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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
Begleiteter Umgang aus Sicht der öffentlichen Jugendhilfe

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Gast
New PostErstellt: 26.03.07, 07:43  Betreff: Begleiteter Umgang aus Sicht der öffentlichen Jugendhilfe  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  


Sydow: Der begleitete Umgang nach § 1684 BGB i.V. mit § 18 SGB VIII aus der Sicht der öffentlichen Jugendhilfe

FPR 2002 Heft 06 228

Der begleitete Umgang nach § 1684 BGB i.V. mit § 18 SGB VIII aus der Sicht der öffentlichen Jugendhilfe*

Diplomlehrerin und Sozialpädagogin Iris Sydow, Meiningen

I. Kontexte der richterlichen Anordnung des begleiteten Umgangs und Auswirkungen auf den Bereich der Jugendhilfe

Zielgruppe des begleiteten Umgangs sind einerseits Kinder und Jugendliche, andererseits aber auch Eltern Minderjähriger oder andere in § 1685 BGB genannte umgangsberechtigte Dritte, die vom Kind getrennt leben und nicht allein in der Lage sind, Umgangskontakte anzubahnen oder diese am Wohl des Kindes orientiert einvernehmlich miteinander zu regeln.

Die Ziele des begleiteten Umgangs umfassen die Förderung des Wohls der betroffenen Kinder und Jugendlichen, hier insbesondere ihre Identitätsfindung. Der begleitete Umgang soll dazu beitragen, Ängste der Kinder abzubauen, die emotionalen und sozialen Beziehungen und Bindungen der Kinder und Jugendlichen zu den Umgangsberechtigten und -verpflichteten zu erhalten oder wiederherzustellen und zu entwickeln.

Beim begleiteten Umgang handelt es sich in der Regel nicht um eine auf Dauer angelegte Leistung.

Ein weiteres Ziel ist deshalb die Befähigung der Umgangsbeteiligten, den Umgang mit dem Kind künftig auch ohne Begleitung verantwortungsvoll am Wohl des Kindes orientiert durchzuführen.

Zur Klärung, ob der begleitete Umgang dem Kindeswohl entspricht, hört das Familiengericht gem. § 49a I FGG vor einer Entscheidung in jedem Einzelfall die MitarbeiterInnen des Jugendamts.

Den MitarbeiterInnen der öffentlichen Jugendhilfe obliegt dabei die Verantwortung, aus fachlicher Sicht zu prüfen, ob es sich beim begleiteten Umgang um eine geeignete Maßnahme handelt oder nicht. Sie unterstützen das Familiengericht beim Finden einer dem Wohl des Kindes entsprechenden Entscheidung aus fachlicher Sicht.

Die Mitwirkungsverantwortung im familiengerichtlichen Verfahren ergibt sich für die MitarbeiterInnen des Jugendamtes ausschließlich aus § 50 SGB VIII.

Die Anordnung eines begleiteten Umgangs kann immer nur dann erfolgen, wenn seine Umsetzung dem Wohl des Kindes entspricht.

Unverzichtbar ist an dieser Stelle die Einbeziehung der betroffenen Kinder, die Klärung des Kindeswohls und des Kindeswillens. Im Umgangsstreit auszusprechende Entscheidungen dürfen nicht über „die Köpfe der Kinder“ hinweg getroffen werden.

Kinder fühlen sich oft als die Schuldigen im Trennungs- und Scheidungsprozess der Eltern. Ihre Nichtbeteiligung an der Klärung von Umgangsregelungen würde sie oft erneut zum „Verlierer in eigener Sache“ werden lassen. Hier obliegt der Kinder- und Jugendhilfe die Verantwortung, ihrem eigenen Namen und Anspruch gerecht zu werden und Kindern und Jugendlichen zu helfen.

Darüber hinaus ist im Vorfeld durch die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe zu prüfen, inwieweit die Eltern oder andere Umgangsberechtigte unter fachlicher Begleitung bereit sind, die Umgangsgestaltung vorrangig am Kindeswohl auszurichten und inwiefern ihre Bereitschaft besteht, an einer positiven Veränderung der aktuellen, belastenden Umgangssituation mitzuwirken.

Ungeeignete Fallkonstellationen sind gegeben, wenn die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe feststellen, dass der Kontakt zwischen dem Kind und dem Umgangsberechtigten dem Wohl des Kindes widerspricht oder wenn trotz intensiver Motivierungsarbeit keine Mitwirkungsbereitschaft der Beteiligten bei der Lösung der Umgangskonflikte besteht.

Es obliegt den Fachkräften der Jugendhilfe nicht, die Eltern zur Kooperation zu zwingen. Auch und gerade im Zusammenhang mit dem begleiteten Umgang besteht in der Jugendhilfe das Prinzip der Freiwilligkeit. Die Eltern müssen die Bereitschaft zur Mitarbeit haben oder offen für eine entsprechende Motivierung und spätere Kontakte sein.

Zwischen dem Umgangsrecht eines Kindes und der Wahrnehmung der Umgangspflicht bestehen häufig noch gravierende Widersprüche. Es kommt noch immer zur Umgangsvereitelung durch einzelne Elternteile. Diesen Widersprüchen kann im Bereich der Jugendhilfe gegenwärtig ausschließlich mit Mitteln der Beratung begegnet werden. Dieses Mittel reicht leider nicht in jedem Fall aus, um das Wohl einzelner Kinder zu sichern. Die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe sollten an dieser Stelle prüfen, ob die Umgangsvereitelung einer missbräuchlichen Ausübung der elterlichen Sorge entspricht.

Bei Vorliegen einer solchen Kindeswohlgefährdung sollte die Möglichkeit einer Einleitung entsprechender familiengerichtlicher Schritte zur Veränderung der elterlichen Sorge, öfter als bisher geprüft, und durch die Fachkräfte der Jugendhilfe in Anspruch genommen werden. In diesen Fällen ist von § 50 III SGB VIII Gebrauch zu machen, um gerichtliche Maßnahmen im Sinn der Regelungen aus §§ 1666 und 1666a BGB anzuregen.

Die fachliche Einschätzung, ob der begleitete Umgang die geeignete Methode ist, ist unabhängig von der gerichtlichen Entscheidung zu finden und durch die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe entsprechend ins familiengerichtliche Verfahren einzubringen.

Die Fachkräfte sollten gekoppelt an ihre fachliche Einschätzung Aussagen zur Gestaltung, der Durchführung, der Häufigkeit der Kontakte sowie der voraussichtlichen Dauer der Begleitung treffen.

Wird gegen eine entsprechende fachliche Darstellung der Fachkräfte der Jugendhilfe durch das Familiengericht begleiteter Umgang angeordnet, wurde in der Vergangenheit in der Praxis wiederholt beobachtet, dass die Vermittlungsbemühungen der Fachleute im Umgangskonflikt scheiterten und die Betroffenen erneut emotionales Leid ertragen müssen.

II. Möglichkeiten der Kommunikation im Umgangsverfahren

Die Jugendhilfe verfügt mit dem in § 36 SGB VIII verankerten Hilfeplanverfahren über eine gesetzlich vorgeschriebene Methode der Kommunikation, die sich bei der Bearbeitung vieler, auch strittiger und kritischer Fälle im Bereich der Hilfe zur Erziehung bewährt hat.

Partizipation von Kindern und Eltern im Rahmen der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII erfolgt als Interaktion und Aushandlung zwischen Gleichberechtigten. In diesen Gesprächen erfolgt der Austausch verschiedener Sichtweisen zu bestehenden Problemen und Fragestellungen als Grundlage für die spätere Bearbeitung und Lösung der Konflikte.

Hilfeplanung und Hilfeerbringung sind nur dann wirklich erfolgreich, wenn Kinder und Eltern tatsächlich beteiligt werden. Wenn die Betroffenen ernsthaft an der Bearbeitung ihrer Probleme beteiligt und dabei durch Fachkräfte begleitet werden, entstehen oft überraschende Ergebnisse und kreative Lösungen, die an den Möglichkeiten und Ressourcen der Betroffenen orientiert sind.

Kooperative Hilfeplanung erfordert von den Fachkräften oft einen Perspektivwechsel von rein expertenbestimmter Diagnostik zu einem beteiligungsoffenen Aushandlungsprozess. Veränderungsprozesse, die sich auch auf strukturelle Elemente beziehen, benötigen Zeit und verlangen von den beteiligten Menschen die Bereitschaft, gewohnte Arbeitsweisen kritisch zu prüfen und sich für Neuerungen zu öffnen. Dialogorientierung spielt hierbei die zentrale Rolle. So erhalten alle Beteiligten die Möglichkeit, sich aktiv und partnerschaftlich in den Prozess einzubringen und damit ihrer Verantwortung besser gerecht zu werden.

Die im Rahmen der Hilfeplanung angewandte Methode der Kommunikation zwischen den verschiedenen Beteiligten sollte auch in den strittigen Verfahren des begleiteten Umgangs im Sinne einer Metakommunikation zur beteiligungsorientierten Prozesssteuerung genutzt werden. Dieses Vorgehen fördert Transparenz und Rollenklarheit, klärt für die Beteiligten den Verlauf des Verfahrens. Es ermöglicht verbindliche Verfahrensabsprachen und hat das Ziel, bereits zu Beginn des Verfahrens günstige Realisierungsbedingungen für den Grundsatz des Vorrangs von außergerichtlicher Beratung vor gerichtlicher Entscheidung zu schaffen.

Die Möglichkeit einer entsprechenden Herangehensweise hat der Gesetzgeber im Rahmen von §§ 52 und 52a FGG vorgesehen. In einem frühen ersten Termin soll durch das Familiengericht auf das Einvernehmen der Beteiligten hingewirkt und im Umgangsstreit vermittelt werden.

III. Der mitwirkungsbereite Dritte

Eine wesentliche Grundlage der Umsetzung der Anordnung des begleiteten Umgangs ist gem. § 1684 BGB ein „mitwirkungsbereiter Dritter“.

Eine durch FamilienrichterInnen getroffene Entscheidung, begleiteten Umgang durchzuführen, bindet die Mutter, den Vater, andere Umgangsberechtigte und das Kind oder den Jugendlichen. Das Gericht kann jedoch das Jugendamt oder einzelne Fachkräfte aus öffentlichen oder freien Trägern der Jugendhilfe nicht bindend verpflichten, im begleiteten Umgang als mitwirkungsbereite Dritte mitzuwirken.

Eine Tätigkeitsverpflichtung außerhalb des familiengerichtlichen Verfahrens im Bereich der Beratung und Unterstützung im Umgangsverfahren ergibt sich für den Bereich der Jugendhilfe ausschließlich auf der Grundlage des § 18 SGB VIII und kann nicht durch das Familiengericht ohne Anhörung oder gegen den Willen des Dritten ausgesprochen werden.

Personen oder Institutionen, die den Umgang begleiten sollen, müssen in jedem Einzelfall ihre Mitwirkungsbereitschaft signalisiert haben.

Im Rahmen der Gewährleistungspflicht müssen die öffentlichen Träger der Jugendhilfe die Soll-Leistung des § 18 SGB VIII beachten. Wenn kein anderer Dritter zur Übernahme der Aufgabe der Umgangsbegleitung bereit ist und die Anspruchsberechtigten ihren Rechtsanspruch gegenüber dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe geltend machen, ergibt sich für das Jugendamt ausschließlich gem. § 18 III 3 und 4 SGB VIII eine Tätigkeitsverpflichtung.

Häufig bestehen zwischen den Parteien des Umgangsstreits zum Teil massive Kommunikationsprobleme. Sie versuchen, die Fachleute der verschiedenen Professionen für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Treten dann im familiengerichtlichen Verfahren Kommunikations- oder Abstimmungsprobleme auf, werden die Parteien versuchen, diese (ähnlich wie im Bereich der Hilfen zur Erziehung) für sich zu nutzen.

Um Störungen zwischen den Fachleuten der verschiedenen Professionen so gering wie möglich zu halten, sei nochmals auf die Möglichkeit der Gestaltung des familiengerichtlichen Verfahrens in Anlehnung an das Hilfeplanverfahren verwiesen. Teilnehmer dieses Verfahrens soll auch der mitwirkungsbereite Dritte sein.

In einer solchen Aushandlung kann erarbeitet werden, wer welche Aufgaben und Verantwortungen übernimmt, wer was bis wann klärt und bearbeitet, aber auch wer wann wen worüber und auf welchem Weg informiert.

Die so durch und mit allen Beteiligten im Familiengericht gemeinsam erreichte Transparenz und Rollenklarheit ist ein erster Schritt in Richtung möglicher weiterer Vereinbarungen. Sie verhindert gleichzeitig die den Fachleuten nur zu gut bekannten späteren Streitigkeiten - auch in Fragen der Verantwortung und des Informationsflusses. Alle Beteiligten wissen von Anfang an voneinander und kennen sowohl ihre eigenen Aufgaben und Verantwortungsbereiche als auch die der anderen.

Die Ergebnisse der Aushandlung können Bestandteil des richterlichen Beschlusses sein. Sie werden somit verbindlich und nachvollziehbar für alle.

IV. Anforderungen an den mitwirkungsbereiten Dritten

Mitwirkungsbereiter Dritter kann den Intentionen des Gesetzgebers entsprechend eine den Streitparteien oder dem Kind vertraute, nahe stehende Person sein, ebenso wie ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein, die dann jeweils bestimmen, welche Person die Aufgabe wahrnimmt.

Aus fachlichen Überlegungen ergibt sich, dass es sich bei diesem mitwirkungsbereiten Dritten um eine Fachkraft mit psychologischen, sozialpädagogischen aber auch ausgewählten juristischen Kenntnissen handeln sollte.

Nur bei Anwendung und Umsetzung der Kenntnisse aus diesen Bereichen scheint es möglich, in den vorliegenden, oft hoch strittigen Einzelfällen aktiv im begleiteten Umgang tätig zu werden und mehr als ein passiver Beobachter oder „Aufpasser“ zu sein, der seine Diensträume zur Durchführung der Umgangskontakte zur Verfügung stellt.

Zur Umsetzung des hohen fachlichen Anspruchs an begleiteten Umgang durch Fachkräfte der Jugendhilfe ist die Beratung und Unterstützung der Umgangsberechtigten im Sinn gezielter Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der einzelnen Umgangskontakte erforderlich. Diese Einzelschritte müssen sowohl mit den Eltern oder anderen Umgangsberechtigten als auch mit den Kindern planvoll und zielgerichtet gegangen werden und würden Laien in diesem qualitativen Anspruch in der Regel überfordern.

Eltern und Kinder sollen durch die Begleitung zunehmend befähigt werden, Umgangskontakte planvoll und konfliktbewusster vorzubereiten, zu gestalten und auszuwerten. Sie sollen durch Beratung und Unterstützung in einer Anfangsphase (wieder) lernen, miteinander zu reden und zu handeln. Sie müssen aber auch befähigt werden, Umgangskontakte in Zukunft ohne die fachliche oder gerichtliche Begleitung allein und am Wohl des Kindes orientiert zu planen und zu gestalten.

Der in der Vergangenheit häufig praktizierte Ansatz eines einmaligen Gesprächs oder eines ausschließlich nach den Vorstellungen der mitwirkungsbereiten Dritten gestalteten Umgangskontakts in bereitgestellten Amtsräumen entspricht nicht mehr den Anforderungen nach In-Kraft-Treten des neuen Kindschaftsrechts.

Der Beratungsansatz muss künftig sowohl im Beratungs- als auch im Entscheidungsstadium verstärkt prozesshaft, ressourcen- und lösungsorientiert ausgerichtet sein, um mit den Betroffenen zum Wohl der Kinder im Gespräch zu bleiben, bzw. die Eltern zu befähigen, Konflikte auf der Paarebene getrennt von der Elternebene lösen zu können.

Kinder und Jugendliche sind durch den mitwirkungsbereiten Dritten noch stärker als bisher entsprechend ihrem Entwicklungsstand aktiv in dem Beratungs- und Entscheidungsprozess zu beteiligen, um Veränderungen in den Beziehungen zwischen ihnen und den Personen, die zum Umgang mit ihnen berechtigt und verpflichtet sind, tatsächlich ihrem Wohl entsprechend gestalten und umsetzen zu können. Veränderungen in familiären Gefügen sind - ähnlich wie im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung - nur dann in ihrer Langzeitwirkung positiv, wenn alle an der Entscheidung oder Erbringung einer Hilfe Beteiligten auch in deren Planungs- und Entscheidungsprozess einbezogen wurden.

Werden die Störungen in der Interaktion der Eltern oder zwischen Eltern und für das Kind wichtigen Umgangsberechtigten nicht vermindert oder behoben, hat dies oft massive, negative Langzeitwirkungen in der Entwicklung der Heranwachsenden. Diese Wirkungen werden oft erst Jahre später sichtbar. Häufig werden im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung Zusammenhänge zwischen dem aktuellen erzieherischen Bedarf und einer nicht verarbeiteten Trennung oder Scheidung deutlich.

Seit 1998 standen jeweils bei mehr als einem Viertel aller in den Erziehungsberatungsstellen des Freistaates Thüringen im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung gem. § 28 SGB VIII in ihrer Bearbeitung abgeschlossenen Fälle Gründe der Inanspruchnahme dieser Hilfe im Zentrum, die im Zusammenhang mit einer Trennung oder Scheidung standen. Zu diesen Fällen kommen noch jene hinzu, in denen die MitarbeiterInnen der Beratungsstellen direkt im Zusammenhang mit §§ 17 oder 18 SGB VIII tätig wurden.

V. Konzepte für begleiteten Umgang

Die Mitwirkung der Fachkräfte im begleiteten Umgang bindet umfangreiche personelle und zeitliche Ressourcen. Erfahrene Fachkräfte sprechen von einem Verhältnis von ca. sechs Stunden Vor- und Nachbereitung mit den verschiedenen Beteiligten zu einer Stunde Umgangskontakt.

Freie Träger der Jugendhilfe, die sich dieser Aufgabe stellen, sollten diese Tatsache ebenso beachten wie die verantwortlichen MitarbeiterInnen in der öffentlichen Jugendhilfe, die die Wahrnehmung dieser Aufgabe an freie Träger übertragen. Es ist davon auszugehen, dass ohne Ressourcenerweiterung, Verlagerung von Kapazitäten oder anderer Aufgaben Konzepte zum begleiteten Umgang nicht bedarfsentsprechend entwickelt oder nicht am Kindeswohl orientiert in die Praxis umgesetzt werden können.

Notwendig sind für die Zukunft Konzepte verschiedener Träger der Jugendhilfe zur Umsetzung des hohen fachlichen Anspruchs, aber auch zur Bereitstellung der entsprechenden Ressourcen und deren Einbindung in die regionale Jugendhilfeplanung.

Die Konzepte sollten insbesondere auch Aussagen zum Selbstverständnis, der Verfahrensgestaltung, der Einbeziehung der Umgangsberechtigten und Dritter, den Maßnahmen zur Qualitätssicherung und der Bedingungen unter denen begleiteter Umgang angeboten wird, enthalten.

Erforderlich ist bei der Konzepterarbeitung die Klärung der Frage, für welche Zielgruppe begleiteter Umgang angeboten wird und welche Ziele erreicht werden sollen.

Handelt es sich um Angebote:

- zur Neuanbahnung von Umgangskontakten,


- zum Schutz des Kindes vor vermuteten körperlichen oder seelischen Übergriffen,


- zum Schutz vor Kindesentführungen,


- des zur Verfügung Stellens eines „neutralen Bodens“ für die Umgangskontakte?

Diese Fragen sollten unter Beachtung der eigenen personellen, zeitlichen und räumlichen Bedingungen im Vorfeld der Verabschiedung des Konzepts durch den Anbieter der Leistung im sozialen Netz vor Ort und unter Einbeziehung verschiedener im Feld tätiger Fachkräfte der Jugendhilfe, des Familiengerichts und interessierter Familienanwälte diskutiert werden.

Die Verankerung des Konzepts in die Gesamtleistung eines freien Trägers muss unter Beachtung der Gewährleistungspflicht durch den öffentlichen Jugendhilfeträger und des Abschlusses von Leistungsvereinbarungen auf derörtlichen Ebene darüber hinaus mit dem kommunalen Jugendamt abgestimmt werden.

Zur Erarbeitung und Umsetzung eines dem Wohl der betroffenen Kinder und Jugendlichen entsprechenden Konzepts für den begleiteten Umgang sind die Vernetzung und enge Kooperation der Fachkräfte verschiedener Professionen unabdingbar. Dabei handelt es sich um die Fachkräfte aus den Jugendämtern, die MitarbeiterInnen der freien Träger, die den Umgangsprozess begleiten, und die Fachkräfte aus dem Bereich der Justiz. Hier sind die FamilienrichterInnen ebenso angesprochen wie die FamilienanwältInnen.

Bereits im Rahmen der Empfehlungen der Expertenkommission zum 10. Kinder- und Jugendbericht wurden nicht zuletzt aus diesem Grund eine entsprechende personelle Erweiterung von Beratungskapazitäten und die verstärkte Nutzung von Vernetzungen dringend gefordert.

VI. Finanzierung des begleiteten Umgangs

Für die Inanspruchnahme des begleiteten Umgangs werden von den Eltern, den Kindern und sonstigen umgangsberechtigten Personen unter Beachtung der §§ 90 und 91 SGB VIII keine Kostenbeiträge oder Gebühren erhoben. Die genannten Personen werden nicht zu den Kosten herangezogen.

Erfolgt die Umgangsbegleitung im Rahmen des § 18 SGB VIII, obliegt die Finanzierung der öffentlichen Jugendhilfe, da es sich um eine Leistung aus dem Katalog des Kinder- und Jugendhilferechts handelt.

Unproblematisch gestaltet sich die Finanzierung in der Regel, wenn die Umgangsbegleitung durch Mitarbeiterinnen des Jugendamts im Rahmen ihrer normalen Arbeitszeit erfolgt. Bei Tätigkeit außerhalb der Regelarbeitszeit sind auf kommunaler Ebene Fragen der Bezahlung der Fachkräfte ebenso zu klären wie Fragen der Versicherung.

Werden die Leistungen der Umgangsbegleitung durch freie Träger der Jugendhilfe erbracht, sind die Fragen der Finanzierung im Vorfeld mit der Abstimmung der Leistungsinhalte und der Konzepte auf kommunaler Ebene zu klären. Hier sollten auch Fragen der Versicherung beachtet und einbezogen werden. Freie Träger können die Umgangsbegleitung im Rahmen ihrer Regelleistung anbieten, die Finanzierung kann hier über eine Pauschalfinanzierung erfolgen. Darüber hinaus sind Finanzierungen über Fachleistungsstunden und andere individuelle Modelle unter Beachtung eines effektiven Einsatzes von Verwaltungsanteilen denkbar.

Problematischer ist die Finanzierung der Umgangsbegleitung durch Einzelpersonen zu sehen, die nicht MitarbeiterInnen eines öffentlichen oder freien Trägers sind. Hier müssen im Vorfeld der Umgangsbegleitung individuelle Finanzierungsvereinbarungen zwischen dem mitwirkungsbereiten Dritten und dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe getroffen werden.

Ich hoffe, dass die Möglichkeit der Vernetzung zwischen den Fachkräften der verschiedenen Professionen und die Planung und Durchführung der Umgangsgestaltung unter Einbeziehung aller Beteiligten noch stärker ins Zentrum der Ausgestaltung des begleiteten Umgangs und der dazu notwendigen Konzepte gestellt werden.

*Die Autorin ist Diplomlehrerin, Sozialpädagogin, Supervisorin DGSv, Fortbildnerin und Organisationsberaterin. Sie war bis 1995 in einem kommunalen Jugendamt beschäftigt und arbeitete anschließend bis 2002 als Fachberaterin im Landesjugendamt Thüringen. Ab Juli 2002 wird sie in den Bereichen Supervision, Fortbildung und Organisationsberatung selbstständig tätig sein.



[editiert: 18.09.07, 13:52 von Admin]

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Gast
New PostErstellt: 10.04.07, 07:54  Betreff: Umgang nach der Herausnahme des Kindes  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Peschel-Gutzeit: Die Regelung des Umgangs nach der Herausnahme des Kindes aus dem Elternhaus, §§ 1666 , 1666a BGB   FPR 2003 Heft 06   290 - 293

Rechtsanwältin Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Berlin

Ist das Kind durch eine Entscheidung des Familiengerichts nach §§ 1666 , 1666a BGB von seinen Eltern oder seinem alleinsorgeberechtigten Elternteil getrennt und in diesem Zusammenhang aus seinem bisherigen Zuhause herausgenommen und anderweitig untergebracht worden, ist zu fragen, ob und wann und wie das Kind zu seinen Eltern oder dem alleinsorgeberechtigten Elternteil und/oder seinen Verwandten und seinem bisherigen sozialen Umfeld Kontakt halten kann. Ebenso ist zu prüfen, wie die vom Entzug der gesamten elterlichen Sorge oder von Teilen davon (z.B. Aufenthaltsbestimmungsrecht) betroffenen Eltern Verbindung mit ihrem Kind halten können.

I. Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte aus Sicht des Kindes

Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, § 1684 I Halbs. 1 BGB. Dieses Recht behält das Kind auch, wenn es aus seinem Elternhaus herausgenommen ist, weil anders sein Wohl nicht mehr gewährleistet werden konnte1. Ob das Kind von diesem Recht Gebrauch macht oder Gebrauch machen kann, hängt von vielen Faktoren ab.

1. Grund der Maßnahme nach § 1666 BGB

Der erste und wichtigste Prüfstein für die Frage, ob das Kind weiterhin Kontakt mit seinen Eltern haben kann, ist der Grund, der zu seiner Herausnahme geführt hat. Zu denken ist an sexuellen Missbrauch, an Misshandlungen, Vernachlässigungen, Interesselosigkeit, an physische oder psychische Erkrankung der Eltern oder eines Elternteils, an Sucht (Drogen, Alkohol), an die Inhaftierung eines oder beider Elternteile.

Schon diese kurze Aufzählung macht die Vielfalt der Gründe deutlich, die zu einer Entscheidung nach §§ 1666 , 1666a BGB führen können.

2. Gefährdung des Kindeswohls durch Umgang

Der nächste Prüfstein ist das Kindeswohl. Hier ist zu unterscheiden zwischen der objektiven Kindeswohlgefährdung und den subjektiven Wünschen bzw. Abneigungen des Kindes in Bezug auf den Umgang.

a) Eine objektive Gefährdung des Kindeswohls muss bejaht werden, wenn der sexuelle Missbrauch des Kindes erwiesen oder stark wahrscheinlich ist2. Gewalt und Misshandlungen indizieren ebenfalls eine Gefahr für das Wohl des Kindes, jedenfalls dann, wenn eine fachkundige Intervention nicht stattgefunden hat, den Eltern also nicht verdeutlicht und bewusst gemacht worden ist, dass sie zur Gewaltanwendung gegen das Kind in keinem Fall berechtigt sind3, oder wenn eine solche Intervention ohne Erfolg geblieben ist4. Auch Gewalt unter den Eltern, die zur Herausnahme des Kindes aus der elterlichen Familie geführt hat, kann eine ernstliche Gefährdung des Kindeswohls bedeuten. Ähnliches gilt für den Fall anhaltender und gröblicher Vernachlässigung des Kindes und/oder absolute Interesselosigkeit der Eltern. Allerdings kann gerade in solchen Fällen die Jugendhilfe unterstützend eingreifen und so die Herausnahme des Kindes in manchen Fällen verhindern. Hat diese Hilfe aber keinen Erfolg, bleibt also nur die Herausnahme des Kindes, so ist auch die Prognose für das Wohl des Kindes in Bezug auf die Elternversorgung eher negativ.

Ist ein Elternteil oder sind beide Elternteile krank und ist deshalb das Kind von den Eltern getrennt worden, so muss unterschieden werden: Handelt es sich um eine schwere, ansteckende physische Erkrankung, wird das Wohl des Kindes einen Umgang mit diesem Elternteil nicht oder nur gänzlich eingeschränkt zulassen. Denn Ziel aller Kindeswohlprüfung muss hier sein, das Kind so sicher wie möglich vor Ansteckung zu schützen. Zu denken ist hier vor allem an AIDS5 und an andere, noch nicht erforschte Erkrankungen, wie etwa eingeschleppte Tropenkrankheiten.

Ist dagegen die Krankheit erfolgreich therapiert (TBC, Geschlechtskrankheiten) und ist zur Zeit die Ansteckungsgefahr sicher auszuschließen, so besteht für das Wohl des Kindes keine akute und konkrete Gefahr. Dass die Krankheit wieder ausbrechen könnte, führt nicht zur Bejahung der Kindeswohlgefährdung6.

Leidet der Elternteil oder leiden beide Eltern an einer psychischen Erkrankung, also an einer geistigen oder Gemütserkrankung, so wird das Wohl des Kindes durch einen Umgang häufig gefährdet sein. Denn zum einen kann das Verhalten des erkrankten Elternteils das Kind tief ängstigen und irritieren, zum anderen kann von einem solchen Elternteil eine Gefahr auch für das Kind ausgehen (Suizid, Depression). Kann der erkrankte Elternteil sich infolge der Krankheit nicht auf das Kind einstellen (Psychose)7, oder ist ein echter menschlicher Kontakt zwischen den Eltern oder einem Elternteil und dem Kind nicht mehr möglich, so kann dies das Wohl des Kindes ernstlich gefährden.

Bei Suchterkrankungen (Drogen, Alkohol) eines Elternteils oder beider Eltern8 kann das Wohl des Kindes gefährdet sein, wenn die Abhängigkeit des Elternteils zu zeitweisen und nicht absehbaren Ausfallerscheinungen oder unkontrollierten Aggressionen führt, aber auch dann, wenn die Versorgung und Betreuung des Kindes während des Umgangs wegen der Sucht nicht hinreichend gesichert ist.

Bei Inhaftierung eines oder beider Elternteile und der daraus folgenden Herausnahme des Kindes aus dem Elternhaus kann für das Wohl des Kindes eine Gefahr bestehen, wenn der Umgang zwischen dem Inhaftierten und dem Kind innerhalb der Justizvollzugsanstalt oder an einem Ort stattfindet, der das Kind an die Inhaftierung des Elternteils erinnern muss. Findet der Umgang dagegen z.B. in einem neutralen Verwaltungsgebäude der Justizvollzugsanstalt statt oder in der Wohnung eines Bewährungshelfers9, so besteht für die Annahme der Kindeswohlgefährdung kein Anhaltspunkt. Das gilt erst recht, wenn der Umgang außerhalb der Justizvollzugsanstalt, etwa während eines Hafturlaubs in der Wohnung der Großeltern, stattfindet10.

b) Auch der subjektive Wunsch des Kindes nach Umgang oder dessen Abneigung dagegen haben im Blick auf das Wohl des Kindes erhebliches Gewicht.

Bei nicht fern liegendem Verdacht des sexuellen Missbrauchs, erst recht bei nachgewiesenem Missbrauch ebenso wie bei körperlicher oder seelischer Misshandlung des Kindes oder dessen Bedrohung kann das Wohl des Kindes trotz eigenen Umgangswunsches durch die Auffrischung der Erinnerung und die damit wiederholten traumatischen Erlebnisse gefährdet sein11.

Wird das Kind anlässlich des Umgangs mit dem inhaftierten Elternteil an dessen sexuellen Missbrauch der eigenen Freundin erinnert, so ist sein Wohl gefährdet12.

Ekelt sich das Kind vor einem erkrankten Elternteil, so wird es am Umgangswunsch des Kindes fehlen. Aber selbst bei geäußertem Umgangswunsch kann auch der dennoch bestehende Widerwille das Wohl des Kindes gefährden13.

Generell ist der entgegenstehende ernstliche Wille des Kindes, soweit es um dessen eigenen Umgangsanspruch geht, beachtlich. Freilich muss der Grund hierfür erforscht und nach Wegen gesucht werden, zwar den Willen des Kindes zu respektieren, aber auch das Umgangsrecht der Eltern und anderer Personen zu verwirklichen (zum so genannten „begleiteten“ oder „beschützten Umgang“ siehe unten Ziff. IV). Denn grundsätzlich dient der Umgang dem Wohl des Kindes, § 1626 III BGB.

Ist das Kind aus seinem Elternhaus herausgenommen und hat es sich bei Pflegeeltern gut eingelebt, so kann die Anordnung des Umgangs mit den eigenen Eltern für das Kind ebenfalls traumatische Erinnerungen wiederbeleben. Wehrt sich das Kind in einer solchen Situation gegen den Umgang mit den Eltern, so muss diese Abwehr grundsätzlich beachtet werden. Besteht dagegen ein eigener Wunsch des Kindes nach Umgang, so muss das Für und Wider einer Umgangsregelung im Blick auf das Kindeswohl abgewogen werden: Besteht keine Aussicht, dass das Kind in absehbarer Zeit zu seinen Eltern zurückkehren kann, so sollten ihm Loyalitätskonflikte im Blick auf die Pflegeeltern einerseits und die leiblichen Eltern andererseits erspart bleiben und Besuche von oder bei den leiblichen Eltern allenfalls sehr sparsam ermöglicht werden14.
II. Aufrechterhaltung des Kontakts mit dem Kind aus Sicht der Eltern

Die Eltern sind zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt, § 1684 I Halbs. 2 BGB.

Ist den Eltern oder einem Elternteil die elterliche Sorge oder Teile davon, etwa das Aufenthaltsbestimmungsrecht, nach § 1666 BGB entzogen, so behalten sie bzw. behält der betroffene Elternteil das Umgangsrecht15. Ist dessen Wahrnehmung mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar, so muss das Umgangsrecht in einem selbstständigen Verfahren geprüft und erforderlichenfalls eingeschränkt oder gänzlich entzogen werden, § 1684 III , IV BGB. Die Gründe, die Einschränkung oder Ausschluss rechtfertigen, sind identisch mit denjenigen, die auch bei dem eigenen Umgangsanspruch des Kindes dessen Wohl gefährden können. Da die Eltern aber nicht nur ein Umgangsrecht, sondern vor allem die Umgangspflicht haben, muss zum Wohl des Kindes sehr sorgfältig ermittelt und abgewogen werden, ob Einschränkung oder gar Ausschluss in Frage kommen. Denn grundsätzlich dient der Umgang dem Wohl des Kindes, wie dies jetzt im Gesetz ausdrücklich normiert ist16.

Aber die Vorfälle, die zum Sorgerechtsentzug oder zur Sorgerechtseinschränkung geführt haben, können diese gesetzliche Annahme entkräften.

III. Andere Umgangskontakte zwischen Kind und Personen seines sozialen Umfelds

Auch andere Personen haben ein Umgangsrecht: Nach § 1685 BGB haben Großeltern und Geschwister des Kindes sowie der Ehegatte oder frühere Ehegatte des Elternteils, aber auch der Lebenspartner oder frühere Lebenspartner des Elternteils und Personen, bei denen das Kind längere Zeit in Familienpflege war, ein Umgangsrecht. Dieses Recht steht unter besonderen gesetzlichen Bedingungen: Der Umgang all‘ dieser Personen muss dem Wohl des Kindes dienen, § 1685 I , II BGB. Hierzu bestimmt § 1626 III 2 BGB, dass der Umgang mit den vorgenannten Personen „in der Regel“ zum Wohl des Kindes gehört, vorausgesetzt, das Kind hat zu diesen Personen Bindungen, deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist. Gerade dann, wenn einem Elternteil oder beiden Eltern das Sorgerecht entzogen und das Kind aus dem Elternhaus herausgenommen ist, kann die Aufrechterhaltung oder aber auch Neuanbahnung von Umgangskontakten mit anderen, dem Kind vertrauten Personen besonders kindeswohlförderlich sein. Denn das Kind behält so die Beziehung zu seinem bisherigen sozialen Umfeld und zu seiner Herkunftsfamilie. Freilich ist auch hier stets der Grund für die Herausnahme des Kindes sorgfältig zu prüfen: Haben sich die in § 1685 BGB genannten Personen an der Kindeswohlgefährdung i.S. von § 1666 BGB beteiligt oder haben sie diese nicht verhindert bzw. sind nicht eingeschritten, obwohl dies möglich war, stößt ein späterer Umgangskontakt mit diesen Personen auf Schwierigkeiten. Ist etwa das Kind von seinen Eltern misshandelt, seine Geschwister aber nicht („Schwarzes-Schaf-Syndrom“), so wird sehr kritisch zu prüfen sein, ob der Kontakt des Kindes mit seinen Geschwistern seinem Wohl dient oder aber durch die Erinnerung an erlittene Ungerechtigkeiten stets neue Wunden aufreißen. Hat etwa ein Partner oder früherer Partner die Mutter zu einer Sucht verführt oder ist dieser Partner dem Abusus nicht entgegengetreten, so entsteht durch den Umgangskontakt zwischen dem Kind und diesem Partner möglicherweise eine ähnliche Verführungsgefahr.

IV. Einschränkung oder Ausschluss des Umgangs durch das Gericht

Nach § 1684 III BGB entscheidet das Familiengericht über den Umfang des Umgangsrechts und regelt seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher. Es kann das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist und weil anderenfalls sein Wohl gefährdet wäre, § 1684 IV BGB. Insbesondere kann das Familiengericht die Anwesenheit eines Dritten während des Umgangs anordnen (so genannter „begleiteter“ oder „beschützter“ Umfang), § 1684 IV 3 BGB17.

Liegt ein Sorgerechtsfehlgebrauch i.S. von § 1666 BGB vor, der auch durch Maßnahmen der Jugendhilfe nicht abgewendet werden konnte, so dass nur die Trennung des Kindes von seiner elterlichen Familie blieb, § 1666a I BGB, so muss das Familiengericht bei der Regelung des Umgangs zwischen Eltern und Kind, vor allem aber auch im Blick auf dessen tatsächliche, praktische Durchführung ebenso viel Einfühlungsvermögen wie Sorgfalt, Spürsinn und Fantasie entwickeln. Denn es muss nicht nur das Ob des Umgangs prüfen und dabei auch die Frage, ob der Umgang schon jetzt oder etwas später einsetzen sollte. Sondern insbesondere muss das Familiengericht das Wie, also die praktische Ausgestaltung, prüfen und regeln. Und auch insoweit kommt es wiederum entscheidend auf die Gründe an, die zum Sorgerechtsentzug geführt haben: Bei unverschuldetem Fehlverhalten der Eltern, etwa bei schwerer Krankheit, mag das Gericht anders verfahren als bei schuldhaftem (Misshandlungen, sexueller Missbrauch). Diese Unterscheidung führt freilich dort nicht weiter, wo die Gefährdung des Kindes unabhängig von schuldhaftem oder nicht schuldhaftem Verhalten der Eltern stets gleich groß ist. Oberste Richtschnur für die Regelung des Umgangs, dessen Einschränkung und Ausschluss muss deshalb allein das Wohl des Kindes sein. Auch wenn zu seinem Wohl in der Regel der Umgang mit seiner Herkunftsfamilie, mit Stiefelternteilen und Lebenspartnern gehört, § 1626 III 1 BGB, muss doch zugleich die objektive Gefährdung des Kindes durch einen Umgang ermittelt und entscheidend berücksichtigt werden.

So kann bei Fällen von Kindesmisshandlung und sexuellem Missbrauch der Umgang fast stets zunächst nur begleitet in Frage kommen18. Das kann auch bei Erkrankung und Suchtverhalten gelten19. Auch gerichtliche Auflagen jeder Art sind zum Schutze des Kindes denkbar. So kann das Gericht dem drogenabhängigen Elternteil auferlegen, sich während des Umgangs jeden Drogenkonsums zu enthalten. Eine Ansteckungsgefahr kann durch entsprechende Hygiene und Disziplin des betroffenen Elternteils weitgehend vermieden werden; entsprechende gerichtliche Auflagen sind möglich.

Da der begleitete oder beschützte Umgang, bei dem Dritte zugegen sind, eine eher unnatürliche Form des Umgangs ist, darf er nur dort angeordnet werden, wo anders die Gefährdung des Kindeswohls nicht wirksam verhindert werden kann oder wenn andernfalls nur der gänzliche Ausschluss des Umgangs bliebe.

Zuständig ist das Familiengericht. Es soll auf ein Einvernehmen der Eltern hinwirken, § 52 FGG. Liegt bereits eine gerichtliche Umgangsregelung vor, so kann das Familiengerichtauf Antrag ein Vermittlungsverfahren einleiten, § 52a FGG.

Das Kind ist stets anzuhören, § 50b I FGG. Ihm ist in den hier erörterten Fällen eines vorangegangenen gänzlichen oder teilweisen Sorgerechtsentzugs stets ein Verfahrenspfleger zu bestellen, der die eigenen Interessen des Kindes wahrnimmt, § 50 FGG. § 50 II Nr. 2 FGG dürfte zumindest entsprechend anzuwenden sein.

V. Auskunftsanspruch

Muss der Umgang zum Wohle des Kindes eingeschränkt oder sogar gänzlich ausgeschlossen werden, gewinnt der Auskunftsanspruch aus § 1686 BGB besondere Bedeutung. Zwar kann nach dem Gesetzeswortlaut nur jeder Elternteil vom anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, und auch dies nur bei berechtigtem Interesse. Und dieses Auskunftsverlangen darf auch nicht dem Wohl des Kindes widersprechen. Aber diesen Anspruch müssen Eltern, denen die elterliche Sorge gänzlich oder teilweise entzogen ist, auch gegenüber denjenigen Personen haben, in deren Obhut sich das Kind befindet. Denn die Interessenlage ist identisch: Der nicht oder nicht mehr voll sorgeberechtigte Elternteil soll sich kraft seines verfassungsrechtlich geschützten Elternrechts vom Wohlbefinden seines Kindes überzeugen können. Soweit die Ansicht vertreten wird, zur Auskunft seien nur die Eltern verpflichtet, nicht aber Dritte20, ist die dort beschriebene Konstellation eine andere: Der Auskunftsanspruch aus § 1686 BGB richtet sich ausschließlich gegen den Sorgerechtsinhaber und nicht etwa gegen das Kind selbst und auch nicht gegen Dritte, die Auskunft geben könnten, z.B. gegen Arzt oder Lehrer.

Steht aber das Sorgerecht keinem Elternteil oder jedenfalls dem Elternteil, der Auskunft begehrt, nicht zu, so richtet sich der Auskunftsanspruch gegen den Dritten, der für das Kind tatsächlich oder rechtlich zuständig ist, also gegen den Vormund, den Pfleger oder gegen die Pflegeperson21.

Die nach § 1686 BGB geschuldete Auskunft über die persönlichen Verhältnisse umfasst alle Angaben, die die Entwicklung und das Wohlergehen des Kindes darlegen und die der Elternteil normalerweise bei dem persönlichen Umgang mit dem Kind von diesem erfragen könnte, sofern das Kind das entsprechende Alter hätte22. Die Auskunft ist nicht begrenzt auf die schulische oder berufliche Laufbahn des Kindes und auch nicht auf etwaige erzieherische Schwierigkeiten, sondern umfasst die gesundheitliche und sonstige allgemeine Entwicklung des Kindes. Die Auskunft ist aus gegebener aktueller Veranlassung, etwa bei Krankheit, zu erteilen, anderenfalls in angemessenen Zeitabständen. Was angemessen ist, hängt auch hier von den Umständen des konkreten Falles ab, also einmal von dem Alter und der jeweiligen Lebenssituation des Kindes, aber auch davon, ob die Auskunft den persönlichen Umgang ersetzen muss. Allgemein wird ein halbjährlicher Abstand als angemessen angesehen23.

Über Streitigkeiten hinsichtlich des Bestehens und des Umfangs eines Auskunftsanspruchs entscheidet nunmehr, seit der Neufassung des Auskunftsanspruchs durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz, seit dem 1. 7. 1998 nicht mehr das Vormundschaftsgericht, sondern - ebenso wie über das Umgangsrecht selbst - das Familiengericht.

*Die Autorin ist Senatorin für Justiz a.D. in Hamburg und Berlin, war zuvor Vorsitzende eines Familiensenats am OLG Hamburg und ist jetzt Rechtsanwältin in Berlin in der Sozietät Fritze Paul Seelig.

1§§ 1666 , 1666a BGB.

2AG Kerpen, FamRZ 1998, 254; OLG Hamm, NJW-RR 1993, 1346 = FamRZ 1993, 1233 (festgestellte pädophile Neigung des Vaters bei sechsjährigem Sohn); OLG München, FamRZ 1999, 674 (Vater vom Vorwurf sexuellen Missbrauchs seiner drei und vier Jahre alten Töchter nicht entlastet); Salzgeber/Scholz/Wittenhagen/Aymans, FamRZ 1992, 1249 (1253); Rösner/Schade, FamRZ 1993, 1133 (1135ff.); Staudinger/Rauscher, BGB, 2000, § 1684 Rdnr. 313 m.w. Nachw.

3§ 1631 II BGB.

4KG, FamRZ 1999, 876.

5OLG Stuttgart, NJW 1988, 2620; OLG Hamm, NJW 1989, 2336; OLG Frankfurt a.M., NJW 1991, 1554; Laufs/Laufs, NJW 1987, 2257 (2261ff.); Tiedemann, NJW 1988, 729 (734ff.).

6KG, KGJ 53, 30; JFG 4, 33 = JR 1926 Nr. 810.

7Salzgeber/Vogel/Partale/Schrader, FamRZ 1995, 1311.

8Salzgeber/Vogel/Partale, FuR 1991, 324 (328).

9BayVerfGH, NJW 1973, 1644.

10BGH, FamRZ 1984, 1084; OLG Hamm, FamRZ 1980, 481; OLG Köln, KindPrax 1999, 173.

11OLG Celle, FamRZ 1998, 971 (973); AG Kerpen, FamRZ 1998, 254; AG Bad Iburg, FamRZ 1988, 537 (539ff.).

12KG, FamRZ 1968, 260 (261).

13OLG Hamm, FamRZ 1997, 307 L (Erkrankung des Vaters an Chorea Huntington = Erblicher Veitstanz).

14OLG Celle, FamRZ 2000, 48: alle sechs Wochen jeweils eineinhalb Stunden bei jetzt sechs und neuneinhalb Jahre alten Kindern, die seit zweieinhalb Jahren bei Pflegeeltern leben.

15BGH, NJW 1981, 2067 = FamRZ 1981, 659; NJW 1984, 2824 = FamRZ 1983, 1102 je m.w. Nachw.; BayObLG, FamRZ 1982, 958; FamRZ 1995, 1438; NJWE-FER 1999, 118 = FPR 1999, 182 = FamRZ 1999, 316 (318); Bamberger/Roth/Veit, BGB, 2002, § 1666 Rdnr. 33; Staudinger/Peschel-Gutzeit, BGB, 12. Aufl., § 1634 Rdnr. 124 m.w. Nachw.

16§ 1626 III 1 BGB.

17Bamberger/Roth/Veit (o. Fußn. 15), § 1684 Rdnr. 42 m.w. Nachw.

18Bamberger/Roth/Veit (o. Fußn. 15), § 1684 Rdnr. 42 m.w. Nachw.

19Staudinger/Rauscher (o. Fußn. 2), § 1684 Rdnrn. 316ff.

20Bamberger/Roth/Veit (o. Fußn. 15), § 1686 Rdnr. 4 unter Hinweis auf Oelkers, NJW 1995, 1335 (1336).

21Staudinger/Rauscher (o. Fußn. 2), § 1686 Rdnr. 5

22LG Karlsruhe, FamRZ 1983, 1169.

23BayObLG, NJW-RR 1996, 966 = FamRZ 1996, 813 (814); OLG Köln, FamRZ 1997, 111 (112).

 

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New PostErstellt: 15.04.07, 08:41  Betreff: Bedeutung des Umgangs für das Kind  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Die Bedeutung des Umgangs für das Kind aus entwicklungs- und familienpsychologischer Sicht*

Diplom-Psychologin Dr. Antje Klüber, Coesfeld und Diplom-Psychologin Dr. Patricia Terlinden-Arzt, Würselen

FPR 2002 Heft 06   215 

I. Einführung

Besuchskontakte mit ihren getrennt lebenden Eltern gehören heute für viele Kinder zum Alltag. Nach der räumlichen Trennung gelingt es den meisten Eltern, ihren Kindern den Kontakt zu bisher wichtigen Bezugspersonen zu erhalten und den Umgang mit dem ehemaligen Partner weitgehend reibungsfrei zu organisieren. Im Allgemeinen gilt, dass Kinder die Trennung ihrer Eltern am besten verarbeiten können und trotz dieses einschneidenden Erlebnisses günstige Entwicklungsbedingungen haben, wenn der Umgang für sie harmonisch und, sofern nicht völlig konfliktfrei so doch im Rahmen einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Personen, überschaubar und entspannt abläuft.

Auch für Kinder, die von ihrer Herkunftsfamilie getrennt in einem Heim oder in einer Pflegefamilie leben, sind Umgangskontakte mit ihren leiblichen Eltern und Familienangehörigen von Bedeutung. Grundsätzlich sind Besuchskontakte dieser Kinder mit denen von Kindern aus Trennungs- und Scheidungsfamilien vergleichbar. Es kommen allerdings wichtige Faktoren hinzu, wenn es darum geht, ob und wenn ja in welcher Form Besuchskontakte stattfinden sollen. Anders als in den „klassischen“ familienrechtlichen Auseinandersetzungen besteht hier von Anfang an ein Regelungsbedarf, der abgestimmt werden muss auf die Ursachen einer Fremdunterbringung und die daraus resultierenden zukünftigen Entwicklungspotenziale der Kinder. In diesem Artikel wollen wir uns schwerpunktmäßig auf den Umgang von Kindern konzentrieren, die nach der Trennung ihrer Eltern Besuchskontakte mit dem Elternteil haben, mit dem sie nicht mehr ständig zusammenleben.

Das eingangs nur grob umrissene „Idealbild“ des persönlichen Umgangs von Kindern mit ihren getrennt lebenden Eltern ist sehr störanfällig, wenn sich personelle oder situative Bedingungen ändern. Neue Partner, neue Geschwister, ein Umzug, Schulwechsel, Krankheit, die Urlaubsplanung und viele andere Dinge mehr können dazu führen, dass der Umgang des Kindes nicht mehr so ablaufen kann wie zuvor. Davon ausgehend, dass niemand einem Kind schaden möchte, kommt es manchmal recht plötzlich, manchmal aber auch schleichend zu unterschiedlichen Auffassungen darüber, was für das jeweilige Kind gut ist und was nicht. Auch hier gelingt es den meisten Eltern durch ihr Bemühen um eine kooperative Zusammenarbeit, bei dem mitunter die unterstützende Hilfe Dritter in Anspruch genommen wird, die Fortsetzung des Umgangs zu gewährleisten. Gleichwohl wird es immer wieder Familien geben, die damit große Schwierigkeiten haben. Der Umgang des Kindes mit dem nun getrennt lebenden Elternteil kann dabei ein „schwieriger Fall“ werden, bei dem Argumente zählen, die die Bedeutung des Umgangs für das Kind betreffen. Wozu dient der Umgang des Kindes mit seinem von ihm getrennt lebenden Elternteil? Welche Kosten und welcher Nutzen sind für das Kind damit verbunden? Welche Chancen und welche Risiken können für das Kind entstehen?

In diesem Artikel wollen wir herausarbeiten, welche Bedeutung der Umgang des Kindes nach der Trennung seiner Eltern für die individuelle Entwicklung des Kindes, für seine Trennungsverarbeitung und für die Entwicklung der familiären Beziehungen hat. Die erwähnten Kosten-Nutzen-Aspekte haben eine ganz allgemeine Bedeutung, die in ihrer Differenziertheit erst dann relevant werden, wenn es zu Schwierigkeiten kommt und der Umgang strittig ist. Wir wollen mit diesem Artikel dazu beitragen, dass die Bedeutung des Umgangs für das Kind differenziert und am Einzelfall orientiert betrachtet werden kann. Es gibt keine Patentrezepte oder Tabellen aus denen man Art, Anzahl und Umfang von Besuchskontakten nach Altersstufen sortiert ablesen könnte. Die individuellen Belange und Bedürfnisse von Kindern gehen sehr weit auseinander. Entsprechend reagieren Kinder auf die Trennung ihrer Eltern sehr unterschiedlich und haben auch bei der Gestaltung ihrer weiteren Lebensbedingungen andere Bedürfnisse als diese.

II. Die Bedeutung des Umgangs für das Kind

Die Frage, welche Bedeutung es für ein Kind hat, nach der Trennung seiner Eltern weiter Kontakt zu dem getrennt lebenden Elternteil zu haben, soll hier aus entwicklungs- und familienpsychologischer Sicht beleuchtet werden. Die entwicklungspsychologische Sicht lenkt dabei die Aufmerksamkeit auf die individuelle Situation und Entwicklung eines jeden Kindes. Während ihrer gesamten Entwicklung müssen Kinder verschiedene Entwicklungsaufgaben bewältigen. In Anlehnung an Havighurst1 können bedeutsame Altersbereiche skizziert werden, in denen wichtige Entwicklungsschritte vollzogen werden. In der frühen Kindheit (0 bis zwei Jahre) entwickelt das Kind die lebenslang wichtigen Bindungen an seine Eltern, ein Verständnis dafür, dass Objekte permanent vorhanden sind, dass es einfache Kausalitäten gibt, sowie motorische Fähigkeiten. In der Kindheit (zwei bis vier Jahre) macht die Sprachentwicklung große Fortschritte, das Kind entwickelt Phantasie und Spiel, Selbstkontrolle und verfeinert seine motorischen Fähigkeiten. Der nächste zentrale Entwicklungsschritt ist der Übergang in die Schule (fünf bis sieben Jahre). Das Kind lernt, sich mit seiner Geschlechtsrolle zu identifizieren, einfache moralische Urteile zu treffen und sich in der Gruppe zurecht zu finden. Im mittleren Schulalter (sechs bis zwölf Jahre) geht es um die Entwicklung sozialer Kooperation, den Erwerb der Kulturtechniken und die Entwicklung von Selbstbewusstsein. Diese Entwicklung setzt sich in der Adoleszenz (13 bis 17 Jahre) fort mit der körperlichen Reifung und der Entwicklung sexueller Beziehungen. Mit dem Übergang ins Erwachsenenalter geht die individuelle Entwicklung weiter, für die vorliegende Thematik ist dies aber nicht mehr von Bedeutung.

Kinder sind also in Abhängigkeit von ihrem Alter mit unterschiedlichen emotionalen und kognitiven Fähigkeiten ausgestattet. Dabei kann der Entwicklungsstand zwischen verschiedenen Bereichen erheblich variieren und sich im Laufe der Entwicklung eines Kindes auch verändern. Die Entwicklungspsychologie hat den Prozess, wie sich Kinder zunehmend wirkungsvoll mit ihrer Umwelt auseinandersetzen differenziert untersucht und kann für verschiedene Altersstufen Besonderheiten im Erleben und Verhalten beschreiben, was an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden kann2. Wichtig ist es zu berücksichtigen, dass die individuellen entwicklungspsychologischen Besonderheiten Einfluss darauf haben, wie Kinder die Trennung ihrer Eltern und die nachfolgende Entwicklung der Familie wahrnehmen und begreifen und wie sie sich dazu verhalten können. Ihre kognitiven Fähigkeiten, ihre sprachlichen Möglichkeiten, ihre emotionale Abhängigkeit oder ihre emotionale Sicherheit sind nur einige Komponenten, die moderierend Einfluss nehmen. Dabei ist der Entwicklungsstand eines jeden Kindes eine individuell zu beschreibende Größe und nicht allein eine Zuordnung zu einer bestimmten Altersgruppe.

Stellt man die Frage nach der Bedeutung des Umgangs aus familienpsychologischer Sicht, ist zu berücksichtigen, dass ein Kind, ausgestattet mit bestimmten emotionalen und kognitiven Fähigkeiten, die familiären Veränderungen, hier insbesondere die Trennung der Eltern, vor dem Hintergrund bewältigt, welche familiären Beziehungen es bis zur Trennung hat entwickeln können, wie diese eingebettet sind in das System der Familie, und wie es diese Beziehungen in Zukunft wird gestalten können. Die Trennung der Eltern verändert die Lebensbedingungen des Kindes, wenn z.B. die alleinerziehende Mutter erwerbstätig wird oder das Kind auf Grund eines Umzugs das soziale Umfeld wechselt. Es kommen möglicherweise in Form von Stieffamilien neue Bezugspersonen hinzu, die das Beziehungsgefüge des Kindes verändern. Es gibt verschiedene Forschungsansätze, die die Chancen und Risiken für die Entwicklung von Kindern aus Trennungs- und Stieffamilien untersucht haben. Dabei geht es je nach Forschungsperspektive z.B. um die Frage, ob die Trennung der Eltern für die Kinder immer von Nachteil sein muss, um die Frage, welche Bedeutung einzelne Belastungsfaktoren haben oder wie sich das System der Familie nach der Trennung weiter entwickelt. Auch hier würde es zu weit führen, den Stand dieser Forschung zu referieren3. Die verschiedenen Veränderungen, Belastungen oder auch neuen Entwicklungsmöglichkeiten der Familie nehmen wie die entwicklungspsychologischen Besonderheiten des Erlebens und Verhaltens Einfluss darauf, wie jedes einzelne Kind die Trennung seiner Eltern verarbeitet, wie es sich selber weiterentwickeln wird und wie sich seine familiären Beziehungen entwickeln werden.

Der persönliche Umgang mit dem getrennt lebenden Elternteil kann dabei für das Kind Chancen und Vorteile bereithalten aber auch Risiken und Nachteile. Es ist die Aufgabe der beteiligten Erwachsenen, das emotionale Wohlbefinden und Gleichgewicht der Kinder im Blick zu behalten. Sie brauchen, gestaltet von den Erwachsenen, Sicherheiten für ihre weitere Entwicklung nach der Trennung ihrer Eltern.

1. Chancen und Vorteile des persönlichen Umgangs für das Kind

Das wichtigste Argument für den Umgang des Kindes mit beiden Eltern ist der Erhalt der Bindungen und Beziehungen, die das Kind bis zum Auseinanderbrechen der Familie hat entwickeln können. Grundsätzlich besteht Einigkeit darüber, dass der Umgang dazu dient, dem Kind seine Beziehungen zu erhalten, ihm Gelegenheit zu geben, die emotionale Nähe beider Eltern zu spüren, weiter persönliche Erfahrungen mit ihnen zu machen und im Rahmen der sich neu organisierenden Teilfamilien auf ein erweitertes Netz sozialer Kontakte zurückgreifen zu können. Es geht nicht nur darum, den nun getrennt lebenden Elternteil zu besuchen, sondern möglicherweise auch Großeltern und Geschwister, die für das Kind von Bedeutung waren. Grundsätzlich gehen wir an dieser Stelle davon aus, dass das Bedürfnis der Kinder nach beständigen, liebevollen Beziehungen vor der Trennung gesichert war. Unter dem Einfluss von erlebter Vernachlässigung und/oder Misshandlung verändern sich die Voraussetzungen für Kontakte ganz entscheidend.

Fühlte das Kind sich in seinen bisherigen familiären Bezügen geborgen und sicher, kann es beim Erhalt dieser Beziehungen erleben, dass es immer noch von beiden Eltern geliebt wird und dass diese Anteil nehmen an seiner weiteren Entwicklung. Es kann wie zuvor im Zusammensein eigene Erfahrungen sammeln und ist nicht darauf angewiesen, welches Bild ihm vom getrennt lebenden Elternteil vermittelt wird. Es kann die Veränderung der familiären Bezüge mitgestalten. Kommen neue Partner in diese familiären Bezüge hinzu, erweitert sich für das Kind das Netz sozialer Kontakte und damit auch die Chance, andere Interaktions- und Konfliktlösungsmöglichkeiten kennen zu lernen. All diese Veränderungen können vom Kind selber wahrgenommen und bewertet werden. In einem aktiven Prozess verbindet es die Beziehungsangebote aller verfügbaren Elternfiguren und das, was sie ihm als Modell im positiven wie im negativen Sinne vermitteln.

Für das kindliche Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl ist es wichtig, dass die jeweiligen positiven Seiten der Elternfiguren verstärkt werden, damit das Kind diese entsprechend positiv in das eigene Selbstbild integrieren kann. Werden in der Auseinandersetzung zwischen den Eltern vermeintlich negative Eigenschaften, wie z.B. die Neigung zu Jähzorn, betont und einem auszugrenzenden Elternteil zugeschrieben, werden dem Kind die Chancen verbaut, Strategien zu entwickeln, z.B. selbst erlebte Wut in konstruktive Bahnen zu lenken. Als Erklärung ist dann festgeschrieben: „Du bist eben wie Dein Vater/Deine Mutter“. Im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Kindes kann dies zur Ablehnung dieser Eigenschaften bei sich selbst und weiterführend der damit in Verbindung gebrachten Person führen. Möglicherweise treten dann später Selbstwertprobleme auf, wenn das Kind selbstständig hinterfragt, welche Faktoren seine Persönlichkeitsentwicklung in welcher Form beeinflusst haben. Dabei können Vorwürfe entstehen im Sinne von „Warum habt ihr das nicht besser für mich hingekriegt?“. Solche Vorwürfe können Eltern-Kind-Beziehungen auch im Nachhinein nachhaltig verändern. Umgangskontakte bieten dem Kind, wie oben bereits gesagt, die Chance, sich kontinuierlich mit beiden Elternfiguren auseinander zu setzen. Diese Identifikationsangebote, die einem Kind zudem Klarheit über seine Herkunft bieten, wirken weit in seine zukünftige Entwicklung hinein. Kinder definieren ihre Identität darüber, dass sie die Kinder beider Elternteile sind. Können sie dies nach der Trennung mit Zustimmung beider Eltern weiter erleben, stärkt dies ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstvertrauen und unterstützt sie dabei, die Trennung der Eltern zu verarbeiten und in ihre Biografie zu integrieren.

Bei diesem Prozess brauchen Kinder ihrem Alter und Entwicklungsstand angemessene Erklärungen für die Trennung der Eltern, um mit der damit verbundenen Verunsicherung klar zu kommen. Nicht zuletzt suchen sie auch von sich aus nach Erklärungen, warum jemand geht, der zu ihrem alltäglichen Leben dazugehört hat. Können Kinder die Beziehung zu dem weggehenden Elternteil aufrecht erhalten, ist ihnen ein Teil der Verunsicherung genommen. Sie können miterleben, wie dieser sein „neues“ Leben gestaltet, und dass auch sie selber darin einen Platz haben. Sie können beobachten, welche Erklärungen beide Eltern für die Trennung haben und wie beide diese verarbeiten. Indem Kinder die verschiedenen Sichtweisen in die eigene Trennungsverarbeitung einbeziehen können, wird ihr Bild von den Hintergründen der Trennung ausgewogener und unabhängiger von Loyalitäten.

Sehr junge Kinder können die Trennung ihrer Eltern noch nicht kognitiv erfassen und reagieren vorwiegend gefühlsmäßig auf die Veränderung, die diese Trennung mit sich bringt. Je älter sie werden, desto mehr begreifen sie und desto mehr stellen sie Bezüge her zwischen der Trennung und eigenen Verhaltensweisen. Nicht selten entwickeln sie neben dem Gefühl der Trauer auch Wut und Schuldgefühle und Gefühle der Hilflosigkeit. Häufig kommt es zu Loyalitätskonflikten und vor allem ältere Kinder schämen sich manchmal für ihre Eltern4. Jedes Auseinanderbrechen der Familie bedeutet für die beteiligten Kinder eine existenzielle Verunsicherung, die sie vor die Fragen stellt: „Was passiert hier mit mir?“ und „Wie geht es weiter mit mir?“ Diese Fragen müssen nicht immer laut wahrnehmbar gestellt werden, es ist aber falsch anzunehmen, sie würden gar nicht gestellt, vielmehr sind sie latent im Bewusstsein des Kindes vorhanden. Die Verunsicherung kann so weit gehen, dass sich das Kind fragt, ob vielleicht noch eine weitere Person geht, die ihm wichtig ist. Der Trost, den Kinder erfahren, muss ihnen einen wesentlichen Teil der verlorenen Sicherheit zurückgeben. Besuchskontakte, die sich an ihren Bedürfnissen orientieren, können diesen Trost durch erfahrbare Interaktionen unterstützen.

Die konkrete Ausgestaltung der Kontakte kann dabei sehr unterschiedlich sein. Günstig ist es, wenn möglichst keine allzu langen Unterbrechungen auftreten, sondern wenn sich die Beziehungen kontinuierlich weiterentwickeln können. Für jüngere Kinder bedeutet das auf Grund ihres von Erwachsenen unterschiedlichen Zeitempfindens5, besser häufige und kurze Kontakte zu vereinbaren, als sie, im Erleben der Kinder, für längere Zeit der Ungewissheit auszusetzen, wann sie den Vater oder die Mutter wiedersehen werden. Allerdings sollten die Kontakte für die Kinder auch einschätzbar und vorhersehbar sein. Ständige spontane Besuche können für Kinder belastend sein, weil ihnen die Zeit fehlt, sich auf dieses Ereignis einzustellen. Derjenige Elternteil, mit dem das Kind ständig zusammenlebt, kann es am besten seinem Alter entsprechend so darauf vorbereiten, dass es sich auf den Kontakt freuen kann. So sind z.B. auch im vorsprachlichen Altersbereich der Kinder Erklärungen wichtig. Je älter Kinder werden, desto aktiver können sie in die Gestaltung von Kontakten einbezogen werden. Wenn durch Besuchskontakte äußere Zwänge entstehen, die das Kind in seiner alltäglichen Freizeitgestaltung, z.B. dem Besuch von Sportveranstaltungen oder Kindergeburtstagen, einschränken, kann es Besuche als Belastung empfinden. Dann kommt es auf die kooperative Zusammenarbeit zwischen den Eltern an, mit dem Kind auf dessen veränderte Bedürfnislage einzugehen. Die Chancen, die Kinder durch Umgangskontakte haben, liegen letztlich ganz wesentlich in den Händen der beteiligten Erwachsenen. Sie schaffen die Voraussetzungen für die weitere Entwicklung ihrer Kinder und müssen auch für die damit verbundenen Risiken einstehen.

2. Risiken und Nachteile des persönlichen Umgangs für das Kind

Die Besuchskontakte mit dem getrennt lebenden Elternteil unterscheiden sich in der Regel von dem alltäglichen Zusammensein zwischen Eltern und Kind. Entsprechend haben Ausflüge und Geschenke aber auch erzieherische Maßnahmen wie Regeln bestimmen und Grenzen setzen einen anderen Stellenwert, was die Beziehungsentwicklung mitbestimmt. Bei älteren Kindern, die ihre Freizeit zunehmend unabhängig von der Familie gestalten, kommt hinzu, dass sie den Umgang mit ihrem getrennt lebenden Elternteil möglicherweise als Pflichtprogramm und Einschränkung erleben.

Besuchskontakte an sich bedeuten für ein Kind jedes Mal, dass es sich von einem auf den anderen Elternteil umstellen muss. Vor allem die Übergabesituation ist für das Kind ein kritischer Augenblick, da sich die getrennten Welten seiner beiden Eltern berühren. Die Schwierigkeit, diese Situation zu bewältigen, äußert sich nicht selten in auffälligen Verhaltensweisen der Kinder wie z.B. Klammern, Weinen, bedrückter Stimmung vor dem Kontakt oder wenn der Kontakt zu Ende geht. Davon können sowohl der abgebende Elternteil als auch der besuchte Elternteil berichten. Für das Kind drückt sich darin das Bedürfnis aus, jedem Elternteil zu zeigen, wie wichtig die Beziehung zu ihm ist. Damit der unvermeidliche Übergang von einem Haushalt in den anderen für Kinder nicht zu einer psychischen Belastung und damit einem Risiko für ihre weitere Entwicklung wird, müssen die Eltern gleichermaßen deutlich machen, dass sie die Beziehung des Kindes zum jeweils anderen gut heißen. Gelingt dies vor dem Hintergrund der partnerschaftlichen Erfahrungen und Probleme nicht, kann gegebenenfalls durch Mitwirkung dritter, dem Kind vertrauter Personen die Übergabe gestaltet werden.

Die Umsetzung von Besuchskontakten kann für Kinder mit zusätzlichen Schwierigkeiten verbunden sein, wenn es nicht gelingt, ihnen neue Sicherheiten zu vermitteln, die ihren individuellen, dem Alter und den unterschiedlichen Entwicklungsvoraussetzungen entsprechenden Bedürfnissen gerecht werden. Schwierigkeiten treten besonders dann auf, wenn die Kinder keine Klarheit über die Trennung haben und Wiedervereinigungswünsche lebendig gehalten werden. Unter solchen Bedingungen wird bei Besuchskontakten die emotionale Verunsicherung immer wieder aktuell ohne Perspektive, wie sich die familiäre Situation weiter entwickeln wird. Kommt es im Zusammenhang mit den Kontakten zudem immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Eltern oder sogar zu wechselseitiger Abwertung, fehlt dem Kind das Modell, wie die familiären Beziehungen neu gestaltet werden können. Ständig im Spannungsfeld der Eltern zu stehen verunsichert die Kinder hinsichtlich ihrer eigenen Beziehung zu den Eltern. In dem Bemühen, sich die emotionale Zuwendung beider Eltern zu sichern, geraten sie in Loyalitätskonflikte. Dies lässt ihnen u.U. nicht genügend Raum, die Trennung der Eltern gemäß ihren eigenen Bedürfnissen zu verarbeiten und weitere wichtige Entwicklungsaufgaben zu bearbeiten. Nicht selten entziehen Kinder sich diesem Konflikt, indem sie die Besuchskontakte ablehnen. Hier liegt es dann in der Verantwortung der beteiligten Erwachsenen, zu einer Entspannung der Situation beizutragen, damit das Kind die Chancen der Besuchskontakte für seine weitere Entwicklung nutzen kann.

Die Verweigerung von Besuchskontakten durch die Kinder kann neben dem elterlichen Konflikt auch andere Ursachen haben. Häufig wird z.B. eine ambivalente bis ablehnende Haltung des Elternteils, mit dem das Kind zusammenlebt, angeführt6. Vor allem für jüngere Kinder ist es kaum möglich, gegen den Willen des Elternteils, mit dem es den Alltag teilt, Besuchskontakte zum getrennt lebenden Elternteil aufrecht zu erhalten. Gründe für eine Kontaktverweigerung sind aber nicht nur bei einem „beeinflussenden“ Elternteil zu suchen, sondern können auch beim Kind liegen, bei dem Elternteil, den das Kind besucht, oder auch in der Trennungsgeschichte der jeweiligen Familie7. Zu denken ist hier z.B. an eine lange Kontaktunterbrechung ohne Erklärung für das Kind, an neue Erfahrungen mit dem besuchten Elternteil, die das Kind verunsichern, an Gewalterfahrungen mit dem besuchten Elternteil in der Vergangenheit oder an beobachtete Gewalt zwischen den Eltern. Solche Aspekte, die die individuelle Situation eines jeden Kindes umschreiben, sind nicht erst zu berücksichtigen, wenn Kinder Kontakte selber verweigern, sondern bereits vorher, wenn es darum geht abzuwägen, ob Besuchskontakte für das Kind eine Chance bereithalten oder ein Risiko bedeuten. Ein Risiko stellen Besuchskontakte dann dar, wenn solche, die Kinder emotional verunsichernde oder bedrohliche Erfahrungen übergangen bzw. nicht in kindgemäßer Weise ernst genommen und geklärt werden.

Bei der Überlegung, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um einen Kontakt neu oder wieder herzustellen oder eine Kontaktverweigerung des Kindes aufzuweichen, ist immer vorrangig die Perspektive des Kindes zu berücksichtigen. Ein deutlich und möglicherweise über Jahre konsistent geäußerter Wille eines Kindes bzw. Jugendlichen kann nicht einfach übergangen werden. Willensäußerungen sind von entwicklungspsychologischen und familiendynamischen Aspekten beeinflusst und haben für das psychische Gleichgewicht des Kindes oder Jugendlichen eine Bedeutung. Ungeachtet dessen, wie man die familiendynamischen Einflüsse, insbesondere die Einflüsse durch das Verhalten von Mutter und Vater bewertet, hat das Kind ein Recht darauf, dass sein Wille zunächst respektiert wird8. Nur dann können die Chancen der Besuchskontakte auch vom Kind als solche erlebt werden. Jeder Zwang bei der Umgangsregelung wird eher das Gegenteil einer positiven Beziehung provozieren. Bevor das Kind zu etwas „gezwungen“ und das Umgangsrecht zu einem Risiko werden kann, müssen möglicherweise zunächst auf anderer Ebene Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu gehört z.B., dass Kinder vor weiteren negativen und emotional verunsichernden Erfahrungen geschützt werden oder dass Eltern explizit und für das Kind erkennbar Verantwortung übernehmen für entsprechende Situationen. Letztlich geht es auch darum, die emotionalen Ressourcen eines Kindes ernst zu nehmen. Diese sind u.a. mitbestimmt vom individuellen Entwicklungsstand, vom Grad der emotionalen Verunsicherung, von den Entwicklungsaufgaben, die es sonst noch zu bewältigen hat oder der Selbstsicherheit innerhalb der familiären Bezüge.

III. Schluss

Die Frage, welche Bedeutung der persönliche Umgang mit den Eltern für das Kind hat, kann aus entwicklungspsychologischer und familienpsychologischer Sicht nur individuell für jedes einzelne Kind beantwortet werden. Die obigen Ausführungen zeigen, dass dabei vielfältige Bedingungen berücksichtigt werden müssen: Bedingungen, die die Haltung der Eltern zueinander und zu Besuchskontakten betreffen, Bedingungen der Gestaltung der Umgangskontakte und, ganz wesentlich, Bedingungen, die in der Beziehungsentwicklung und emotionalen Stabilität des jeweiligen Kindes begründet sind. Es liegt in der Verantwortung der beteiligten Erwachsenen, ehrlich und sorgfältig abzuwägen, welche Chancen und Risiken Umgangskontakte für das Kind haben. Die manchmal erhebliche emotionale Belastung der Eltern auf Grund der Trennung erschwert es ihnen, die von ihren eigenen Bedürfnissen unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer Kinder zu sehen und das erforderliche Wohlverhalten dem anderen Elternteil gegenüber rational zu steuern. Sie haben dann die Möglichkeit, sich in einer Beratung oder mit Hilfe begleiteter Kontakte mit der Frage der Umgangskontakte auseinander zu setzen und dabei das Kind in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zu stellen. Letztlich geht es darum, den Kindern möglichst positive Entwicklungsbedingungen bereit zu stellen. Dabei sind die Chancen des Umgangs mit dem getrennt lebenden Elternteil ein bedeutsamer Bestandteil, und die Kinder, nicht die Eltern, haben ein Recht darauf, diese Chancen für sich nutzen zu können, auch um eine möglicherweise problematische Beziehung durch eigene Erfahrungen zu klären. Überwiegen allerdings die Risiken, die mit Besuchskontakten verbunden sind, sind weitere Verunsicherungen der Kinder zu ihrem Wohl zu vermeiden und ihre Persönlichkeitsrechte zu schützen.

*Die Autorinnen sind als psychologische Sachverständige tätig.

1Havighurst, Developmental tasks and education, 1972.

2Zu den entwicklungspsychologisch relevanten Besonderheiten des kindlichen Erlebens und Verhaltens siehe z.B.: Mussen/Conger/Kagan/Huston, Lehrbuch der Kinderpsychologie, Bd. 1 und 2, 1999; Oerter/Montada, Entwicklungspsychologie, 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Aufl., 1995; Schmidt-Denter, Soziale Entwicklung, 1988.

3Vgl. z.B. Lehmkuhl/Lehmkuhl, Scheidung - Trennung - Kindeswohl, 1997; Wallerstein/Blakeslee, Gewinner und Verlierer. Frauen, Männer, Kinder nach der Scheidung. Eine Längsschnittstudie, 1989; Wallerstein/Lewis, FamRZ 2001, 65; Walper/Schwarz, Was wird aus den Kindern, 1999.

4Balloff, Kinder vor Gericht, 1992.

5Heilmann, Kindliches Zeiterleben und Verfahrensrecht, 1998.

6Vgl. z.B. Klenner, FamRZ 1995, 1529, oder die Diskussion um das Parental Alienation Syndrom, Kodjoe/Koeppel, DAVorm 1998, 9; Salzgeber/Stadler, KindPrax 1998, 167.

7Salzgeber/Stadler/Schmidt/Partale, KindPrax 1999, 107.

8Lehmkuhl/Lehmkuhl, KindPrax 1999, 159.

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FPR 2002 Heft 06   237-240

Erfahrungen mit dem begleiteten Umgang aus Sicht der Umgangsbegleiterin*

Diplom-Sozialpädagogin Brigitte Müller, Berlin

An Beispielen werde ich versuchen, die verschiedenen Konstellationen des begleiteten Umgangs darzustellen. Die Fälle sind anonymisiert und verfremdet, ohne dass der Sinn entstellt wird.

I. Vorbereitung eines Umgangs

Die gute Vorbereitung eines Umgangs ist nach meiner Ansicht die größte Hürde, die zu nehmen ist. Die Eltern müssen Vertrauen zu der Umgangsbegleiterin fassen; am schwierigsten ist die Kommunikation mit dem Elternteil, bei dem das Kind lebt. Dieser Elternteil ist in den meisten Fällen nicht mit dem Umgang einverstanden (aus welchen Gründen auch immer) und wird oftmals gerichtlich dazu „gezwungen“. Hier heißt es „Arbeit mit dem Widerstand“. Ist die Vertrauensbasis erst einmal hergestellt, gelingt der Umgang meist auch, was aber nichts mit dem langfristigen Erfolg zu tun hat. Wichtig ist hier zu nennen, dass die Umgangsbegleiterin vor dem eigentlichen Umgang mit den Eltern klare Absprachen und Vereinbarungen trifft, die in jedem Fall schriftlich festgehalten werden sollen, damit eine gewisse Verbindlichkeit entsteht. Hier sollen die Zeiten vereinbart werden, der Ort, wer wen anruft bei Verhinderung oder Krankheit des Kindes, wer etwas zu Essen oder zu Trinken mitbringt, welche Spielsachen mitgebracht werden bis hin zu der Tatsache, wie oft und in welchen Maße Fotos gemacht werden dürfen. Das Thema „Fotos von dem Kind“ gibt immer wieder Anlass zu Streitigkeiten und muss daher besonders sorgfältig bearbeitet werden. Die Vereinbarungen müssen von Zeit zu Zeit „überarbeitet“ werden und somit dem aktuellen Stand der Bedürfnisse der Beteiligten angepasst werden. Bei älteren Kindern ist es wichtig, die Vereinbarungen auch mit ihnen zu besprechen und auch ihre Wünsche mit einfließen zu lassen (Beispiel: Wünsche an die Kommunikation mit dem umgangssuchenden Elternteil).

Die Erfahrung hat gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, die Elterngespräche mit zwei Personen durchzuführen, damit nicht die eigentliche Umgangsbegleiterin die „Projektionsfläche“ für beide Eltern ist. Das Tandemmodell hat den Vorteil, dass sich die Umgangsbegleiterin „zurücklegen“ kann, wenn die Eltern sowohl im Einzelgespräch als auch in gemeinsamen Gesprächen, zu sehr auf Konfrontation mit der Beraterin gehen. Die zweite Person besitzt dann so viel „Neutralität“, da nicht so stark involviert, um noch den „klaren Blick“ im Gespräch zu behalten (Co-Beratung).

Die „mediativen“ Elemente der Gesprächsführung sind hier das Arbeitsmittel der Wahl.

Beispiel: Maria

Ein Vater hat mit Hilfe verschiedener Gerichtsverfahren versucht wieder Kontakt zu seinem Kind aufzunehmen. Die bisherigen Kontakte waren immer wieder durch Abbrüche gekennzeichnet.

Da die Mutter den Umgang nicht wollte, ging sie gegen den Beschluss des Amtsgerichts in Beschwerde. Das Beschwerdegericht legte jedoch den Umgang für ein Jahr fest. In dem Beschluss waren Zeit, Tag, Dauer des Umgangs und Umgangsbegleitung (Träger) festgelegt. Der Umgang sollte in dem Monat beginnen, der der Zustellung des Beschlusses folgt.

Nennen wir das Kind Maria. Maria ist fünf Jahre alt und lebt bei den Großeltern mütterlicherseits mit der Kindesmutter zusammen. Die Großeltern kümmern sich in Zeiten der Abwesenheit der Mutter um Maria.

Die Kindeseltern haben nur kurze Zeit zusammengelebt.

Der Vater hat nach der Trennung immer wieder versucht (zum Teil noch vor der Kindschaftsrechtsreform) einen Umgang mit der Tochter zu haben. Eines Tages wurde er mit dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs an der Tochter konfrontiert. Es gab einen Umgangsabbruch, ein langes Gerichtsverfahren mit Begutachtungen sowohl im Familienrecht als auch im Strafrecht mit dem dann beschriebenen Beschluss des Beschwerdegerichts.

Als mir der „Umgangsfall“ übertragen wurde, gab es noch nicht viel Erfahrungen auf diesem Gebiet. Es gab nicht genügend Zeit für vorbereitende Gespräche. Es gab nur ein Gespräch mit dem Vater. Die Mutter und das Kind lernte ich an dem ersten Umgangstag kennen. Dies sollte sich später als erheblicher Nachteil herausstellen, da es nicht möglich war, auf die Bedürfnisse und Ängste der Mutter einzugehen, denn der Umgang musste nun gegen den Willen der Mutter stattfinden (Beschluss der Beschwerdeinstanz). Entsprechend war die Haltung der Mutter; sie meinte, nur ihre Pflicht zu tun und das Kind zu bringen. Da im Beschluss, obwohl er sehr genau den Umgang beschrieb, keine Elterngespräche vorgeschrieben waren, stellte sich auch das später als Problem dar. Da der Vater den Umgang wollte, war es nicht das Problem, mit ihm Gespräche zu führen und den Umgang zu reflektieren. Die Mutter entzog sich jedoch zunehmend den Gesprächen bzw. ließ andere Personen für sich reden und überließ es auch Verwandten und Bekannten, das Kind zum Umgang zu bringen.

Der Umgang an sich war nach einiger Zeit nicht das Problem. Vater und Tochter spielten kreativ miteinander; nach einiger Zeit nahm Maria auch Körperkontakt zum Vater auf.

Da der Vater durch das Gerichtsverfahren sehr verunsichert war, war es an mir, ihn zu bestätigen und zu ermuntern die Kontaktaufnahme zu erwidern. Nach mehreren Monaten stellte sich Normalität ein.

Die Umgänge fanden auf dem Spielplatz, im Zoo, im Kindertheater und in den für den Umgang vorgesehenen Räumen statt.

Da der Umgang nicht ins Leere laufen sollte, bemühte ich mich immer wieder, Kontakt mit der Mutter aufzunehmen. Ziel war es, eine Vereinbarung zu finden, die den Umgang und die Wünsche der Eltern berücksichtigte. In dieser Vereinbarung sollen die genauen Zeiten, wer kommt zuerst, wer bringt das Essen und Trinken mit, der Ort usw. geregelt werden. Da die Kommunikation mit der Mutter nur über Faxe ging, wurde die Arbeit erschwert und es kam zu Missverständnissen. So waren manchmal die Treffpunkte nicht klar, und es kam zu Behinderungen auf allen Seiten. Der Beschluss erhielt noch einige Klauseln, auf die ich nicht näher eingehen möchte, dass der Umgang zu verändern ist, wenn bestimmte Gegebenheiten erreicht sind. So versuchte ich den Ort des Umgangs langsam in den Haushalt des Kindesvaters zu verlegen, doch ohne Erfolg. Die Mutter boykotiertte dies immer wieder mit dem Hinweis auf den sexuellen Missbrauch. Dieser Boykott gipfelte darin, dass mir eine Strafanzeige angedroht wurde, wenn ich den Umgang an diesen bewussten Ort verlege.

Dies und der Grund, dass ich in diesem Fall die Projektionsfläche aller Beteiligten war, haben mich dazu bewogen die Umgangsbegleitung abzugeben.

Heute weiß ich, dass dieser Schritt richtig war, denn die „Fronten“ der Beteiligten waren zu verhärtet, als dass es noch Bewegung gegeben hätte. Durch den Wechsel der Umgangsbegleitung entkrampfte sich die Situation und anschließend konnte der Umgang in einen unbegleiteten Umgang in die Räume des Vaters überführt werden.

II. Umgangsbegleiterin und Kind sprechen nicht die gleiche Sprache

Die Umgangsbegleiterin sollte dahingehend ausgewählt werden, die Sprache zumindest des Kindes und des umgangssuchenden Elternteils zu sprechen. Wichtig ist es für Kinder, und auch für kleine Kinder, die meistens erst die „fremde“ Sprache lernen, dass sie von der Umgangsbegleiterin verstanden werden und nicht auf „Übersetzungen“ des umgangssuchenden Elternteils angewiesen sind. Bei Kindern, die schon länger in den Kindergarten gehen, verwischt sich diese Problematik, da sie dann genügend deutsch sprechen. Zu beobachten war in einem Umgang, dass der Vater immer nur die für ihn „negativen“ Worte des Kindes übersetzte. Wichtig ist auch, dass die Umgangsbegleiterin versteht, was zwischen Eltern und Kind gesprochen wird, speziell wenn es sich um eine Missbrauchs- oder Gewaltproblematik handelt.

Um Missverständnissen bei den Elterngesprächen vorzubeugen, sollte ein Dolmetscher hinzugezogen werden können.

Wichtig ist hier auch, auf kulturelle Eigenheiten einzugehen und Verständnis bzw. Informationen darüber zu haben, damit adäquat reagiert werden kann.

III. Umgang und Alter des Kindes

Ich kann jeden Elternteil verstehen, der sagt, ich möchte, egal wie alt das Kind ist, den Kontakt zu ihm haben.

Hier sollte aus meiner Sicht und Erfahrung jeder Fall differenziert betrachtet werden. Es macht wenig Sinn zu sagen „es muss in jedem Fall Umgang stattfinden“. Die Bedürfnisse der Eltern sind eindeutig und die rechtliche Lage auch (§ 1684 BGB). Die Umgangsbegleiterin und auch die MitarbeiterIn des Jugendamts oder die RichterIn müssen großes Augenmerk auf die psychische Entwicklung des Kindes legen.

Oftmals haben sich die Eltern schon während der Schwangerschaft getrennt oder gleich nach der Geburt. Die Trennung verlief in den seltensten Fällen harmonisch. Das Kind entwickelt Bindungen an die Mutter und ist im vollen Umfang von der betreuenden Person (meistens die Mutter) abhängig. Wenn zu diesem Zeitpunkt eine begleitete Umgangsanbahnung per Gericht angeordnet oder vom Jugendamt direkt empfohlen wird, dann kann die Mutter im Umgang nicht „vor der Tür“ bleiben. Dies soll heißen, dass die Mutter in jeden Fall mit im Raum anwesend sein muss. Den Spannungen, die dann im Raum sind, ist das Kind ausgesetzt; abgesehen davon, dass mit Kindern unter drei Jahren noch kein „Gespräch“ über den Umgang geführt werden kann.

Wenn auch jetzt hier die umgangssuchenden Elternteile „aufschreien“, bin ich der Meinung, dass bei Kindern unter drei Jahren, wenn die Eltern nie zusammengelebt haben und auch sonst keine Beziehung mehr besteht, ein persönlicher Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil erst im Kindergartenalter bzw. sprachfähigen Alter angebahnt werden soll. Ansonsten sollte darüber nachgedacht werden, den „Umgang“ in schriftlicher Form mit Briefen, Bildern und kleinen Geschenken an das Kind und einem Entwicklungsbericht und Bildern an den Vater durch die Kindesmutter zu realisieren. Frei nach dem Motto „der Vater muss sich interessant machen“, die Neugier des Kindes wecken und für das Kind präsent sein.

Der Wunsch der Eltern ist, wie gesagt, zu verstehen, aber die Belastung des Kindes bei einem Umgang von einer Stunde mit in jedem Fall drei Erwachsenen in einem Raum ist eindeutig zu hoch. Die Spannungen im Raum sind immens und das Kind hält sich auch entwicklungsbedingt überwiegend bei der Mutter auf bzw. bezieht sie in das Spiel mit ein, was wieder zu Spannungen und zu Unzufriedenheiten beim Umgangssuchenden führt.

Die Situationen bei Eltern, die längere Zeit zusammengelebt haben und die Kontakte trotzdem als ein begleiteter Umgang stattfinden sollen, sind völlig anders zu bewerten. Hier hat das Kind hoffentlich Bindungen oder zumindest eine Beziehung zu dem anderen Elternteil und steht somit nicht einem fremden Menschen gegenüber. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, kann sich aus dem Umgang zurückziehen.

Beispiel: Pauline

In dieser Fallkonstellation handelt es sich um ein kleines Mädchen im Alter von zwei Jahren; nennen wir es Pauline.

Paulines Eltern trennten sich schon während der Schwangerschaft; die Mutter hat die kirchliche Trauung nicht mehr wahrgenommen; standesamtlich hatten die Eltern geheiratet. Die Herkunftsfamilie der Mutter hat vor einigen Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen; der Vater lebt als ausländischer Mitbürger mit Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Während des Ehescheidungsverfahrens versuchte das Jugendamt einen begleiteten Umgang außergerichtlich zu initiieren. Der Vater hatte seine Tochter noch nie gesehen. Das Jugendamt bewilligte ein Stundenkontingent, in dessen Rahmen die Arbeit erfolgen sollte. Am Anfang standen nur Einzelgespräche mit den Eltern auf dem Plan, denn die Mutter „verweigerte“ den Umgang. Die Schwierigkeit in diesem Fall besteht darin, dass der Vater nicht ausreichend deutsch spricht, so dass zumindest das erste Gespräch mit einem Dolmetscher geführt werden musste. Später hat der Vater auch Freunde oder Bekannte hinzugezogen. Die Mutter, wie gesagt, wollte überhaupt keinen Umgang zulassen. Sie war tief in der Kränkung verhaftet, die zu der Trennung führte. Bei ihr bestehen große Ängste, dass Pauline, die seit der Geburt unter Atemproblemen leidet, etwas zustoßen könnte. Die Mutter bat darum, eine weitere Vertrauensperson beim Umgang dabei haben zu dürfen, da sie sich selber beim Zusammentreffen mit dem Vater sehr aufregen würde und dann bei Problemen von Pauline nicht mehr adäquat reagieren würde.

Das Aushandeln einer ersten Vereinbarung dauerte ca. vier Monate, bis endlich beide Eltern nach dieser Pendelmediation bereit waren, die mit ihnen verabredeten Bedingungen zu akzeptieren.

Der erste Umgang fand auf einem Spielplatz, den Pauline kannte, statt. Dem Vater wurde immer wieder Unterstützung in der Form gegeben, dass er diskrete Hinweise auf Gefahrensituationen oder altersentsprechendes Spielverhalten erhielt. Pauline wandte sich unbekümmert dem Spiel zu und bezog alle verfügbaren Erwachsenen mit ein. Die weiteren Umgangskontakte, es gab in der Anfangsphase nur einen im Monat, da sich die Mutter auf mehr nicht einlassen konnte und wollte, fanden auf Grund der Witterung in geschlossenen Räumen statt. Hier stellte sich die Konstruktion ein Kind und drei Erwachsene als problematisch heraus. Die „dicke Luft“ im Raum ist kaum zum ertragen, deshalb wurde im gemeinsamen Elterngespräch vereinbart, dass die Mutter sich langsam aus dem Umgang zurückzieht. Für so ein kleines Kind, das zweisprachig aufwächst, ist es wichtig, dass immer noch eine Vertrauensperson im Raum ist.

Streitpunkt der Eltern in diesem Fall ist, dass der Vater Fotos von Pauline machen möchte, was die Mutter jedoch nicht akzeptieren kann. Die Mutter ist der Meinung, dass Pauline kein Fotoobjekt ist. Der Umgang drohte an dieser Stelle zu scheitern. Der Vater hat immer wieder Forderungen gestellt nach dem Motto „reiche ich den kleinen Finger, nimmt er den ganzen Arm“.

Sicherlich ist es für den Vater schwer auszuhalten, den Kontakt zu Pauline so langsam zu erhalten, doch hier den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen, birgt nur Probleme.

IV. Umgang und begleitende Elterngespräche

Ohne begleitende Gespräche macht eine Umgangsbegleitung eindeutig keinen Sinn. Werden die Gespräche von einer anderen Stelle geführt, muss eine gute Kommunikation zwischen Umgangsbegleiterin und gesprächsführender Stelle stattfinden. Im vorliegenden Fall war dies nicht gegeben; somit konnten die Veränderungen nicht mit den Eltern abgestimmt werden und der Umgang scheiterte.

Beispiel: Anna

Hier handelt es sich um die siebenjährige Anna, die mit ihrer Mutter in Deutschland lebt. Der Vater lebt und arbeitet im Ausland. Die Eltern sind schon lange geschieden und es gab immer wieder Umgangsabbrüche, Gutachten und Gerichtsverfahren. Da sich Anna im Verfahren ganz klar dafür ausgesprochen hat, den Vater sehen zu wollen, wurde hier eine begleitete Übergabe beschlossen. Es sollte verhindert werden, dass die Eltern in der Anfangszeit an der Haustür aufeinander treffen und es wieder zu Streitigkeiten kommt. Für Anna sollte ein Schonraum eingerichtet werden, in dem sie wieder Vertrauen fassen kann, dass es bei der Übergabe nicht zu einem Streit der Eltern kommt. Nach einigen Übergaben ist sich Anna wieder vollkommen sicher geworden. Sie entwickelt ein Ritual sowohl bei der Übergabe zum Vater und auch zur Mutter.

Der Übergabeort wurde im Einvernehmen mit Anna immer näher an die Wohnung der Mutter herangelegt; Anna hatte erst große Schwierigkeiten damit, da sie wohl die Ambivalenz der Mutter spürte.

Begleitende Elterngespräche fanden nicht statt. Es gab verabredete mediative Gespräche in der Erziehungsberatung des zuständigen Jugendamts. Trotz mehrfacher Telefonate mit der Mitarbeiterin des Jugendamts konnte dort nicht in ausreichender Weise, da andere Themen vorrangig waren, auf das „Übergabeproblem“ eingegangen werden.

Auch hat hier der Vater immer mehr Forderungen auf Ausweitung des Umgangs mit Übernachtungen gestellt, die nicht dem Tempo des Kindes angepasst waren.

Einige Zeit nach Beendigung der begleiteten Übergabe ist der Kontakt von Anna zu ihrem Vater wieder abgebrochen, da es zu einer Eskalation zwischen den Eltern kam.

V. Umgang bei begrenzten finanziellen Mittel und ausführlichem gerichtlichen Beschluss

Ein angeordneter Umgang, der im Beschluss detailliert beschrieben ist, lässt den Eltern und der Umgangsbegleiterin wenig Spielraum auf die aktuellen Bedürfnisse des Kindes einzugehen. Manchmal scheint es wegen der Zerstrittenheit der Eltern notwendig, den Rahmen per Beschluss abzustecken, aber es sollte nicht alles bis ins letzte Detail geregelt sein. Es besteht die Gefahr, dass sowohl der umgangssuchende Elternteil als auch der umgangsgewährende Elternteil auf „seinem“ Beschluss besteht und die aktuelle Situation des Kindes und seine Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden können. Die Konflikte sind vorprogrammiert und werden nicht im Interesse des Kindes ausgetragen, denn Sinn und Zweck eines Umgangs ist es nach wie vor, dass es dem Kind „gut dabei geht“.

Ein gerichtlich angeordneter Umgang führt auch manchmal zu Schwierigkeiten in der Ausgestaltung bei der Finanzierung durch das Jugendamt. Da die Jugendämter diese Maßnahme nur als in ihrem Sinne „sinnvolle Maßnahme“ finanzieren, legen sie selbstverständlich auch den finanziellen Rahmen fest. Treffen jetzt ein enger finanzieller Rahmen und ein stark reglementierender Beschluss zusammen, kann es in der Ausgestaltung des Umgangs Komplikationen geben. Auf der einen Seite besteht der umgangssuchende Elternteil auf seinem Umgang mit dem Kind und die Umgangsbegleiterin auf den nötigen und sinnvollen Elterngesprächen. Ist das Stundenkontingent des Jugendamts knapp berechnet und soll der Umgang in einer hohen Frequenz stattfinden, müssen Abstriche gemacht werden. Meist wird es so sein, dass der Umgang auf Kosten der Elterngespräche stattfindet und damit die notwendige Kommunikation der Eltern bezüglich des Umgangs nicht in Gang kommt und somit keine Vereinbarung für die Verselbstständigung des Umgangs erarbeitet werden kann.

Hier müssen Justiz und Jugendamt miteinander ins Gespräch kommen.

Beispiel: Johann

Es handelt sich um einen Jungen im Alter von drei Jahren. Sein Name ist Johann. Seine Eltern sind als Zuwanderer nach Deutschland mit ihren jeweiligen Herkunftsfamilien gekommen. Zum Teil haben sie noch die Schule und die Ausbildung in Deutschland beendet.

Es lag ein sehr detaillierter Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vor. Es wurden darin sowohl der Tag, die Uhrzeit, die Umgangsbegleiterinnen und die Vertretungssituation geregelt. Ferner wurde bestimmt, dass die Kindesmutter in den ersten vier Wochen beim Umgang mit anwesend ist und sich dann langsam daraus zurückzieht. Die üblichen Krankheitsregelungen und Urlaubsregelungen waren auch festgelegt.

Das Jugendamt bewilligte ein Stundenkontingent.

Der Kontakt zwischen dem Vater und Johann gestaltete sich auch hier problemlos. Der Kindesvater ging auf die Bedürfnisse des Kindes ein und übernahm Verantwortung.

In den wenigen Elterngesprächen bedingt durch die Regelung des Umgangs im Beschluss und das Stundenkontingent war es schwierig, Vereinbarungen zu treffen.

Da die Eltern hoch zerstritten waren und ein Wechsel der Umgangsbegleiterin wegen der schwierigen Kommunikation mit hauptsächlich der Kindesmutter vorgenommen werden musste, entschloss ich mich, zumindest die Elterngespräche nur in Co-Beratung zu machen, da damit die Möglichkeit erreicht werden konnte, beiden Eltern gerecht zu werden. Die Mutter signalisierte immer wieder, dass sie den Umgang nur „zulässt“, da sie gerichtlich dazu „gezwungen“ wurde. Interessanterweise stimmten die Eltern ohne Bedenken gemeinsamen Elterngesprächen zu. Beide Eltern waren trotz ihres Streits in der Lage, sich zuzuhören; ob sie immer das aufnahmen, was der andere sagte, bleibt anzuzweifeln. Gegen Ende des Stundenkontingents versuchten wir, eine Folgeregelung zu erarbeiten. Die Mutter stimmte einem weiteren Gespräch zu, doch diesmal lehnte der Vater ab mit der Begründung, dass er lieber den Umgang mit Johann wahrnehmen möchte als sich weiter über eine Regelung zu unterhalten; er würde in solchen Gesprächen keinen Sinn mehr sehen.

Die Folge war, dass es zu einem Umgangsabbruch zwischen Johann und seinem Vater kam, da die Bereitschaft zu reden nicht vorhanden war und das Stundenkontingent sich erschöpft hatte.

VI. Umgang und Verhalten der Eltern

Ideal wäre es, wenn die Eltern nur noch wenig Konflikte miteinander hätten. Doch die Realität sieht anders aus. Vielen Eltern mangelt es an simplen „Anstandsregeln“ im Umgang miteinander. So können sich die Eltern, wenn die Übergabe stattfindet, nicht begrüßen, sondern sie fangen an zu streiten. Es ist Aufgabe der Umgangsbegleiterin, den Eltern diese „Anstandsregeln“ im Interesse ihres Kindes wieder deutlich zu machen. Es sollte auch nicht sein, dass das Kind wortlos durch die Tür „geschoben“ wird. Da die Kinder sehr genau beobachten, wie die Eltern sich verhalten, ist es an der Umgangsbegleiterin, hier „Vorbildfunktion“ zu übernehmen und die Eltern darin zu unterstützen.

VII. Schweigepflichtentbindung und Berichterstattung gegenüber dem Jugendamt und/oder dem Gericht

Ohne eine Schweigepflichtentbindung gem. § 203 StGB der Eltern kann weder dem Jugendamt noch dem Gericht gegenüber berichtet werden. Es ist sinnvoll, sich gleich am Anfang der Umgangsbegleitung eine Schweigepflichtentbindung von beiden Eltern unterschreiben zu lassen. Diese Unterschrift kann zwar jederzeit wieder zurückgezogen werden, doch schafft es auf der anderen Seite auch Klarheit bei den Eltern, dass über den Umgang gegenüber Dritten berichtet wird. Sollten die Eltern oder auch nur ein Elternteil die Schweigepflichtentbindung nicht unterschreiben oder wieder zurückziehen, dann können in dem Bericht nur „Fakten“ stehen; so z.B. wie viele Termine hat es gegeben, wo fand der Umgang statt, aus welchem Grund sind Termine ausgefallen, haben sich die Eltern an den angebotenen Gesprächen beteiligt usw.

Der Bericht soll grundsätzlich mit den Eltern und die Teile, die das Kind betreffen, auch mit diesem besprochen werden.

VIII. Wünsche an das Gericht, die Verfahrenspfleger im Umgangsverfahren und das Jugendamt

Die Umgangsbegleiterinnen sind von der Sache her ein „ausführendes Organ“, doch gestalten sie vor Ort den Umgang entscheidend. Deshalb ist es wichtig, dass die Kommunikation zwischen Gerichten, Verfahrenspflegern im Umgangsverfahren, Jugendamt und Umgangsbegleitern in Gang kommt.

Aus der Sicht der Umgangsbegleiterin wären Beschlüsse mit folgendem Text wünschenswert: Es wird begleiteter Umgang angeordnet; die Ausgestaltung des Umgangs obliegt der Umgangsbegleitung. Die Eltern werden verpflichtet, an den angebotenen Gesprächen teilzunehmen.

Ein gerichtlich vorgegebener minimaler Rahmen, kann jedoch für hoch zerstrittene Eltern sinnvoll sein.

Das Jugendamt sollte frühzeitig vom Gericht oder dem Verfahrenspfleger (trotz der unsicheren Rechtsprechung) vor einer Anhörung mit einbezogen werden, damit auch der finanzielle Rahmen abgesteckt werden kann und es nach dem Beschluss nicht zu einer Absage des begleiteten Umgangs durch das Jugendamt kommt.

Ich hoffe, dass die Diskussion über den begleiteten Umgang weiter in Gang kommt und für die Kinder eine Bereicherung werden wird.

*Die Autorin ist Diplom-Sozialpädagogin, Verfahrenspflegerin und Umgangsbegleiterin in Berlin.


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Gast
New PostErstellt: 18.04.07, 08:11  Betreff: Frauenhaussicht: Begleiteter Umgang  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Kinder im Umfeld häuslicher Gewalt - Erfahrungen aus der Arbeit im Frauenhaus und Vorstellung der Jugendhilfemaßnahme „Begleiteter Umgang“ und „Kontrollierter Umgang“

FPR 2001 Heft 04   275- 279

Marion Wurdak und Angelika Rahn, Berlin

1. Einleitung

Unser Beitrag ist als Anregung zu weiterer fachlicher Auseinandersetzung und Diskussion gedacht. Inhaltlicher Hintergrund sind unsere Erfahrungen aus der Praxis und institutionsübergreifende Überlegungen mit dem Ziel, die Situation von Kindern misshandelter Mütter deutlicher erkennbar werden zu lassen und sinnvolle Unterstützung für diese Kinder zu entwickeln, wenn es zum Umgang mit dem Vater kommt.

Ausgangspunkt für Bemühungen, Kinderrechte konkreter zu definieren und umzusetzen, ist die traurige Realität, dass Kinder trotz aller erreichten Fortschritte weiterhin innerhalb und außerhalb der Familie unterschiedlichsten Gefährdungen ausgesetzt sind.

Kindesmisshandlung, Vernachlässigung, sexuelle Gewalt gehören zum Lebensalltag vieler Kinder: So zählte die Berliner Polizei für das Jahr 1999 7482 Taten in diesem Bereich und geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Misshandlungen innerhalb der Familie würden im Gegensatz zu Anzeigen gegenüber Fremdtätern zu selten öffentlich gemacht.1

In meiner mehrjährigen Arbeit mit Frauen, die von ihren Partnern misshandelt wurden wird deutlich, wie sehr auch die Kinder dieser Frauen betroffen sind. Bisher wurde aus professionellen Kreisen die Misshandlung der Mutter erst in Ansätzen als potenzieller Gefährdungstatbestand für die kindliche Entwicklung gesehen bzw. erst dann, wenn die physische Gewalt auch direkt dem Kind gegenüber ausgeübt wurde. Die Erfahrungen im Bereich der Unterstützung für misshandelte Frauen zeigen jedoch: Kinder misshandelter Mütter befinden sich in einer ihre Entwicklung gefährdenden Situation. Nicht immer und nicht unbedingt von Anfang an werden diese Kinder selbst Opfer direkter körperlicher Misshandlung. Doch ihr seelisches Wohl, ihr Bedürfnis nach einer stabilen, vertrauensvollen elterlichen Basis und ihr Recht auf gewaltfreie Erziehung werden beeinträchtigt oder sogar je nach Intensität der Gewalterlebnisse und individueller Verarbeitungsmöglichkeiten massiv geschädigt. Es entstehen Gefährdungsausmaße, die im Sinne des § 1666 BGB zu begreifen sind.

Der Begriff „Häusliche Gewalt“, der in diesem Artikel benutzt wird, orientiert sich an „domestic violence“, das im englischsprachigen Raum in der Arbeit für misshandelte Frauen benutzt wird. Das Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt (BIG e.V.) definiert ihn folgendermaßen:

„Der Begriff Häusliche Gewalt umfasst die Formen der physischen, sexuellen, psychischen, sozialen und emotionalen Gewalt, die zwischen erwachsenen Menschen stattfindet, die in nahen Beziehungen zueinander stehen oder gestanden haben. Das sind in erster Linie Erwachsene in ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften aber auch in anderen Verwandtschaftsbeziehungen. Häusliche Gewalt wird fast ausschließlich von Männern gegen Frauen ausgeübt und zwar überwiegend im vermeintlichen Schutzraum des eigenen 'zu Hause'. Sie ist an das strukturelle Machtverhältnis zwischen Männern und Frauen gebunden“.2

II. Kinder und häusliche Gewalt

1. Situation von Kindern im Frauenhaus

In Deutschland suchen jährlich ca. 45.000 Frauen mit ebenso vielen Kindern in einem Frauenhaus Schutz vor der Gewalt des Ehemannes oder Lebenspartners. Von diesen Kindern wissen wir, dass sie oft jahrelang miterlebt haben, wie ihre Mutter gedemütigt, kontrolliert, entwertet, sozial isoliert, finanziell kurz gehalten, körperlich und/oder sexuell misshandelt und verletzt wurde.

Dazu Aussagen von Kindern und Jugendlichen, die ich in meiner Arbeit kennen gelernt habe:

„Der Papa hat ein Blumentopf geworfen auf die Mama. Die hat geweint. Die Polizei ist gekommen.“ (Die 3-jährige M. erzählt fast ein Jahr lang immer in gleichen Worten, was sie erlebt hat. Sie hat Albträume, nässt ein und klammert sich bei Trennungen panisch an ihre Mutter)

„... und einmal, da wollte er meine Mutter erwürgen. Da sind wir ins Frauenhaus gegangen.“ (Der 10-jährige C.)

„Der wollte die Mama vom Balkon werfen. Ich hab mich an der Mama festgehalten, der hätte mich mit runterwerfen müssen.“ (Der 8-Jährige T., der große Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Kindern hat, sich sozial in eine Traumwelt zurückzieht, Selbstgespräche führt, schwer zu kontrollierende Wutausbrüche hat).

„Ich habe 3 Bilder, die sind wie eingebrannt in meine Erinnerung: wie mein Vater meine Stiefmutter laut und hemmungslos zum Sex gebrauchte. Wie mein Vater besoffen meiner Stiefmutter durch die Wohnung hinterherrannte. Sie kam ins Kinderzimmer und wir hielten die Tür zu. Er hat sie aufbekommen und hat meine Stiefmutter an den Haaren gefasst und mit dem Kopf auf die Bettkante gehauen. Wie ich meinen Vater im Bad gefunden habe, er wollte sich die Pulsadern aufschneiden, alles war voll Blut.“ (Die 19-jährige C.).

Fast alle Kinder, die mit ihren Müttern in Zufluchtseinrichtungen kommen, haben Ähnliches erlebt. Manche können darüber sprechen, viele noch nicht. Ein Teil der Kinder wurde über das Miterleben der Gewalt gegen die Mutter hinaus selbst Opfer von Misshandlung und Missbrauch.3

Die Flucht mit der Mutter in ein Frauenhaus bedeutet für die Kinder zwar die Unterbrechung (des Miterlebens) einer Gewaltsituation und das Aufsuchen eines sicheren Ortes, gleichzeitig aber auch Ängste und Verluste in vielerlei Hinsicht. Das Kind verliert seinen Vater, sein gesamtes vertrautes Umfeld, Freunde, fast immer auch Kita oder Schule, sein Haustier, das nicht mit ins Frauenhaus kommen darf, lieb gewordenes Spielzeug und vieles mehr, was bisher seine kindliche Welt ausmachte. Über den Aufenthaltsort Frauenhaus muss es schweigen, die Adresse darf niemandem mitgeteilt werden, wieder gibt es ein Geheimnis, das freies Reden über die Lebenssituation unmöglich macht. Die Situation des Kindes im Frauenhaus bringt neue Belastungsfaktoren mit sich und verläuft nicht immer konfliktfrei.

Trotz individueller Unterschiede im Ausmaß der konkreten Gewalterfahrungen wird in unserer praktischen Arbeit immer wieder deutlich: Alle Kinder aus häuslichen Gewaltsituationen sind geprägt durch ein meist langjähriges familiäres Klima von Unterdrückung, Angst und Gewalt. Das Familiengeheimnis wird tabuisiert, die Kinder fühlen sich verantwortlich, schuldig und dürfen mit niemandem darüber reden. Bei manchen Kindern begann die häusliche Gewalt bereits vor ihrer Geburt und sie haben nie eine andere Familienatmosphäre kennen gelernt. Eine solche Atmosphäre bedeutet für ein Kind hochgradige Verunsicherung und Irritation der emotionalen Entwicklung. Angst und Double-bind-Situationen wirken kontinuierlich auf den kindlichen Entwicklungsprozess.

Die Kinder, die Zeugen der häuslichen Gewalt im Sinne des Mitansehens oder Mitanhörenmüssens der Gewalt gegen die Mutter geworden sind, reagieren auf das Erlebte und das Aufwachsen in einer gewaltgeprägten Familienatmosphäre.

Sie entwickeln Verhaltensauffälligkeiten, Lern- und Schulschwierigkeiten, Ängstlichkeit und Überanpassung, Schlafstörungen, Einnässen, Aggressivität, Autoaggressivität, Depression bis hin zu Suizidalität.

Die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses bieten den Kindern Begleitung und Unterstützung und stärken auch die Mütter in ihrer Rolle. Bei Aufnahme im Frauenhaus wird auch über die Situation der Kinder gesprochen und versucht, Tagesbetreuung und Schule nahtlos zu ermöglichen. Es wird versucht, Hilfen auch außerhalb des Hauses zu vermitteln, z.B. Erziehungsberatung für die Mütter. Manchmal gelingt es auch, eine therapeutische Hilfe für ein Kind in die Wege zu leiten.

Im Frauenhaus selbst werden je nach personeller Situation Freizeitangebote für die Kinder gemacht, um den Kindern belastungsfreie Räume zu ermöglichen und den Müttern Entlastung zu bieten. Leider stoßen die Möglichkeiten des Frauenhauses recht schnell an finanzielle und personelle Grenzen.

2. Trennung als Moment erhöhter Gefährdung für eine misshandelte Frau - Auswirkungen auf die Sicherheit der Kinder

Um das Erleben der Kinder besser nachempfinden zu können, ist es wichtig zu wissen, dass die Dynamik von Misshandlung und Gewalt mit einer Trennung der Eltern nicht beendet ist. Es ist sogar so, dass gerade während einer Trennungssituation die Gefährdung einer Frau und damit auch die der Kinder am höchsten ist4.

Es ist die Regel, dass Frauen nach Trennungen von misshandelnden Partnern weiterhin bedroht werden, ihnen aufgelauert wird und die Familie und Freunde der Frau belästigt und auch bedroht werden. Besonders die Kinder bieten eine leichte Brücke, die verloren gegangene Kontrolle über die Frau wieder herstellen zu können. Schulen und Kitas werden abgesucht, da bei Auffinden der Kinder auch wieder Zugang zur Mutter möglich wird.

Dass besonderes Augenmerk auch auf die Sicherheit der Kinder gelegt werden muss, macht der „Fall Gloria“ in Berlin im letzten Jahr deutlich: „Der geständige Kindesvater, hat erklärt, das Kind in bewusstem Wollen umgebracht zu haben. Bei der Vernehmung gab G. an, er habe seine 34-jährige Ex-Frau an ihrer empfindlichsten Stelle treffen wollen - dem Kind. Auslöser für die Tat war offenbar das Scheitern der Ehe ... Der Fall ist der dritte innerhalb einer Woche, bei dem ein Ehemann Amok lief:“5.

Das Mädchen Gloria hatte sich in der gerichtlichen Anhörung zur Regelung des Umgangs dem Vater auf den Schoß gesetzt. Aus solchen kindlichen Reaktionen allein lässt sich folglich keine zuverlässige Aussage über die tatsächliche Gefährdung eines Kindes treffen.

Welche zusätzlichen Kriterien können aber dann darüber Aufschluss geben, ob und wie ein Umgang zwischen Vater und Kind durchgeführt werden kann?

Eine Möglichkeit die das Kindschaftsrecht in solchen Fällen vorsieht ist der Begleitete Umgang. Durch Einschaltung eines „neutralen Dritten“ sollen die Bedürfnisse der Kinder stärker berücksichtigt werden.

3. Welche Bedürfnisse haben Kinder aus häuslichen Gewaltsituationen bezüglich des Umgangs mit dem Vater?

a) 

Kinder haben das Bedürfnis nach Sicherheit und Wahrung ihrer Grenzen. Damit überhaupt ein angstfreier Raum der Begegnung mit dem Vater entstehen kann, muss ein Kind sicher sein können, dass weder ihm noch der Mutter etwas geschehen kann. Dazu gehören ein sicherer Ort, klare Absprachen, Ernstnehmen der Ängste des Kindes und der Mutter und Verabredungen über Hilfsmöglichkeiten, die ein Zusammentreffen für Kind und Mutter gefahrlos machen.

Vielleicht möchte ein Kind erst langsam wieder mit dem Vater in Kontakt kommen, ist misstrauisch, braucht das Gefühl, die Nähe zu ihm selbst bestimmen zu können, da die Gefühle dem Vater gegenüber ambivalent sind, diffus und aufwühlend. Für das Kind können sichere erste Kontakte auch brieflich z.B. über das Jugendamt geschickt, geschehen und das Kind kann sich Zeit lassen, seine Reaktionen darauf zu erleben, mit einer vertrauten Mitarbeiterin im Frauenhaus über seine Gefühle zu sprechen, falls die Mutter noch sehr mit ihrer eigenen Beziehungsklärung zum ehemaligen Partner beschäftigt ist. Es kann dem Vater schreiben, malen, und deutlich machen, an welchem Kontakt mit dem Vater es überhaupt interessiert ist und welche Ängste und Bedürfnisse es ihm gegenüber hat.

b) 

Kinder brauchen die Rücknahme von Realitätsverzerrungen und Bestätigung ihrer Wahrnehmung. Das Kind hat in der Vergangenheit beängstigende Situationen mit dem Vater erlebt. Auf Grund seiner Gewalt musste es mit der Mutter ins Frauenhaus flüchten. In ihrer Ohnmacht erleben Kinder auch sehr viel Wut auf den Vater und die Ungerechtigkeit, wegen seines Verhaltens ihr Zuhause zu verlieren. Sie kennen Versprechungen aus der Vergangenheit von ihm, dass alles wieder gut werden würde und sind enttäuscht worden. Sie glauben ihm nicht mehr und spüren, dass der Vater Fehler gemacht hat. Damit ein Umgang für das Kind tatsächlich positiv wirken kann und Vertrauen für die Zukunft entstehen kann, wäre es wichtig, dass der Vater zu seinem gewalttätigen Verhalten in der Vergangenheit selbstkritisch Stellung bezieht und damit die Realitätsverzerrungen zurücknimmt. Dadurch würde für das Kind eine Entlastung und eine Stärkung des Selbstgefühls geschehen. Der Konflikt, der aus der Double-bind-Situation gespeist wird, und das im Kind wirksame Schweigegebot würden zumindest aufgelockert werden, wenn der Vater selbst thematisiert, was geschehen ist und Verständnis äußern könnte, dass Mutter und Kind sich vor ihm in Sicherheit gebracht haben. Möglicherweise sind nur wenige misshandelnde Männer dazu in der Lage. Aus Sicht des Kindes jedoch liegt hier eine wichtige Schwelle in der Beziehungsklärung zwischen Vater und Kind. Falls sie vom Vater nicht überschritten werden kann, stellt sich die Frage, inwieweit die weiter betriebene Verleugnung der ausgeübten Gewalt vom Vater eine Grundlage sein kann für guten Kontakt, Kommunikation, verlässliche Absprachen und Vertrauen.

c) 

Kinder brauchen die Verantwortungsübernahme von Erwachsenen. Wenn der Vater, der Gewalt gegenüber der Mutter ausgeübt hat, sich dafür nicht verantwortlich zeigt, wie soll er dann künftig weitere Gewalt ausschließen können? Kinder neigen zu ego-zentrischer Wahrnehmung, sie beziehen die Reaktionen der Umwelt auf sich, unabhängig davon, ob es tatsächlich so ist oder nicht. Hintergrund ist der mangelnde Überblick über mögliche andere Gründe für das Verhalten anderer Menschen und die noch nicht ausreichend entwickelte Distanzierungsfähigkeit eines Kindes, so dass es sich sofort angesprochen und verantwortlich fühlt. Wenn die Erwachsenen nicht die Verantwortung für Familienkonflikte, Trennungen, Scheidungen, Gewalt übernehmen, dann bleibt diese Verantwortung und in Folge davon ein unermessliches Schuldgefühl auf den Schultern des Kindes liegen. Solange es davon nicht entlastet wird, glaubt es, schuld an der ganzen Misere zu sein. Unterstützt wird dieses Gefühl, wenn das Kind miterlebt, dass es Auseinandersetzungen wegen strittigem Sorge- und Umgangsrecht vor Gericht gibt. Seinetwegen muss nun Mutter oder Vater vor Gericht. Vielleicht hat es auch selbst Angst, „angeklagt“ zu werden, da es sich schuldig glaubt.

d) 

Kinder haben das Bedürfnis, nicht unter Druck gesetzt zu werden. In der Regel haben Kinder, die häusliche Gewalt miterlebt haben, ein ambivalentes Verhältnis zum Vater. Trotz Angst, Wut, Hass und Enttäuschung gibt es auch Mitleid, Sehnsucht und Liebe. Natürlich war der Vater manchmal nett und in Abwesenheit des Vaters, wenn die Sehnsucht wächst, neigen Kinder zu idealisierten Vorstellungen über den Vater. Für Kinder ist es manchmal erst zu einem späten Zeitpunkt möglich und sehr schmerzhaft, den Vater so sehen zu können, wie er ist und nicht, wie sie ihn sich ersehnt haben. Kinder sollten, begleitend zum Umgang, Unterstützung erhalten, ihren Vater realistischer wahrnehmen zu können. Ebenso ist es wichtig, dass das Kind geschützt wird davor, im Auftrag des Vaters bei der Mutter Botschaften zu hinterlassen oder als „Partnerinnenersatz“ dem Vater nun Rede und Antwort stehen zu müssen, warum sie als Familie nicht mehr zusammenleben oder wo sich das Frauenhaus, die Zufluchtswohnung befindet, wie es dort aussieht etc. Alleine durch die Trennung der Mutter vom gewalttätigen Ehemann steckt das Kind in einem Loyalitätskonflikt, der während des Umgangs verschärft werden könnte.

e) 

Kinder brauchen Verlässlichkeit und Kontinuität. Wenn Umgang zwischen Vater und Kind stattfinden soll, weil davon ausgegangen wird, dass dies auch förderlich für die kindliche Entwicklung sein wird, so braucht das Kind einen überschaubaren, klaren Rahmen. Ein solcher Rahmen gibt Sicherheit in der neuen, ungewohnten Situation. Damit sich ein Kind darauf einstellen kann, braucht es Verlässlichkeit in den Absprachen mit dem Vater. Es muss wiederholt erleben, dass er Verabredungen einhält, Grenzen respektiert, die Bedürfnisse des Kindes ernst nimmt und sich zumindest bemüht, darauf einzustellen. Das Kind spürt dann, dass es dem Vater tatsächlich darum geht, einen guten Kontakt zum Kind herstellen zu wollen, dass er bereit ist, Kompromisse zu machen, sich um Geduld bemüht. Wenn ein Kind spürt, dass es dem Vater ernst ist, er die Sicherheitsbedürfnisse des Kindes akzeptiert und es ihm nicht nur darum geht, das Kind als Streitobjekt zwischen sich und der ehemaligen Partnerin zu benutzen, dann wird es sich auch öffnen und der Umgang hat tatsächlich eine positive Wirkung für die kindliche Entwicklung und die Beziehung zwischen Vater und Kind.

III. Das Angebot Begleiteter Umgang

Begleiteter Umgang wird von Trialog e.V. seit der Reform des Kindschaftsrechts durchgeführt. In der Praxis muss man den Begleiteten Umgang im engeren Sinne vom Kontrollierten Umgang unterscheiden. Er kommt nicht nur für Fälle häuslicher Gewalt in Frage, sondern stellt ein Angebot für alle Familien dar, die sich in Trennungssituationen nicht selbstständig auf eine Umgangsregelung einigen können. Beim Begleiteten Umgang sind unterschiedliche Fallkonstellationen möglich.

Begleiteter Umgang (im engeren Sinne)

a) 

Häufig hat es längere Zeit oder noch nie einen Kontakt zwischen dem Kind und dem Antragstellenden gegeben. In diesen Fällen ist meist auch der Kontakt zwischen den Erwachsenen unterbrochen oder erheblich gestört. Trialog e.V. unterstützt die Beteiligten darin, einen Kontakt einzuleiten und allmählich Vertrauen aufzubauen.

b) 

In anderen Fällen versucht ein Elternteil im Verlauf einer Trennung auch den Kontakt zwischen dem gemeinsamen Kind und dem anderen Elternteil zu unterbinden. Hier steht eine Aufrechterhaltung der Bindung im Vordergrund, während gleichzeitig mit den Eltern daran gearbeitet werden kann, die Konflikte auf der Paarebene von den Kindesinteressen zu trennen.

c) 

Eine Begleitete Übergabe ist in Fällen notwendig, in denen bei der Übergabesituation ständig Auseinandersetzungen stattfinden und das Kind dabei sehr belastet wird.

d) 

In Fällen, in denen ein Sorgerechtsentzug aufgehoben wurde, kann der Begleitete Umgang die allmähliche Rückführung des Kindes in die Familie sichern.
Kontrollierter Umgang

e) 

In einigen Fällen ist auf Grund einer realen oder vermuteten Einschränkung der Erziehungseignung des Umgangsberechtigten kein selbstständiger Kontakt möglich, beispielsweise bei psychischer- oder Suchterkrankung. Häufig liegt hier ein Teilentzug des Sorgerechts gem. § 1666 BGB vor.

f) 

Bei einem Schutzbedürfnis von Frauen und Kindern in Fällen häuslicher Gewalt ist Kontrollierter Umgang notwendig.

g) 

Bei Verdacht des sexuellen Missbrauchs durch den Umgangsberechtigten ist neben gezielter Diagnostik Kontrollierter Umgang sinnvoll. Wird eine Kindesentführung durch den Umgangsberechtigten befürchtet, sollte der Umgang bis zur Klärung unter Aufsicht durchgeführt werden.

Das Angebot von Trialog berücksichtigt die individuelle Problemlage der betroffenen Familie. Andere Fallkonstellationen oder Mischungen der oben dargestellten Fälle sind denkbar.

In einigen Fällen ist die Entscheidung, ob ein Begleiteter oder aber ein Kontrollierter Umgang zu beantragen bzw. anzuordnen sei, äußerst schwierig. Maßgeblich wird hier die befürchtete Kindeswohlgefährdung sein. In der Durchführung unterscheiden sich beide Maßnahmen insbesondere in ihrer Zielsetzung und in den erforderlichen Sicherungsmaßnahmen für das Kind.

1. Zielsetzung

Das neue Kindschaftsrecht betont das Recht des Kindes auf beide Eltern. Dementsprechend beinhaltet es den Wunsch des Gesetzgebers, Kindern nach Trennungen und Scheidungen beide Elternteile sowie weitere wichtige Angehörige zu erhalten.

Vorrangiges Ziel des Begleiteten Umgangs ist es, mit den Familien eine außergerichtliche einvernehmliche und tragfähige Umgangsregelung zu erarbeiten und zu erproben. Es wird angestrebt, einen Kontakt zwischen den Beteiligten herzustellen, der ihnen nach Abschluss der Maßnahme eine selbstständige Umsetzung des Umgangs ermöglicht. Hierbei richtet sich die Zielsetzung der Maßnahme nach der individuellen familiären Situation. Dabei steht das Kindeswohl im Vordergrund. Aufgabe des Begleiteten Umgangs ist demnach auch, etwaige Kindeswohlgefährdungen in Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangs zu erkennen und Maßnahmen zum Schutz der Kinder einzuleiten. Dies gilt in besonderem Maße für Kinder die häusliche Gewalt erlebt haben. Ein konkretes Ziel der Maßnahme besteht daher darin, anhand der beobachteten Besuchskontakte zu einer abschließenden Einschätzung eventuell gegebener Kindeswohlgefährdung zu kommen. Diese kann zu einer Entscheidung über den weiteren Umgang mit dem Kind beitragen. In der Regel werden aber noch weitere Informationsquellen (z.B. Gutachterliche Stellungnahme) zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung nötig sein.

2. Begleiteter Umgang in den Fällen häuslicher Gewalt

Der Begleitete Umgang ist ein strukturierter Arbeitsprozess, der sich in einzelne Phasen einteilen lässt. Insgesamt erscheint eine Untergliederung in drei Phasen sinnvoll zu sein. Dieses möchte ich kurz erläutern.

a) Vorlaufphase: Diese Phase beinhaltet die erste Vorinformation, gegenseitiges Kennenlernen und erste kurze Einblicke in die Problematik, sowie die Entscheidung über die Auftragsübernahme.

b) Hauptphase: In Fällen häuslicher Gewalt werden die Eltern getrennt zu Hilfekonferenzen im zuständigen Jugendamt eingeladen. Hier werden die Dauer, Häufigkeit eines Kontaktes und der zeitliche Umfang festgelegt.

Danach beginnt die Maßnahme beim freien Träger. Hier finden die ersten Einzelgespräche mit den Beteiligten statt und es wird eine Eingangsvereinbarung mit den Eltern und dem Kind erarbeitet. Eine Eingangsvereinbarung beinhaltet feste Regeln für den Ablauf des Umgangs. Dürfen beispielsweise die Räumlichkeiten mit dem Umgangsberechtigten verlassen werden, welche Gesprächsthemen sind nicht erlaubt (z.B. Ausfragen des Kindes über die jetzige Adresse oder Telefonnummer) und welche Konsequenzen treten bei einer Regelverletzung ein.

Es findet eine längere Vorbereitungszeit mit dem Kind statt, um eine Vertrauensbasis aufzubauen. Dabei geht es unter anderem darum bestimmte, Wünsche und Interessen herauszufinden, Ängste zu erkennen und die Erlaubnis zu erteilen, einen Umgang auch vorzeitig zu beenden.

c) Abschlussphase/Verselbstständigungsphase: In dieser Phase werden die Besuchskontakte im Haushalt des Umgangssuchenden durchgeführt. Hierbei werden Eltern und Kind noch durch Gespräche begleitet. In diesen Gesprächen wird eine Abschlussvereinbarung getroffen.

Die einzelnen Phasen müssen nicht zwangsläufig durchlaufen werden. In Fällen häuslicher Gewalt findet ein Kontrollierter Umgang häufig nur bis zu einer Gutachtenerstellung oder Gerichtsverhandlung statt. Bei Unterbrechung oder Abbruch der Maßnahme kommt es zu einem Gespräch im Jugendamt und/oder Abschlussbericht.

3. Anforderungen an die beteiligten Institutionen

Die oben dargestellten Fallkonstellationen sowie die Zielsetzung des Begleiteten Umgangs zeigen, dass diese Maßnahme nur von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden kann. Trialog e.V. beschäftigt daher eine Psychologin (Familientherapeutin), eine Pädagogin, eine Sozialpädagogin (Verfahrenspflegerin) und einen Sozialpädagogen (Mediator).

Professionalität und Qualität gibt es nicht zum Nulltarif. Obwohl die Kindschaftsrechtsreform seit drei Jahren in Kraft ist, ist die Finanzierung des Begleiteten Umgangs immer noch unklar. Infolge dieser schwierigen Situation ist in Berlin ein Arbeitskreis der Freien Träger entstanden, der ein Kooperations- und Finanzierungsmodell erarbeitet hat.

Insbesondere in Fällen Häuslicher Gewalt ist eine Kooperation aller beteiligten Institutionen dringend erforderlich.

4. Die Finanzierung der Jugendhilfemaßnahme

Der Begleitete Umgang ist eine eigenständige Leistung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz4 und kann von freien Trägern der Jugendhilfe angeboten werden, die Kostenerstattung erfolgt zurzeit noch sehr unterschiedlich, aber in Anlehnung an die „Hilfen zur Erziehung“ nach einem Stundenkontingent mit Fachleistungsstundensatz.

Wenn ein Begleiteter Umgang von einem freien Träger durchgeführt werden soll, muss die Frage der Kostenübernahme im Vorlauf geklärt werden. Dies erfolgt in der Regel über das zuständige Jugendamt nach Antragstellung und nach Abklärung mit dem Allgemeinen Sozialpädagogischen Dienst. Leider existiert noch kein einheitliches Finanzierungmodell, was sich in einer Verzögerung der Umsetzung der Maßnahme und dem Beginn des Begleiteten Umgamgs niederschlägt. Zwischen einem Gerichtsbeschluss und dem Beginn der Maßnahme können Wartezeiten bis zu zwei Monaten entstehen. Dieses verhindert die konzeptionelle Umsetzung der Niederschwelligkeit.

IV. Ideen, Ausblick, Perspektive

Abschließend möchten wir noch einige Anregungen formulieren, die uns für die weitere Diskussion bedeutsam erscheinen. Das pauschale Bestreben, Bindungen um jeden Preis zu erhalten, greift aus unserer Erfahrung zu kurz. Daher bedarf es genauer Betrachtung der tatsächlichen Bindung zwischen Vater und Kind, ebenso wie der Veränderungsbereitschaft eines misshandelnden Ehemannes, der deutlich machen will, dass er gute väterliche Qualitäten aufzuweisen hat. Dies sollte geschehen, bevor ein Umgangskontakt tatsächlich umgesetzt wird. Die Maßnahme „Begleiteter Umgang“ wird umso stärker greifen können und Erfolg versprechender sein, je mehr sie im Rahmen einer Gesamtvernetzung geschehen kann. Der Träger, der den Umgang anbietet und durchführt, sollte in Kooperation stehen mit anderen Trägern von Interventionen und Kontrollinstanzen, die im Feld Häusliche Gewalt tätig sind. Der Vater, der zu seinem Kind Kontakt halten will und Verabredungen trifft im Rahmen des kontrollierten Umgangs muss wissen, dass der Umgangsträger davon Kenntnis erhalten wird, wenn es zwischen den Umgangskontakten zu Übergriffen auf die Frau kam oder andere Regelverletzungen stattfanden. Wünschenswert und sicherlich am ehesten wirksam ist ein aufeinander abgestimmtes Gesamtkonzept. Sowohl die misshandelte Frau als auch das Kind sowie der Misshandler werden durch spezifische Angebote erreicht (siehe hierzu auch Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt, aber auch weitere Kooperationsmodelle, die inzwischen in Deutschland entstanden sind).

Konzepte für Unterstützungsprogramme für Frauen liegen vor, ebenso soziale Trainingsprogramme für gewalttätige Ehemänner/Lebenspartner und es müssen erste Erfahrungen mit der Umsetzung gesammelt werden. Hierbei wird deutlich, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit aller Institutionen und Stellen wie z.B. Polizei, Jugendämter, Gerichte, Schulen, Verwaltungen und freier Träger (Zufluchtsstätten für Frauen, Beratungsstellen, Kinderschutzeinrichtungen) ist. Weiterbildungen zu dieser Thematik in den genannten Bereichen erhöhen die Effektivität der Interventionen. Auch für die Kinder sind spezielle Angebote notwendig, wie z.B. soziale Gruppenarbeit, die auf die Zielgruppe „Kinder, die häusliche Gewalt erfahren haben“ abgestimmt ist und deren besondere Schwierigkeiten aufgreift, damit die Kinder alters- und themenangemessen in ihrer Entwicklung eine Weile begleitet werden. Ebenso sollte auf Seiten der Jugendhilfe noch stärker die Einsicht wachsen, dass häufig - vor allem auch nach dem Auszug aus dem Frauenhaus, was erfahrungsgemäß eine erneute besondere Schwelle darstellt - eine individuelle ambulante Jugendhilfemaßnahme (Familienhilfe, Einzelfallhilfe) eine gute Unterstützung sein kann.

Zusammenfassend stellen wir fest, dass eine klare Linie und gute Kooperationsabsprachen zwischen allen beteiligten Kontroll- und Unterstützungsinstanzen im Fall von häuslicher Gewalt der Komplexität des Geschehens am ehesten gerecht wird. Der „Begleitete Umgang“ als eine Maßnahme der Jugendhilfe sollte in die Vernetzung eingebunden sein. Bei aller realistischen Skepsis bietet das vorgestellte Konzept zum Begleiteten Umgang dem veränderungswilligen Vater die Möglichkeit zur Entwicklung. Bei erfolgreicher Durchführung und Etablierung der Maßnahme könnten Kindern tatsächlich beide Elternteile erhalten bleiben. Möglicherweise wäre damit auch ein kleiner Beitrag zu einer gesellschaftlichen Gewaltprävention geleistet.

Spezialliteratur zu diesem Beitrag:

Veröffentlichungen und Broschüren des Berliner Interventionsprojektes gegen häusliche Gewalt (BIG e.V.), Paul-Lincke-Ufer 7, 10999 Berlin

It hurts my too, Children's experiences of domestic violince, on refuge life, WAFE,NISW, Childline, März 1995

Children living with domestic violence, Audrey Mullender, Rebeccer Moley, Ipswick Book Company, England 1996

„Mehr Mut zum Reden“, von misshandelten Müttern und ihren Kindern, Hg. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2000

„Weil der Papa die Mama haut“, Kinder aus dem Frauenhaus zeichnen und erzählen, Lercher/Haberl/Voggeneder/Geisler (Hg.), Ruhnmark: Donna Vita, 1997
Wurdak, Rahn: Kinder im Umfeld häuslicher Gewalt - Erfahrungen aus der Arbeit im Frauenhaus und Vorstellung der Jugendhilfemaßnahme „Begleiteter Umgang“ und „Kontrollierter Umgang“  FPR 2001 Heft 04  280  Vorheriger Seitenumbruch
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Zu den Autorinnen dieses Beitrags:

Marion Wurdak, Dipl. Soz.päd., Verfahrenspflegerin, Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin i.A. (VAKJP), Mitarbeiterin von BORA e.V. (Beratungsstelle, Zufluchtswohnungen, Frauenhaus und therapeutische Wohngemeinschaft für misshandelte Frauen) im Bereich der Arbeit mit den Kindern, Mitarbeiterin im Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt (BIG e.V.) im Bereich Kinder und Jugendliche

Fritz-Reuter-Str. 8, 10827 Berlin

Angelika Rahn, Dipl. Soz.päd., Verfahrenspflegerin, Mediatorin i.A., Koordinatorin des Begleiteten und Kontrollierten Umgangs; Trialog e.V. (Ambulante Präventive Jugendhilfeleistungen)

Weißenburgerstr. 43, 13595 Berlin

1Der Tagesspiegel vom 26.8.2000

2BIG o.J., S. 4

3Siehe hierzu auch die in englischer Sprache vorliegende Untersuchung von Bowker/Arbitrell/McFerron 1988, wonach 70% der Kinder von misshandelten Müttern selbst direkte Misshandlungen durch Vater/Lebenspartner der Mutter erleben.

4Siehe hierzu: „Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich“, Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt, 2. Aufl., Berlin 1997

5„Der Tagesspiegel“ Berlin vom 3.9.2000

4§ 18 Abs. 3 SGB VIII


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New PostErstellt: 19.04.07, 07:15  Betreff: Richterbefragung: begleiteter Umgang  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

FPR 2002 Heft 06   231-236

Der begleitete Umgang gemäß § 1684 IV BGB: Wie wirken mitwirkungsbereite Dritte mit?* - Ergebnisse einer bundesweiten Richterbefragung zur Kooperation zwischen Familiengerichten, Jugendämtern und Maßnahmeanbietern beim begleiteten Umgang

Dr. Jörg Fichtner und Professor Dr.Dr.Dr. Wassilios E. Fthenakis, München

Der Beitrag beleuchtet die Zusammenarbeit der am begleiteten Umgang beteiligten Institutionen anhand der Ergebnisse einer bundesweiten Befragung an Familiengerichten. Insbesondere der Informationsstand der Richterschaft über die Arbeit der Umgangsanbieter und die vorhandenen Kooperationsstrukturen weisen Defizite auf. Die Autoren plädieren dafür, diese Strukturen weiter auszubauen und dadurch auch die Kontur des begleiteten Umgangs zu schärfen.

I. Einleitung

Mit dem In-Kraft-Treten der Kindschaftsrechtsreform im Juli 1998 betritt ein neuer Protagonist die Bühne der Umgangsregelung, der „mitwirkungsbereite Dritte“. Im Rahmen des § 1684 BGB, der primär darauf zielt, Umgang zu fördern, ist seine Rolle zunächst eine restriktive: Das Begleiten, Beaufsichtigen oder gar Bewachen der Begegnung zwischen Kind und Elternteil, wenn ein Kontakt zwischen beiden allein dem Kindswohl abträglich erscheint. Doch auch die Besetzung dieser Rolle wird in der Praxis wohl deutlich restriktiver zu handhaben sein, als dies zunächst im Gesetz formuliert ist: Zum einen wird mit dem § 18 III SGB VIII gleichzeitig eine fachliche Unterstützung der Eltern in der Trennungssituation zum Rechtsanspruch, so dass Umgangsbegleitung im Rahmen von Nachbarschaftshilfe und Ehrenamt wohl eher die Ausnahme sein dürfte. Inzwischen liegen Empfehlungen vor, die die Latte für eine so konzipierte Umgangsbegleitung auf ein selbst für Fachpersonal beachtliches Niveau legen1. Gedeckt wird eine solche Forderung durch zahlreiche Erfahrungsberichte über gestiegene Anforderungen an die Anbieter2. Dies spricht nicht nur dafür, überwiegend Professionelle für solchen Mitwirkungen einzusetzen, sondern sie für diese spezifische Aufgabe eigens zu qualifizieren.

Zum anderen besteht insbesondere in der Frage der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Institutionen noch Klärungs- und Entwicklungsbedarf: Herausforderungen stellt die Reform nicht nur an die einzelnen Institutionen wie Familiengerichte und Jugendhilfe, sondern in besonderem Maß an deren Kooperationsfähigkeit. Darstellungen der gegenwärtigen Praxis und erste konzeptionelle Überlegungen zu deren Weiterentwicklung rücken fast ausnahmslos die Frage der institutionsübergreifenden Zusammenarbeit in den Mittelpunkt3. Dass eine solche Kooperation nicht zuletzt Übersetzungsleistungen notwendig macht zwischen juristischem Denken hier und dem pädagogisch-psychologischen Eingehen auf Bedürfnisse und Ängste von Kindern und Eltern da, dürfte den Schwierigkeitsgrad für die Zusammenarbeit noch erhöhen. Kritische Stimmen fragen mittlerweile gar, ob zwischen diesen unterschiedlichen Systemen überhaupt produktive Anschlüsse möglich sind4.

Im Rahmen eines Modellprojekts des Bundesfamilienministeriums zum begleiteten Umgang führten wir im ersten Halbjahr 2001 eine bundesweite Befragung an Familiengerichten zur Einschätzung und Praxis des § 1684 BGB durch. Eine zentrale Frage dieser Untersuchung war die, wie sich die Zusammenarbeit zwischen den Verfahrensbeteiligten und insbesondere mit den mitwirkungsbereiten Dritten aus Sicht der Richterschaft knapp drei Jahre nach In-Kraft-Treten des KindRG darstellt5.

Die Befragung fand von Dezember 2000 bis Juli 2001 statt und war als Vollerhebung an allen Familiengerichten in Deutschland angelegt. Geantwortet haben 652 Richter/-innen aus 387 Gerichten, 52% aller bundesdeutschen Familiengerichte sind in der Stichprobe vertreten. Knapp ein Zehntel der beteiligten Richter/-innen ist an Oberlandesgerichten tätig, die übrigen an Amtsgerichten. Ein Fünftel der beteiligten Institutionen sind Gerichte in den alten Bundesländern, nördliche und südliche Bundesländer sind ungefähr gleich stark vertreten. Das Gros der Gerichte ist in Städten mit unter 200000 Einwohnern angesiedelt. Hinsichtlich der Merkmale „Gerichtsinstanz“, „Stadtgröße“, „Bundesland“ und „Region“ ist die Stichprobe als uneingeschränkt repräsentativ zu bewerten.

Fast zwei Drittel der befragten Personen sind männlich, knapp die Hälfte zwischen 50 und 65 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liegt bei 48 Jahren. Die Befragten sind durchschnittlich 10,6 Jahre als Familienrichter/-innen tätig, ein Drittel weist mit 15 bis 36 Dienstjahren umfangreiche Erfahrungen im Feld auf. Fast die Hälfte der Befragten ist auf einer Vollzeitstelle mit Familienrecht beschäftigt, ein Fünftel mit einer halben Stelle oder weniger.

II. Fallbezogene Zusammenarbeit der Verfahrensbeteiligten

In der Praxis finden Kooperationen bereits weit im Vorfeld einer eigentlichen Umgangsdurchführung statt. Schon bei der Anhörung von Kindern in Umgangsrechtsfällen zieht mehr als die Hälfte der befragten Richter/-innen (52,3%) die bestellten Verfahrenspfleger hinzu, und mehr als ein Drittel (36,4%) hört Kinder im Beisein des Jugendamts oder des Allgemeinen Sozialen Dienstes an. Wenn in solchen Verfahren dann für einen begleiteten Umgang entschieden wird, geht die Initiative dazu zwar sehr häufig von den Richter/-innen selbst aus, eine noch etwas wichtigere Rolle spielt allerdings das Jugendamt. Die Prozessparteien bzw. ihre Rechtsvertretungen, Sachverständige oder auch Verfahrenspfleger bringen diese Option deutlich seltener ein. Die Bedeutung des Jugendamts für diese Entscheidung zeigt sich auch in zwei anderen Fragen: Zum einen ist das Jugendamt in vielen Fällen unmittelbar in den Entscheidungsprozess einbezogen. Vier von fünf Befragten geben an (78,2%), das Jugendamt werde angehört, über zwei Drittel beteiligen das Jugendamt an der Entscheidung (69,4%). Zum anderen stuft die Mehrheit der Richter/-innen die Meinung des Jugendamts als sehr wichtig ein (60,8%), einige als außerordentlich wichtig (16,5%). Schließlich vertreten vier von fünf Befragten (81,9%) die Ansicht, dass die genaue Regelung der Umgangsdurchführung nicht durch die Gerichte allein erfolgen sollte, sondern insbesondere an die Umgangsanbieter und Jugendämter delegiert werden kann.

III. Anbieter von Umgangsbegleitung aus Sicht der Richterschaft

Gut die Hälfte der Befragten gibt an, dass in ihrem Gerichtsbezirk mehrere geeignete Anbieter für den begleiteten Umgang vorhanden seien (56,6%), ein weiteres Drittel nennt einen Anbieter (31,8%). Lediglich eine Minderheit gibt an, nicht zu wissen, wie viele solche Anbieter vorhanden sind (7,3%). Noch weniger Befragte schließlich antworten, dass in ihrem Gerichtsbezirk kein geeigneter Anbieter zur Verfügung stünde (4,4%). Allerdings stufen weniger als die Hälfte der Befragten (45,0%), die einen oder mehrere Anbieter nennen, deren Angebot als ausreichend ein. Offensichtlich werden mit der Frage nach geeigneten Anbietern nicht die tatsächlich vorhandenen erfasst: So geben die meisten Befragten, die keinen geeigneten Anbieter nannten, an anderer Stelle durchaus vorhandene Anbieter an, einige gar mehrere. Insgesamt stuft mehr als ein Zehntel der Befragten die vorhandenen Anbieter ganz oder teilweise als nicht geeignet ein.

Betrachtet man die Anbieterinstitutionen unabhängig von der richterlichen Einschätzung über deren Eignung, zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Gerichtsbezirken, den einzelnen Bundesländern und auch zwischen Regionen: Durchschnittlich nennen die Befragten genau zwei Institutionen je Gerichtsbezirk, die Umgangsbegleitungen anbieten. In kleineren Städten fällt diese Zahl erwartungsgemäß niedriger aus als in Großstädten.

Aber auch zwischen verschiedenen Bundesländern ergeben sich deutliche Unterschiede, und schließlich werden in den neuen Ländern signifikant weniger Anbieter genannt als in den alten. Allerdings ist die Genauigkeit dieser Angaben etwas eingeschränkt: Aus 155 Gerichtsbezirken liegen Auskünfte von mindestens zwei Befragten vor, die eine wechselseitige Überprüfung der Angaben ermöglichen: Nur in zwei Fünftel dieser Fälle stimmen die Angaben der Richter/-innen aus je einem Gerichtsbezirk überein, teilweise weisen die Angaben eine Streubreite von drei Anbietern auf. Offensichtlich ist eine große Zahl von Familienrichter/-innen nicht genau darüber informiert, wie viele Institutionen in ihrem Bezirk tatsächlich Umgangsbegleitung anbieten.

Am häufigsten genannter Anbieter von begleitetem Umgang ist das Jugendamt bzw. der Allgemeine Soziale Dienst (ASD), gefolgt von den Freien Trägern der Jugendhilfe, darunter besonders häufig der Deutsche Kinderschutzbund. Auch Einrichtungen von kirchlichen Trägern und sonstige Beratungsstellen in kommunaler Trägerschaft spielen eine wichtige Rolle. Überraschend ist schließlich die Häufigkeit, mit der selbstständige professionelle Umgangsbegleiter genannt werden (vgl. Abbildung 1).

Abb. 1: Vorkommen der einzelnen Umgangsanbieter im eigenen Gerichtsbezirk

Jugendamt bzw. Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD)
 

73,0%

Deutscher Kinderschutzbund (DKSB)
 

40,3%

Caritasverband oder andere der katholischen Kirche angeschlossene Träger
 

24,5%

Diakonisches Werk oder andere der evangelischen Kirche angeschlossene Träger
 

18,4%

Andere Beratungsstelle(n) in kommunaler Trägerschaft
 

17,0%

Selbstständige professionell arbeitende Umgangsbegleiter
 

15,6%

Arbeiterwohlfahrt (AWO)
 

11,5%

Selbstständige ehrenamtliche Umgangsbegleiter
 

5,2%

Deutsches Rotes Kreuz (DRK)
 

4,1%

Paritätischer Wohlfahrtsverband und seine Mitgliedsorganisationen
 

4,0%

Kommerzielle Anbieterorganisationen
 

3,8%

Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland
 

0,0%

N = 652

Die Hälfte der Befragten gibt an, dass in ihrem Gerichtsbezirk das Jugendamt bzw. der ASD und Freie Träger Umgangsbegleitungen anbieten, teilweise ergänzt durch sonstige Anbieter, wie etwa kommerzielle oder ehrenamtliche. Ein Sechstel nennt jeweils nur Freie Träger oder nur das Jugendamt bzw. den ASD. In den übrigen Fällen finden sich überwiegend Kombinationen von sonstigen Anbietern plus Jugendamt oder Freie Träger.

IV. Bewertung des Angebots der Umgangsbegleiter

Über die Arbeitsweise dieser Anbieter scheinen die Richter/-innen allerdings nur rudimentär informiert zu sein: Fast die Hälfte der Befragten gibt an, nicht zu wissen, nach welchem Konzept die Umgangsbegleitungen in ihrem Gerichtsbezirk angeboten werden. Die übrigen nennen zu ungefähr gleichen Teilen situativ-intuitive Vorgehensweisen oder ausgearbeitete Konzepte. Nur eine Minderheit gibt an, dass die Anbieter in ihrem Bezirk überwiegend nach wissenschaftlich überprüften Programmen arbeiten. Mit der Qualität der Angebote zeigen sich die Befragten mäßig zufrieden: Die Hälfte stuft sich als „ziemlich zufrieden“ mit deren Güte ein, ein weiteres Drittel als immerhin „mittelmäßig zufrieden“. Allerdings gibt jeder zehnte Befragte an, „kaum“ oder „gar nicht zufrieden“ zu sein (vgl. Abbildung 2). Wie zu erwarten ist, ergibt sich hierbei ein positiver Zusammenhang zwischen der Zahl der Angebote und der Zufriedenheit: Je mehr Anbieter vorhanden, desto zufriedener äußern sich die Richter/-innen zu dem Angebot.

Abb. 2: Differenzierte Bewertung der Umgangsanbieter im eigenen Gerichtsbezirk

Nach welchen Konzepten arbeiten die Umgangsbegleiter überwiegend? (N = 642)

weiß nicht
 

45,3%

überwiegend situative und intuitive Vorgehensweise
 

26,5%

nach selbstständig ausgearbeiteten Konzepten bzw. Standards
 

25,9%

nach wissenschaftlich überprüften Programmen
 

2,3%

Wie zufrieden sind Sie mit deren Qualität (N = 608)

gar nicht
 

2,3%

kaum
 

7,2%

mittelmäßig
 

33,9%

ziemlich
 

50,8%

außerordentlich
 

5,8%

Rund 200 Befragte nennen genau einen Anbieter für Umgangsbegleitung in ihrem Gerichtsbezirk, so dass die Zufriedenheit mit der Qualität unmittelbar auf diesen Anbieter bezogen werden kann. Statistisch bedeutsam ist die Bewertung des Deutschen Kinderschutzbundes und der Jugendämter bzw. der ASD, die jeweils in mehr als sechzig Fällen alleiniger Anbieter sind: Das Angebot des Kinderschutzbundes stößt auf eine nachweislich überdurchschnittliche Zufriedenheit bei den Richter/-innen, das des Jugendamts bzw. des ASD dagegen auf unterdurchschnittliche.

Eine etwas kritische Bewertung des Angebots der Jugendämter bzw. des ASD zeigt sich auch, wenn man die vorhandenen Kombinationen von Anbietern in den Gerichtsbezirken betrachtet: Am besten fällt das richterliche Urteil in den Bezirken aus, in denen nur Freie Träger vorhanden sind, gefolgt von der Kombination von Freien Trägern, Jugendamtsangeboten und sonstigen Anbietern. Deutlich schlechter wird dagegen die Kombination von ausschließlich Freien Trägern und Jugendamt bewertet. Das alleinige Angebot des Jugendamts wird auch in diesem Vergleich am kritischsten bewertet.

Die - wenigen - Angebote nach wissenschaftlichen Programmen werden deutlich besser bewertet als die übrigen, situative und intuitive Vorgehensweisen dagegen deutlich kritischer. Allerdings verweisen die Ergebnisse auch auf die stark subjektive Komponente dieser Bewertung durch die Richterschaft: Die Befragten, die nicht wissen, nach welchen Konzepten die Umgangsanbieter arbeiten, bewerten deren Qualität am kritischsten.

V. Rückmeldungen über den Verlauf des begleiteten Umgangs

Durchaus kontrovers zu diskutieren ist ein weiterer Aspekt der Kooperation, die Rückmeldung über den Verlauf des begleiteten Umgangs an das Gericht. Hier gilt es abzuwägen zwischen dem Interesse des Gerichts an einer Abschätzung der Wirksamkeit der angeordneten oder vereinbarten Maßnahme auf der einen Seite und der familialen Autonomie bzw. dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Umgangsanbieter und Familienmitgliedern auf der anderen. In den Vorläufigen Deutschen Standards wird eine entsprechend zurückhaltende Handhabung des Datenaustauschs empfohlen6. In den Antworten der Befragten findet diese Zurückhaltung insofern eine Entsprechung, als dass ausführliche Berichte überwiegend nicht gewünscht werden. Dies gilt insbesondere für ausführliche Berichte beider betroffenen Elternteile selbst, und auch ausführliche Verlaufsberichte durch den Umgangsbegleiter wünschen sich weniger als die Hälfte der Richter/-innen. Anders fallen die Antworten in Bezug auf das Jugendamt bzw. den ASD aus: Mehr als die Hälfte der Befragten wünscht sich umfassende Rückmeldungen über den Verlauf des Umgangs aus Sicht des Jugendamts. Besonders häufig werden schließlich Kurzberichte vom Jugendamt bzw. vom ASD und Kurzberichte der Umgangsbegleiter gewünscht. Die letzten beiden Formen nannten immerhin vier von fünf Befragten. Hinsichtlich der Berichte von den Umgangsbegleitern dürfte weiterhin Klärungsbedarf bestehen, wo die Grenze zwischen gerichtlichem Informationsbedarf hier und Familienautonomie bzw. beraterischem Vertrauensverhältnis dort zu ziehen ist.

Beeinflusst scheint dieser Wunsch nach Rückmeldung im Übrigen durch mehrere Faktoren: Richter/-innen und Befragte aus neuen Bundesländern wünschen häufiger Rückmeldungen, ebenso Befragte an Amtsgerichten und Richter/-innen, die häufiger Umgangsrechtssachen zu bearbeiten haben. Ein Zusammenhang mit der Zufriedenheit mit der Qualität der Anbieter zeigt sich dagegen nicht.

Welche dieser Rückmeldungen erhalten die Richter/-innen nun tatsächlich, sei es als regelmäßige, sei es als sporadische Berichte? Zumindest die regelmäßig erhaltenen Rückmeldungen bleiben deutlich hinter den Wünschen der Richterschaft zurück. Gerade Kurzberichte der beiden betroffenen Elternteile werden in deutlich weniger Fällen regelmäßig gegeben, als dies von den Gerichten gewünscht wird. Betrachtet man allerdings zusätzlich die sporadischen Rückmeldungen, ergibt sich ein anderes Bild: Die Summe von regelmäßigen und unregelmäßigen Rückmeldungen übersteigt fast ausnahmslos die Rückmeldewünsche der Richterschaft. Lediglich Kurzberichte von Umgangsbegleitern werden selbst unter Berücksichtigung sporadischer Berichte seltener abgeliefert als gewünscht. Insgesamt ergibt sich so das Bild, dass die Form von Berichten, die den Richter/-innen regelmäßig zukommen, eher hinter ihren Erwartungen zurückbleibt. Dagegen werden sporadische Rückmeldungen meist sogar in Fällen gegeben, wo sie gar nicht gewünscht sind (vgl. Abbildung 3).

Abb. 3: Gewünschte und erhaltene Rückmeldungen. Getrennt nach Formen der Rückmeldung

 

gewünscht
 

in der Regel erhalten
 

teilweise erhalten

Ausführlicher Bericht: betreuender Elternteil
 

15%
 

6,0%
 

33,6%

Ausführlicher Bericht: Umgangsberechtigter
 

15%
 

8,2%
 

32,9%

Fernmündliche Mitteilung: betreuender Elternteil
 

19%
 

4,0%
 

33,5%

Fernmündliche Mitteilung: Umgangsberechtigter
 

19%
 

5,1%
 

32,6%

Ausführlicher Bericht: Umgangsbegleiter
 

46%
 

22,8%
 

39,2%

Fernmündliche Mitteilung: Jugendamt
 

47%
 

22,4%
 

44,2%

Fernmündliche Mitteilung: Umgangsbegleiter
 

52%
 

23,4%
 

43,3%

Kurzbericht: betreuender Elternteil
 

55%
 

14,2%
 

43,6%

Kurzbericht: Umgangsberechtigter
 

55%
 

15,7%
 

41,4%

Ausführlicher Bericht: Jugendamt
 

57%
 

33,5%
 

34,9%

Kurzbericht: Jugendamt
 

78%
 

36,2%
 

44,1%

Kurzbericht: Umgangsbegleiter
 

85%
 

34,2%
 

41,9%

(Geordnet nach der Häufigkeit, mit der die Rückmeldungen gewünscht werden.)

Die Passung zwischen erwünschter und erhaltener Rückmeldung scheint vor allem durch drei Merkmale gekennzeichnet zu sein: Übereinstimmungen finden sich - je nach Rückmeldeform - nur bei einem Drittel bis zwei Drittel der Befragten und scheinen noch verbesserungsfähig. Zum Zweiten kommen die Abweichungen vor allem durch sporadische Berichte zu Stande, d.h., dass gewünschte Berichte zwar gegeben werden, aber nicht regelmäßig. Oder, dass nicht gewünschte Berichterstattung zwar vorkommt, aber nur sporadisch. Regelhafte Abweichungen vom Wunsch sind dagegen deutlich seltener. Zum Dritten sind große Abweichungen zwischen Wunsch und Praxis einer unübersichtliche Situation für die potenziellen Berichterstatter geschuldet: Die Abweichungen finden meist in beide Richtungen statt und beruhen nicht zuletzt auf der Uneinheitlichkeit der Wünsche der Richter/-innen.

Besonders wichtig sind der Richterschaft Rückmeldungen über den Abbruch der Maßnahme und über das Bekanntwerden von Risiken, die durch den Umgang nicht behoben werden können. Auch anhaltende Umgangsverweigerung des Kindes, Manipulation des Kindes durch den Umgangsberechtigten und Vorfälle, die zur Anzeige gebracht werden müssen, sollen zurückgemeldet werden. Interne Veränderungen beim begleiteten Umgang stoßen dagegen auf weniger Interesse (vgl. Abbildung 4).

Abb. 4: Rückmeldewunsch und -praxis in verschiedenen Situationen

 

Rückmelde- Wunsch*
 

in der Regel erhalten
 

teilweise erhalten

bei Abbruch der Maßnahme
 

4,5
 

59,9%
 

31,8%

wenn Risiken bekannt werden, die durch die Maßnahme nicht behoben werden können
 

4,5
 

54,0%
 

35,7%

bei anhaltender Abwehrhaltung des Kindes bzw. Verweigerung
 

4,4
 

59,4%
 

30,9%

bei deutlicher Manipulation des Kindes durch den Umgangsberechtigten
 

4,4
 

49,1%
 

41,5%

wenn ein Vorfall zur Anzeige gebracht werden musste
 

4,4
 

55,8%
 

31,7%

bei mehrfachem unentschuldigtem Fernbleiben einer Partei von Terminen
 

4,1
 

47,7%
 

43,6%

bei vorzeitigem erfolgreichen Ende der Maßnahme
 

3,8
 

44,8%
 

36,2%

bei Wechsel des Umgangsbegleiters bzw. der Institution, die den begleiteten Umgang durchführt
 

3,2
 

31,8%
 

39,4%

bei Änderung vereinbarter Umgangsmodalitäten (z.B. Zeitpunkt, Ort)
 

2,4
 

10,5%
 

47,5%

* Rückmeldewunsch auf fünfstufiger Skala von (1) „gar nicht wichtig“ bis (5) „außerordentlich wichtig“; angegeben wird hier der Mittelwert

Einerseits zeigt sich eine hohe Übereinstimmung zwischen den situationsspezifischen Rückmeldewünschen der Befragten und der Praxis der Berichterstattung. Andererseits werden gerade in den Fällen, in denen ein nachdrücklicher Rückmeldewunsch der Richter/-innen geäußert wird, solche Rückmeldungen meist nur unregelmäßig gegeben. Dies gilt insbesondere für den Fall einer deutlichen Manipulation des Kindes durch den Umgangsberechtigten. Das Problem hierbei dürfte sein, dass eine Berichterstattung auf Inhalte und Interaktionen des begleiteten Umgangs eingehen müsste und somit mit der Wahrung des Vertrauensverhältnisses innerhalb der Umgangsbegleitung in Konflikt gerät.

VI. Übergreifende Kooperationsstrukturen vor Ort

Neben fallbezogenen Kooperationen arbeiten Familiengerichte und Umgangsbegleiter in einigen Gerichtsbezirken noch in anderen Formen zusammen, allerdings ist eine solche Kooperation nicht sehr häufig: Über ein Drittel der Befragten (37,5%) gibt an, dass es in ihrem Gerichtsbezirk keinerlei Zusammenarbeit zwischen den Familiengerichten und den Anbietern gäbe. Regelmäßige Arbeitstreffen mit Anbietern von Umgangsbegleitung als permanente Kooperationsform nennt lediglich ein Fünftel aller Befragten (22,1%). Weitere zwei Fünftel (40,4%) geben an, dass es zwar eine Zusammenarbeit gäbe, aber nicht in Form fester Treffen. Da die Hälfte der letzten Gruppe auch kein Interesse an solchen Treffen zeigt, teilt sich die Richterschaft an den Orten, an denen es Zusammenarbeit gibt, in drei annähernd gleich große Gruppen: (a) Die, bei denen regelmäßige Arbeitstreffen stattfinden, (b) die, bei denen diese nicht stattfinden, aber eine Initiierung gewünscht wäre und (c) die, bei denen keine Treffen stattfinden, diese von ihnen aber auch nicht gewünscht würden.

Solche Arbeitstreffen finden meist nicht turnusmäßig, sondern im Bedarfsfall, dann aber durchaus mehrfach im Jahr statt. Beteiligte an diesen Treffen sind überwiegend Verantwortliche aus Familiengerichten und Jugendämtern. Vertreter/-innen Freier Träger nehmen etwas seltener teil, weitere Berufsgruppen sind nur sporadisch vertreten. Diese Form der Zusammenarbeit zwischen Familiengerichten und Umgangsanbietern ist thematisch offensichtlich stark fokussiert auf den begleiteten Umgang selbst; damit nur mittelbar zusammenhängende Themen werden deutlich seltener behandelt (vgl. Abbildung 5).

Abb. 5: Durchführung der Arbeitstreffen zum begleiteten Umgang. Nach Häufigkeit, Beteiligten und behandelten Themen

 

Häufigkeit

Beteiligte der Arbeitstreffen (Mehrfachnennung: N = 134)
 

Familienrichter
 

97,8%

Mitarbeiter des Jugendamts/ASD
 

91,1%

Mitarbeiter freier Träger
 

73,5%

Anwälte
 

39,6%

Verfahrenspfleger
 

34,8%

Sachverständige
 

16,5%

Selbstständige und ehrenamtliche Mitarbeiter
 

15,0%

Behandelte Themen (Mehrfachnennung: N = 134)
 

Begleiteter Umgang
 

85,5%

Trennung und Scheidung allgemein
 

51,1%

Kindeswohlgefährdungen i.S. des § 1666 BGB
 

50,7%

Anwalt des Kindes
 

49,6%

Neben solchen Arbeitskreisen könnten gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen für Familienrichter/-innen und die Mitarbeiter/-innen von Jugendämtern und sonstigen Praxiseinrichtungen eine wichtige Rolle für die Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen spielen. Allerdings gibt lediglich ein Sechstel der Befragten (15,3%) an, dass solche gemeinsamen Fortbildungen in ihrem Gerichtsbezirk angeboten werden. Über die Hälfte verneint die Existenz solcher Angebote vor Ort (54,3%). Bemerkenswert ist, dass rund ein Drittel (30,4%) gar keine Angaben macht. Zu vermuten ist, dass ein Teil der Befragten über das Fortbildungsangebot vor Ort nicht informiert ist. Andere dagegen äußern großes Interesse an einem solchen Angebot: Drei Viertel von denjenigen, bei denen gemeinsame Fortbildungen nicht stattfinden, würden solche Fortbildungen begrüßen.

Generell zeigen sich die Befragten nur eingeschränkt zufrieden mit der Zusammenarbeit mit den Umgangsanbietern. Auf entsprechende Fragen nach der Einschätzung der Kooperation vor Ort finden sich Bewertungen von „äußerst zufrieden“ bis „äußerst unzufrieden“. Im Durchschnitt wird ein Wert zwischen „weder noch“ und „zufrieden“ angegeben. Die Zusammenarbeit in konkreten Fällen wird etwas besser bewertet als die allgemeine institutionelle Kooperation, der Austausch mit den Freien Trägern der Jugendhilfe schneidet etwas besser ab als der mit Jugendämtern oder gar privaten Anbietern. Diese Unterschiede sind aber gering, in allen Fällen findet sich durchschnittlich eine nur mäßige Zufriedenheit.

VII. Unterschiede zwischen „Skeptikern“ und „Befürwortern“

Anhand verschiedener Einstellungsmaße konnten in der Stichprobe zwei Extremgruppen gebildet werden: solche Richter/-innen, die dem begleiteten Umgang im Vergleich zu den anderen Befragten eher skeptisch gegenüberstehen, und solche, die sich deutlich positiver diesem Instrument gegenüber zeigten als der Durchschnitt. Zwischen diesen beiden Gruppen finden sich nun auch deutliche Unterschiede in den Fragen der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen.

„Befürworter“ geben häufiger an, bei ihnen seien mehrere geeignete Anbieter vor Ort vorhanden und auch die Zufriedenheit mit diesen Anbietern ist deutlich höher. Dabei weichen die Angaben zu tatsächlich vorhandenen Institutionen nicht voneinander ab, so dass in diesen Unterschieden wohl vor allem die subjektive Einschätzung über deren Güte zum Tragen kommt. Deutliche Antwortunterschiede ergeben sich auf die Frage, nach welchem Konzept die vorhandenen Umgangsanbieter arbeiten, vor allem in der Kategorie „weiß nicht“: Während „Befürworter“ mehrheitlich angeben, über das Konzept der Anbieter informiert zu sein (64,9%), kennt über die Hälfte der „Skeptiker“ das Konzept der Anbieter im eigenen Gerichtsbezirk nicht (54,4%). Der wesentliche Unterschied zwischen den Extremgruppen in Bezug auf die Anbieter scheint also vor allem das Maß an Informiertheit über deren Arbeit zu sein. Ein weiterer Unterschied ergibt sich in der Frage, welche Anbieter von Umgangsbegleitung im Gerichtsbezirk vorhanden sind: Generell finden sich bei den „Befürwortern“ häufiger Angebote der Freien Träger der Jugendhilfe und insbesondere des Deutschen Kinderschutzbundes als bei den „Skeptikern“.

Die Antworten auf die Fragen zu Kooperationsformen legen allerdings nahe, dass viele dieser Unterschiede weniger ursächlich für das Maß an Skepsis oder Befürwortung sind, sondern vielmehr dessen Folge: Hinsichtlich allgemeiner Kooperation, konkreten Arbeitstreffen oder gemeinsamen Fortbildungen mit Familienrichter/-innen und Umgangsanbietern finden sich keine bedeutsamen Unterschiede, sehr wohl aber in der Frage, ob solche regelmäßigen Arbeitstreffen oder interdisziplinären Fortbildungen begrüßt würden. Die „Befürworter“ zeigen sich gegenüber dem gegenseitigen Austausch deutlich offener als die „Skeptiker“ (vgl. Abbildung 6).

Abb. 6: Interdisziplinäre Arbeitsgruppen und Fortbildungen bei „Skeptikern“ und „Befürwortern“

 

 

Gruppe „Skeptiker“
 

Gruppe „Befürworter“

Arbeiten Familiengerichte und Anbieter von begleitetem Umgang zusammen?
 

nein
 

41,7%
 

34,7%

ja
 

58,3%
 

65,3%

Finden regelmäßige Arbeitstreffen statt?
 

nein
 

70,7%
 

68,0%

ja
 

29,3%
 

32,0%

Falls Nein: Würden Sie solche Arbeitstreffen begrüßen? *
 

nein
 

57,0%
 

38,0%

ja
 

43,0%
 

62,0%

Werden gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen angeboten
 

nein
 

77,5%
 

80,2%

ja
 

22,5%
 

19,8%

Falls Nein: Würden Sie ein solches Angebot begrüßen? *
 

nein
 

37,7%
 

21,4%

ja
 

62,3%
 

78,6%

* Unterschiede zwischen „Skeptikern“ und „Befürwortern“ statistisch bedeutsam.

Schließlich ergeben sich noch an einem anderen Punkt beachtliche Unterschiede zwischen den beiden Extremgruppen: „Befürworter“ des begleiteten Umgangs wünschen sich mehr Rückmeldungen über den Verlauf des Umgangs, reagieren auf Verstöße gegen die Umgangsvereinbarungen massiver mit Rechtsmitteln und befürworten eher detaillierte Festlegungen der Umgangsmodalitäten als „Skeptiker“. Allerdings ist diese ausgeprägtere interventionistische Haltung nicht daran gekoppelt, dass solche Festlegungen durch die befragten Richter/-innen selbst erfolgen müssen: In der Frage der Delegation von Vorgaben an die Verfahrensbeteiligten zeigen die „Befürworter“ nämlich gleichzeitig eine höhere Bereitschaft zur Verantwortungsübergabe: Mehr als „Skeptiker“ sind sie nämlich bereit, solche Regelungen an das Jugendamt zu delegieren oder gar eigenverantwortliche Regelungen durch die Eltern zu fördern.
VIII. Kooperation beim Umgang und der Umgang mit der Kooperation: Ein erstes Fazit

Die Antworten der Richterschaft zeichnen knapp drei Jahre nach der Novelle des Kindschaftsrechts ein eher unscharfes Bild davon, wie denn der „mitwirkungsbereite Dritte“ beim begleiteten Umgang mitwirkt. Das Wissen der Richter/-innen darüber, welche Umgangsanbieter im Gerichtsbezirk vorhanden sind und wie sie arbeiten, weist gravierende Lücken auf, die Zufriedenheit mit der Kooperation ist eher mäßig ausgeprägt und kontinuierliche Kooperationsstrukturen stellen die Ausnahme dar. Entsprechend uneinheitlich fällt die Einschätzung der Qualität der Angebote aus. Nicht weniger uneinheitlich sind die Wünsche der Richterschaft nach Rückmeldungen über den Verlauf des Umgangs. Inhaltliche Konturen des begleiteten Umgangs und zweifellos notwendige Kooperationsstrukturen lassen aus dieser Sicht noch erheblichen Raum für eine Weiterentwicklung erkennen. Zu befürchten ist, dass das Urteil über die Kooperation auch aus der Perspektive der Umgangsanbieter nicht viel besser ausfällt. Unter dem spezifischen Fokus „Begleiteter Umgang“ fällt die Beurteilung der interdisziplinären Zusammenarbeit skeptischer aus, als dies nach früheren Untersuchungsergebnissen zum neuen Kindschaftsrecht generell der Fall schien7. Vielleicht ist dieses kritischere Fazit dem besonders sensiblen Punkt der Mitwirkung bei der Umgangsregelung geschuldet, vielleicht spricht das aber auch für eine grundsätzliche Ernüchterung gegenüber den Kooperationsmöglichkeiten im Feld.

Diese Defizite und der deutliche Unterschied in der Kooperationspraxis von „Skeptikern“ und „Befürwortern“ sprechen jedenfalls dafür, die Auseinandersetzung um die Umsetzung der reformerischen Anliegen weiterzuführen und damit auch die Maßnahme „begleiteter Umgang“ weiterzuentwickeln. Eine stärkere Konturierung der Maßnahme selbst, wie sie etwa mit den Vorläufigen Deutschen Standards anvisiert wird, ist ein Schritt dazu. Der Ausbau der Kooperation zwischen Familiengerichten und Jugendhilfe, die sich dann allerdings nicht in detaillierten Berichten über die einzelnen betreuten Familien erschöpft, sondern vielmehr den fachlichen Konsens für Möglichkeiten und Grenzen der Maßnahme erhöht, ist ein anderer Schritt. Beide dienen - auch - dazu, für alle Beteiligten klarer zu definieren, an was genau und mit welchen Mitteln die mitwirkungsbereiten Dritten mitwirken.

*Der Autor Fichtner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Familienberater im Modellprojekt „Entwicklung von Interventionen im Scheidungsgeschehen: Beaufsichtigter und begleiteter Umgang“ am Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) in München. Der Autor Fthenakis ist Direktor des IFP und Leiter dieses Modellprojekts, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell gefördert wird.

1Vgl. Fthenakis/Gödde/Reichert-Garschhammer/Walbiner, Vorläufige deutsche Standards zum begleiteten Umgang, 2001.

2Z.B. Jugendamt Siegburg, KindPrax 1999, 125; Duzy, in: Scharl/Fischer-Martin/Duzy (Hrsg.), Betreuungshilfe für Kinder und Familien in Notsituationen, 2000; Troschier/Schönebeck, Soziale Arbeit 2000, 184ff.; Richter/Kreuznacht, ZfJ 1999, 45; Walter, in: Haid-Loh/Normann-Kossak/Walter (Hrsg.), Begleiteter Umgang, 2000; Vergho, in: Buchholz-Graf/Vergho (Hrsg.), Beratung für Scheidungsfamilien, 2000; Ladwig/Swaczyna, JAmt 2001, 116.

3Z.B. Deutscher Verein, in: Haid-Loh/Normann-Kossak/Walter (o. Fußn. 3); Böhm/Scheuerer-Englisch, in: Buchholz-Graf/Vergho (o. Fußn. 3); Buchholz-Graf, Prax. Kindpsychol. Kindpsychiat. 2001, 293; Vergho, KindPrax 2001, 71.

4Rexilius, KindPrax 2001, 112.

5Der Fragebogen für diese Untersuchung wurde von Stefan Thurisch (ehemaliger Projektmitarbeiter) in Zusammenarbeit mit Peter Prüfer (Zentrum für Umfragen und Methoden, Mannheim) und Mitgliedern des Projektbeirates entwickelt. Die Erhebung an den Gerichten fand eine maßgebliche Unterstützung durch das Bundesministerium der Justiz, namentlich durch Herrn Dr. Schomburg. Ihr Engagement bildet die Voraussetzung für die Erhebung der hier dargestellten Daten.

6Vgl. Fthenakis et al. (o. Fußn. 2), S. 22ff.

7Vgl. Buchholz-Graf, Prax. Kindpsychol. Kindpsychiat. 2001, 293.

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FPR 2002 Heft 06   225-227

Begleiteter Umgang aus Sicht des Familiengerichts*

Richter am AG Joachim Fuß, Köln

I. Einleitung

An die Verankerung des begleiteten Umgangs im Gesetz (§ 1684 IV 3 und 4 BGB) knüpften sich große Erwartungen in Richtung auf ein besseres Funktionieren des Umgangs in vielen Fällen und auf erhöhte Chancen für eine Realisierung des Umgangs in streitigen Fällen.

Haben sich diese Erwartungen erfüllt?

Gibt es genügend qualifizierte Begleitungsangebote?

Ist der begleitete Umgang auch dann möglich, wenn die Eltern auf Grund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse keine Prozesskostenhilfe bekommen?

II. Voraussetzungen für den begleiteten Umgang

Im Hinblick auf die bedauerlicherweise recht knappen personellen Ressourcen für die Durchführung des begleiteten Umgangs sollten klare Voraussetzungen für die gerichtliche Anordnung oder die mit Hilfe und gegebenenfalls auch gewissem Nachdruck des Familiengerichts getroffene gerichtliche Vereinbarung des begleiteten Umgangs geschaffen und auch eingehalten werden.

Es sollte in der Regel zunächst geprüft werden, ob die Schwierigkeiten bei der Durchführung des Umgangs durch den Einsatz von Beratung - sei es in öffentlicher oder in freier Trägerschaft - behoben werden können. Dies erfordert eine Beratung, die die Ursachen für die aufgetretenen Schwierigkeiten im jeweiligen Einzelfall erkennt, die es versteht, mit den unterschiedlichen Spannungsursachen umzugehen, sie zu reduzieren, eine Atmosphäre der Entspannung und darüber hinaus eines gewissen Vertrauens zu schaffen und grundsätzlich in der Lage ist, Lösungen der Umgangsfrage anzubieten und gegebenenfalls durch Erprobung verschiedener Umgangsmodelle eine praktikable, den Bedürfnissen des Kindes und den Möglichkeiten der Eltern entsprechende Regelung des Umgangs zu erreichen.

Viele Berichte der Jugendämter lassen eine solche Vorgehensweise nicht erkennen. Es wird - ohne auf die Umstände des Einzelfalles näher einzugehen - lediglich berichtet, dass die Erzielung einer einvernehmlichen Umgangsregelung mit den Eltern nicht möglich sei und dass daher der begleitete Umgang empfohlen werde.

Ein anderer Vorschlag vieler Mitarbeiter des ASD geht dahin, die Frage der Durchführung des Umgangs durch die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens zu klären, ohne dass die Notwendigkeit hierfür näher begründet würde.

Der ebenfalls häufiger gemachte Vorschlag, zur Regelung des Umgangs einen Verfahrenspfleger für das Kind bzw. die Kinder zu bestellen, ist ebenfalls nicht hilfreich, da nach einheitlicher Meinung der Rechtsprechung diese Aufgabe nicht in den möglichen Tätigkeitsbereich des Verfahrenspflegers gehört.

Auch der Hinweis auf die mögliche Einrichtung einer Pflegschaft mit dem Gegenstand der Umgangsregelung ist selten sachdienlich, wobei in der Regel keine Vorschläge zur Person des Pflegers gemacht werden und das Jugendamt selbst in der Regel nicht bereit und häufig auch nicht in der Lage ist, diese Aufgabe wahrzunehmen.

Es bleibt festzuhalten, dass zunächst die Beratung nach den Regeln der Kunst stattzufinden hat und erst dann das Tor zum begleiteten Umgang geöffnet ist.

Viele Stolpersteine auf dem Weg zu einer am Kindeswohl orientierten Regelung des Umgangs könnten durch sachgerechte Beratung ausgeräumt werden, ohne dass es weitergehender Maßnahmen und Hilfen bedürfte.

Soweit beide Eltern berufstätig sind, müssen die beiderseitigen Arbeitszeiten geklärt und danach Besuchszeiten ausgehandelt werden, die sowohl - auch an Wochenenden bzw. sonstigen freien Tagen - dem betreuenden Elternteil Zeit der Muße mit dem Kind lassen als auch dem nicht ständig anwesenden Elternteil Kontakte mit dem Kind ermöglichen. Häufig erschweren auch völlig ausbleibende Zahlungen von Kindesunterhalt die Umgangsregelung, obwohl der nicht ständig anwesende Elternteil zur Leistung regelmäßiger Teilbeträge oder jedenfalls zu sporadischen Zahlungen in der Lage wäre.

Andererseits müssen häufig weit überzogene Vorstellungen der den Umgang begehrenden Elternteile auf ein vernünftiges Maß reduziert werden und dann eine langsame Steigerung der Kontakte angebahnt werden.

Der begleitete Umgang sollte im Wesentlichen bei folgenden Fallkonstellationen angeordnet werden:

a) Verdacht des sexuellen Missbrauchs

b) Tätliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern, die das Kind miterlebt hat bzw. vorausgegangene Tätlichkeiten die sich gegen das Kind selbst gerichtet haben

c) Erste Anbahnung von Umgangskontakten (insbesondere bei jüngeren Kindern)

d) Wiederanbahnung von Umgangskontakten nach längerer Pause (insbesondere bei jüngeren Kindern)

e) Entführungsgefahr durch den umgangsbegehrenden Elternteil

f) Massive Spannungen und Auseinandersetzungen bei jeder Begegnung der Eltern, für die tief gehende Verletzungen und Kränkungen eines Elternteils durch den anderen ursächlich sind.

Grundlage für die Anordnung des begleiteten Umgangs ist immer der Gedanke des Kindeswohls; falls Umstände erkennbar sind, die für eine Aussetzung oder gar einen Ausschluss des Umgangs sprechen, ist diese Frage zunächst durch Anhörung der Beteiligten und gegebenenfalls anschließend durch Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens zu klären.

III. Klärung der Kooperation der Eltern

Ein gewisses Maß an Kooperation zwischen den Eltern ist für die Anordnung des begleiteten Umgangs unerlässlich. Daran wird es fehlen, wenn ein Elternteil jede Art von Mitwirkung - auch nach der erforderlichen Beratung durch das Jugendamt und entsprechende nachhaltige Hinweise des Familiengerichts - verweigert.

Eine genaue Einschätzung der tatsächlichen Kooperationsbereitschaft wird jedoch am besten von der Institution geleistet, die mit der Durchführung des begleiteten Umgangs beauftragt wird.

IV. Auswahl der Institutionen und Entscheidungskompetenzen bei der Auswahl

Als geeignete Einrichtungen haben sich Familienberatungsstellen in kommunaler und freier Trägerschaft erwiesen. Weniger gute Erfahrungen sind mit der Zuweisung des begleiteten Umgangs an das zuständige Jugendamt gemacht worden. Zum einen ist die fachliche Kompetenz nicht immer sichergestellt; außerdem erscheint bereits die Auswahl der „Begleitpersonen“ häufig als schwierig; zum anderen schaffen die Personalknappheit und die üblichen Dienstzeiten beim Jugendamt zusätzliche Probleme. Die Umgangsbegleitung durch ein Beraterpaar, die aus sachlichen Gründen sinnvoll erscheint und zusätzlich in zeitlicher Hinsicht eine größere Flexibilität verschafft, ist von den Jugendämtern kaum zu leisten; bisweilen stehen auch bei größeren Jugendämtern nicht einmal geeignete Räume zur Verfügung.

Die Beratungsstellen arbeiten häufig mit einem Beraterpaar; dies erleichtert die Arbeit, vermeidet eine zu starke Konzentration auf einen Elternteil und auch den Eindruck einer etwaigen Bevorzugung eines Elternteils und vergrößert in der Durchführung der begleiteten Kontakte die zeitliche Flexibilität.

Private Anbieter werden kaum beauftragt; zum einen wäre die Kostenlast für die Eltern in aller Regel zu groß; zum anderen bestehen in der Einschätzung der Qualität der Arbeit von privaten Einrichtungen größere Schwierigkeiten.

Für die Abwicklung der Umgangsbegleitung ist die Verknüpfung von Beratung einerseits mit der Anwesenheit des Beraters oder der Berater bei der Durchführung der einzelnen Kontakte andererseits unumgänglich. Die in der Umgangsbegleitung tätigen Personen müssen beruflich für ihre Aufgabe qualifiziert sein; dies schließt sowohl eine entsprechende Ausbildung (als Psychologe, Sozialarbeiter, Sozialpädagoge o.ä.) als auch eine längere Berufserfahrung ein. Der Einsatz von gutmeinenden Müttern oder Vätern ohne entsprechende Ausbildung und berufliche Praxis kann aus Sicht des Familiengerichts nicht befürwortet werden.

Auch der Einsatz von solchen Personen für den Bereich der Anwesenheit bei den Umgangsterminen und eine Beschränkung der Fachkräfte auf die eigentliche Beratung ist im Hinblick auf die Schwierigkeit der Aufgabe und unter Berücksichtigung der Möglichkeit plötzlich auftretender Eskalationen abzulehnen.

Die Auswahl der mit der Durchführung des begleiteten Umgangs zu beauftragenden Einrichtungen bereitet aus Sicht des Familiengerichts keine Schwierigkeiten. In aller Regel reicht eine kurze telefonische Absprache zwischen Jugendamt und Familiengericht für die Auswahl aus, wobei etwaigen übereinstimmenden Präferenzen der Eltern nach Möglichkeit Rechnung getragen wird.

V. Durchsetzbarkeit der Anordnung des begleiteten Umgangs im Verhältnis zu den Eltern und zum Jugendamt

Im Verhältnis zu dem Elternteil, der den Umgang begehrt, treten in aller Regel keine Probleme auf, wenn diesem die Chancen des begleiteten Umgangs verdeutlicht und andererseits die Risiken des Scheiterns einer Umgangsregelung überhaupt ohne diese besondere Form der Ausgestaltung des Umgangs hinreichend klar gemacht werden.

Beim ständig anwesenden Elternteil, ist häufig eine zunächst bestehende ablehnende Haltung abzubauen, wobei zum einen auf das Recht des Kindes auf Kontakte mit dem anderen Elternteil, zum anderen auf die zu erwartende Entlastung z.B. in Form von Übernahme von Fahrdiensten, Wahrnehmung von Arztterminen mit dem Kind, Begleitung des Kindes bei sportlichen Aktivitäten und Einbeziehung in die Hausaufgabenüberwachung und Vorbereitung auf anstehende Tests und Klausuren im Schulbereich hingewiesen wird.

Der eigentliche Härtetest des sich eher verweigernden Elternteils folgt aber erst in der Durchführung des begleiteten Umgangs. Er bedient sich dabei häufig einer Verzögerungstaktik in der Weise, dass mehrfach hintereinander Termine mit der beauftragten Einrichtung kurzfristig aus verschiedenen Gründen (Erkrankung des Kindes, Erkrankung des Elternteils, Anstehen einer großen Familienfeier) abgesagt werden, wodurch zum einen die Beratungsstellen in organisatorische Schwierigkeiten geraten, zum anderen auch die inhaltliche Arbeit für die betroffenen Kinder und den anderen Elternteil erschwert oder gar zum Stillstand gebracht und nach einiger Zeit häufig das gesamte Unternehmen abgebrochen wird.

Zur Änderung der Verweigerungshaltung des betreuenden Elternteils hat das Gericht, sofern Beratung nicht akzeptiert wird, wenig Möglichkeiten. Zwar kann das Familiengericht theoretisch einen Eingriff ins Sorgerecht anordnen; eine Umsetzung dieser Bedrohung scheitert aber in den meisten Fällen am Kindeswohl; das gilt praktisch immer dann, wenn das Kind in der Vergangenheit keine oder nur spärliche bzw. lange Zeit zurückliegende Kontakte mit dem anderen Elternteil hatte; aber auch in den übrigen Fällen, in denen es jedenfalls sporadische Kontakte gab, wird das Kind regelmäßig mit einer Überführung in den Haushalt des anderen Elternteils überfordert; Entsprechendes gilt in der Regel für eine Fremdunterbringung, die das Kind kaum verstehen dürfte.

Die erforderliche Abstimmung zwischen Jugendamt und Familiengericht wegen der Anordnung des begleiteten Umgangs bringt in der Praxis so gut wie keine Probleme.

VI. Inhalt des den begleiteten Umgang anordnenden Beschlusses

Im Beschluss oder in einer entsprechenden Vereinbarung bei Gericht wird der genaue Gegenstand (welches Kind von mehreren) und die Beratungsstelle - nach Absprache mit den Beteiligten - festgehalten. Hiermit sollen langwierige Gespräche oder gar Streitigkeiten über die zu wählende Einrichtung vermieden werden. Die Eltern wenden sich dann - unter Vorlage einer Protokolldurchschrift - an die festgelegte Einrichtung und vereinbaren Termine. Alle weiteren Einzelheiten werden dann von der Einrichtung mit den Eltern vereinbart bzw. festgelegt entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles. Dabei wird naturgemäß auch den Kapazitäten der in Anspruch genommenen Einrichtung Rechnung getragen. Diese Vorgehensweise ist seitens des Familiengerichts mit den Einrichtungen abgesprochen. Bei hin und wieder vorkommenden Abweichungen hiervon können die seitens des Gerichts festgelegten Termine einschließlich des vorgegebenen Beginns in aller Regel von der Einrichtung nicht eingehalten werden; außerdem gibt es eine unterschiedliche Handhabung der Einrichtungen in der gesamten Vorgehensweise, was z.B. Vorgespräche mit den Elternteilen getrennt, mit beiden Elternteilen gemeinsam sowie einen ersten Kontakt mit dem Kind und anderes mehr betrifft.

Grundsätzliches Einvernehmen besteht zwischen Jugendamt und Gericht und den Beratungsstellen, dass der begleitete Umgang jeweils nur für eine bestimmte Übergangsphase durchgeführt werden soll, die genaue Dauer sich nach den Gegebenheiten des einzelnen Falles richtet.

VII. Klärung der Finanzierbarkeit

Bei Inanspruchnahme der Beratungseinrichtungen in kommunaler oder freier Trägerschaft entstehen für die Eltern keine Kosten.

VIII. Organisatorische Konsequenzen aus der Parallelität hinsichtlich des Entscheidungsprozesses bei Jugendamt und Familiengericht

In der Regel findet vor Anordnung des begleiteten Umgangs bzw. Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung bei Gericht ein Anhörungstermin bei Gericht statt, zu dem auch das Jugendamt geladen wird. Soweit das Jugendamt im Vorfeld schriftlich berichtet hat, dass die Eltern sich auf die Durchführung des begleiteten Umgangs geeinigt haben und eine entsprechende Einrichtung ausgesucht wurde, wartet das Gericht den Ablauf dieses „Prozesses“ ab und stellt eigene Bemühungen erst an, wenn dieses Unternehmen im Sande verläuft oder für gescheitert erklärt wird.

IX. Sicherung der Durchsetzung der Entscheidung über den begleiteten Umgang unter Berücksichtigung der Kompetenzen des Jugendamts

Bei einer einigermaßen funktionierenden Kooperation zwischen Jugendamt und Familiengericht mit wechselseitigen Mitteilungen über beabsichtigte Vorgehensweisen und entsprechenden Absprachen ist eine Beeinträchtigung der Kompetenzen des Jugendamts nicht zu erwarten.

Eine Gefahr für Konflikte entsteht dann, wenn das Jugendamt Beratung in Gang setzt, keine Zwischenmitteilungen über Ziel und Stand des Beratungsprozesses macht und ein - zumindest vorläufiger - Abschluss nicht in Sicht ist. In solchen Fällen wird das Familiengericht selbst entscheiden müssen, im Zweifel aber nur auf Grund einer mündlichen Verhandlung, zu der auch das Jugendamt geladen wird, das dann im Termin seine Vorstellungen einbringen kann. Probleme können in solchen Fällen insofern auftreten, als die Eltern weiterhin über alle denkbaren Punkte streiten, sich aber in einem Punkte völlig einig sind, nämlich dem, künftig jede weitere Beratung abzulehnen.

X. Schlussbemerkung

Der begleitete Umgang ist in vielen Fällen geeignet, Auswege aus einer schier ausweglosen, völlig verhärteten Situation zu finden und - mit unterschiedlicher Anlaufzeit - Umgangskontakte in Gang zu bringen.

Manche umgangsberechtigten Elternteile resignieren bei auftretenden Schwierigkeiten, lassen sich auf den begleiteten Umgang nicht ein, oder brechen ihn nach einiger Zeit ab. Besorgniserregend erscheint in der Praxis ein Phänomen auf Seiten des betreuenden Elternteils, das mit dem Schlagwort „Beratungsresistenz“ umschrieben werden kann. Viele Mütter, insbesondere soweit sie mit dem Vater nicht verheiratet waren, blocken auch in der Beratung alles ab, lehnen alle Vorschläge, Anregungen, die gewählte Vorgehensweise der Beratungsstellen, die Personen der Berater und alle Positionen und Verhaltensweisen des Vaters als indiskutabel ab und lassen so die unerlässliche „offene“ Beratungssituation erst nicht entstehen.

Bisweilen bewirken in solchen Fallkonstellationen Gerichtsbeschlüsse, die den Umgang in der üblichen Weise (Kontakte im Zwei-Wochen-Rhythmus mit Feiertags- und Ferienregelung) festlegen, insofern geradezu „Wunder“, als sich naturgemäß nicht alle Probleme umgehend auflösen, aber doch in der Weise, dass sie einen Sinneswandel einleiten, der dann unter Umständen zu einer behutsamen Anbahnung von Umgangskontakten führt.

Diese Erfahrung im Einzelfall ändern nichts daran, dass der begleitete Umgang ein gutes Instrument ist, den Umgang unter schwierigen Voraussetzungen doch noch einigermaßen befriedigend zu regeln.

*Der Autor ist Richter am AG Köln.



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New PostErstellt: 21.04.07, 03:24  Betreff: Re: Begleiteter Umgang aus Sicht der öffentlichen Jugendhilfe  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

FPR 2005 Heft 1-2   24-28   

Gewalt und Umgang*

Professorin Astrid Fricke, Braunschweig

Neue Gewaltschutzgesetze und die Reform des Kindschaftsrechts haben - nach dem Vorbild anderer Länder - den von häuslicher Gewalt betroffenen Opfern erweiterte rechtliche Möglichkeiten einer Gegenwehr eröffnet. Gleichzeitig wurde deutlich, dass die Konzentration und ausschließliche Sicht auf erwachsene Gewaltopfer die Beachtung der Interessen der betroffenen Kinder erschweren kann: Geht man gem. § 1626 III BGB davon aus, dass der Umgang mit Elternteilen in der Regel dem Wohl des Kindes dient, so kann der vom erwachsenen Gewaltopfer gewünschte Ausschluss des Täters vom Umgang mit dem Kind gleichwohl die Gefährdung des psychischen Kindeswohls bedeuten. Andererseits kann auch durch die Ausübung von Umgangsrechten die Sicherheit potenzieller Gewaltopfer, einschließlich der Kinder, erheblich beeinträchtigt sein, selbst dann, wenn erwachsene Elternteile einen Eingriff von außen in gewalttätige Strukturen nicht für erforderlich halten. Das juristische Nebeneinander der Regelungen zum Schutz von Frauen und der ebenfalls betroffenen Kinder lässt Schutzlücken insbesondere dort zu, wo es um die Durchsetzung von Umgangsrechten mit Kindern gem. §§ 1684, 1685 BGB geht. Der Beitrag möchte weitere Gefahrenquellen aufzeigen, die sich für Kinder bei der Ausübung von Umgangsrechten durch Eltern und andere Bezugspersonen ergeben können.

Zunächst soll aufgezeigt werden, in welcher Weise häusliche Gewalt vor, während und nach der Trennungsphase der Eltern sowohl die Paarbeziehung als auch die gemeinsame Elternverantwortung negativ beeinflusst.

I. Arten häuslicher Gewalt mit Auswirkung auf Umgangsrechte

1. Trennungsgewalt

Familiäre Gewalt belastet die Nachscheidungsfamilie bzw. die Familie nach der Trennung und erschwert die Aushandlung tragfähiger Konzepte für die Ausübung des Umgangs mit Kindern. Bei unfriedlicher Trennung von Menschen, die auf Dauer einen gemeinsamen Haushalt geführt haben und mit Kindern zusammenlebten, ist ein erhebliches Gefahrenpotenzial für die Beteiligten nicht auszuschließen. Stress, Enttäuschung, Wut und Rache können sich gewalttätig entladen und bei Kindern zu negativen psychischen Langzeitfolgen führen. Dabei ist zunächst unerheblich, wer Täter und wer Opfer ist, und es ist im Hinblick auf die Folgen auch relativ gleichgültig, ob die Kinder selbst direkt von häuslicher Gewalt betroffen sind oder sie nur indirekt miterleben1.

2. Gewaltbeziehungen

Von der Gewalteskalation in der Trennungsphase, die unter bestimmten Bedingungen unter dem Dach des Privaten bis dahin unauffällige „normale“ Bürger für eine begrenzte Zeit zu scheinbar unberechenbarem gewalttätigen Verhalten veranlasst und Familie und gemeinsame Wohnung unsicher und gefährlich werden lässt, ist die Situation einer jahrelang latent gefährlichen häuslichen Situation zu unterscheiden. Es handelt sich hier um länger andauernde Gewaltbeziehungen, um eine „Gewaltspirale“, aus der die Betroffenen oft weder ausbrechen können noch sich lösen wollen.

Kommt es zur Beendigung einer Partnerschaft infolge häuslicher Gewalt, sind Umgangspflichten und Umgangsrechte in Bezug auf Kinder zu prüfen.

II. Umgangspflichten und Umgangsrechte gem. §§ 1684, 1685 BGB

Gewalt kann in vielfältiger Hinsicht auf Umgangsrechte einwirken und diese beeinträchtigen. Dabei geht es um die familienrechtlichen Umgangsrechte, welche im Zuge der Kindschaftsrechtsreform 1998 neu geregelt und in weiteren Reformgesetzen infolge verschiedener Entscheidungen des BVerfG weiter ausgestaltet wurden. 1998 wurden insbesondere die bis dahin bestehenden Unterschiede bei der Gewährung des Umgangs mit ehelichen und nichtehelichen Kindern beseitigt. Weiteren Bezugspersonen des Kindes wie nahen Verwandten wurden Umgangsrechte eingeräumt und der enge Kreis der weiteren Umgangsberechtigten wurde allmählich behutsam erweitert.

1. Umgangspflichten und -rechte des Kindes und der Eltern

Das Kind hat gem. § 1684 I BGB ein Recht auf Umgang mit seinen beiden Eltern; jeder Elternteil hat die Pflicht und das Recht auf Umgang mit seinem Kind. Somit sind die Frau, die das Kind geboren hat, und der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist („rechtlicher Vater“ gem. § 1692 BGB), zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet und berechtigt.

2. Umgangsrechte naher Verwandter und enger Bezugspersonen des Kindes

Großeltern und Geschwistern des Kindes steht gem. § 1685 I BGB ein Umgangsrecht mit dem Kind zu, sofern dies dem Wohl des Kindes „dient“ - dieses ist positiv nachzuweisen. Andere „enge Bezugspersonen“ des Kindes - zu diesem Kreis gehört auch der „biologische Vater“ als bloßer „Erzeuger“ des Kindes, z.B. als Freund der verheirateten Mutter - müssen die Kindeswohldienlichkeit durch eine „sozial-familiäre Beziehung“ nachweisen, das heißt durch die Übernahme „tatsächlicher Verantwortung“, die bei einem Zusammenleben mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft in der Regel anzunehmen ist, § 1685 II BGB.

III. Intervention und Hilfe durch Beratungsstellen

1. Die Rolle professioneller Helfer mit psychosozialen Aufgaben

Professionelle Helfer, die mit Familien konfrontiert werden, in denen Gewalt eine Rolle spielt, sollten sich mit den Fakten auseinander setzen, diese zeitnah dokumentieren und ihre Schlussfolgerungen anonymisiert (Datenschutz!) mit Berufskollegen besprechen (Supervision). Sie sollten ein Frühwarnsystem zum Umgang mit familiärer Gewalt innerhalb und außerhalb behördlicher Strukturen entwickeln und im Rahmen von Fortbildungen an Ehrenamtliche und freie Träger weitergeben können. Helfer sollten sich darauf einstellen, dass einzelne Beteiligte große Anstrengungen unternehmen werden, um ihnen ihre Sicht der Dinge zu vermitteln, und dass sie Gefahr laufen, ihre Neutralität zu verlieren. Sie sollten möglichst im Team längerfristig die Familie unterstützen und dabei flexibel auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen können. Hilfe bei der Ausübung von Umgangskontakten kann im Einzelfall eine längerfristige Aufgabe sein, unter anderem bei problematischem Umgang, bei dem in der Vergangenheit Gewalt in der Familie aufgetreten ist. Nicht in allen Fällen ist es möglich, Eltern dahingehend zu unterstützen, dass sie nach einer begrenzten Zeit allein Umgangskontakte organisieren und aufrechterhalten können.

2. Gewaltanalyse

Bei der Arbeit mit Nach-Trennungsfamilien mit Gewalterfahrung ist eine präzise psychosoziale Diagnose unerlässlich. Häufig sind die gemeinsamen Kinder im Kindergarten- oder im Grundschulalter betroffen. Oft ist bei gewalttätigen Auseinandersetzungen Alkohol im Spiel. Vielfach ist die klare Unterscheidung zwischen Opfer und Täter nicht möglich, da im Nachhinein schwer feststellbar ist, wer in welcher Weise Gewalt provoziert und ausgeübt hat. Meistens werden Frauen von Männern geschlagen, das Kind wird Zeuge der Gewaltausübung. Kommt es zur Misshandlung des Kindes, so darf nicht übersehen werden, dass diese nicht nur durch männliche Täter/Väter erfolgt, sondern auch durch das Opfer männlicher Übergriffe, nämlich die Mutter selbst2, oder durch beide.

Auseinandersetzungen, die sich auf Kinder auswirken, finden ferner auch im Rahmen homosexueller Partnerschaften oder in Patchwork-Familien statt. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen Einzelner in einer Familie oder bei einer Partnerschaft mit Kindern sind bei näherer Betrachtung häufig Dritte beteiligt, die eigene Interessen haben oder als zumindest passive Unterstützer im Hintergrund agieren. Das können Verwandte sein (z.B. Großeltern), Stiefkinder oder frühere Partner eines Elternteils. Sie können im gemeinsamen Haushalt wohnen oder aber von außen aktiv oder passiv auf Gewaltstrukturen einwirken und diese beeinflussen oder verstärken. Die Einflussnahme Dritter dauert oft, unbemerkt von außen, nach der Auflösung der Partnerschaft fort und wirkt sich auf das Umgangsrecht aus: Ein Partner wird in seinem Bestreben, das Umgangsrecht auszuüben ermutigt oder davon abgehalten, der andere, das Kind betreuende Partner oder Elternteil wird dahingehend beeinflusst, den Umgang zu verhindern. Diese Faktoren können dazu beitragen, dass lang andauernde umgangsrechtliche Streitigkeiten durch mehrere Instanzen ausgefochten werden.

IV. Die Rolle des Familiengerichts bei Gewalt vor der Trennung

1. Gerichtliche Umgangsmediation

Das Familiengericht ist verpflichtet, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken, s. auch § 52a FGG. Das familiengerichtliche Verfahren selbst hat deutlich mediative Aspekte. Ist Gewalt im Spiel oder fehlt es an der Einsicht der Parteien, kann nur im Verbund mit anderen eine kooperative Lösung erreicht werden. Andernfalls kommt es zur vollstreckbaren Gerichtsentscheidung.

2. Regelung des Umgangsrechts

Kam es vor der Trennung zu elterlicher Gewalt, so soll die Regelung des Umgangsrechts in Abhängigkeit von dem Risiko weiterer Gewalthandlungen, der Belastung und dem Willen der betroffenen Kinder, der Qualität der Beziehungen zu beiden Elternteilen, der Erziehungsfähigkeit beider Elternteile und ihrer Fähigkeit zur Kooperation getroffen werden. Die Gefahren für das Kindeswohl auf Grund einer Unterbrechung von Vater-Kind-Kontakten wiegen unter Umständen mögliche Gefahren auf Grund einer Fortsetzung der Gewalt auf3. Bei Gefährdung des Kindeswohls durch weiterhin drohende Gewalt sowie bei Gefährdung des erwachsenen Elternteils, bei dem das Kind lebt, kann der Umgang jedoch vollständig ausgeschlossen werden. Dazu später mehr.

V. Schutzanordnungen des Zivilgerichts/Familiengerichts bei häuslicher Gewalt

Die Umgangsregelungen des BGB dürfen nicht unabhängig von den Schutzmöglichkeiten betrachtet werden, die das Zivilrecht seit kurzem den Opfern häuslicher Gewalt zur Verfügung stellt. Auch das Kindschaftsrecht enthält neue Maßnahmen, die im Zusammenhang mit den Schutzanordnungen des Gewaltschutzgesetzes in vielen Fällen einen Ausschluss bzw. eine Beschränkung des Umgangsrechts bei häuslicher Gewalt nahe legen.

1. Gerichtliche Anordnungen bei Gewalt gegenüber Erwachsenen

Durch das seit dem 1. 1. 2002 geltende Gewaltschutzgesetz wurde geregelt, in welchen Fällen zivilrechtlicher Schutz vor künftiger Gewalt im sozialen Nahraum begehrt werden kann:

vorsätzliche und widerrechtliche Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person;

widerrechtliche Drohung mit einer solchen Verletzung;

widerrechtliches und vorsätzliches Eindringen in die Wohnung oder in das befriedete Besitztum;

unzumutbare Belästigung durch wiederholtes Nachstellen gegen den ausdrücklich erklärten Willen oder Verfolgen unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln.

Unter „Gewalt“ in einem weiteren Sinne können in diesem Zusammenhang somit physische und psychische Übergriffe von einigem Gewicht und bestimmte unzumutbare Belästigungen verstanden werden. Ihr Vorliegen eröffnet dem Opfer unter anderem die Möglichkeit, auf Antrag vollstreckbare Schutzanordnungen auch im Wege einstweiliger Anordnung durch das Familiengericht oder, sofern kein auf Dauer gemeinsam geführter Haushalt vorliegt, gem. § 23b Nr. 8a GVG bei der allgemeinen Prozessabteilung des Zivilgerichts zu erlangen. Dadurch ist es auch möglich, den Täter befristet aus der gemeinsamen Wohnung weisen zu lassen. Unternimmt das erwachsene Opfer in dieser Hinsicht nichts, gibt es keinen Schutz durch das Zivilgericht, allenfalls die Polizei kann von Amts wegen einschreiten. Dies gilt nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 3 I GewSchG dann nicht, wenn die verletzte oder bedrohte Person minderjährig ist, im Verhältnis zu Eltern oder anderen Sorgeberechtigten.

2. Schutzanordnungen, Gewaltverbot und „Wohlverhaltensklausel“ im Kindschaftsrecht

Kinder stehen unter elterlicher Sorge. Der Sorgeberechtigte hat alles zu unternehmen, um Kinder unter seiner Verantwortung vor Gewalt zu schützen, und ist selbst nicht, auch nicht zum Zwecke der Züchtigung, zur Gewaltanwendung berechtigt. Der Gesetzgeber hat seit längerem klargestellt, welches Verhalten Kindern gegenüber geächtet ist und zum Eingreifen des Familiengerichts, auch auf Anregung des Jugendamts, führen kann (§ 1666 BGB, § 50 III SGB VIII4):

Kindeswohlgefährdung durch

missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, Vernachlässigung oder unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten,

Eltern sind nicht gewillt oder in der Lage, die Gefahr abzuwenden.

Bei einer Gefährdung des Kindeswohls durch häusliche Gewalt auch in Form der Vernachlässigung kann es zum zeitweiligen oder dauerhaften Ausschluss des Umgangs durch gerichtliche Entscheidung5 kommen. Begleiteter Umgang kann gem. § 1684 IV BGB in Verdachtsfällen angeordnet werden, unter Umständen verbunden mit konkreten Sicherheitsanordnungen wie dem Verbot, dem Umgangsberechtigten die Anschrift des anderen Elternteils mitzuteilen, oder bestimmten Geboten bei Missbrauchsverdacht oder durch Tatsachen belegter konkreter Entführungsgefahr.

Außerdem hat der Gesetzgeber Erziehungsrechte im Rahmen der Personensorge der Eltern neu geregelt und in § 1631 II BGB verdeutlicht:

„Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“

Nach der Änderung des § 1666a I BGB im Jahre 2002 wurde eine „Schutzlücke“ geschlossen und bei einer Gefährdung des Kindeswohls auch die Möglichkeit einer „Wegweisung“ des Täters aus der gemeinsam mit dem Kind genutzten Wohnung ermöglicht. Wie mit dieser juristischen Möglichkeit umzugehen ist, welche Auswirkungen eine solche Entscheidung auf das Umgangsrecht hätte, scheint derzeit noch weitgehend unklar zu sein6.

Die Richtschnur für elterliches Verhalten ist damit gezogen. Abgrenzungen u.a. zwischen „leichter“ und „schwerer“ körperlicher Bestrafung7, Aussagen zu den Folgen „einmaliger“ und „wiederholter“ unerlaubter Gewalt gegenüber Kindern im Hinblick auf das Kindeswohl sind dennoch schwer zu treffen. Nur die „erhebliche“ Gefährdung des Kindeswohls in körperlicher, geistiger oder seelischer Hinsicht führt aber in Ausübung des staatlichen Wächteramts (vgl. Art. 6 GG) zu einem staatlichen (gerichtlichen) Eingriff in die elterliche Sorge.

Speziell im Hinblick auf die Wahrnehmung der Umgangspflichten und -rechte ist geregelt (§ 1684 II 1 BGB): „Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert“ (so genannte „Wohlverhaltensklausel“). Ferner heißt es in 1684 III 2 BGB: „Es (das Familiengericht) kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Abs. 2 geregelten Pflicht anhalten.“8

3. Besonderheiten des „Kinderschutzes“ in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren

„Gewalt gegen erwachsene Opfer“ ist somit nach dem Gewaltschutzgesetz in Anlehnung an §§ 823, 1004 BGB relativ klar definiert, „Gewalt gegen Kinder“ dagegen im BGB abstrakter geregelt; diese Gewalt tritt als konkreter Tatbestand in der Lebenswirklichkeit weniger deutlich und eindeutig zutage. Schwierigkeiten in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren ergeben sich besonders bei behaupteten sexuellen Übergriffen, wenn der Betroffene die in Frage stehende Handlung abstreitet oder ihren sexuellen Kontext verneint9. Mangels „Antrags“ des Opfers bedarf Gewalt gegen Kinder in besonderem Maße der Aufklärung, Ermittlung und einer fachlichen Interpretation von außen. Bereits die vom Kind miterlebte Misshandlung der Mutter10 oder ständige Streitigkeiten zwischen den Eltern können ausreichen, dem Kind seelischen Schaden zuzufügen und seine Entwicklung zu beeinträchtigen11. Dennoch kann auch bei einer wiederholt vom Kind erlebten Partnerschaftsgewalt nicht automatisch auf eine Kindeswohlgefährdung geschlossen werden, eine Einzelfallprüfung ist unumgänglich12. Ist eine Kindeswohlgefährdung glaubhaft gemacht, kann es zu einschneidenden Maßnahmen des Familiengerichts kommen, z.B. durch Herausnahme des betroffenen Kindes aus der Familie oder durch Wegweisung des Täters mittels einstweiliger Anordnung. Sind die Voraussetzungen des § 50 FGG erfüllt, kann dem Kind ein Verfahrenspfleger für das familiengerichtliche Verfahren bestellt werden. Auch die Bestellung eines Ergänzungspflegers - Umgangspflegers - gem. § 1909 BGB kommt nach einem Teil-Sorgerechtsentzug in Betracht13.

VI. Ausgewählte Formen der Gewalt bei Umgangskonflikten

1. Gewaltausübung durch Umgangsverpflichteten, Umgangsberechtigten und Dritte

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lassen sich verschiedene Formen der Gewalt speziell bei der Ausübung oder Nicht-Ausübung von Umgangsrechten ausmachen:

a) Das Kind wird zum Umgang gezwungen oder der vom Kind gewünschte Umgang wird verhindert. Beides ist unzulässig. Das OLG Köln führte allerdings noch Anfang 1998 aus14: „Nur wenn der Sorgeberechtigte alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, die Kinder zum Umgang zu bewegen, kann ihm darüber hinaus nicht zugemutet werden, mit physischer Gewalt gegen die Kinder vorzugehen …“ Diese Formulierung könnte im Umkehrschluss dahingehend missverstanden werden, dass „bei pädagogischem Notstand“ das Kind durchaus gewaltsam zum Umgang angehalten werden darf. In der Tat wurde der gegen den Willen des Kindes erzwungene Umgang in der Rechtsprechung erlaubt und Eltern nahe gelegt, Zwang zur Durchsetzung des Umgangs anzuwenden. In der Realität gibt es diesen Zwang gegen Kinder heute noch, wenn aus Unkenntnis oder Unsicherheit heraus eine übereifrige Ausführung richterlicher Umgangsbeschlüsse buchstabengetreu gegen sich wehrende Kinder durchgesetzt wird und beispielsweise Umgangskontakte, die bei Kleinkindern für mehrere Stunden in einem Raum angesetzt sind, auch dann fortgesetzt werden, wenn das Kind weint oder fortlaufen möchte. Später wurde dann in § 33 II 2 FGG i.d.F. ab 1. 7. 1998 ausdrücklich bestimmt, dass im Rahmen der Zwangsvollstreckung einer Umgangsregelung eine Gewaltanwendung gegen das Kind zwecks Durchführung des Umgangsrechts nicht zulässig ist. Und wie bereits angemerkt, sind seit kurzem Erziehungsmittel in Form auch leichter körperlicher Bestrafungen in Deutschland überhaupt untersagt.

b) Der Umgang des Berechtigten mit dem Kind wird systematisch vereitelt. Die Verhinderung des Umgangs durch Sorgeberechtigte oder andere stellt eine subtilere und ebenfalls schädliche Art der Gewalt gegen Kinder dar. Bereits vor dem ersten Umgangskontakt wird bei der „Umgangsanbahnung“ darauf hingewirkt, dass der Umgang möglichst überhaupt nicht stattfindet, und in der Folge werden Kinder entgegen der „Wohlverhaltenspflicht“ dahingehend beeinflusst, Umgangskontakte abzulehnen. Manchmal ist jedes Mittel recht, um Umgangskontakte zu vermeiden, wenn beispielsweise ärztliche Atteste erschlichen und als Grund für eine Absage der Kontakte mit dem Umgangsberechtigten vorgelegt werden. Nur mit therapeutischer Hilfe und durch Zusammenwirken aller am Prozess einer Deeskalation des Elternkonflikts Beteiligten kann diese Strategie der Vereitelung des Umgangs abgeschwächt oder zukünftig verhindert werden. Das gilt für Umgangskontakte zum Wohl des Kindes, die nicht durch Gewalt seitens des Umgangsberechtigten vorbelastet sind.

c) Jeder Kontakt nach der Trennung in Gegenwart gemeinsamer Kinder artet in Beschimpfungen, Verdächtigungen und Bedrohungen aus. „Holen und Bringen“ des Kindes wird in solchen Fällen häufig Dritten übertragen15, damit sich der Sorgeberechtigte und der Umgangsberechtigte nicht begegnen. Hier gilt prinzipiell ebenfalls, dass wie bei der Umgangsanbahnung und bei Umgangskontakten ein Spannungsverhältnis zwischen Eigenverantwortung der Eltern und notwendiger Hilfe von außen besteht. Eltern sind zwar zur elterlichen Sorge verpflichtet, was geschieht aber, wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen? Wie lange kann Unterstützung durch Dritte zur Vermeidung dieser Konfrontationen gewährt werden?

d) Der Umgangsberechtigte lauert dem Kind auf oder stellt ihm nach. Ort des Geschehens: Spielplatz, Kindergarten, Hort, Schule etc. Durch konkrete Regelungen betreffend Zeit, Ort und Dauer des Umgangs, die nachträglich individuell abgeändert werden können, kann gegengesteuert werden; notfalls ordnet das Gericht den Ausschluss des Umgangs an und trifft weitere Schutzanordnungen.

e) Es gibt Gewalt während der Umgangskontakte oder Umgangskontakte werden wahrgenommen, um anschließend gewalttätig gegen den betreuenden Elternteil vorgehen zu können. Beides ist sehr selten, aber es kommt vor16. Die „Kunst“ der Helfer liegt in der zutreffenden Einschätzung der Lage schon vor einer Eskalation und in der richtigen Prognose. Die Gefährdung durch angeblich drohende Gewalt, Missbrauch, Entführung kann sowohl über- als auch unterschätzt werden; dabei spielen kulturelle Unterschiede eine Rolle. Helfer sind auf Berichte und Mutmaßungen der Beteiligten angewiesen. Es wäre aber fatal, zur Verhütung von Gewaltszenarien vorausschauend die „Phantasien“ des betreuenden Elternteils zu übernehmen, da diese häufig an der Realität vorbeigehen17.

2. Institutionelle Gewalt bei Umgangkonflikten

Umgangsprobleme, die letztlich zu (weiterer) Gewalt und in der Folge zur Einstellung weiterer Umgangskontakte führen, können sich daraus ergeben, dass ein falsches „Setting“ bei der Ausgestaltung der Umgangskontakte oder der vorbereitenden Gespräche gegeben ist, indem beispielsweise das Gebot einer „Waffengleichheit“ zwischen verfeindeten Parteien in der Weise verletzt wird, dass einem Partner gestattet wird, mehrere „Unterstützer“ (z.B. den neuen Lebenspartner) in das Amt/in die Beratungsstelle mitzubringen, während das gleiche Recht dem anderen Teil verwehrt wird. Fachliche Kriterien dürfen nicht außer Acht gelassen werden, es geht nicht an, dass überhaupt eine Partei die Bedingungen für Interventionen „diktieren“ darf.

VII. Weitere Aufgaben des Jugendamts und des Gerichts bei Umgangsgewalt

1. Anzeigepflicht und Garantenstellung

Berichte des Jugendamts über Umgangskontakte dienen nach § 50 I, II SGB VIII der Unterstützung des Gerichts und bilden damit die Grundlage für die gerichtliche Bewertung18. Die Anzeigepflicht des Jugendamts, die gem. § 50 III SGB VIII die Einschaltung des Familiengerichts erfordern kann, wurde bereits erwähnt. An dieser Stelle soll noch auf die strafrechtlich relevante „Garantenstellung“ des einzelnen Mitarbeiters im Jugendamt gem. § 13 StGB hingewiesen werden. Die schuldhafte Verletzung einer Garantenpflicht kann zur Ahndung nach dem in Frage stehenden Delikt (z.B. Körperverletzung) führen. Jugendamtsmitarbeiter und unter Umständen auch die in ihrem Auftrag tätigen Umgangsbegleiter haben nämlich die Pflicht, den „Erfolg“ im strafrechtlichen Sinne durch geeignete Schritte, z.B. eine Strafanzeige, zu verhüten, wenn sie sichere Kenntnis von Gewaltausübung in der Familie in Betreuungszusammenhängen erlangen. Ihr Verhalten (passive Beobachtung des Geschehens, Nichtstun) muss einem aktiven Tun, z.B. der Körperverletzung, in seinem Unrechtsgehalt vergleichbar sein, nur dann ist der Tatbestand des so genannten „unechten Unterlassungsdelikts“ erfüllt.

Fühlt sich ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin überfordert oder befangen, sollte die Entbindung von der Aufgabe kein Tabu darstellen.

2. Gerichtsentscheidungen, gerichtliche Verfahren und Kindeswohl

Gerichtsentscheidungen müssen dem Kindeswohl entsprechen (§ 1797a BGB). Ein Verstoß gegen das Kindeswohlprinzip kann in gravierenden Fällen eine Gewaltspirale fortsetzen, wenn es beispielsweise in Umgangsstreitigkeiten einem gewalttätigen und frustrierten Partner gelingt, den Zugang zum Kind und zum anderen Elternteil zu erstreiten. Auch die Gestaltung des gerichtlichen Verfahrens, z.B. der Anhörungssituation, hat Einfluss auf das Kindeswohl. Wiederholt hat das BVerfG ferner darauf hingewiesen, welche Bedeutung dem Faktor „Zeitablauf“ gerade bei umgangsrechtlichen Streitigkeiten beikommt. Die Fachgerichte wurden aufgefordert, möglichst zügig zu entscheiden. Bei Verzögerungen, beispielsweise durch aufwändige Gutachtenerstattungen, haben die Parteien die Möglichkeit, durch „Untätigkeitsbeschwerde“ das Verfahren voranzutreiben19.

VIII. Schlussbetrachtung: Umgang und Gewalt - nur ein Sicherheitsproblem?

Gewalt scheint ein typisches Risiko in Trennungssituationen zu sein und kann sich langfristig negativ auf Kinder auswirken. Jedes Anzeichen von häuslicher Gewalt sollte zu verstärkter Aufmerksamkeit führen. Es gibt keine Patentlösungen, hier muss der Einzelfall genau betrachtet werden. Auch „strukturelle Gewalt“ kann durch fachlich fehlerhafte Unterstützung vorkommen (z.B. durch fehlerhaftes „Setting“ oder zu frühe Beendigung der ambulanten begleitenden Hilfen) und selbst im Verlaufe familiengerichtlicher Verfahren auftreten. Das Recht bietet einige Interventionsmöglichkeiten, neuerdings auch die Möglichkeit der Wegweisung eines Gewalttäters aus der Wohnung gem. § 1666a BGB. Die Reaktion auf häusliche Gewalt auch im Hinblick auf Umgang sollte nicht nur in einer Analyse der Sicherheitslage bestehen, damit wird man der Dynamik familiärer Strukturen und Bindungen nicht gerecht20.

*Die Autorin ist Professorin an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fachbereich Sozialwesen.

1Zu den Auswirkungen „häuslicher Gewalt“ auf die psychosoziale Entwicklung mitbetroffener Kinder vgl. Ostbomk-Fischer, KindPrax 2004, 8.

2Die Broschüre der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Frauenhäuser, Hrsg. Diakonie: Kinder leben im Frauenhaus, Stuttgart 2002, www.beta-diakonie.de - weist darauf hin, dass gelegentlich beobachtet wurde, dass ins Frauenhaus geflüchtete Mütter selbst dort ihre Kinder körperlich straften.

3Höflinger, ZfJ 2004, 64.

4Eine Gefährdung des Kindeswohls ruft nicht automatisch die Verpflichtung des Jugendamts hervor, das Familiengericht einzuschalten, wie Röchling zu Recht in ZfJ 2004, 257 (259) feststellt.

5Beispiel für Ausschluss des Umgangsrechts und Verbot der Kontaktaufnahme für die Dauer von zwei Jahren wegen lebensbedrohlicher Situation für die Kinder infolge unzureichender Beaufsichtigung: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9. 9. 2003 - 6 UF 50/03.

6Vgl. Oberloskamp, ZfJ 2004, 267 (270). Zu Problemen in diesem Zusammenhang s. auch Fricke, KindPrax 2004, 43 (47).

7Ausführlich Rohmann, KindPrax 2004, 123 zur „leichten körperlichen Bestrafung“.

8In der Rechtsprechung ist streitig ist, ob das Familiengericht eine „zwangsweise“ Beratung der Eltern in einer Erziehungsberatungsstelle anordnen darf. Zur Diskussion einer „Zwangsberatung“ der Eltern bei Trennung und Scheidung Willutzki, KindPrax 2004, 21.

9Beispiele hierfür u.a. AG Bad Iburg, FamRZ 1988, 537 (betr. „Lecken an der Brust“ des Kleinkindes); OLG Jena, FPR 2003, 669 = FamRB 2003, 394 (betr. „Pobisse“ als Erziehungsmittel).

10Beispiel für derartigen Sachverhalt in OLG Nürnberg, FamRZ 2004, 726. Die Rückführung der Kinder nach HKÜ wurde gleichwohl nach Anhörung der Kinder angeordnet, allerdings nach Zusage des Verzichts des Umgangsberechtigten auf Vollstreckung für die Dauer von vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung.

11Oberloskamp, ZfJ 2004, 267 (270); Höflinger, ZfJ 2004, 63 (64).

12Höflinger, ZfJ 2004, 63 (65).

13Erfahrungsbericht zu den Aufgaben und der Funktion eines Umgangspflegers Salzgeber/Menzel, KindPrax 2004, 15.

14OLG Köln, NJWE-FER 1998, 163.

15Zur Pflicht des Umgangsberechtigten (der Eltern), das Kind zu Umgangskontakten abzuholen und zurückzubringen, Spangenberg, KindPrax 2004, 56.

16Systematisch beschreibt Alberstötter in KindPrax 2004, 90, hocheskalierte Elternkonflikte im Kontext von begleiteten Umgangskontakten.

17Alberstätter spricht in diesem Zusammenhang von der Funktionalisierung professioneller Dritter durch „mächtige Geschichten“ (KindPrax 2004, 90 [92]).

18OLG Brandenburg, FamRB 2004, 11.

19BVerfG, FPR 2004, 225 = NJW 2004, 835 = ZfJ 2004, 238; OLG Karlsruhe, ZfJ 2004, 299.

20Vgl. Niedersächsisches Innenministerium (Hrsg.), Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich. Handreichung für die Polizei, 2002.


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New PostErstellt: 24.04.07, 07:46  Betreff: Aufgaben des Verfahrenspflegers  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

  FPR 2002 Heft 06   251 - 256

Der Streit um die Aufgaben des Verfahrenspflegers nach § 50 FGG*

Richter am OLG Eberhard Carl und Wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Katja Schweppe

I. Einleitung

Bereits im Jahr 1980 stellte das BVerfG fest, dass der Anspruch des Kindes auf Achtung seiner Menschenwürde und auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit es gebiete, auf der Ebene gerichtlicher Verfahren normative Regelungen zu schaffen, die eine hinreichende Berücksichtigung der Grundrechte des betroffenen Kindes gewährleisten1. Diesen Grundrechtsschutz durch Verfahrensrecht entwickelte das BVerfG mit seiner Entscheidung vom 18. 6. 1986 dahin weiter, dass in allen verfassungsgerichtlichen Verfahren mit schwerwiegenden Auswirkungen für das betroffene Kind im Falle einer erheblichen Interessenkollision zwischen dem Kind und seinen Eltern ein Verfahrenspfleger zu bestellen sei2. Die Fachgerichte zogen in der Folgezeit die sich aus dieser Entscheidung für die eigenen Verfahren ergebenden Konsequenzen nur in wenigen Fällen. Daran änderte auch die Ratifizierung des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes im Jahre 1992 nichts. Als im Rahmen der Diskussionen über die Reform des Kindschaftsrechts auch die Einführung eines Verfahrenspflegers für das Kind erörtert wurde, stieß dieser Vorschlag zunächst auf verbreitete Skepsis und teilweise auf erheblichen Widerstand. Nicht wenige Familienrichter und Jugendamtsmitarbeiterinnen empfanden schon die Forderung nach einer eigenständigen Vertretung des Kindes als Kritik an ihrer Arbeitsweise, waren sie doch der Meinung, dass die Wahrnehmung der Interessen des Kindes bei ihnen selbst am besten aufgehoben sei3. Ein weiterer Einwand betraf die mit der Tätigkeit von Verfahrenspflegern verbundenen Kosten, die im Falle der Kostenarmut der beteiligten Eltern zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung der Staatskasse führen können. Dieser Gesichtspunkt veranlasste dann auch den Bundesrat, in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf des Kindschaftsrechtsreformgesetzes besondere Regelungen für eine Verfahrenspflegschaft für minderjährige Kinder rundum abzulehnen4.

Angesichts dieser Geburtsschwierigkeiten hätte man erwarten können, dass der Gesetzgeber die Aufgaben eines Verfahrenspflegers möglichst genau umschreiben würde, um klare Vorgaben für die Umsetzung des § 50 FGG zu schaffen5. Doch die Hoffnung trog. Im Gesetz findet sich kein Wort zu den Aufgaben des Verfahrenspflegers. So verwundert es nicht, dass in Rechtsprechung und Literatur weit auseinander gehende Meinungen zur Reichweite der Aufgaben des Verfahrenspflegers vertreten werden. Dabei wird der Konflikt in der Praxis häufig auf dem Rücken der Verfahrenspfleger ausgetragen, indem einige Gerichte bei der Abrechnung, die jeder Verfahrenspfleger nach Abschluss seiner Tätigkeit vorlegt, mit unterschiedlichen Begründungen Kürzungen vornehmen, etwa der Verfahrenspfleger habe für einzelne Aufgaben zu viel Zeit aufgewendet, oder die entsprechenden Tätigkeiten fielen nicht in den Aufgabenbereich eines Verfahrenspflegers. Verfahrenspflegern bleibt in solchen Fällen nur der Weg der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung oder eine Ablehnung, künftig für dieses Gericht tätig zu werden. Dieser restriktiven, erhebliche Rechtsunsicherheit verursachenden Praxis kann am besten entgegengewirkt werden, wenn der Aufgabenbereich des Verfahrenspflegers klar herausgearbeitet und dadurch die Unabhängigkeit des Verfahrenspflegers möglichst effektiv abgesichert wird.

II. Aktueller Streitstand

In der Rechtsprechung wird die Verfahrenspflegschaft teilweise mit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigten gleichgesetzt. Danach hat der Verfahrenspfleger nur den Willen des Kindes zu ermitteln und zu vertreten6. Persönliche Gespräche mit den Eltern sollen grundsätzlich nicht erforderlich sein, da der Verfahrenspfleger die entsprechenden Informationen aus den Gerichtsakten und aus dem Anhörungstermin erlangen könne7. Auch weiter gehende Ermittlungen, etwa die Beteiligung an der Hilfeplanung der Jugendhilfe, gehören nach diesem Verständnis nicht zu den Aufgaben des Verfahrenspflegers und werden nicht vergütet8. Gleiches soll für Vermittlungsversuche zwischen den Beteiligten gelten9.

In anderen Entscheidungen wird diesem sehr restriktiven Verständnis widersprochen. Ein Verfahrenspfleger hat danach „die vom Gesetzgeber gewollte Zielsetzung zu erfüllen, dem Kind … ein eigener Interessenvertreter zu sein, der sowohl den tatsächlichen Kindeswillen den Beteiligten kundtut als auch eine objektive Einschätzung der bestehenden Situation geben kann“10. Die Vertretung des Kindes kann auch umfangreiche Ermittlungen durch den Verfahrenspfleger erfordern, etwa Gespräche mit den Eltern und Pflegeeltern und die Beobachtung der Interaktion dieser Personen mit dem Kind, um so „die Interessen des Kindes wahrzunehmen, sie gegenüber den Interessen der Eltern sowie der weiteren Beteiligten unabhängig von diesen zu vertreten und in das Verfahren einzuführen“11. Danach kann der Verfahrenspfleger „zur Vorbereitung einer allein am Kindeswohl orientierten Entscheidung des Familiengerichts … alle Maßnahmen (treffen), die ein verständig und allein am Kindeswohl orientiert handelnder Verfahrenspfleger im Hinblick hierauf für nötig erachten würde“12.

Der Wortlaut des § 50 I FGG verweist lediglich auf die Wahrnehmung der Interessen des Kindes13. Anhaltspunkte für den Willen des Gesetzgebers enthalten die Materialien zu den Entwürfen zum KindRG. Danach soll die Verfahrenspflegschaft dem Ausgleich von Defiziten bei der Wahrung der Kindesinteressen in gerichtlichen Verfahren dienen, und dem Kind ermöglichen, vergleichbar seinen am Verfahren beteiligten Eltern auf das Verfahren Einfluss zu nehmen14. Weiter ist von „Bestimmungen, die eine … am Kindeswohl zu orientierende Gerichtsentscheidung ermöglichen sollen“, und von „der erforderlichen Parteinahme für das Wohl des Kindes“ die Rede15. Nach dem Verständnis des Gesetzgebers sind unter Interessen des Kindes somit keineswegs nur dessen subjektive Interessen zu verstehen. An anderer Stelle heißt es: „Damit das Kind nicht zu einem bloßen Verfahrensobjekt wird, muss sichergestellt sein, dass die eigenständigen Interessen des Kindes in das Verfahren eingebracht werden, insbesondere in Fällen, in denen das Kind besonders schutzbedürftig ist“16. Eine Beschränkung auf die Vertretung des Kindeswillens lässt sich auch den Entscheidungen des BVerfG nicht entnehmen. Das Gericht hielt vor Einführung des § 50 FGG in Verfassungsbeschwerdeverfahren die Einsetzung eines Ergänzungspflegers für notwendig, wenn auf Grund eines Interessenkonflikts zwischen Eltern und Kindern die Vertretung der Kinder durch ihre Sorgeberechtigten ausgeschlossen war17. In einem Beschluss vom 7. 6. 2000, mit dem u.a. die Verfassungsbeschwerde eines zum Verfahrenspfleger für das Kind bestellten Rechtsanwalts gegen die Vergütungsregelung des § 50 V FGG nicht angenommen wurde, hat die 2. Kammer des 1. Senats des BVerfG zu den Aufgaben des Verfahrenspflegers Folgendes ausgeführt:

„Es geht dem Gesetzgeber in erster Linie nicht darum, dem Betroffenen einen Rechtsberater für das konkrete Verfahren zu verschaffen, sondern ihm - mit der Hilfe einer geschäftsfähigen und in der Organisation der alltäglichen Geschäfte erfahrenen Person - einen gesetzlichen Vertreter zur Durchsetzung von tatsächlich formulierten oder auch nur zu ermittelnden Interessen und Wünschen im Verfahren zur Seite zu stellen. Die dem Verfahrenspfleger obliegenden Pflichten gegenüber dem Betroffenen sind andere als die Aufgaben des Rechtsanwalts nach § 3 I BRAO. Tatsächlich verfügen auch die Verfahrenspfleger über unterschiedliche Qualifikationen18.“

III. Besonderheiten der Vertretung von Kindern

Welche Aufgaben ein Verfahrenspfleger wahrnehmen muss, um die Interessen des Kindes angemessen und sinnvoll vertreten zu können, lässt sich nur anhand einer Klärung der besonderen Bedingungen und Umstände beantworten, unter denen Kinder ihren Willen und ihre Interessen und Bedürfnisse in gerichtlichen Verfahren ausdrücken.

In der Diskussion über die Aufgaben des Verfahrenspflegers besteht immerhin Übereinstimmung, dass der Verfahrenspfleger den authentischen Willen des Kindes in das Verfahren einzubringen hat19. Manche Autoren bezeichnen den Verfahrenspfleger in diesem Zusammenhang als „Hörapparat“20 oder als „Sprachrohr“ des Kindes21. Solche plakativen Beschreibungen verführen leicht dazu, die Besonderheiten der Vertretung von Kindern in gerichtlichen Verfahren zu übersehen. Bevor der Verfahrenspfleger den Willen des Kindes in das Verfahren einbringen kann, muss er erst einmal in Erfahrung bringen, was das Kind will. Dies erfordert viel Geschick und Einfühlungsvermögen sowie Erfahrungen in der Gesprächsführung mit Kindern. Der Verfahrenspfleger muss gut zuhören können und durch differenziertes Nachfragen versuchen, den Kontextbezug kindlicher Erklärungen aufzuklären22. Er muss das Alter und den Entwicklungsstand des Kindes und die sich hieraus ergebenden Besonderheiten des kindlichen Ausdrucks- und Vorstellungsvermögens ebenso berücksichtigen wie die Belastungssituation, die aus der besonderen Abhängigkeit des Kindes von anderen Verfahrensbeteiligten resultiert.

Die Klärung des Willens des Kindes erfolgt in verschiedenen Schritten, die von Köckeritz anschaulich beschrieben worden sind, und sich auf folgende Aufgaben zu konzentrieren hat: die Situation klären, die Selbstklärung des Kindes unterstützen und dem Kind bei der Entwicklung eines eigenen Lösungsvorschlags helfen23. Bei der Situationsklärung erklärt der Verfahrenspfleger, einem Dolmetscher vergleichbar, dem Kind auf altersgerechte Weise den Anlass des Streits, den Ablauf und den konkreten Stand des Verfahrens, die Aufgaben des Verfahrenspflegers sowie die Rollen und Interessen der übrigen Beteiligten, gegebenenfalls auch die Bedeutung und den Ablauf einer richterlichen Anhörung. Im Rahmen der Selbstklärung unterstützt der Verfahrenspfleger das Kind, die eigenen Wünsche, Interessen und Absichten zu erkennen. Er muss dabei die in der Regel schwerwiegenden Loyalitätskonflikte des Kindes im Auge behalten, durch Fragen das Kind zum Erzählen anregen und durch Verbalisierung der Erklärungen und des Verhaltens des Kindes zum Weitersprechen ermutigen und damit zugleich das eigene Verstehen absichern. Dieser Prozess der Selbstklärung für das Kind kann durch Beobachtung des Kindes im Kontakt mit den für das Kind wichtigen Erwachsenen ergänzt und intensiviert werden. Im Rahmen der Lösungsklärung versucht der Verfahrenspfleger, durch entsprechende Fragen vom Kind seine Wünsche für die künftige Gestaltung der Situation zu erfahren und es zu ermuntern, selbst mögliche Lösungen vorzuschlagen. Er arbeitet hier mit dem Kind an einem Vorschlag, der den Vorstellungen des Kindes entspricht und gleichzeitig eine Chance hat, von den übrigen Beteiligten verstanden und bei der zu treffenden Entscheidung berücksichtigt zu werden.

Das sprachliche Ausdrucksvermögen ist besonders bei kleineren Kindern noch weniger entwickelt. Kleine Kinder verwenden gerne Begriffe aus ihrer eigenen Erfahrungswelt, die naturgemäß noch viel kleiner als die der Erwachsenen ist. Abstrakte Begriffe sind ihnen noch fremd, ebenso allgemeinere Äußerungen über eigene Befindlichkeiten und Gefühle. Zahlreiche von der Erlebniswelt des Kindes geprägte Begriffe muss der Verfahrenspfleger „übersetzen“, was ihm oft nur durch einfühlsames Zuhören und vorsichtiges, ergebnisoffenes Nachfragen gelingt. In dieser Situation kann eine Rückfrage bei einem oder beiden Eltern zum besseren Verständnis der kindlichen Erklärungen beitragen. Das kindliche Erleben und Vorstellungsvermögen ist noch stärker durch Phantasien geprägt, die sich häufig nicht realisieren lassen. Die komplexe, zuweilen schwierige und belastende Realität der Außenwelt muss kleineren Kindern noch erklärt werden, damit diese - möglicherweise - für sie ein Teil auch ihrer Realität werden kann. Kleinere Kinder haben ein gänzlich anderes Gefühl für Zeit als Erwachsene24. Sie sind noch nicht in der Lage, in längeren zeitlichen Perspektiven zu denken. Die Fähigkeiten zur Kontrolle von unmittelbaren Handlungsimpulsen und zum Aufschub von Bedürfnissen sind noch deutlich weniger ausgeprägt, weshalb Willensäußerungen gerade von kleineren Kindern häufig starken Schwankungen unterliegen25. Können kleinere Kinder einen dringlichen Wunsch nicht „jetzt gleich“ erfüllen, verlieren sie leicht den Mut und halten ihren Wunsch für unerfüllbar. Sie verarbeiten dieses Erleben sehr unterschiedlich, etwa durch Resignation, Ablehnung oder Vergessen. Auch die Kompetenz zu differenzierten Problemlösungen ist bei Kindern noch weniger entwickelt.

Beispiel: Ein fünfjähriger Junge, der ursprünglich gerne seinen Vater besuchen wollte, lehnt jeglichen Umgang mit seinem Vater ab, nachdem er bei der Übergabe heftige verbale Auseinandersetzungen zwischen seinen Eltern miterlebt hat. Die Möglichkeit, durch Einschaltung Dritter direkte Kontakte zwischen seinen Eltern und die damit verbundenen belastenden Erfahrungen zu vermeiden, kann er auf Grund seines Alters nicht in Betracht ziehen.

Zu berücksichtigen sind auch die Belastungen aus der Abhängigkeit des Kindes von anderen Verfahrensbeteiligten. Kinder, die zum Streitobjekt ihrer Eltern oder anderer naher Bezugspersonen geworden sind, werden hierdurch schwer belastet. Häufig wünschen beide Eltern oder zumindest ein Elternteil eine Entscheidung des Kindes für sich. Auch wenn dieser Wunsch gegenüber dem Kind nicht direkt ausgesprochen wird, spürt das Kind diese Erwartung, die in ihm zwiespältige Gefühle auslöst. Dauert dieser Zustand länger an, geraten Kinder fast immer in tief greifende Loyalitätskonflikte, die sie nur schwer ertragen können. In diesem Entweder-Oder-Dilemma verstummen sie häufig. Ihre zwiespältigen Gefühle und die schwerwiegende Belastung können insbesondere kleinere Kinder überhaupt nicht ausdrücken. Diese Zusammenhänge kann der Verfahrenspfleger häufig erst erkennen, wenn er mit den Eltern Kontakt aufgenommen und einen Eindruck von deren Erwartungen an das Kind gewonnen hat. In einer solchen Konstellation kann der Verfahrenspfleger dem Kind behutsam Verständnis für seine Situation signalisieren, ihm damit Entlastung verschaffen und ihm helfen, einen Teil seiner Ausdrucks- und Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Gelingt es dem Verfahrenspfleger sodann, die kindlichen Wünsche und Bedürfnisse den Eltern verständlich zu machen, kann dies den Eltern helfen, die Ängste und Nöte ihres Kindes wieder wahrzunehmen und bei der Lösung des Konflikts zu berücksichtigen.

Beispiel: Ein elfjähriger Junge lehnt, ohne nachvollziehbare Gründe nennen zu können, jeglichen Kontakt zu seinem Vater ab. Erst nach intensiven Gesprächen mit dem Jungen, der Mutter (die den Vater radikal ablehnt und mit ihm keinerlei Kontakt haben will) und dem Vater (der durch den sieben Jahre zurückliegenden Weggang seiner Frau nach wie vor gekränkt ist und seitdem mit ihr ständig Streit sucht), wird dem Verfahrenspfleger klar, dass der Junge wegen der Intensität und der Dauer des Konflikts zwischen den Eltern Kontakte mit dem Vater auf absehbare Zeit nicht verkraften kann. Der Bericht des Verfahrenspflegers an das Gericht, der auch die Kränkungen und Ängste der streitenden Eltern berücksichtigt und insbesondere auf einseitige Schuldzuweisungen und moralische Bewertungen verzichtet, ermöglicht es schließlich dem Vater, von einem persönlichen Umgang mit seinem Sohn Abstand zu nehmen, sich erst einmal mit Informations- und Auskunftspflichten der Mutter zufrieden zu geben (u.a. Fotografien, Zeugniskopien und ärztliche Berichte) und seinem Sohn in diesem Sinne einen Brief zu schreiben.

Der von den Eltern ausgehende Druck kann auch so übermächtig sein, dass das Kind sich sehr radikal und „einseitig“ für oder gegen einen Elternteil ausspricht, etwa wegen der Befürchtung, die Beziehung zu verlieren, oder aus Angst vor Gewalttätigkeiten gegen den anderen Elternteil oder das Kind selbst. Hier sind Gespräche mit den Eltern nicht nur hilfreich, sondern sogar notwendig, um einen Eindruck davon zu bekommen, ob die Beziehungswünsche des Kindes etwa auf einer symbiotischen Beziehung zu einem Elternteil, auf dem Bedürfnis, den einen Elternteil vor dem anderen zu schützen, oder auf einer angstbesetzten Bindung beruhen.

Ein weiterer die Kinder belastender Umstand ist die insbesondere bei jüngeren Kindern festzustellende Neigung, sich selbst die Schuld zu geben für die Trennung und die damit verbundenen Auseinandersetzungen der Eltern26. Hier kann der Verfahrenspfleger versuchen, das Kind von der Last dieser Verantwortung zu befreien und in diesem Sinne auch bei den Eltern um Verständnis und um die Bereitschaft werben, die Verantwortung hierfür wieder selbst zu übernehmen.

Beispiel: Nachdem die Mutter mit dem sechsjährigen Sohn Sven zu ihrem neuen Freund gezogen ist, stellt sie nach wenigen Wochen den Antrag, ihr das alleinige Sorgerecht zu übertragen, weil sie mit dem Vater nichts mehr ohne massive Konflikte absprechen könne. Der Vater beantragt die Beibehaltung der gemeinsamen Sorge und hilfsweise die Alleinsorge. In einem ersten Gespräch des Verfahrenspflegers vermeidet das Kind fast jede Äußerung über die Eltern, erklärt allerdings beim Herausgehen, dass es gerne beim Vater wohnen würde. Im Gespräch mit der Mutter äußert diese den Wunsch, dass Sven in jedem Fall bei ihr leben soll. Der Vater zeigt sich im Gespräch mit dem Verfahrenspfleger nach wie vor sehr verletzt und befürchtet vor allem, von wichtigen Informationen abgeschnitten zu werden und auf Dauer das Kind zu verlieren. In einem weiteren Gespräch vermittelt der Verfahrenspfleger dem Kind seine Erfahrungen mit den Eltern. Das Kind gibt ihm schließlich zu verstehen, dass es große Schuldgefühle gegenüber dem Vater hat. Es will zwar doch bei der Mutter bleiben, in jedem Fall aber regelmäßigen Kontakt zum Vater haben. In einem gemeinsamen Gespräch mit den Eltern kann der Verfahrenspfleger diesen die zwiespältigen Gefühle ihres Kindes anschaulich vermitteln. Die Eltern einigen sich schließlich darauf, dass die Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht erhalten soll, der Vater über alle wichtigen Ereignisse im Leben des Kindes rechtzeitig unterrichtet wird und sich z.B. selbst bei den Lehrern und den behandelnden Ärzten über Sven informieren kann.

IV. Folgerungen für die Aufgaben eines Verfahrenspflegers

Aus den besonderen Bedingungen für die Ermittlung des Kindeswillens und die Vertretung von Kindern in gerichtlichen Verfahren ergeben sich Konsequenzen für die Anforderungen, die an die Tätigkeit des Verfahrenspflegers zu stellen sind.

Zunächst muss der Verfahrenspfleger den Kindeswillen und das kindliche Umfeld ermitteln. Nach seiner Bestellung hat er zunächst einmal Gespräche mit dem Kind zu führen. Ist der betreuende Elternteil gegenüber der Verfahrenspflegschaft negativ eingestellt und verweigert den Kontakt zum Kind, kann der Verfahrenspfleger zwar nicht selbst das Gespräch erzwingen. Er kann sich aber an das Gericht wenden, das den Eltern die Erforderlichkeit des direkten Gesprächs verdeutlichen und so die Position des Verfahrenspflegers stärken kann. Die in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretene Auffassung, dass Gespräche mit den Eltern nicht zum Aufgabenkreis des Verfahrenspflegers gehören27, ist abzulehnen. Der Verfahrenspfleger muss vielmehr Gespräche möglichst mit beiden Eltern führen. Nur so kann er die Äußerungen des Kindes im Kontext seiner Lebensumstände einordnen und die geäußerten Kindeswünsche auch angemessen bewerten. Dies ist vor allem für die Klärung wichtig, ob der erklärte Kindeswille auf Grund einer Beeinflussung die wirklichen Bindungsverhältnisse nicht zutreffend darstellt28. Zugleich kann der Verfahrenspfleger im direkten Gespräch mit den Eltern um Akzeptanz für seine Tätigkeit werben. Diese Akzeptanz durch die wichtigsten Bezugspersonen kann es dem Kind erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen, seine Vorstellungen zu äußern, und dazu beitragen, dass der Loyalitätsdruck sinkt, unter dem das Kind steht und der einer unbefangenen Äußerung des Kindes entgegenstehen kann.

Daneben können Gespräche mit den Eltern aber auch als Ansatz für die Entwicklung von Lösungsstrategien unter Einbeziehung der Eltern dienen. Den Eltern wird die besondere Situation des Kindes verdeutlicht, so dass auch sie die Wünsche des Kindes besser wahrnehmen können. In geeigneten Fällen sind deshalb auch vorsichtig-zurückhaltende Vermittlungsbemühungen des Verfahrenspflegers zur Erarbeitung einvernehmlicher Lösungen nicht ausgeschlossen29.

Die Tätigkeit des Verfahrenspflegers kann auch Gespräche mit dem Jugendamt umfassen. Dies dient zunächst der Begleitung und Unterstützung des ebenfalls anwesenden Kindes, denkbar ist aber auch eine Beteiligung des Verfahrenspflegers an der Hilfeplanung selbst30.

Gegenüber dem Gericht fungiert der Verfahrenspfleger als „Sprachrohr“ des Kindes, indem er einen schriftlichen Bericht abgibt und an der mündlichen Verhandlung teilnimmt. Sofern die vom Kind geäußerten Wünsche nicht mit seinem objektiven Interesse übereinstimmen, sollte der Verfahrenspfleger seine eigenen Vorstellungen über das Kindeswohl und die hieraus zu ziehenden Konsequenzen gesondert darstellen31. Erforderlich ist in diesen Fällen eine klare Trennung zwischen der Wiedergabe der Kindeswünsche und der eigenen Einschätzung durch den Verfahrenspfleger. Zu ermöglichen ist dem Verfahrenspfleger in der Regel auch die Teilnahme an der gerichtlichen Anhörung des Kindes32.

Nach Beendigung des gerichtlichen Verfahrens und der damit verbundenen Aufhebung der Verfahrenspflegschaft kann ein Abschlussgespräch des Verfahrenspflegers mit dem Kind erforderlich sein33, etwa um einen unter Mithilfe des Gerichts zwischen den Eltern ausgehandelten Kompromiss dem Kind zu erklären und dabei zu erläutern, ob und wie hierbei die Interessen des Kindes berücksichtigt worden sind. Bei einer streitigen Entscheidung des Gerichts muss mit dem Kind geklärt werden, ob das Kind die Entscheidung akzeptiert, oder ob gegebenenfalls Rechtsmittel einzulegen sind.

Der fehlende gesetzliche Aufgabenbereich und das weite mögliche Betätigungsfeld des Verfahrenspflegers haben in der Praxis zu Auseinandersetzungen über die Vergütung der Verfahrenspfleger geführt. Diese werden noch dadurch verschärft, das sich in der Praxis noch kein festes Berufsbild herausgebildet hat34 und die Vergütung sich nach dem zeitlichen Umfang der erbrachten Tätigkeit richtet, anders als etwa die Gebührensätze der BRAGO. In zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen der letzten Zeit wurde Verfahrenspflegern ein beträchtlicher oder sogar der überwiegende Teil der Vergütung für tatsächlich erbrachte Leistungen nachträglich gestrichen. In der Literatur wird die Frage aufgeworfen, ob das Gericht einen konkreten Wirkungskreis für den Verfahrenspfleger bestimmen kann - um „Missverständnisse bei der bestellten Person über Inhalt und Ausmaß ihrer Rolle“ zu vermeiden35 - mit der Folge, dass darüber hinausgehende Tätigkeiten nicht erstattungsfähig sind. Eine derartige Aufgabenzuweisung für Verfahrenspfleger durch das Gericht ist jedoch in § 50 FGG - anders als bei Sachverständigen, deren Tätigkeitskreis durch das Weisungsrecht des Gerichts bestimmt wird (§ 404a ZPO) - nicht vorgesehen. Andererseits kann die mit der Einsetzung des Verfahrenspflegers verbundene Erhöhung der Verfahrenskosten zu erheblichen finanziellen Belastungen der Eltern bzw. eines Elternteils führen, wenn diese als Kostenschuldner für die Kosten der Verfahrenspflegschaft herangezogen werden. In solchen Fällen hat das Gericht darauf zu achten, dass der verfassungsrechtlich verbürgte Anspruch auf Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes36 gewahrt bleibt.

Beispiel: In einem ersten Umgangsverfahren verzichtet der Vater nach Erstattung eines Gutachtens (Kosten: 7000 DM) vorläufig auf jeglichen Kontakt zu dem gemeinsamen vierjährigen Sohn, weil dieser auf Grund der heftigen Ablehnung der Mutter in schädliche Loyalitätskonflikte käme. Zwei Jahre später lehnt die Mutter weiterhin jeden Kontakt ab, weil das Kind diesen nicht wünsche. In dem sodann eingeleiteten Verfahren stellt der Verfahrenspfleger fest, dass die Mutter entgegen der dringenden Anregung der Sachverständigen im ersten Verfahren keine therapeutische Beratung in Anspruch genommen hat und der Junge durch Umgangskontakte mit dem Vater immer noch zu sehr belastet würde. Sein Vorschlag: weitere Aussetzung des Umgangs für die Dauer von zwei Jahren. Der Verfahrenspfleger stellt für seine Tätigkeit 4000 DM in Rechnung, die wiederum vom Vater allein zu tragen sind. Dieser erklärt bei Abschluss des Verfahrens, dass er sich angesichts der großen Kostenbelastung und des für ihn kaum zu akzeptierenden Ergebnisses überlegen müsse, ob er noch einmal das Gericht anrufen könne und wolle.

Um die durch die Verfahrenspflegschaft verursachten Kosten in einem angemessenen und für alle Beteiligten akzeptablen Rahmen zu halten, müssen Gericht und Verfahrenspfleger ins Gespräch kommen und miteinander kooperieren - wohlgemerkt mit unterschiedlichen Rollen und ohne eine Weisungsbefugnis des Gerichts.

Tritt zum Beispiel nach Übernahme der Verfahrenspflegschaft durch einen nicht-anwaltlichen Pfleger eine rechtlich schwierige Frage auf, bei der ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde, empfiehlt es sich für den Verfahrenspfleger, das Gericht vor der Inanspruchnahme des anwaltlichen Rats hiervon zu unterrichten und möglichst ein Einvernehmen mit dem Gericht herbeizuführen37. Je nach Fallkonstellation kann also die Aufwandsentschädigung die Kosten einer Rechtsberatung, ausnahmsweise auch eine Supervision umfassen38.

Verfahrenspfleger und Gericht können auch den Kreis der vom Verfahrenspfleger zunächst einmal zu beteiligenden Personen und Institutionen vorläufig festlegen und die Abgabe kurzer (auch telefonischer) Zwischenberichte durch den Verfahrenspfleger vereinbaren. In geeigneten Fällen kann eine unverbindliche Honorar-Obergrenze vereinbart werden, vor deren Überschreitung das Gericht rechtzeitig informiert wird. Es kann auch sinnvoll sein, dass der Verfahrenspfleger vor Aufnahme seiner Tätigkeit dem Gericht darlegt, wie er sich sein Vorgehen in diesem Fall vorstellt (Erstellung eines vorläufigen Handlungsplans).

V. Zusammenfassung und Schluss

Die Verfahrenspflegschaft umfasst die Ermittlung der Kindesinteressen und die Darstellung dieser Interessen im gerichtlichen Verfahren mit dem Ziel, das Verfahren für das Kind zu beeinflussen39. Wegen der Besonderheiten bei der Ermittlung des Willens und bei der Vertretung der Interessen gerade kleinerer Kinder ist die Arbeit eines Verfahrenspflegers nur eingeschränkt mit der eines Rechtsanwalts vergleichbar. Die eigenständige Vertretung des Kindes in Verfahren mit schwerwiegenden Auswirkungen für das Kind und mit einer erheblichen Interessenkollision zwischen dem Kind und seinen Eltern ist zur verfahrensrechtlichen Umsetzung der Grundrechte des Kindes verfassungsrechtlich geboten40. Eine solche Vertretung ist nur möglich, wenn qualifizierte Verfahrenspfleger die Kindesinteressen selbstständig und unabhängig wahrnehmen können. Dies setzt voraus, dass der Verfahrenspfleger das Kind und die Eltern, bzw. Bezugspersonen des Kindes, persönlich kennen lernt, erfordert aber auch die Unabhängigkeit von Vorgaben durch das Gericht. Im Interesse der eigenständigen Kindesvertretung ist deshalb bei der Festlegung des Aufgabenbereichs des Verfahrenspflegers im Zweifelsfall großzügig zu verfahren. Wenn Gerichte, wie in zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen der letzten Zeit geschehen, Verfahrenspflegern einen beträchtlichen Teil der Vergütung für tatsächlich erbrachte Leistungen nachträglich streichen, werden sich bald nur noch wenige qualifizierte Verfahrenspfleger finden, die zur Übernahme dieser Aufgabe bereit sind. Um nachträgliche Auseinandersetzungen über die Vergütung und damit das Aufgabenverständnis zu vermeiden, ist in jedem Fall eine gut funktionierende Kommunikation und eine gleichberechtigte Kooperation zwischen Verfahrenspfleger und Gericht erforderlich, die auch eine Unterrichtung des Gerichts über die vom Verfahrenspfleger geplanten Schritte sowie Absprachen zu Einzelfragen einschließen kann.

*Zur besseren Lesbarkeit wurde bei Personenbezeichnungen nur die männliche Form gewählt. - Der Autor Carl ist Richter am OLG Frankfurt a.M. und Familienmediator (BAFM), die Autorin Schweppe ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Fachbereichen Rechtswissenschaften und Erziehungswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a.M.

1BVerfGE 55, 171 (178ff.) = NJW 1981, 217 = FamRZ 1981, 124; BVerfGE 99, 145 (162) = NJW 1999, 631 = FamRZ 1999, 85; st. Rspr.

2BVerfGE 72, 122 (132ff.) = NJW 1986, 3129 = FamRZ 1986, 871ff.

3Exemplarisch: Weychardt, ZfJ 1999, 326 (331); kritisch dazu: Hohmann-Dennhardt, ZfJ 2001, 77 (79).

4BT-Dr 13/4899, S. 162.

5Vgl. hierzu die Kritik von Salgo, in: Verfahrenspflegschaft für Kinder und Jugendliche - Ein Handbuch für die Praxis, 2002, Rdnrn. 20ff. (zitiert als HB-VP/Bearbeiter).

6OLG Schleswig, OLG-Report, 2000, 177; OLG Brandenburg, ZfJ 2001, 163; OLG Brandenburg, FamRZ 2001, 1541; KG, NJW-RR 2001, 73 = FamRZ 2000, 1300; OLG Frankfurt a.M. (6. Familiensenat), FamRZ 1999, 1293; vgl. auch die Nachweise bei Motzer, FamRZ 2001, 1034 (1043). Ähnlich restriktiv äußern sich Engelhardt, FamRZ 2001, 525, sowie Brock/Breideneichen, FuR 2001, 487 (490).

7KG, NJW-RR 2001, 73 = FamRZ 2000, 1300.

8OLG Brandenburg, ZfJ 2001, 163.

9KG, NJW-RR 2001, 73 = FamRZ 2000, 1300; OLG Frankfurt a.M. (6. Familiensenat), FamRZ 1999, 1293; Engelhardt, FamRZ 2001, 525f.

10OLG Naumburg, NJW-RR 2000, 1532 = FamRZ 2001, 170.

11OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 1166.

12OLG Frankfurt a.M. (2. Familiensenat), Beschl. v. 23. 2. 2000 - 2 WF 32/00.

13So warnt Zitelmann, Kindeswohl und Kindeswille, 2001, S. 111, der unbestimmte Gebrauch des Interessebegriffs in § 50 FGG riskiere „unnötige Missverständnisse, durch die sich der Interessebegriff als ein kindschaftsrechtliches Trojanisches Pferd erweist“.

14BT-Dr 13/4899, S. 129.

15BT-Dr 13/4899, S. 130.

16BT-Dr 13/8511, S. 68.

17Vgl. BVerfGE 72, 122 (133ff.) = NJW 1986, 3129; BVerfGE 79, 51 (58) = NJW 1989, 519.

18BVerfG, NJWE-FER 2000, 282 = FamRZ 2000, 1280 (1281).

19So bereits Salgo, Anwalt des Kindes, 1996, S. 564f.

20Kunkel, KindPrax 2000, 139.

21Salzgeber/Stadler, FPR 1999, 329 (334).

22Köckeritz, KindPrax 2001, 16 (18). Vgl. zu den Besonderheiten der Kommunikation mit Kindern Fegert, FPR 1999, 321ff.

23Vgl. zum Folgenden ausführlich: Köckeritz, KindPrax 2001, 16 (17f.).

24Vgl. hierzu grundlegend: Heilmann, Kindliches Zeitempfinden und Verfahrensrecht, 1998, S. 15ff.

25Steindorff-Classen, Das subjektive Recht des Kindes auf seinen Anwalt, 1998, S. 43 m.w. Nachw.

26Vgl. dazu: Steindorff-Classen (o. Fußn. 25), S. 42f.; Schmidt-Denter, FPR 1997, 57.

27Vgl. KG, NJW-RR 2001, 73 = FamRZ 2000, 1300.

28Zur Notwendigkeit, diese Feststellung zu treffen, vgl. BVerfG, FamRZ 2001, 1057.

29Vgl. auch Köckeritz, KindPrax 2001, 16 (23); Borth, KindPrax 2000, 48 (51); Willutzki, KindPrax 2001, 107 (110); Balloff, ZfJ 1998, 441 (445).

30Ähnlich äußern sich Borth, KindPrax 2000, 48 (50); Willutzki, KindPrax 2001, 107 (111). Nach Kunkel, KindPrax 2000, 139 (140), fällt das verwaltungsrechtliche Hilfeplanverfahren nicht in den Aufgabenbereich des § 50 FGG, die Hinzuziehung des Verfahrenspflegers zu Hilfeplankonferenzen soll aber mit Einwilligung aller Beteiligten möglich sein. Nach den von der BAG Verfahrenspflegschaft verabschiedeten „Standards für VerfahrenspflegerInnen“ (HB-VP [o. Fußn. 5], Rdnr. 1058, Ziffer 4.5.) ist die Teilnahme an der Hilfeplanung obligatorisch.

31Hohmann-Dennhardt, ZfJ 2001, 77 (80); Söpper, FPR 2001, 269 (272).

32OLG Bremen, FamRZ 2000, 1298; HB-VP/Bauer (o. Fußn. 5), Rdnr. 157f.

33Ablehnend: OLG Hamburg, KindPrax 2000, 162; bejahend dagegen „Standards für VerfahrenspflegerInnen“ (HB-VP [o. Fußn. 5], Rdnr. 1059, Ziffer 5.5.).

34Das BVerfG spricht von der „Übernahme eines Zweitberufs“, vgl. BVerfG, NJWE-FER 2000, 282 = FamRZ 2000, 1280 (1281).

35Kilbinger, ZfJ 2001, 39 (41).

36Vgl. dazu BVerfGE 85, 337 (345ff.) = NJW 1992, 1673.

37So hält das BVerfG i.S. der Rechtsklarheit einen Hinweis des Gerichts unter Umständen für geboten, BVerfG, NJWE-FER 2000, 282 = FamRZ 2000, 1280 (1282).

38OLG Karlsruhe, OLG-Report Karlsruhe, 2001, 425.

39Köckeritz, KindPrax 2001, 16 (17 bis 19); Hohmann-Dennhardt, ZfJ 2001, 77 (80); Borth, KindPrax 2000, 48; Willutzki, KindPrax 2001, 107 (108).

40Vgl. die o. Fußn. 1, 2, 17, genannten Entscheidungen des BVerfG, sowie Walter, FamRZ 2001, 1 (4).

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New PostErstellt: 25.04.07, 07:16  Betreff: Wann Umgangsauschluss ?  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

FPR 2002 Heft 06   219 - 225

Wann ist der begleitete Umgang, wann ist der Ausschluss des Umgangs indiziert?*

Professor Dr. Jörg M. Fegert, Ulm

I. Einleitung

Die von den Herausgebern formulierte Frage nach der Indikationsstellung für den begleiteten Umgang bzw. nach dessen Kontraindikationen ist für mich als Arzt in vieler Hinsicht befremdlich, weil hier offensichtlich ein anderer Indikationsbegriff als in der Medizin allgemein oder in der Psychotherapie zu Grunde gelegt wird. König1 definiert Indikationen in der Psychotherapie wie folgt:

„Aus medizinischer Sicht ist Indikation die Entscheidung für eine bestimmte Heilbehandlung, die bei einem Patienten angewendet werden soll. Abhängig ist diese Entscheidung von der Symptomatik des Patienten und deren Dauer. Bei den Entstehungsursachen von der Art des Umgangs des Patienten mit seiner Symptomatik, den Ressourcen, seiner Persönlichkeit und seiner sozialen Situation, der Kompetenz und den Persönlichkeitseigenschaften des Therapeuten bzw. Helfers und dessen Ressourcen.“

Im Bereich der Pharmakotherapie, doch zunehmend auch im Bereich der Interventionen und Psychotherapien, hat man sich an eine kontrollierte Überprüfung von Interventionseffekten gewöhnt und geht in der Regel davon aus, dass eine gewisse Indikation auf einer beschreibbaren „Evidence Base“ beruhen sollte. Als gesichert können Befunde zur Effektivität dann angesehen werden, wenn mehr als zwei kontrollierte Studien in der gleichen Altersgruppe vorliegen. Von besonderer Bedeutung ist gerade bei Interventionen im Kindes- und Jugendalter auch die Frage der Langzeitwirkungen bzw. Nebenwirkungen oder Schäden. Will man ein neues Vorgehen einführen, so wird man zunächst den bisherigen Standard definieren und die neue Behandlung im Sinne von Heilversuchen mit besonderer Aufklärung und einem besonderen Vetorecht der betroffenen Patienten zunächst im Einzelfall ausprobieren. Bewährt sich hier das neue Vorgehen, kann eine Studie in einem Experimentaldesign am besten mit einer randomisierten Kontrollgruppe durchgeführt werden.

Ganz anders das Vorgehen des Gesetzgebers. Mit einer Gesetzesänderung wird ein bestimmtes Instrument, wie z.B. der begleitete Umgang, eingeführt und seine Verwendung in bestimmten Situationen nahe gelegt, einfach weil der Gesetzgeber in solchen häufig extrem umstrittenen Situationen diese Möglichkeit eröffnet. In Deutschland haben wir im Gegensatz zu England, wo wenigstens teilweise eine empirisch fundierte Gesetzgebung stattfindet, es mit bestimmten Setzungen zu tun und haben dann die Auswirkungen solcher Setzungen zu reflektieren. Wäre der begleitete Umgang also eine kurative oder therapeutische Intervention, dann müsste ihm derzeit die Zulassung verweigert werden, weil es an abgesicherten Daten über seine Wirkungen und Nebenwirkungen fehlt. Gezielte Studien wären kaum durchführbar, weil das dabei notwendige unqualifizierte Vetorecht der Kinder zu häufigen Abbrüchen führen würde. Was wären überhaupt die Zielgrößen einer solchen Effektivitätsuntersuchung? Unumstritten wäre sicher die Annahme, dass der begleitete Umgang dem Kindeswohl dienen soll. Doch um diesen sehr allgemeinen Begriff in erreichbare Unterkategorien zu operationalisieren, müsste in Bezug auf den begleiteten Umgang gefragt werden: Wie verhält sich z.B. das Kriterium Aufrechterhaltung einer Eltern-Kind-Beziehung im Verhältnis zur psychischen Belastung durch die Umgangssituation? etc.

Schwierig ist auch die Erfassung von Ursache und Wirkung, da eine reine Beobachtung die Frage danach, ob Umgangsschwierigkeiten ein Indikator für ein Problem sind oder tatsächlich das Problem darstellen, durch eine reine Beschreibung nicht gegeben werden kann2. In einer neueren Untersuchung stellten Struss et al.3 bei einer Befragung von 245 Jugendlichen mit getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern fest, dass die Besuchsrate von dem Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Trennung und von der Frage der Wiederverheiratung eines oder beider Elternteile abhing. Beeinträchtigende Faktoren waren massive Konflikte zwischen den Eltern, Absagen von Besuchen oder mangelnde Unterstützung durch den Elternteil, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Diese Belastungsfaktoren korrelierten mit den belastenden Emotionen und Aufregungen, die die Jugendlichen vor den Besuchen verspürten. Hohe Aktivitätsniveaus während der Besuche korrelierten mit Besuchszufriedenheit. Dies wird zwar den „Wochenendvätern“ häufig vorgeworfen, dass sie am Wochenende den Alltag außer Kraft setzen und häufig auch für sie selbst interessante spannende Aktivitäten mit den Kindern und Jugendlichen unternehmen, offensichtlich scheinen diese Aktivitäten aber auch den Umgang für die Kinder gerade attraktiv zu machen. Was bedeutet dies für begleiteten Umgang? Eine Situation des begleiteten Umgangs sollte nicht nur Begegnung in gespannter Emotion unter deutlich erschwerten Bedingungen bedeuten, sondern sollte vor allem durch gut geplante und eventuell auch pädagogisch begleitete Planungen von Aktivitäten strukturiert und unterstützt werden. Dies ist vor allem bei Elternteilen mit extrem mangelnden oder schwankenden Erziehungsfertigkeiten, wie z.B. schwer psychisch kranke oder suchtkranke Elternteile, notwendig. Häufig bedürfen diese der strukturierten Anregung, was während des begleiteten Umgangs unternommen werden kann. Insofern ist die Ausgestaltung von begleitetem Umgang regional sehr unterschiedlich und hängt auch sehr von der pädagogischen bzw. therapeutischen Kompetenz der Begleitperson ab. Deshalb ist die Diskussion über Indikationen und Kontraindikationen von begleitetem Umgang schwer zu führen, weil es, um in der Metapher der medizinischen Testung zu bleiben, nicht eine spezifische Darreichungsform von begleitetem Umgang gibt, sondern sehr viele unterschiedliche Modelle mit unterschiedlichen Wirkmöglichkeiten. Die Gerichte nehmen in der Regel keinen Einfluss darauf, wie dieser Umgang inhaltlich umgesetzt werden soll. Generelle Aussagen sind deshalb nur schwer möglich.

II. Mögliche „Indikationen“ für begleiteten Umgang

Trotz dieser Vorbehalte möchte ich mich im Folgenden mit möglichen „Indikationen“ für den begleiteten Umgang auseinandersetzen. Fthenakis et al.4 sprechen in ihrem Projekt davon, dass begleiteter Umgang indiziert sei, wenn Belastungen im Verhältnis zwischen Kind und umgangsberechtigtem Elternteil bestünden. Als Beispiele nennen sie fehlenden Kontakt oder längere Phasen der Kontaktunterbrechung, starke Konflikte zwischen Kind und umgangsberechtigtem Elternteil, Entfremdung des Kindes vom umgangsberechtigten Elternteil, Gefahr physischer oder psychischer Misshandlung des Kindes durch den umgangsberechtigten Elternteil, Gefahr der Vernachlässigung oder des sexuellen Missbrauchs des Kindes durch den umgangsberechtigten Elternteil. Hier werden meiner Ansicht nach sehr unterschiedliche Phänomene vermischt. Selbstverständlich zustimmen würde ich der Auffassung, dass Belastungen, die durch fehlenden Kontakt oder längere Phasen der Kontaktunterbrechung entstanden sind, durch eine gezielte Umgangsbegleitung, insbesondere bei günstiger Vorbereitung, hilfreich unterstützt werden könnten. Auch in Konfliktsituationen zwischen den Elternteilen oder Konflikten zwischen Kind und umgangsberechtigtem Elternteil kann eine Begleitung für eine gewisse Zeit Klarheit schaffen und Chancen für einen Neuanfang ermöglichen. Einen deutlichen Unterschied im Bereich des Misshandlungsspektrums würde ich bei der Vernachlässigung z.B. durch sehr junge Eltern oder Eltern mit psychischen Erkrankungen sehen. Hier kann durch gezielte Unterstützungsmaßnahmen, durch videogestützte Eltern-Kind-Trainings etc. während des Umgangs eine Verhaltenskompetenz auch seitens der Eltern aufgebaut werden und somit eine Chance für spätere unbeaufsichtigte Kontakte geschaffen werden. Gerade bei zyklisch oder schwankend verlaufenden psychischen Erkrankungen von Elternteilen wird aber immer wieder die Einbeziehung externer Hilfspersonen bei Besuch und Umgang notwendig werden. Hier haben sich mancherorts Patenschaftsmodelle als extrem hilfreich erwiesen. Vielleicht sind solche Formen der Jugendhilfe durch nachbarschaftliche sozialraumorientierte Organisation hier insgesamt effektiver als begleiteter Umgang in Institutionen. In Hamburg hat z.B. eine Initiative von Pflegeeltern solche Patenschaftsmodelle entwickelt und auch angeleitet. Aus einer solchen Patenschaft kann insbesondere dann in extrem unterstützender Weise Umgang gesichert bzw. begleitet werden, wenn z.B. beide Elternteile des Kindes psychisch krank oder suchtkrank sind. Ist es zu massiven sexuellen Übergriffen oder zu einer massiven Misshandlung gekommen, löst die Konfrontation mit dem Verursacher der Pein bei vielen Kindern massive posttraumatische Symptome aus. Sehr richtig wird deshalb von Fthenakis et al.5 z.B. nachgewiesener sexueller Missbrauch des Kindes als Ausschlussgrund genannt. Unklar bleibt aber, wie die Autoren zwischen nachgewiesenen und Verdachtsfällen unterscheiden. Der Maßstab des Strafrechts scheint mir hier nicht sehr geeignet zu sein, da gerade die Rechtsprechung des BGH in Strafsachen zur Glaubhaftigkeitsbegutachtung dazu geführt hat, dass die Irrtumsrisiken im strafrechtlichen Kontext aus gut nachvollziehbaren Gründen eindeutig im Zweifel für den Angeklagten gewichtet werden. Unter der Prämisse der Kindeswohlsicherung kann aber eine solche Zugangsweise nicht angemessen sein. Insofern halte ich längerfristige begleitete Kontakte trotz eindeutiger Zeichen massiver psychischer Belastung des Kindes in der Situation und nach der Umgangssituation für ethisch nicht vertretbar. Zuzustimmen ist den Autoren wiederum bei der Rubrik „Problemlagen und besondere Lebensumstände beim umgangsberechtigten Elternteil“ sofern daraus Belastungen für die Eltern-Kind-Beziehung oder Gefährdung des Kindeswohls resultieren. Dies betrifft den ganzen Bereich der Suchterkrankungen und psychiatrischen Erkrankungen, wo auch längerfristige Begleitung mal mit stärkerer, mal mit weniger starker Intensität indiziert sein kann. Auch bei wegen Straftaten verurteilten Elternteilen und inhaftierten bzw. in einer Maßregelvollzugsanstalt behandelten Elternteilen kann der begleitete Umgang für Kinder sehr sinnvoll sein. Ob die Einflüsse bei einer Sektenangehörigkeit durch begleiteten Umgang eingedämmt werden können, sei eher wieder zum Teil in Frage gestellt. Noch stärkere Zweifel löst bei mir die Frage aus, ob Konflikte wegen der sexuellen Orientierung eines Elternteils grundsätzlich durch begleiteten Umgang besser handelbar werden als durch eine gezielte Beratung der Kindeseltern zum Umgang mit der neuen spezifischen Situation. Unter dem Bereich „Mangel an Erziehungskompetenz“ sind auch Gefährdungssituationen durch mangelnde Aufsicht oder mangelnde Versorgung zu fassen. Fthenakis et al.6 gehen davon aus, dass starke Verhaltensauffälligkeiten in oder vor und nach der Umgangssituation eine Indikation für begleiteten Umgang sein könnten. Es kann auch sein, dass die Begleitung hier das Misstrauen des Elternteils, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zu reduzieren vermag. Ob es aber wirklich zur Reduktion der Verhaltensauffälligkeiten beiträgt, sei kritisch in Frage gestellt. Interessant erscheint mir die Unterscheidung, die die Autoren in Bezug auf die Intensität und die Ziele des begleiteten Umgangs treffen. Gerade in dysfunktionalen, nicht hinreichenden Erziehungsverhältnissen sprechen sie von „unterstütztem Umgang“; von „begleitetem Umgang“ sprechen sie dann, wenn elterliche Kommunikationsprobleme und mangelnde Kooperationsbereitschaft zu heftigen Auseinandersetzungen führen, während sie von „beaufsichtigtem Umgang“ immer dann sprechen, wenn direkter Misshandlungs- oder Missbrauchsverdacht nur Umgang unter Aufsicht gerechtfertigt zu sein scheinen lässt. Zu den Voraussetzungen für einen geglückten begleiteten Umgang gehört für mich auch eine Vorbereitung und Aufklärung vor der Kontaktsituation. Dies kann zu einer besseren Motivation, zu einer besseren Kooperation der betroffenen Kinder führen und gleichzeitig dafür sorgen, dass sie in Krisensituationen die Begleitperson wirklich als Unterstützung nützen und damit unnötige Komplikationen vermieden werden. Gerade in Gefährdungssituationen ist es wichtig, zum Teil auch nonverbale Zeichen zum Abbruch des Kontakts mit dem Kind zu vereinbaren. Gerade weil die Auswirkungen erzwungenen oder von Erwachsenen arrangierten Umgangs noch nicht hinreichend erforscht sind und manche Indizien, wie z.B. der Ergebnisse der Nachuntersuchung von Wallerstein7, eher dafür sprechen, dass solche Situationen zu späteren kompletten Kontaktabbrüchen führen, sollte in gewisser Weise ein Vetorecht der Kinder wenigstens in der Situation gegeben sein. Der umganggewährende oder -tolerierende Elternteil hat ein Recht darauf, Informationen darüber zu erhalten, was während des Umgangs geschehen ist.

Die Frage, ob Umgang auch gegen den artikulierten Willen des Kindes auf Grund einer Begleitung durchgeführt werden kann, sollte vor dem Hintergrund der kindlichen Entwicklung gesehen werden und kann nicht pauschal beantwortet werden. Wichtig ist in solchen Situationen die Ermittlung der spezifischen Entscheidungskompetenz von Kindern in Bezug auf die in Frage stehende Situation. Letztendlich läuft die Entscheidung auf eine Güterabwägung zwischen artikuliertem Kindeswillen und generellerem Kindesinteresse hinaus. Ich bin zwar der Ansicht, dass betreuter Umgang als Phase in einem Stufenplan ein sehr sinnvolles Instrument sein kann, genauso wie beobachtete Umgangssituationen im Rahmen einer Begutachtung äußerst sinnvoll sind und häufig für alle Seiten entängstigend wirken. Aber generelle Grundvoraussetzung dafür ist die professionelle Gewährleistung von Sicherheit durch klare Regeln, die von allen Beteiligten akzeptiert werden. Schwierig wird es dann, wenn durch die gerichtlich geregelte Situation des begleiteten Umgangs eine belastende Kontaktsituation aufrechterhalten wird, die das Kind über längere Zeit immer wieder unter Druck setzt bzw. mit Erinnerungen und spezifischen Symptomen in Zusammenhang mit früheren Erfahrungen konfrontiert. Räumlicher Schutz allein bietet meines Erachtens nicht hinreichend emotionalen Schutz vor schwerer emotionaler Belastung und eventuell sogar Retraumatisierung durch Konfrontation z.B. mit einem Misshandlungs- oder Missbrauchstäter. Die scheinbar fürsorgliche advokatorische Wahrnehmung des Kindesinteresses, indem zum Wohle des Kindes Umgang hergestellt wird, kann einer völligen Ignorierung des artikulierten Kindeswillens gleichkommen. Hier gilt es, mit etwas Abstand von den jetzigen neuen gesetzlichen Regelungen zu fragen und auch wissenschaftlich zu klären, ob die Prioritätenveränderung in den letzten zehn Jahren hier wirklich empirisch legitimiert ist. Kritisch zu sehen ist auch, dass ein professionell gemachter institutionell begleiteter Umgang eventuell auch zu Verzögerungen des Übergangs zu einer neuen Normalität führt.

III. „Kontraindikationen“

In völliger Übereinstimmung mit Fthenakis et al.8 kann festgestellt werden, dass die anhaltende Weigerung des Kindes, den umgangsberechtigten Elternteil zu sehen, eine erzwungene begleitete Umgangssituation zu einer unerträglichen Belastung werden lässt und deshalb zunächst mit den Eltern gearbeitet werden muss. Schwere Misshandlungs- und Missbrauchstraumata sind ganz sicher auch weitgehend von den meisten Experten akzeptierte Ausschlussgründe. Wenig anfangen kann ich mit der Kategorie der Familienprobleme, die zunächst einer therapeutischen oder gutachterlichen Intervention oder Abklärung bedürfen. Gerade weil die richterliche Empfehlung des begleiteten Umgangs häufig am Ende von langen gerichtlich ausgefochtenen Konfliktsituationen steht, in denen Gutachter eben keine kompromissfähigen Lösungsvorschläge machen konnten und auch familienpsychologische Interventionen nichts erbracht haben, stellt sich hier die Frage, ob nicht bei extrem zerstrittenen Elternteilen aber bei bestehendem Kontaktwunsch der Kinder begleiteter Umgang nicht das kleinere Übel sein mag. Dies muss sicher auch altersabhängig differenziert gesehen werden. Ältere Kinder und Jugendliche werden unter dieser Konfliktsituation sicher deutlich weniger leiden, als sehr kleine Kinder, die in viel stärkerem Maße von den primären Betreuungspersonen abhängig sind. Die Situation eines angeordneten begleiteten Umgangs macht aber auch Angriffe auf den umgangsgewährenden Elternteil möglich. Drängt der umgangsbegehrende Elternteil den anderen Elternteil, z.B. wenn dieser zusammen mit dem Kind zur Institution kommt, in der der begleitete Umgang durchgeführt wird, so können solche Druck- und Erpressungssituationen Anlass für den Ausschluss eines begleiteten Umgangs sein. Bisher meines Erachtens zu wenig diskutiert wurden Gründe, die nicht alleine in der psychischen Belastung, sondern in einer manifesten psychiatrischen Erkrankung der betroffenen Kinder und Jugendlichen liegen. Zu denken ist hier z.B. an Kinder, bei denen auf Grund massiver Vernachlässigung die Diagnose der frühen Bindungsstörung des Kindesalters bzw. der Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung (F 94.1 bzw. F 94.2 ICD-10) gestellt werden muss. Die ICD-10 ist die internationale Klassifikation von Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation9. Diese diagnostische Einordnung ist im Rahmen der Krankenversorgung (vgl. SGB V) die derzeit geforderte Klassifikation und stellt auch für die Verwirklichung von Eingliederungshilfen nach der Einführung des SGB IX die verbindliche Grundlage für die Beschreibung des Vorliegens psychischer Störungen als erster Feststellungsschritt in Bezug auf einen Rechtsanspruch nach § 35a KJHG dar10. Gerade die Kinder, bei denen eine Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung festgestellt werden muss, haben häufig in den ersten fünf Lebensjahren einen extremen Mangel an Kontinuität der Betreuungspersonen erfahren. Sie haben ein oft wahllos freundliches aufmerksamkeitssuchendes Verhalten bis hin zur Distanzlosigkeit, Schwierigkeiten beim Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu Gleichaltrigen und zu Erwachsenen, dazu nicht selten eine Fülle emotionaler und Verhaltensstörungen.

Kinder mit frühkindlichem Autismus (ICD F 84.0) sind in der Regel durch eine extreme Irritabilität durch Veränderung gekennzeichnet. Sie bedürfen besonders konstanter Rahmenbedingungen und können sich in fremder Umgebung selten wirklich entspannt auf ein Spielangebot einlassen. Für sie ist das Setting eines begleiteten Umgangs eventuell eine große Belastung, welche sie in ihrem Verhalten erheblich aus der Bahn werfen kann. Kinder mit Tic-Störungen, vor allem Kinder, die unter der Extremform des „Gilles-de-la-Tourette“-Syndroms leiden (F 95.2), haben bisweilen eine schwankende Symptomatik, die sich unter Stress deutlich verstärkt. Auch hier kann es teilweise aus ärztlicher Sicht nicht günstig sein, ruhige Alltagsabläufe durch stressvolle belastete Umgangssituationen - und seien sie auch kontrolliert - zu komplizieren. Bei den Kindern mit Anpassungsstörungen (ICD 10, Kategorie F 4) und insbesondere bei traumatisch bedingten Belastungsstörungen ist eine erneut wiederholte Exposition der betroffenen Kinder gegenüber dem Verursacher des Traumas aus psychiatrischer Sicht nicht vertretbar.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Vorliegen einer kinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankung generell ein Hinderungsgrund für einen begleiteten Umgang sein muss. Vielmehr gilt, dass überall da, wo der Krankheitsverlauf durch die mit dem begleiteten Umgang verbundenen Belastungen verschlechtert werden kann, besondere Vorsicht angezeigt ist. Dies gilt auch für akute schizophrene Psychosen in stationärer Behandlung oder früher Remission etc. Es gilt aber gerade nicht für massive Angsterkrankungen, Angstsymptomatiken, bei denen es den Kindern in einem gut unterstützten begleiteten Verfahren eher hilft, z.B. soziale Ängste zu überwinden. Schwieriger zu beurteilen sind so genannte „folie à deux“-ähnliche Zustände, die in der ICD-10-Terminologie „induzierte wahnhafte Störungen“ genannt werden (F 24). Diese treten zwar relativ selten auf, spielen aber gerade im Zusammenhang mit der Debatte um ein mögliches so genanntes „PAS“ eine gewisse Rolle11. Kinder, die wahnhafte Vorstellungen ihrer primären Beziehungsperson teilen, sind behandlungsbedürftig krank und können nur in einem neutralen meist stationären Behandlungssetting dahingehend eingeschätzt werden, ob sie in diesem anderen Milieu sich von den Wahninhalten distanzieren können oder ob sie selbst an einer psychotischen Symptomatik leiden. Diese Kinder wegen der massiven Beeinflussung z.B. durch ihre Mutter von dieser durch einen erzwungenen betreuten Umgang wegzureißen, um sie anschließend in die gleiche Situation zurückzubringen, führt nur zu weiterer wahnhafter Verarbeitung. Hier ist eine kurative Trennung von dem erkrankten Elternteil durch eine Krankenbehandlung des Kindes und Krankenbehandlung des Elternteils erforderlich. Besuchsaufbau kann dann in der stationären Behandlung unter gesicherten Bedingungen erfolgen und sollte nicht dem ambulanten Setting eines betreuten Umgangs überlassen werden. Im Gegensatz dazu haben Kinder mit einem elektiven Mutismus eine Symptomatik, in der sie gänzlich fremden Personen die verbale Kommunikation verweigern und nur bestimmte Gesprächspartner wie z.B. die Mutter wählen. Hier ist es schwierig für außenstehende Personen, Umgang zu gestalten/begleiten, weil diese Kinder sich nicht ihnen gegenüber über ihre Belastungen und Einschätzungen äußern, sondern nur der Mutter gegenüber Äußerungen machen werden. Diese sind dann nicht frei von Loyalitätsbezeugung und werden vielleicht auch nicht objektiv wiedergegeben. In solchen Situationen hängt es insbesondere von der Verhaltensbeobachtung der Kinder während des Umgangs ab, ob die Situation eines begleiteten oder betreuten Umgangs vertretbar ist. Allein aus der Kommunikationsverweigerung, die ja auch gegenüber anderen Personen, anderen Kindern und den Betreuungspersonen beim Umgang erfolgt, zu schließen, dass diese Situation unzumutbar sei, ist meines Erachtens nicht legitim. Auch Mädchen mit Essstörungen (Magersucht ICD-10 F 50.0) oder Bulimie (F 50.2) sind durchaus in der Lage, ein solches Setting zu ertragen. Ihre Symptomatik wird in der Regel dadurch nicht verschlechtert, auch wenn dies teilweise durch den gewöhnlich betreuenden Elternteil reklamiert werden mag. Vielmehr kann es eine Chance sein, dass diese Kinder hier in eine verbale Auseinandersetzung gehen, wenn sie über solche Arrangements der Erwachsenen wütend werden.

Kein expliziter Anlass zum Ausschluss eines begleiteten Umgangs sind hyperkinetische Störungen sowie Störungen des Sozialverhaltens oder gar Teilleistungsschwächen wie die Lese-Rechtschreib-Störung, die nicht durch eine auch noch so belastende Umgangssituation jetzt verschlechtert oder gebessert wird. Stellt die Fachperson, welche den begleiteten Umgang sicherstellt, psychische Auffälligkeiten bei Kindern fest und hat sie den Eindruck, dass diesen Problemen bisher noch nicht hinreichend nachgegangen worden ist, gehört es meines Erachtens zur Fachlichkeit bei der Umsetzung des begleiteten Umgangs, hier dann dafür zu sorgen, dass diese Kinder fachkundig untersucht und diagnostiziert werden, so dass dann auf einer sicheren Basis eine mögliche Behandlung erfolgen kann.

IV. Begünstigende Voraussetzungen für die Durchführung eines begleiteten Umgangs

Für die Kinder ist die am wenigsten belastende Situation sicher die, in der sich beide Eltern im Rahmen von Beratungskontakten auf diese dann meist zeitlich befristete Unterstützung einigen können und dies gemeinsam den Kindern mitteilen können. Es empfiehlt sich meines Erachtens immer, dass die Betreuungsperson die Chance bekommt, im vertrauten Umfeld die Kinder zuerst kennen zu lernen, so dass sie tatsächlich eine Vertrauensperson für die betroffenen Kinder darstellen kann. Gerade bei Situationen, in denen ein betreuter Umgang angesichts einer schwankenden psychischen Erkrankung eines Elternteils immer wieder mit wechselnder Intensität notwendig ist, ist die Umgangsbegleitung durch auf Kontinuität angelegte Patenschaften günstiger als die Durchführung in einer Institution mit wechselnden Mitarbeitern. Besteht ohnehin ein Bedarf auf Hilfe zur Erziehung oder bei psychisch kranken Kindern auf Eingliederungshilfe, dann sollten Maßnahmen des begleiteten Umgangs bei der Hilfeplanung nach § 36 KJHG mitberücksichtigt werden. Wird ein erfahrener Arzt nach § 36 III KJHG mit in die Hilfeplanungen miteinbezogen, weil das Kind unter einer psychischen Belastung leidet, so sollte auch sein Urteil hier bei der Ausgestaltung mitberücksichtigt werden. Gelingt es dem Kind nicht, in diesen massiven Interessenkonfliktsituationen seine Meinung hinreichend selbst zu äußern oder ist es dabei gerade sogar beeinträchtigt wie im oben dargestellten Fall einer mutistischen Erkrankung, so ist meines Erachtens immer die Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderlich, um sicherzustellen, dass nicht durch gerichtliche Anordnung und institutionelle Umsetzung eine Situation geschaffen wird, die auf längere Zeit massiv den Interessen des Kindes widerspricht. Der Verfahrenspfleger oder die Verfahrenspflegerin hat dann in diesem Zusammenhang allgemeine Entwicklungs- und Belastungsfaktoren im Zusammenhang mit dem Kindesinteresse den vernünftigen Wunsch nach Beziehungserhalt etc. abzuwägen, aber gleichzeitig auch den vom Kind in anderem Kontext artikulierten Willen in das Verfahren einzubringen12.

Begleiteter oder betreuter Umgang sollte in der Regel eine gezielte Maßnahme auf Zeit sein. Dauert diese länger an, sollte in regelmäßigen Abständen überprüft werden, ob die ursprüngliche Güterabwägung, die zur Einrichtung des begleiteten Umgangs führte, so noch besteht und es ethisch immer noch vertretbar oder haltbar ist, das einmal gewählte Vorgehen weiter beizubehalten. Bei solchen Evaluationen darf die Beteiligung der betroffenen Kinder nicht vergessen werden. Wichtig erscheint mir auch, dass solche Evaluationseinschätzungen vor allem in streitigen Fällen nicht allein von der den begleiteten Umgang durchführenden Stelle getroffen werden, sondern dass hier eine externe Meinung, z.B. die des ehemaligen Gutachters in familiengerichtlichen Verfahren o.ä., einbezogen wird.

Felder13 informierte in einer ausführlichen differenzierten Abhandlung über das begleitete Besuchsrecht unter der besonderen Berücksichtigung der Besuchsrechte psychisch kranker Eltern. Er berichtet über eine entsprechende Stelle beim Jugendamt der Stadt Bern, in der in den ersten zehn Jahren 77 Familien bei begleitetem Umgang unterstützt wurden. 64-mal war der Vater, 13-mal die Mutter besuchsberechtigt. Die Kinder waren in einem Altersbereich zwischen fünf Monaten und 14 Jahren im Durchschnitt 5,2 Jahre alt. Die Gründe für den begleiteten Umgang waren Entführungsgefahr (17 Fälle), massive Verständigungsprobleme (17 Fälle), Gewalt des Vaters gegen die Mutter (14 Fälle), psychische Störung des besuchsberechtigten Elternteils (zwölf Fälle), Drogen- und Alkoholprobleme des besuchsberechtigten Elternteils (zwölf Fälle), Verweigerung des Besuchs durch die Mutter (zwölf Fälle), langer Kontaktabbruch (acht Fälle), Angst der Mutter vor dem Vater/Misstrauen (acht Fälle), Verdacht auf sexuellen Missbrauch (acht Fälle), Überforderung des besuchsberechtigten Elternteils mit dem Kind (sechs Fälle), besuchsberechtigter Elternteil ohne festen Wohnsitz (vier Fälle), ablehnende Haltung des Kindes gegenüber dem Vater (zwei Fälle), Inzest unter den Geschwistern (ein Fall). Felder führte dann 76 Expertinnen- und Experteninterviews im Bereich der Jugendhilfe, Jugendpsychiatrie und Psychologie (21 PsychologInnen, 15 PsychiaterInnen, 40 MitarbeiterInnen des Jugendamtes, meist SozialarbeiterInnen). Er fragte nach Empfehlung dieser Fachpersonen für ein begleitetes Umgangsrecht nach der Präferenz zwischen privaten Arrangements und institutionalisierten und nach der Indikation für einen kompletten bzw. vorübergehenden Ausschluss. Hauptindikation mit 54 von 75 Nennungen war die Frage der Gefährdung des Kindes. Es folgten dann in absteigender Rangfolge Verständigungsprobleme der Kindeseltern, psychische Probleme, Entführungsgefahr, Unterstützung beim Kontakt, Überforderung von Elternteilen, Verweigerung der üblichen Betreuungsperson und nur in ca. 6 bis 7% die Verweigerung des Kindes. Wenn der Vater keine direkte Gefahr für das Kind darstellte und die Betreuungsqualität durch private Personen gewährleistet wurde, wurde dieses Setting von mehr als der Hälfte der Befragten für günstig gehalten. Allerdings artikulierte mehr als ¼ der Befragten generelle Zurückhaltung gegenüber privaten Lösungen, da sie Privatpersonen in jedem Fall für überfordert hielten. Doch noch 10% waren der Ansicht, dass private Lösungen immer vorzuziehen seien, wenn zwischen privaten und institutionellen Lösungen diskutiert werden könne. Einige wenige Befragte sahen gerade in einer spezifischen Institutionsangst oder Institutionsablehnung eine spezifische Indikation für die Beteiligung Privater an der Realisierung des betreuten oder begleiteten Umgangs.

Betrachtet man nun die Angaben der ExpertInnen zu den Gründen, begleiteten Umgang generell oder vorübergehend auszuschließen, wurde von mehr als 50% zunächst die psychische Belastung beim Kind genannt. Die Befragten verwiesen auf den massiven Loyalitätskonflikt und setzten aber voraus, dass das Kind durch das Arrangement erwiesenermaßen stark psychisch belastet wird. Insofern ist die kinder- und jugendpsychiatrische oder fachpsychologische Evaluation der Ausgangssituation bei den Kindern oder der Situation während der Einführung des Umgangs in vielen Fällen anzuraten. ¼ bis 1/3 der Befragten sah in der vehementen Verweigerung des Kontakts durch das Kind einen Ausschlussgrund. Nur 20 von 75 Befragten sahen in einem nachweislichen sexuellen Missbrauch oder in einer nachgewiesenen Misshandlung einen kategorischen Ausschlussgrund. Ähnlich häufig wurde die psychiatrische Erkrankung des Elternteils oder eine andere Kindeswohlgefährdung als Ausschlussgrund genannt. Seltener (zwölf von 75 Experten) wurde die Interesselosigkeit des Elternteils in Form von Unzuverlässigkeit, Unverbindlichkeit auch bei den begleiteten Besuchskontakten genannt. Einige wenige Expertinnen und Experten nannten akute Entführungsgefahr als einen Ausschlussgrund.

In der weiteren Diskussion der Befunde geht Felder noch einmal auf die Frage der psychiatrischen Erkrankung beim umgangsberechtigten Elternteil ein und nennt neben den hier schon mehrfach erwähnten Problemen auch die Gefährdung durch Suizidalität, insbesondere durch Vorstellungen von einem erweiterten Suizid.

Felder betont aber auch die Bedeutung der Tatsache, dass Kinder eines psychisch kranken Elternteils wenigstens für die Funktion der Realitätskontrolle einen persönlichen Eindruck von diesem Elternteil haben sollten. Er empfiehlt deshalb in solchen Fällen mindestens einen minimalsten Kontakt von ein bis zwei Begegnungen pro Jahr14.
V. Schluss

Begleiteter Umgang ist durch die Kindschaftsrechtsreform zu einer Lösungsschiene geworden, die sich vor allem dem Familiengericht in scheinbar ausweglosen Situationen aufdrängt, weil dadurch eine Pattsituation und Stagnation vermieden werden kann und nicht allein schon durch das Verstreichen erheblicher Zeit so viele Fakten geschaffen werden, dass hinterher kaum mehr eine Veränderung möglich ist. Diese Fälle, die sich den juristischen Entscheidungsträgern also quasi als Lösungsmöglichkeit aufdrängen, sind in der Regel aber nicht unbedingt die geeignetsten Fälle für dieses Lösungsinstrument. Eine sehr viel günstigere Prognose hat meines Erachtens die im Beratungsprozess von den Eltern selbst gewählte Lösung einer Umgangsbegleitung oder die notwendige Begleitung und Betreuung, wenn ein Elternteil unter einer schweren psychischen Erkrankung leidet. Es war mein Anliegen, in diesem Beitrag auch auf solche Situationen verstärkt hinzuweisen und dabei klarzustellen, dass eine psychische Erkrankung bei einem Elternteil oder bei einem Kind allein nie Grund für den Ausschluss eines Umgangs sein kann, aber dass es gerade in diesen Fällen geboten ist, mit entsprechender Fachkompetenz die Bedeutung der Risiken und Chancen zu erörtern und in Abhängigkeit davon betreuten Umgang zu gestalten. Betreuter Umgang ist sicher auch als entwicklungsabhängiges Phänomen zu sehen. Betreuter Umgang über längere Zeit ist nur bei kleineren Kindern bis zur Vorpubertät sinnvoll. Handelt es sich hierbei um ganz unterschiedliche Intensitäten des Betreuungsbedarfs, die sogar so weit gehen können, dass die Kinder für bestimmte Zeiten fremdbetreut werden müssen, weil beide Elternteile auf Grund von psychischen Problemen behandlungsbedürftig sind, dann sind Patenschaftsmodelle in Verbindung mit Jugendämtern (vgl. Hamburg oder Cuxhaven) meines Erachtens die sinnvollsten Lösungsmöglichkeiten. Hier können sich z.B. engagierte Pflegeeltern einerseits im Sinne der Nachbarschaftshilfe, aber auch im Rahmen vorübergehender Inpflegenahme durch eine kontinuierliche Beziehung zum Kind als wesentlicher protektiver Faktor herausstellen. Die mögliche Kontinuität solcher Beziehungen ist hier gerade die Chance und trägt zur Verminderung von Risiken bei. Die stabile regelmäßige Beziehung erlaubt es den Kindern, bei diesen Personen wirklich Kontakt und Hilfe zu suchen und gerade dann, wenn ihre Eltern stark hilfebedürftig sind, nicht noch in eine parentifizierte Versorgungssituation zu kommen und dabei auch noch den durch die Verzerrung der Wahrnehmung mancher psychiatrisch erkrankter Patienten verschärften Loyalitätskonflikt, der durchaus wahnhaft überformt sein kann, ertragen zu müssen. Eine kontinuierliche Position des Realitätsbezugs, eine freundliche dauerhafte Beziehung und ein Rückzugsraum in einer solchen Patenschaftsfamilie ist bei vernünftiger Begleitung dieser Familien durch Supervision, durch hinreichende vorherige Information sicher für viele Kinder ein Segen.

Bei Jugendlichen, die nach längerer Zeit unter großen Ängsten um der Realitätsprüfung Willen wieder versuchen, Kontakt zu einem Elternteil aufzunehmen, kann auch eine professionelle Begleitung für einige Stunden sehr hilfreich sein. In der Regel sind Jugendliche sehr klar in der Lage, ihren Willen zu artikulieren. Sie sollten im gerichtlichen Verfahren rechtliches Gehör finden und, wenn dies nicht hinreichend möglich erscheint, durch Verfahrenspfleger dabei unterstützt werden. Maßnahmen der Umgangsbegleitung oder des betreuten Umgangs sind bei Jugendlichen deshalb in der Regel nur auf deren Wunsch bzw. bei deren Mitarbeit oder für sehr kurze Zeit meines Erachtens inhaltlich sinnvoll. Für die große Gruppe der jüngeren Kinder, die mit der Abwägung der hier genannten Konstrukte und Interessensituationen überfordert sind, kann begleiteter oder betreuter Umgang eine Chance sein, er kann aber auch eine Scheinlösung zu Lasten der betroffenen Kinder darstellen. Den Familiengerichten sollte klar sein, dass die scheinbar erledigten Pattsituationen durch begleiteten Umgang in der Regel nicht geklärt sind. Insofern ist es eine Frage der Prozess- und Ergebnisqualität, Ziele bei der Anordnung eines begleiteten Umgangs zu operationalisieren und zu überprüfen, ob diese Ziele in bestimmten Zeiträumen auch erwartungsgemäß erreicht wurden. Werden diese nicht erreicht und spielt sich die gleiche massive Konfliktsituation nun bei dem freien Träger und nicht nur unter den Augen des Gerichts ab, dann ist den Kindern damit wenig geholfen worden. Insofern ist es sicher nicht verfehlt, bei solchen Maßnahmen die beteiligten Jugendämter um Berichte in regelmäßigen Abständen zu bitten und eventuell zur Absicherung auch eine psychodiagnostische bzw. kinder- und jugendpsychiatrische/psychotherapeutische Evaluation des Zustands der Kinder zu veranlassen. Ich habe anderenorts15 darauf hingewiesen, dass hypothetische, empirisch nicht belegte Plädierformeln, wie das so genannte „PAS“, hier nicht hilfreich sind, sondern eine differenzierte Betrachtung von Suggestionseffekten, Beeinflussungseffekten und psychischen Erkrankungen sowie psychischer Belastung bei Eltern und Kind. Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass besser evaluierte und beschriebene Konzepte Entfremdungssituationen, die zur Umgangsvereitelung führen, klarer erfassen, als die in der streitigen Auseinandersetzung wohlfeile Formel des PAS. Dieser Mangel an Präzision und die scheinbar nahe liegenden „Hau-ruck“-Lösungen, die die PAS-Debatte impliziert, wird auch nicht durch eine scheinbare Lösungskette, die zum betreuten Umgang führt, aufgelöst. Gefahr erkannt (PAS), Gefahr gebannt (begleiteter Umgang) ist eine zu einfache Gleichung mit zu vielen Unbekannten. Vielmehr geht es, wie hoffentlich in diesem Beitrag deutlich geworden ist, darum, differenziert einzelne Gefahren zu erkennen, diese zu beschreiben und dann unter Berücksichtigung der Zeitperspektive angemessene, immer wieder adäquat anzupassende Lösungen zu finden, die auch dem Entwicklungszustand der betroffenen Kinder entsprechen und ihren Willen hinreichend respektieren. Gerade in der globalen Ausschaltung und Ignorierung des Kindeswillens, der nur noch als Ergebnis elterlicher Manipulation dargestellt wird, ist nämlich das so genannte „PAS“ ein für die betroffenen Kinder gefährliches Konstrukt, welches sehr schnell dazu führen kann, dass alles schief geht16. Die Autorin Bruch unterstreicht, dass gerade die Debatte um Parental Alienation zeige, dass es im familiengerichtlichen Feld zunehmend interdisziplinärer Arbeits- und Ausbildungsansätze bedürfe, damit einzelne Professionen nicht wissenschaftlich unfundierten Annahmen aus anderen Kompetenzbereichen aufsitzen. Dies sei deshalb besonders schwierig, weil einerseits nüchterne wissenschaftliche methodische Haltung gefragt sei und gleichzeitig der Umgang mit Kindern eine starke emotionale und ethische Verantwortung impliziere.

*Der Autor ist Professor am Universitätsklinikum in Ulm und ärztlicher Direktor der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie.

1König, Indikation. Entscheidungen vor und während einer psychoanalytischen Therapie, 1994.

2Vgl. Zollinger/Felder, Children of Divorce and Their Viewpoints on Visiting-Rights. Journal of Divorce & Remarriage, 1991, 16 (3/4), 275 - 289.

3Struss/Pfeiffer/Preuss/Felder, Adolescents from Divorced Families and Their Perceptions of Visitation Arrangements and Factors Influencing Parent-Child Contact. Journal of Divorce & Remarriage, 2001, 35 (1/2), 75-89.

4Fthenakis/Gödde/Reichert-Garschhammer/Walbiner, Vorläufige deutsche Standards zum begleiteten Umgang, 2001.

5Fthenakis et. al. (o. Fußn. 4).

6Ftehnakis et al. (o. Fußn. 4).

7Wallerstein, FamRZ 2000, 65; Wallerstein/Lewis/Blakeslee, The Unexpected Legacy of Divorce. A 25 Year Landmark Study, New York, 2000.

8Ftehnakis et al (o. Fußn. 4).

9Vgl. Remschmidt/Schmidt/Poustka (Hrsg.), Multiaxiales Klassifikationsschema, Bern, 2001.

10Vgl. Fegert, Indikation zu Hilfen nach § 35a KJHG, in: Fröhlich-Gildhoff (Hrsg.), Indikation in der Jugendhilfe, 2002.

11Vgl. Fegert, KindPrax 2001, 3; ders., KindPrax, 2001, 39.

12Vgl. Salgo/Zenz/Fegert/Bauer/Weber/Zitelmann, Verfahrenspflegschaft für Kinder und Jugendliche, 2002; darin zu den entwicklungspsychologischen und entwicklungspsychopathologischen Voraussetzungen insbesondere auch die Kapitel von Ziegenhain und Fegert, sowie zum Konflikt zwischen Kindeswohl, Kindesinteresse und Kindeswille die Beiträge von Zitelmann und Zitelmann und Fegert.

13Felder, Begleitetes Besuchsrecht und Besuchsrecht psychisch kranker Elternteile. Liechtensteinische Juristen-Zeitung (LJZ) 1998, 4, 95-100.

14Vgl. auch Felder/Hausheer, Drittüberwachtes Besuchsrecht: Die Sicht der Kinderpsychiatrie. Zum BGE 119 II Nr. 41, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins 1993, 129 (11), 698-706.

15Fegert (o. Fußn. 11).

16Bruch, Parental Alienation Syndrome and Parental Alienation: Getting It Wrong in Child Custody Cases. Family Law Quarterly, 2001, 35 (3), 527-552.

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