe aus den meisten Dingen so weit heraus halten, wie es ihr möglich war. Auch wenn sie nach außen hin keinen sonderlich getrübten Eindruck machte. Wie immer war sie die Beherrschung in Person, mit sorgfältig geschminktem Gesicht, gehüllt in einen schwarz-roten Kimono und einem weißen Obi. Keine einzige Strähne ihres Haares saß am falschen Fleck und nur die grauen Strähnen, die sich durch die hochgesteckte Mähne zog, ließ vermuten, daß Mariko bereist alt genug war, um zum zweiten Mal Großmutter zu werden.
Das plötzliche Murmeln, das unter den Gästen ausgebrochen war, riß sie aus ihren Gedanken. Ihr Blick schweifte zu Junko, doch ihre Schwiegermutter strafte sie wie immer mit einem Blick, der sagte: „Du hast kein recht, überhaupt in meine Richtung zu sehen.“
Kojiros Blicke brannten auf ihr und auch ihre Töchter waren merklich unruhig geworden.

„Bewahren Sie Ruhe, meine Herrschaften! Das Testament ist noch immer nicht komplett verlesen. Zum bessern Verständnis werde ich die Einzelheiten noch einmal wiederholen..“

Selbst die Geschäftspartner, die Akihito am nahesten standen, schienen empört zu sein und murmelten unter vorgehaltener Hand aufgebracht miteinander.

„Desweiteren verfüge ich, meinem zweitgeborenen Sohn Hino Yuki, der unter dem Namen Okisawa geboren wurde und in Osaka lebt, in das Haus meiner Familie zu bringen und ihm die nötige Ausbildung angedeihen zu lassen, um Teil meines Lebenswerkes zu werden…Ruhe, werte Herren, ich bitte Sie um Ruhe…“ Der Anwalt und der Notar flehten regelrecht, das Testament in Ruhe zu Ende lesen zu können, doch niemand schenkte ihnen mehr Aufmerksamkeit. Einige schwarz gekleidetete Männer mittleren Alters erhoben sich sofort und verließen aufgebracht den Andachtsraum, die jüngeren Kinder blickten verwirrt um sich.
„Oka-san? Was hat das zu bedeuten?“ fragte Minami und hielt sich das kleine Händchen auf den Bauch, als hätte sie Angst, dem Kind würde die Aufregung schaden.
„Wir ziehen uns zurück. Minami, nimm` Deine Geschwister und Deine Großmutter mit Dir.“ Mariko erhob sich, woraufhin sämtliche Diskussionen im Saal erstummten.
„Ich werde mich mit den Erben meines Mannes zurück ziehen.“ Erklärte sie und deutete den hohen Herren eine leichte Verbeugung an, woraufhin diese betroffen schwiegen; peinlich berührt von der Tatsache, daß sie einen solchen Aufruhr hatten entstehen lassen.

Nacheinander verließen die Kinder den Saal, indem noch die Räucherstäbchen vor sich hin glommen. Mariko verschloß die Tür, seufzte leise und hielt die Augen für ein paar Sekunden verschlossen. Ein amüsiertes Lächeln huschte über ihre feinen, rotbemalten Lippen.

Nicht einmal mit dem Tod vor Augen hast Du sie vergessen können, Akihito….

**

Kojiro zog an seiner Zigarette. Sein Blick schweifte über den Garten, den die Nacht unheilbringend durchtränkte. Nur das Plätschern des kleinen, künstlich angelegten Wasserfalls im Teich erfüllte die Stille. Die Lichter der Stadt sowie alles andere außerhalb des Anwesens schien unendlich weit entfernt zu sein. In der sommerlichen Nachtluft war bereits ein sanfter Hauch von herbstlicher Kühle zu spüren.
Mariko saß auf der Terasse, mit einer Tasse Tee zwischen den Händen.
„Der Sommer geht zu Ende.“ erklärte sie, ohne ihren Sohn anzublicken, der ihr den schmalen, aufrechten Rücken zugewandt hatte. Über seinem wilden Haarschopf, den so gut er es vermochte mit einem Haarband gebändigt hatte, kräuselte sich der Rauch.

„Du hast es gewußt.“ sagte er in die Stille hinein. Seine Stimme verriet, dass er von dieser Erkenntnis nicht sonderlich überrascht war.

„Nun, es gab sehr wenig, was ich von Deinem Vater nicht wußte, Liebster. Und es gibt generell sehr wenig, was der Frau des Hauses verborgen bleibt.“ erklärte sie ruhig und nippte an ihrem Tee. Die Glut leuchtete im Dunkeln auf.

„Ich habe meinen Vater niemals für einen Dummkopf gehalten...aber bei allem Respekt, Mutter – ich verstehe nicht, wie er das Erbe und die Familienehre derart aufs Spiel setzen kann. Ganz abgesehen davon, dass er Dich...“
Mariko winkte sanft ab und lächelte still in sich hinein.
„Mein allerliebster Kojiro, mach`Dir um mich keine Sorgen. Meine Ehre ist in dieser Sache nicht sonderlich wichtig...aber Du hast recht. Dein Vater war kein Dummkopf. Aber er hatte eine sehr dumme Eigenschaft – und zwar eine Schwäche. Eine sehr große Schwäche sogar.“
Mariko holte ebenfalls eine Zigarette hervor und zündete sie an.
„Dein Vater hatte Affären. Hin und wieder. Ich habe mich nie daran gestört. Sie waren unbedeutend und meist von kurzer Dauer...bis auf sie.“
Mariko schlug kurz die Augen nieder, als wolle sie sich die Erinnerung wieder ins Gedächtnis rufen.
„Sie war 18, höchstens 19 Jahre alt. Noch ein halbes Kind. Das erste Jahr an der Universität.“
Hüftlanges, glänzendes Haar, Schuluniform, eine zarte Brille. Keine Schönheit, aber durchaus zauberhaft.
„Ihr Name war Rei Okisawa. Und sie hat Deinem Vater vollkommen den Kopf verdreht. Er schwärmte für sie wie für keine andere seiner Affären..er war wie besessen von ihr. Verliebt wie ein Teenager. Wie Du Dir sicher vorstellen kannst, blieb die Sache nicht lange geheim. Die Presse leistete wie immer hervorragende Arbeit. Als sie schwanger wurde, spitzte sich die Lage bedrohlich zu. Akihito sah sich dazu gezwungen, eine Entscheidung zu treffen. Entweder konnte er zulassen, dass man sie mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rücken würde – oder er konnte ihr zur Flucht verhelfen.“

Kojiro stieß den Rauch durch die Nasenlöcher auf und setzte ein schiefes, leicht boshaftes Grinsen auf. Mariko fiel auf, dass sie ihren Sohn auf eine andere Art und Weise sehr selten lachen sah.
Die unzähligen krummen Machenschaften, in denen er verwickelt war, sprachen förmlich aus seinen Augen.
„Er hat sie fortgeschafft.“ flüsterte er nachdenklich.
„Das hat er. Mit einem Mal war sie verschwunden, irgendwohin aufs Land. Ich habe ihren Namen nie mehr wieder gehört.“

Kojiro warf die Zigarette zu Boden und trat sie aus.

„Ich glaube, wir haben ein Problem.“

Mariko besänftigte ihn mit einem Kopfschütteln.
„Es gibt keine Probleme, die man nicht lösen kann. Akihito war ein Träumer. Er kann nicht mehr ganz bei Sinnen gewesen sein, als er seinen letzten Willen aufgesetzt hat. Diese Geschichte wird kein gutes Ende nehmen...vermutlich nicht einmal einen guten Anfang. Selbst wenn er seinen großen, barbarischen Wachhund dazu einsetzen wird...“
Kojiros Stirn legte sich in Falten. „Hat er das verfügt? Torayama kommt hierher?“

„Hast Du etwas anderes erwartet?“

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