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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
Jugendamt und Ausländerbehörde Luckenwalde: Vietnamesenjunge Duc

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Gast
New PostErstellt: 27.06.08, 08:08  Betreff: Jugendamt und Ausländerbehörde Luckenwalde: Vietnamesenjunge Duc  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

26.06.2008

Flüchtlingspoltitk in Brandenburg
Kindische Behörden

Das Findelkind Duc sollte in Deutschland die Behandlung bekommen, die ihm in Vietnam verwehrt wurde. Eine Familie nahm Duc auf - doch das Jugendamt versuchte alles, das Kind abzuschieben. VON MARINA MAI

Duc hat das erste Mal in seinem Leben eine Familie. Seine Pflegeeltern in einer Kleinstadt in Brandenburg spricht der Junge mit "Mama" und "Papa" an. Seine große Schwester ist sein Vorbild. Wenn sie aus der Schule nach Hause kommt, läuft er ihr freudig entgegen. An ihrer Hand erkundet er die Umgebung des Hauses der Pflegeeltern. Von ihr hat er Inlineskaten gelernt. Die Pflegefamilie H., ein Beamter und eine Hausfrau, wollen den Jungen, den sie über zwei Jahre lieb gewonnen haben, adoptieren. Doch wenn es nach dem Jugendamt und der Ausländerbehörde Luckenwalde im Landkreis Teltow-Fläming gegangen wäre, wäre Duc, der in Wirklichkeit anders heißt, längst nach Vietnam abgeschoben worden. In ein Waisenhaus.

Vor einem Waisenhaus in Ho-Chi-Minh-Stadt wurde der Junge, dessen genaues Alter niemand kennt, auch einst als Findelkind abgelegt. Er hatte schwere organische Schäden; Ducs Pflegemutter Margarete H. vermutet dahinter eine Spätfolge des Entlaubungsmittels Agent Orange. Das haben das US-amerikanische Militär im Vietnamkrieg vor mehr als 35 Jahren in großen Mengen abgeworfen. Noch heute werden in dem Land deshalb jährlich hunderttausende Kinder mit Behinderungen geboren. Den meisten Familien fehlt das Geld für die ärztliche Behandlung.
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Das Geld fehlt auch den Waisenhäusern. "Duc wurde dort mit den schwerstgeschädigten Kindern gemeinsam in Schlafsälen verwahrt, gefüttert und manchmal im Bett angebunden", behauptet seine Pflegemutter. Ihm hätten jedwede Reize gefehlt, die ein Kind zur geistigen und körperlichen Entwicklung braucht. Obwohl der Junge normal intelligent ist, hat er neben seinen Organschäden auch Entwicklungsrückstände. Ein medizinisches Gutachten aus Vietnam bescheinigte ihm jahrelange Unter- und Fehlernährung.

2006 kam Duc gemeinsam mit anderen schwerkranken Kindern aus seinem Heim zur Heilbehandlung nach Deutschland, finanziert durch Spenden. Denn wenn sie operiert werden, haben sie die Chance auf ein Leben ohne Behinderung. Die Operationen ziehen sich über Jahre. Bei seiner Ankunft vor zwei Jahren war Duc nur knapp einen Meter groß, obwohl er laut Pass fast acht Jahre alt sein sollte.

Vermittelt hatte die Heilbehandlung die Hamburger International Childs Care Organisation, kurz Icco. 1997 gegründet galt sie in Deutschland lange als seriöse Anlaufstelle für Auslandsadoptionen und als Hilfsorganisation für behinderte Kinder in armen Ländern. Doch Ende 2006 geriet die Icco ins Visier der Staatsanwaltschaft Hamburg. Der Vorwurf: Untreue und Kinderhandel. Sie soll Kinder am Gesetz vorbei und gegen Bezahlung adoptionswilligen deutschen Familien vermittelt haben.

"Die Organisation fragte uns damals, ob wir ein behindertes Kind aus Vietnam aufnehmen und die medizinischen Behandlungen organisieren würden", erinnert sich Margarete H. Ihre Familie stand auf einer Liste von Menschen, die ihre Bereitschaft dazu erklärt hatten. H. erfuhr erst Monate nach ihrer Zusage von den Vorwürfen gegen Icco. Sie wandte sich Anfang 2007 an das Jugendamt und bat um einen Amtsvormund für Duc, der den bisherigen Vormund von Icco ablösen sollte. "Wir wollten uns von der Organisation distanzieren."

Doch statt einer Klärung brachte der Kontakt zum Jugendamt in Luckenwalde der Familie H. ernsthafte Probleme. "Bei ihrem ersten und einzigen Besuch in unserer Familie zweifelte die neue Vormünderin vom Jugendamt die Identität unseres Pflegesohnes an." Grund: Für seine damals neun Jahre war das Kind viel zu klein. "Die Behörden behaupteten, Duc sei nicht der Junge aus seinem Pass, und wollten ihn deshalb zurückschicken", erinnert sich Margarete H.

Das Jugendamt, das eigentlich das Waisenkind schützen sollte, verständigte die Ausländerbehörde. Die entzog Duc die Aufenthaltserlaubnis zur medizinischen Behandlung, obwohl noch Operationen bevorstanden. Sie behielt den Pass ein. Duc war jetzt ausreisepflichtig. Erst nach einer Intervention der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg, Karin Weiss, wurde sein Aufenthalt wieder gestattet - vorübergehend bis zur Feststellung seiner Identität.

Die klärte sich fast ein Jahr später: Zwei Tage zuvor hatte die taz das Jugendamt nach seinem Umgang mit Duc gefragt. Noch während der Recherchen erhielt der Junge von der Ausländerbehörde seinen Pass zurück. Für das Landesjugendamt Potsdam waren bereits fünf Monate vorher alle Zweifel an Ducs Identität ausgeräumt gewesen. Dessen Sprecher Michael Grunwald erklärt: "Das deutsche Generalkonsulat hat uns die Identität des Kindes zweifelsfrei bestätigt. Und das haben wir schon damals den Behörden in Luckenwalde gesagt."

Davon unbeirrt wollten Jugendamt und Ausländerbehörde in Luckenwalde auch weiterhin nachweisen, dass Duc nicht Duc sein sollte. Sie stellten Strafanzeige gegen unbekannt wegen Falschbeurkundung. Sie schickten Duc zu Röntgen- und Zahnuntersuchungen und zur Blutabnahme, um sein Alter schätzen zu lassen. Die ergaben ein viel jüngeres Alter als das im Pass.

Pflegemutter Margarete H.: "Ich hatte ja auch Zweifel an seinem Alter. Ich schätze, dass er heute zwischen sechs und neun Jahren alt ist, obwohl er laut Pass zehn sein soll." Aber sie habe sich gesagt, das sei halt ein Findelkind. "Er wurde vor einem Heim abgelegt. Da hat sich das Heimpersonal wohl bei der Altersschätzung vertan." Petra Schlagenhauf, die Anwältin der Familie, ergänzt: "Jedem sollte klar sein, dass das Alter von Findelkindern fiktiv ist und nicht zur Identitätsfeststellung taugt."

Dass ihr Pflegesohn wie möglicherweise andere Icco-Kinder ein Opfer von Kinderhandel durch diese Organisation wurde, hatte Margarete H. immer ausgeschlossen. "Ich habe Fotos und Dokumente von Duc im Waisenhaus gesehen. Sein Sozialverhalten ist das eines jahrelang elternlosen und nicht geförderten Kindes." Anwältin Schlagenhauf ergänzt: "Handel mit behinderten Kindern zur Adoption macht auch überhaupt keinen Sinn." Das sah das Jugendamt anders. "Da die Ausländerbehörde berechtigte Zweifel an der Identität des Kindes hatte, sind die entsprechenden Prüfungen eingeleitet worden", sagt Jugendamtsleiterin Waltraut Kahmann.

Und während die Behörden im brandenburgischen Luckenwalde die Identität des Jungen prüften, wurde versäumt, ihn zu fördern. Margarete H.: "Die Vormünderin hat sich nicht um die Schulanmeldung gekümmert. Sie hat den Antrag des Schularztes auf Frühförderung über Monate nicht unterschreiben." Frühförderung steht Duc wegen seiner Entwicklungsrückstände vor der Einschulung zu. In einem Schreiben, das der taz vorliegt, hat Jugendamtsleiterin Waltraut Kahmann, fünf Monate nachdem der Schularzt die Frühförderung genehmigt hatte, prüfen lassen, ob ihr Landkreis dafür die Kosten tragen muss. Sie selbst erklärt es anders: "Die Frühförderung konnte erst nach Abschluss der medizinischen Behandlung erfolgen. Die Vorwürfe sind sachlich nicht richtig und entbehren jeder Grundlage."

Das sah das Vormundschaftsgericht in Luckenwalde anders. Es entzog im April dem Jugendamt die Vormundschaft für Duc. Das Amt könne nicht die Interessen des Kindes wahrnehmen, urteilte die Richterin. Margarete H.: "Erst seit diesem Tag hatten wir keine Angst mehr, Duc zu verlieren. Wir hatten bis dahin den Eindruck, die Vormünderin als seine gesetzliche Vertreterin kann ihn jederzeit abschieben lassen."

Bundesweite Schlagzeilen

2006 hatte das Jugendamt Luckenwalde schon mal bundesweit Schlagzeilen gemacht. Damals fand die Polizei zwei unterkühlte Kinder, die mitten im Winter in einem unbeheizten Verschlag hausen mussten. Obwohl das Jugendamt von der Kita informiert war, dass die Geschwister einen vernachlässigten Eindruck machten, hatte es sich kein Bild vor Ort gemacht. Auf dem Grundstück lebten Kampfhunde. Die Wahlkreisabgeordnete Kornelia Wehlan (Linke) will prüfen lassen, ob das Jugendamt im Fall Duc ebenso versagt hat wie vor zwei Jahren.

Ein Detail stößt Anwältin Petra Schlagenhauf besonders bitter auf: Als sie vergangenen Sommer die Jugendamtsleiterin gebeten hatte, für Duc eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, hätte die ihr Unverständnis darüber bekundet, warum kranke Kinder aus Vietnam überhaupt ein Visum zur medizinischen Behandlung nach Deutschland bekämen. Amtsleiterin Waltraut Kahmann bestreitet das. "Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt so geäußert."
http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/kindische-behoerden/
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Gast
New PostErstellt: 14.07.08, 20:36  Betreff: Re: Jugendamt und Ausländerbehörde Luckenwalde: Vietnamesenjunge Duc  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

14.07.2008
Zwei Jahre Ungewissheit
Das Jugendamt im brandenburgischen Luckenwalde wollte ein krankes Kind aus Vietnam nicht fördern, sondern abschieben
Von Marina Mai
Ein vietnamesisches Findelkind sollte in Deutschland medizinisch behandelt werden. Doch das Jugendamt im brandenburgischen Luckenwalde behinderte das. Heute beschäftigt sich der Kreistag mit dem Fall.

Duc (Name geändert) hat endlich eine Familie. Seine Pflegeeltern in einer Kleinstadt in Brandenburg spricht der Junge mit Mama und Papa an. Seine große Schwester ist sein Vorbild. »An ihrer Hand hat er die Sicherheit, sich auch außerhalb unseres Hauses frei zu bewegen«, sagt Pflegemutter Margarete H. Denn in dem vietnamesischen Waisenhaus, in dem er aufgewachsen ist, habe es wenig Bewegung an der frischen Luft gegeben, behauptet die Pflegemutter. »Er wurde gemeinsam mit schwerstgeschädigten Kindern in Schlafsälen verwahrt worden und hätte keine Reize, die ein Kind zur körperlichen und geistigen Entwicklung benötigt.«

Die Pflegefamilie, ein Beamter und eine Hausfrau, wollen den Jungen, den sie über zwei Jahre lieb gewonnen haben, adoptieren. Doch wenn es nach dem Jugendamt und der Ausländerbehörde im brandenburgischen Luckenwalde gegangen wäre, dann wäre Duc schon längst nach Vietnam abgeschoben worden. In ein Waisenhaus.

Zur Heilbehandlung nach Deutschland
Vor einem Waisenhaus in Ho-Chi-Minh-Stadt wurde der Junge, dessen genaues Alter niemand kennt, als Findelkind abgelegt. Er hatte mehrere schwere organische Schäden, und Ducs Pflegemutter Margarete H. vermutet dahinter eine Spätfolge des Entlaubungsmittels Agent Orange. Das hat die US-Luftwaffe im Vietnam-Krieg in großen Mengen über Vietnam abgeworfen. Noch heute werden deshalb jährlich hunderttausende Kinder mit Behinderungen geboren. Und viele werden wie Duc von ihren Familien anonym weggegeben. Den Familien fehlt das Geld für den Arzt.

Das Geld fehlt auch den Waisenhäusern. Doch Duc hatte Glück. 2006 kam er gemeinsam mit anderen schwerkranken Kindern aus seinem Heim zur Heilbehandlung nach Deutschland, finanziert aus deutschen Spendengeldern. Denn wenn er operiert wird, hat er die Chance auf ein Leben ohne Behinderung. Die Operationen erstrecken sich über Jahre. Bei seiner Ankunft vor zwei Jahren war Duc nur knapp einen Meter groß, obwohl er laut Pass fast acht Jahre alt sein sollte. Ein medizinisches Gutachten bescheinigt ihm eine jahrelange Unter- und Fehlernährung sowie Entwicklungsrückstände.

Vermittelt hatte die Heilbehandlung die Hamburger Hilfsorganisation ICCO. Doch die geriet kurz darauf ins Visier der Staatsanwaltschaft Hamburg. Der Vorwurf: Untreue und Kinderhandel. Sie soll Kinder am Gesetz vorbei und gegen Bezahlung adoptionswilligen deutschen Familien vermittelt haben.

»Die Organisation fragte unsere Familie damals, ob wir ein behindertes Kind aus Vietnam aufnehmen und die medizinischen Behandlungen organisieren würden«, erinnert sich Margarete H. Sie stand auf einer Liste von Menschen, die ihre Bereitschaft dazu erklärt hatten. Sie sagte zu. »Wenn ich einem Kind helfen kann, durch ärztliche Behandlung später ein normales Leben zu führen, tue ich das. Und das würde ich jederzeit für andere Kinder wieder tun.«

Margarete H. erfuhr Monate später von den Vorwürfen gegen ICCO. Sie wandte sich Anfang 2007 an ihr Jugendamt, bat um einen Amtsvormund für Duc, der den bisherigen Vormund von ICCO ablösen sollte. »Wir wollten uns klar von den Machenschaften der ICCO distanzieren.« Doch statt einer Klärung brachte der Kontakt zum Jugendamt in Luckenwalde der Familie H. ernsthafte Probleme. »Bei ihrem ersten und einzigen Besuch in unserer Familie zweifelte die neue Vormünderin vom Jugendamt die Identität unseres Pflegesohnes an.«

Der Grund: Für seine damals neun Jahre war das unterernährte Kind viel zu klein. Margarete H: »Die Behörden behaupteten, Duc sei nicht der Junge aus seinem Pass und wollten ihn deshalb zurückschicken.« Das Jugendamt, das eigentlich das Waisenkind schützen sollte, verständigte die Ausländerbehörde. Die entzog Duc die Aufenthaltserlaubnis zur medizinischen Behandlung, obwohl noch Operationen bevorstanden. Sie behielt den Pass ein. Duc war jetzt ausreisepflichtig.

Röntgen zur Altersbestimmung
Erst nach einer Intervention der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg, Karin Weiss, wurde sein Aufenthalt wieder gestattet. Vorübergehend, bis zur Klärung seiner Identität. Die klärte sich fast ein Jahr später: Zwei Tage zuvor hatte die Presse das Jugendamt nach seinem Umgang mit Duc gefragt. Während der Recherchen willigte die Ausländerbehörde endlich ein, Duc den eingezogenen Pass zurück zu geben. Für das Landesjugendamt Potsdam waren bereits im Januar alle Zweifel an Ducs Identität ausgeräumt. Desses Sprecher Michael Grunwald sagt: »Das deutsche Generalkonsulat hat uns die Identität des Kindes zweifelsfrei bestätigt. Und das haben wir schon damals den Behörden in Luckenwalde gesagt.« Vietnamesische Behörden haben sogar zugestimmt, dass Familie H. das Kind adoptieren darf.

Doch in Luckenwalde interessierte das Prüfergebnis aus Potsdam nicht. Die Ausländerbehörde stellte Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Falschbeurkundung. Das Jugendamt schickte Duc zu Röntgen- und Zahnuntersuchungen und zur Blutabnahme, um sein Alter schätzen zu lassen. Die ergaben ein viel jüngeres Alter als das im Pass.

Pflegemutter Margarete H.: »Ich hatte ja auch Zweifel an seinem Alter. Ich schätze, dass er heute zwischen sechs und neun Jahre alt ist, obwohl er laut Pass zehn sein soll.« Aber sie habe sich gesagt, das sei ein Findelkind. »Da hat sich das Heimpersonal wohl bei der Altersschätzung vertan.« Und Petra Schlagenhauf, die Rechtsanwältin der Familie ergänzt: »Jedem sollte doch klar sein, dass das Alter von Findelkindern fiktiv ist und nicht zur Identitätsfeststellung taugt.«

Dass ihr Pflegesohn wie möglicherweise andere ICCO-Kinder ein Opfer von Kinderhandel durch diese Organisation wurde, hatte Margarete H. immer ausgeschlossen. »Ich habe Fotos und Dokumente von Duc im Waisenhaus gesehen. Und sein Sozialverhalten ist das eines jahrelang elternlosen und nicht geförderten Kindes.« Und die Anwältin Petra Schlagenhauf ergänzt: »Handel mit behinderten Kindern zur Adoption macht auch überhaupt keinen Sinn.«

Das sah das Jugendamt anders. »Da die Ausländerbehörde berechtigte Zweifel an der Identität des Kindes hatte, sind die entsprechenden Prüfungen eingeleitet worden«, sagt Jugendamtsleiterin Waltraut Kahmann. Und während die Behörden im brandenburgischen Luckenwalde die Identität des Jungen prüften, haben sie versäumt, ihn zu fördern. Margarete H.: »Die Vormünderin hat sich nicht um die Schulanmeldung gekümmert. Sie hat den Antrag des Schularztes auf Frühförderung über Monate nicht unterschreiben.«

Frühförderung steht Duc wegen seiner Entwicklungsrückstände vor der Einschulung zu. Laut einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, hat Jugendamtsleiterin Waltraut Kahmann fünf Monate nachdem der Schularzt die Frühförderung genehmigt hatte, prüfen lassen, ob ihr Landkreis dafür überhaupt die Kosten tragen muss. Sie selbst stellt das anders dar: »Die Frühförderung konnte erst nach Abschluss der medizinischen Behandlung erfolgen. Die Vorwürfe sind sachlich nicht richtig und entbehren jeder Grundlage.«

Dieser Interpretation schloss sich das Vormundschaftsgericht in Luckenwalde nicht an. Es entzog im April dem Jugendamt die Vormundschaft für Duc. Das Amt könne nicht die Interessen des Kindes wahrnehmen, urteilte die Richterin. Margarete H.: »Erst seit diesem Tag hatten wir keine Angst mehr, Duc zu verlieren. Wir hatten bis dahin den Eindruck, die Vormünderin als seine gesetzliche Vertreterin kann ihn jederzeit abschieben lassen.«

Behörde in den Schlagzeilen
2006 hatte das Jugendamt Luckenwalde schon einmal bundesweit Schlagzeilen gemacht. Damals fand die Polizei zwei unterkühlte Kinder, die mitten im Winter in einem unbeheizten Verschlag hausen mussten. Obwohl das Jugendamt von der Kita informiert war, dass die Geschwister einen vernachlässigten Eindruck machten, hatte es sich kein eigenes Bild vor Ort gemacht. Auf dem Grundstück lebten Kampfhunde. Die Landtagsabgeordnete Kornelia Wehlan (LINKE), die in Luckenwalde ihren Wahlkreis hat, will jetzt prüfen lassen, ob das Jugendamt im Fall Duc ebenso versagt hat wie vor zwei Jahren.

Ein Detail stößt Anwältin Petra Schlagenhauf besonders bitter auf: Als sie letzten Sommer die Jugendamtsleiterin gebeten hatte, für Duc eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, habe die ihr Unverständnis darüber bekundet, dass kranke Kinder aus Vietnam überhaupt ein Visum zur medizinischen Behandlung nach Deutschland bekommen. Amtsleiterin Waltraut Kahmann bestreitet das. »Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt so geäußert.« Die Abgeordnete Kornelia Wehlan schüttelt den Kopf. »Da steht Aussage gegen Aussage. Aber wenn diese Worte gefallen sein sollten, stellt sich eine Jugendamtsleiterin selbst infrage.«
http://www.neues-deutschland.de/artikel/132000.zwei-jahre-ungewissheit.html
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