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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
Berlin - Hauptstadt der Kindesmisshandlungen

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Gast
New PostErstellt: 06.12.07, 21:16  Betreff: Berlin - Hauptstadt der Kindesmisshandlungen  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

06. Dezember 2007

GEWALTSTATISTIK
Berlin - Hauptstadt der Kindesmisshandlungen

Von Anna Reimann und Leonie Wild

Blaue Flecken, Knochenbrüche, Essensentzug: In Berlin ist die Zahl von gemeldeten Übergriffen gegen Kinder viermal so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Experten machen dafür die Armut verantwortlich - und die Tatsache, dass Misshandlungen immer öfter angezeigt werden.
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Berlin - Die Meldungen sind erst einige Tage alt: Ende November wurde bekannt, dass die Polizei gegen einen 35-jährigen Mann aus Berlin-Hellersdorf ermittelt. Er soll seinem neunjährigen Stiefsohn beide Unterarme gebrochen haben. In der vergangenen Woche wurden drei Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren aus einer völlig verwahrlosten Wohnung geholt und dem Kindernotdienst übergeben.

Vermüllte Wohnung in Berlin: Vier Kinder lebten hier bis Frühjahr 2007 fast ein Jahr ganz alleine, die Mutter war einfach ausgezogen
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SPIEGEL TV

Vermüllte Wohnung in Berlin: Vier Kinder lebten hier bis Frühjahr 2007 fast ein Jahr ganz alleine, die Mutter war einfach ausgezogen
Werden Kinder in Berlin besonders oft gequält oder roh misshandelt?

Eine Statistik von Bundes- und Landeskriminalämtern jedenfalls ist erschütternd: In der Hauptstadt war die Zahl der erfassten Kindesmisshandlungen im Jahr 2006 prozentual viermal so hoch wie im Bundesdurchschnitt. 563 Mal musste die Polizei in Berlin ermitteln, weil Kinder misshandelt wurden. Damit kommen 17 Fälle auf hunderttausend Einwohner. Im Bundesdurchschnitt sind es vier Fälle.

Auf Berlin folgt - allerdings mit großem Abstand - Rheinland-Pfalz. Dort kamen sechs erfasste Fälle von Kindesmisshandlung auf hunderttausend Einwohner, in Bayern und Baden-Württemberg waren es jeweils nur zwei. Insgesamt ist die Zahl der erfassten Misshandlungen stark angestiegen: in den letzten zehn Jahren von bundesweit knapp 1900 im Jahr 1995 auf über 3000 im letzten Jahr.

"Immer die Probleme der Unterschicht"

Schläge, Tritte, kein Essen und Trinken: Nach Paragraf 225 des Strafgesetzbuchs umfasst die Misshandlung von Schutzbefohlenen, in diesem Fall Kindern, rohe Gewalt oder Gesundheitsschädigung durch die "böswillige Vernachlässigung" der Sorgepflicht. Das Strafmaß liegt zwischen sechs Monaten bis zehn Jahren.

Warum sind die Zahlen der Misshandlungen in Berlin fast sechsmal so hoch wie etwa in Hamburg?

"Kindesmisshandlungen haben fast immer mit den Problemen der Unterschicht zu tun", sagt Bernd Siggelkow, Leiter der Berliner "Arche". Und die sei eben in Berlin besonders ausgeprägt: Die Zahl, dass in Berlin 42 Prozent aller unter Achtjährigen von Transferleistungen leben, werde totgeschwiegen - eine ähnlich hohe Zahl gebe es sonst nur noch in Bremerhaven, sagt "Arche"-Pressesprecher Wolfgang Büscher.

INTERAKTIVE KARTE
SPIEGEL ONLINE
Zahl der Kindes- Misshandlungen in den Bundesländern im Jahre 2006 / Tötung und Aussetzung von Neugeborenen von 1999 bis 2007
Je perspektivloser die wirtschaftliche Situation von Müttern und Vätern, desto größer sei die Gefahr, dass Kinder vernachlässigt würden, so Büscher. "Nach anderthalb Jahren Arbeitslosigkeit kommt der Jogginganzug, nach zwei Jahren die Flasche Bier auch tagsüber. Eltern verlieren jeden Bezug zu ihrem Kind."

Dass die Rekordzahl zumindest mit auf die dichte Ansammlung sozialer Brennpunkte in Berlin zurückzuführen sei, sagt auch Sabine Bresche, Sozialarbeiterin beim Berliner Kinderschutzbund. "Armut ist ein Risikofaktor der zu Gewalt gegen Kinder führen kann". Die Hemmschwellen, über Gewalt zu sprechen, seien in allen Milieus hoch. Es sei wichtig, dass die Einrichtungen, in die Kinder und ihre Eltern im Alltag sowieso kommen - also zum Beispiel Schulen und Kitas - noch aufmerksamer würden und sie motivieren, Hilfe anzunehmen.

"Man schaut sich inzwischen mehr um"

Bernhard Schodrowski, Sprecher der Berliner Polizei, hat eine andere Erklärung als die Armut für die hohen Zahlen: "Berlin ist bundesweit die einzige Stadt, die ein Kommissariat hat, das sich ausschließlich mit Kindesmisshandlungen und- vernachlässigungen beschäftigt." Durch massive Aufklärungsarbeit seit 2004 sei die Bevölkerung für das Thema sensibilisiert worden, eine eigene Hotline wurde eingerichtet. "Ich führe die Zahlen der erfassten Fälle in Berlin auf die Sensibilisierung der Menschen zurück", so Schodrowski.

Auch Andreas Neumann-Witt, Leiter des Jugendnotdiensts Berlin, beobachtet in Berlin ein "anderes Anzeigeverhalten" als früher. "Stärker als bisher" sei die Öffentlichkeit sensibilisiert. Die von den Berliner Jugendämtern initiierte "Hotline Kinderschutz" sei ein Instrument, mit dem Fälle von Kindesmisshandlung leichter aufgedeckt werden könnten. Wobei es sehr unterschiedliche Anrufe gebe: "Ein unversorgter Säugling zwingt zu einem anderen Verhalten als ein lärmender Jugendlicher." In anderen Bundesländern kommt es nach Witts Einschätzung ebenso häufig zu Misshandlungen wie in Berlin.

Ähnlich die Einschätzung von Sozialarbeiterin Bresche: Betroffene in Berlin würden sich inzwischen eher Hilfe holen. "Man schaut sich inzwischen eher um."

Iris Hölling von Wildwasser e.V., Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch von Mädchen, berichtet, dass im Jahr 2006 120 Kinder wegen Gewalt in den Wildwasser-Notunterkünften untergebracht wurden. "Aber die Dunkelziffer ist sicherlich höher."

Schlafen unter Zeitungspapier auf dem Küchenfußboden

Tatsächlich werden sehr viele Fälle, bei denen Kinder unter Vernachlässigung oder Gewalt leiden, überhaupt nicht bekannt. Wolfgang Büscher von der "Arche" hat eine ganze Liste von furchtbaren Geschichten parat: Eltern, die ihr Kind am Abend nicht finden und es dann Stunden später entdecken: Zusammengerollt unter einem Stapel Zeitungspapier auf dem kalten Küchenfußboden. Oder das kleine Mädchen, das mit seinen fünf Geschwistern auf einer mit Hundekot beschmierten Matratze schläft. "Das sind die Vorstufen zu aktiver Gewalt. Aber wer soll sie anklagen?", so Büscher.

Jedes dritte Kind, das in Berlin-Hellersdorf in die Arche kommt, habe bereits psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt, sagt Büscher. Mit mobilen Einsatz-Teams verhinderten die Mitarbeiter der Einrichtung oft Schlimmeres.

Über 500 Fälle von schweren Misshandlungen wurden in Berlin bekannt - wieviele Kinder in der Hauptstadt und bundesweit wirklich Opfer von Gewalt wurden, weiß niemand. "Die Dunkelziffer ist vermutlich sehr hoch und das spricht dafür, dass das Problem viel mit Einsamkeit zu tun hat", sagt "Arche"-Leiter Siggelkow. Armut ziehe die Menschen in ein Loch, sie würden sich isolieren - und oft merke dann niemand rechtzeitig, was mit den kleinen Kindern passiere.

Wie bei den toten Kindern aus Darry und Plauen (mehr...), wie bei der verhungerten Jessica aus Hamburg und der toten Lea-Sophie aus Schwerin. (mehr...)
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,521731,00.html
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Gast
New PostErstellt: 08.12.07, 07:46  Betreff: Re: Berlin - Hauptstadt der Kindesmisshandlungen  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Kindstötungen
Achtsamkeit und Mitgefühl

Von Regina Mönch
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Schwerin: Gedenken an Lea-Sophie, die den Hungertod starb

Schwerin: Gedenken an Lea-Sophie, die den Hungertod starb

07. Dezember 2007 Vor wenigen Tagen erst gab das Land Brandenburg bekannt, die Zahl der Fälle von Kindesmisshandlungen sei zurückgegangen. In Berlin wiederum sind es mehr geworden, wie seit einigen Jahren schon, und die damit befassten Behörden halten gerade das für einen Erfolg.

Es gehört einiger Mut dazu, das so zu sehen, und es hat lange gedauert, bis sich diese Sicht durchsetzte, zumal sie von der Berliner Kriminalpolizei ausging und nicht von der Jugendhilfe: Die immer wieder öffentlich gemachten Fälle haben bewirkt, dass es heute mehr Menschen wagen, einen Verdacht, eine Befürchtung rechtzeitig zu äußern und damit die Nothilfe auszulösen, die früher oftmals zu spät einsetzte.
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Neue Anteilnahme

Der Eindruck, immer mehr Familien würden in vermüllten Wohnungen angetroffen, ist zwar richtig, aber es hat sie auch früher schon gegeben, nur blieben sie unbekannt. Neu ist daran nur die Anteilnahme der Öffentlichkeit, die auch bewirkt hat, dass sich Politiker dafür zu interessieren beginnen und die zuständigen Behörden unter Druck geraten sind. In vielen Städten, längst nicht allen, sind die Kontrollen in Problemfamilien härter und häufiger geworden; sich vor der Wohnungstür abwimmeln zu lassen, wie jüngst wieder in Schwerin - mit Todesfolge für ein kleines Mädchen - geschehen, kann künftig kein Fürsorger mehr rechtfertigen. Er kann nicht, er muss die Gesetze anwenden, die ihm erlauben, den Zutritt zu erzwingen.
Zum Thema

* Kommentar: Was läuft falsch?
* Kindstötungen: Ein Gespräch mit dem Psychiater Kreutzberg

In Berlin haben sich die Behörden endlich so organisiert, dass Warnungen nicht mehr im internen Geschäftsverkehr von Schreibtisch zu Schreibtisch weitergereicht werden, bis es wieder mal zu spät ist. Das klingt unspektakulär, ist aber fast eine Revolution. Denn dieser Kinderschutz geht vom Ernstfall aus und nicht mehr nur von der Hoffnung, dass jene, die Hilfe brauchen, sich diese freiwillig holen. Familien, die in verkommenen Wohnungen hausen, greifen nur selten zum Telefonhörer und rufen das Jugendamt an.

Vor den reflexartig postulierten Behauptungen, die Kindesmisshandlungen nähmen überhand, weil wachsende Armut eben dazu führe, sei jedoch gewarnt. Wenig Geld zum Leben haben viele, aber darum misshandeln sie noch lange nicht ihre Kinder, verweigern ihnen Frühstück und Nahrung überhaupt. Im Gegenteil, gerade in den Vierteln der Hauptstadt, wo sich so ziemlich alle Lebensprobleme ballen, greifen Nachbarn, denen es keineswegs besonders gut geht, zum Telefon und informieren den Kindernotdienst oder die Polizei, wenn sie überzeugt sind, einem Kind werde Gewalt angetan. Achtsamkeit und Mitgefühl sind noch nie eine Frage des Kontostandes gewesen.



Text: F.A.Z., 08.12.2007, Nr. 286 / Seite 37
Bildmaterial: AP
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