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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
Jugendbehörden Regensburg: Fall Manuel und Mirjam

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Gast
New PostErstellt: 12.03.07, 21:12  Betreff: Jugendbehörden Regensburg: Fall Manuel und Mirjam  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Familie Ullmann kämpft um ihren Sohn Manuel
Familie Ullmann ist verzweifelt

ML Mona Lisa

Ich will mein
Kind zurück


Eltern gegen Jugendamt
und Richter


Der Baron Münchhausen ist nicht nur Namensvetter für Lügengeschichten. Sein Name steht auch für ein Leiden, bei dem Menschen Krankheiten erfinden, um Aufmerksamkeit zu erregen - das so genannte Münchhausen-Syndrom. Erfinden Mütter aus diesem Grund bei ihren Kindern Krankheiten, ist das meist ein Fall für das Jugendamt. Fehldiagnosen aber führten schon zu vielen Familientragödien.


 

ML Mona Lisa

Das Magazin

nächste Sendung:
17.03.07 03:45 Uhr

 
Erinnerung an ihren Sohn
Eine Mutter gegen Behördenwillkür
Mit Tabletten
ruhig gestellt
 
Wenn das Jugendamt versagt 
Münster: Das sture Jugendamt 
Im Zweifel gegen die leiblichen Eltern 
Gegen Jugendamt und Richter 
Familie Haase kämpft um ihre Kinder 
Homepage von Petra Heller 
  

Seit eineinhalb Jahren ist Familie Ullmann unvollständig. Das jüngste Kind, Manuel, lebt im Heim beziehungsweise bei einer Pflegefamilie. Der Grund: Die Eltern sollen ihn körperlich misshandelt haben. Mit sechs Monaten kam er wegen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus. Beim Röntgen entdeckten die Ärzte Rippenbrüche. Der Verdacht fiel auf Manuels Mutter. Ihr wurde sofort jeglicher Kontakt zum Sohn verboten.

 
 
Martha Ullmann
Martha Ullmann

Mutter unter Verdacht
Die Behauptung, Mutter Martha Ullmann habe die Verletzungen verursacht, wird trotz widersprüchlicher Gutachten von den Gerichten aufrechterhalten. Alle Versuche der Eltern, durch genauere medizinische Untersuchungen die Ursachen für die nur schwer feststellbaren Knochenbrüche herauszufinden, werden abgewiesen. Die Belastung für das zweieinhalbjährige Kind sei zu groß, begründet es der gesetzliche Vormund, Hans Schindler von der katholischen Jugendfürsorge Regensburg: "Wir meinen abschätzen zu können, in welchem Maße wir Manuel bestimmte Hilfeangebote zumuten können."

 
  

 Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom 
 Dabei handelt es sich um eine sehr seltene Form der Kindesmisshandlung, bei der Erwachsene bei Kindern Krankheiten vortäuschen und eine medizinische Behandlung verlangen. Man nimmt allgemein an, dass dieses Verhalten zur Erregung von Aufmerksamkeit im sozialen Umfeld dient. Eine sichere Diagnostik oder klinisch erprobte Behandlung des Münchhausen-by-proxy-Syndroms gibt es angesichts geringer Fallzahlen nicht. Eine Falschbeschuldigung hat sehr tiefgreifende Konsequenzen für die Betroffenen, entsprechend umsichtig sollte mit einem Verdacht umgegangen werden.  

 
  

Stattdessen wirft man der Mutter vor, psychisch krank zu sein. Sie hätte das Kind absichtlich verletzt, um selbst im Mittelpunkt zu stehen. In der medizinischen Fachliteratur ist diese Krankheit bekannt als Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom. "Es gibt keinen einzigen Beweis, dass die Ullmanns Manuel verletzt haben", sagt Rechtsanwältin Claudia Schenk. "Trotzdem wurde der schwerste Eingriff gemacht, der überhaupt möglich ist: Das Kind ist aus der Familie genommen worden."

 
 
Manuel und Mirjam Ullmann
Manuel und Mirjam Ullmann

Behörde gegen Eltern
Auch Manuels vierjährige Schwester Mirjam wurde den Eltern entzogen. Über ein Jahr suchten Ärzte und Psychologen bei ihr vergeblich nach ähnlichen Verletzungen. Sie mussten die Tochter wieder zu ihren Eltern zurückgeben. Nicht aber Manuel, der den Großteil seines jungen Lebens bisher bei Fremden verbringen musste. Für die Mutter ist die Situation kaum zu ertragen. Die Diagnose Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom, die Familie Ullmann ins Unglück stürzte, erwies sich als falsch. Kein Einzelfall, wie Experten sagen.

 
  

Etwa 8000 Mal im Jahr entzieht ein Gericht in Deutschland Eltern das Sorgerecht - wie häufig zu Unrecht, kann niemand sagen. Eine schwierige Situation, so Carsten Rummel, Rechtsanwalt und Soziologe: "Wenn einmal eine Herausnahme vollzogen worden ist, dann gibt es ein Hauen und Stechen zwischen den Eltern und der Behörde, die das vorgenommen hat. Und natürlich ist die Behörde der betroffenen Familie immer argumentativ überlegen, selbst dann, wenn die Familie einen Anwalt hat."

 
  

 Buchtipp 
 Karin Jäckel, Joumana Gebara:
Nicht ohne meine Kinder! Eine Mutter kämpft gegen das Jugendamt
Lübbe-Verlag 2006
ISBN 3-404-61576-X
7,95 Euro

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/28/0,1872,3930364,00.html



[editiert: 03.05.07, 20:43 von Admin]
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Gast
New PostErstellt: 21.03.07, 20:37  Betreff: Manuels Platz bleibt leer  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

Süddeutsche Zeitung

19. Mai 2006

Manuels Platz bleibt leer;
Weil es angeblich misshandelt wird, nimmt das Jugendamt vor zweieinhalb Jahren den Eltern ein Kind weg - bewiesen ist bis heute nichts;
Der Kampf der Regensburger Familie Ullmann um ihren Sohn

Von Hans Holzhaider

Regensburg, im Mai - Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Eltern ein Kind verlieren können, und keine ist weniger grausam als die andere. Krankheit, Unfall, ein Verbrechen - oder eine Gerichtsentscheidung. In diesem letzten Fall lebt das Kind zwar, aber die Eltern müssen mit dem Vorwurf leben, dass kein Schicksalsschlag, sondern ihr eigenes Versagen den Verlust herbeigeführt hat. Der Entzug des Sorgerechts, die Wegnahme eines Kindes aus seiner Familie, ist die schärfste Waffe, die das Gesetz den Behörden gibt. Sie soll die ultima ratio sein, das letzte Mittel, wenn kein anderes mehr zur Verfügung steht, um ein Kind vor seinen Eltern zu schützen - ein dramatischer und traumatischer Eingriff in das Leben des Kindes und der Eltern.Am 4. Februar 2004 griff das Amtsgericht Regensburg zu dieser Waffe, um den damals sechs Monate alten Manuel Ullmann vor vermeintlichen Misshandlungen durch seine Eltern zu bewahren - nicht als ultima, sondern sozusagen als prima ratio, als das erste Mittel der Wahl. Seit diesem Tag kämpfen Martha und Markus Ullmann buchstäblich mit allem, was sie haben, um ihren Sohn zurückzubekommen. Und dass sie kämpfen, sie sich nicht abfinden wollen mit dem Verlust des geliebten Kindes, wird ihnen ausgelegt als weiteres Indiz dafür, dass es ihnen in Wirklichkeit nicht um das Wohl ihres Sohnes gehe, sondern nur um die sture Durchsetzung ihres Elternwillens.Krank ohne Ende Martha und Markus Ullmann hatten von Anfang an viel Kummer mit ihren beiden Kindern. Mirjam, die Ältere, kam im Juni 2001 zur Welt, sie musste mit Kaiserschnitt entbunden werden, weil sich die Nabelschnur um ihren Hals gelegt hatte. Mit acht Wochen hatte sie eine eitrige Mandelentzündung, die mit Antibiotika behandelt werden musste. Unter der Zunge bildete sich ein Hämangion, ein Blutschwamm. Sie wollte nicht trinken, schrie, wenn sie die Flasche nur sah. Wochenlang musste sie über eine Nasensonde ernährt werden. Alle denkbaren Untersuchungen wurden gemacht, ohne konkretes Ergebnis. Ihr Kopfumfang entwickelte sich nicht normgerecht, der Fachmann nennt das Mikrozephalie, Kleinköpfigkeit. "Ab Februar 2002", sagt die Mutter, "ging es dann aufwärts mit ihr." Die Eltern atmeten auf, das Leben begann sich wieder in normalen Bahnen zu bewegen.Dann, am 23. September 2003, wird Manuel geboren. Er ist vom ersten Tag an ein Sorgenkind. Sein Atem rasselt, der Hals ist verschleimt, die Mundschleimhaut von Pilzen befallen. Mehrmals wöchentlich geht Martha Ullmann mit ihm zum Kinderarzt, Besuche am 4., 6., 13., 21., 23. und 27. Oktober sind dokumentiert. Am 29. Oktober wird Manuel in die St.-Hedwig-Klinik in Regensburg eingeliefert. Befund: beidseitige Lungenentzündung. Die Lunge wird geröntgt, Antibiotika werden verordnet. Manuel wird am 12. November entlassen, acht Tage später wieder eingeliefert. Unter der Zunge hat sich eine Geschwulst gebildet, die Ärzte sind sich nicht klar darüber, was das ist. Ein Tumor? Ein Hämangiom, wie bei seiner Schwester? Manuel wird mit hoch dosiertem Cortison behandelt. Im Dezember ist Manuel wieder zu Hause, wird weiter wöchentlich beim Kinderarzt vorgestellt. Im Januar verschärfen sich die Probleme. Immer wieder Entzündungen der Atemwege, Atemnot, Schluckstörungen, Erbrechen. Der Kinderarzt ist in Urlaub, am 10. Januar konsultieren die Eltern eine Notärztin. Zwei Tage später ist der Kinderarzt zurück, er schickt Manuel sofort in die Klinik. Nachmittags geht es dem Kind so schlecht, dass es auf die Intensivstation muss. Nachts ein Anruf bei den Eltern: Manuel muss künstlich beatmet werden. Am nächsten Vormittag wird vorsorglich ein Luftröhrenschnitt gelegt. Es sind bange Stunden für die Eltern. "An Schlaf war nicht zu denken", sagt Markus Ullmann. "Jede Minute rechnest du mit einem neuen Anruf aus der Klinik."Drei Tage später, am 15. Januar, bittet der Oberarzt Dr. S. Manuels Eltern zum Gespräch ins Arztzimmer. Er stellt seltsame Fragen. Ob es Probleme in der Ehe gebe? Ob Herr oder Frau Ullmann in psychoptherapeutischer Behandlung seien? "Die Atmosphäre war eisig", erinnert sich Markus Ullmann. Dann rückt Dr. S. mit dem Grund des Gespräch heraus. Auf einem Röntgenbild seien unerklärliche Rippenbrüche und ein frischer Bruch von Manuels Oberarm zu erkennen. Seine Eltern stehen unter Verdacht, dem Kind die Verletzungen beigebracht zu haben.Martha und Markus Ullmann sind schockiert. Bei all den vielen Arztbesuchen gab es nie Anzeichen einer Verletzung. Nur fünf Tage vor der letzten Röntgenaufnahme hatte die Notärztin den vollständig entkleideten Buben untersucht. Ausdrücklich heißt es im Arztbericht, das Kind habe sich beidseitig auf die Unterarme gestützt. Wie soll das möglich sein bei einem frischen Oberarmbruch? In der St.-Hedwigs-Klinik werden jetzt die alten Röntgenbilder vom 29. Oktober und 20. November in Augenschein genommen. Sie sind schlecht geeignet für die Beurteilung des Skeletts, weil die Aufnahmen auf die Lunge fokussiert waren. Trotzdem glauben die Ärzte jetzt auch auf diesen Aufnahmen Anzeichen für Rippenbrüche zu erkennen. Am 19. Januar wird eine Skelettszintigraphie durchgeführt, ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem Zonen mit erhöhtem Stoffwechsel in den Knochen nachgewiesen werden können. Auch dieses Verfahren bestätigt den Verdacht auf mehrfache Rippenbrüche und einen Oberarmbruch.Jetzt verständigt die Klinik Jugendamt und Kriminalpolizei. Als Martha Ullmann am 30. Januar mit Mirjam heimkommt, stehen zwei Mitarbeiter des Jugendamts vor der Tür. Sie wollen Mirjam mitnehmen. "Sie können doch das Mädel nicht einfach mitnehmen", protestiert die Mutter. Mirjam war noch nie allein bei anderen Leuten. Martha Ullmann ruft ihren Mann an, er ist Hausmeister, viel unterwegs. Man einigt sich, nachmittags in der Klinik ein Gespräch zu führen. Zwei Ärzte sind dabei, der Leiter des Jugendamts Regensburg und seine beiden Mitarbeiter, die Sozialarbeiterin der Klinik. "Für die war schon klar, dass Mirjam nicht bei uns bleibt", sagt Markus Ullmann.Die Welt bricht zusammenEr hat Recht mit dieser Einschätzung. Schon im Vorgespräch mit der Klinik, heißt es später in einer Stellungnahme des Kreisjugendamts, sei "vermutet worden", dass bei Frau Ullmann ein "Münchhausen-by-proxy-Syndrom" vorliegen könne. Das ist eine Diagnose, die nur ein Psychiater nach sorgfältiger Exploration stellen könnte: Sie bezeichnet eine Persönlichkeitsstörung, bei der die Mutter einem Kind vorsätzlich Verletzungen oder andere körperliche Schäden zufügt, um sich oder das Kind in den Mittelpunkt ärztlicher Aufmerksamkeit zu stellen. Die Gesprächspartner, die sich auf diese "Vermutung" verständigt haben, sind weder Psychiater, noch haben sie zu diesem Zeitpunkt die Mutter auch nur gesehen. Aber der Verdacht steht im Raum. Die verzweifelten Proteste der Eltern bewirken nichts. Mirjam wird direkt aus der Klinik in eine Pflegefamilie gebracht. Am 4. Februar 2004 entzieht das Amtsgericht Regensburg auf Antrag des Jugendamts Markus und Martha Ullmann per einstweiliger Anordnung das Sorgerecht für Mirjam und Manuel - unter ausdrücklichem Hinweis auf den Verdacht, bei der Mutter könnte ein Münchhausen-by-proxy-Syndrom vorliegen. Als Vormund wird die Katholische Jugendfürsorge Regensburg bestimmt. "Für uns ist die Welt zusammengebrochen", sagt Markus Ullmann. Zwei Wochen später entzieht das Amtsgericht der Mutter auch das Umgangsrecht mit beiden Kindern. Martha Ullmann darf ihren kleinen Sohn nicht einmal mehr in der Klinik besuchen.Ein Gericht, das über einen Sorgerechtsentzug entscheiden muss, steuert zwischen Skylla und Charybdis. Das Wohl des Kindes, so das Gesetz, ist oberste Leitlinie für seine Entscheidung. Auf diese Pflicht beruft sich auch das Regensburger Jugendamt. Aber wie soll ein Gericht handeln, wenn die Lage so unklar ist wie im Fall Ullmann? Die ärztlichen Gutachten lassen kaum Zweifel daran, dass Verletzungen vorlagen. Wie und wann und gegebenenfalls durch wen sie verursacht wurden, weiß bis heute niemand. Aber wie auch immer: Die Eltern stehen unter Verdacht. Gerade in den letzten Jahren sind Jugendbehörden unter Beschuss geraten, weil sie nicht oder zu spät eingegriffen haben, wenn es Hinweise auf die Misshandlung eines Kindes gab. Darf ein Gericht dieses Risiko eingehen? Andererseits: Darf es eine Familie, in der die Eltern offensichtlich liebevoll und engagiert für ihre Kinder sorgen, auseinander reißen, solange es keine wirkliche Beweise dafür gibt, dass sie den Kindern Schaden zugefügt haben?Martha und Markus Ullmann, begleitet von ihrer Anwältin Claudia Schenk, kämpfen einen zähen Kampf. Sie legen Widerspruch ein gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, er wird zurückgewiesen. Die Eltern lassen sich psychiatrisch untersuchen - es gibt keinerlei Anhaltspunkt für ein Münchhausen-by-Proxy-Syndrom. Sie haben 11 000 Euro, praktisch all ihre Ersparnisse, für ein molekulargenetisches Gutachten ausgegeben, mit dem man möglicherweise eine genetisch bedingte besondere Knochenbrüchigkeit feststellen könnte. Vor dem Oberlandesgericht Nürnberg erzielen sie im Juni 2005 immerhin einen Teilerfolg. Mirjam darf unter strengen Auflagen in die Familie zurück. Auch das Mädchen wurde von Kopf bis Fuß untersucht, es wurden keinerlei Spuren von Misshandlung gefunden. Aber Manuel darf nicht nach Hause. Bei der Pflegefamilie, die ihn erst aufgenommen hatte, konnte er nicht bleiben. Er lebt jetzt in einen SOS-Kinderdorf, eineinhalb Autostunden entfernt.Durch Vermittlung ihrer Anwältin kommen Markus und Martha Ullmann zu Professor Hubertus von Voß. Voß ist Ordinarius für Soziale Pädiatrie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Ärztlicher Direktor im Sozialpädiatrischen Zentrum in München, der größten Einrichtung in Deutschland für frühe Diagnostik und Therapie von Entwicklungsstörungen, Behinderungen und chronischen Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen. Voß zögert erst, sich des Falles anzunehmen. Er hat keine Sympathien für Eltern, die ihre Kinder misshandeln. Aber dann spricht er mit Martha und Markus Ullmann, studiert Gerichtsakten- und Patientenunterlagen der Kinder. "Ich sah Lücken in der Beweisführung", sagt Professor von Voß. Die gutachterlichen Aussagen über die Verwertbarkeit der älteren Röntgenaufnahmen sind widersprüchlich. Einmal heißt es, sie seien so unscharf, dass sie gar nicht verwertbar sind, ein andermal erklärt ein Sachverständiger, er habe erst nach "stundenlanger Betrachtung" die angeblichen Rippenbrüche erkennen können. Die Datierung ist völlig ungewiss; in mindestens einem Fall müsste die Verletzung mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem Klinikaufenthalt verursacht worden sein. "Warum", fragt Voss, "ist man dieser Frage nicht ernsthaft nachgegangen?"Aber die eigentlichen Bedenken des Arztes sind medizinische. "Es muss einem doch auffallen, wenn zwei Kinder einer Familie ähnliche Entwicklungsauffälligkeiten haben." Bei beiden liegt der Kopfumfang unter der Norm. Bei beiden Kindern entwickelte sich nach der Geburt ein Hämangiom. "Da muss man doch der Frage nachgehen, ob es da einen genetischen Zusammenhang gibt", sagt Voss. Dass das von den Eltern teuer bezahlte molekulargenetische Gutachten keinen Hinweis auf erblich bedingte Knochenbrüchigkeit ergab, ist nach Überzeugung des Pädiaters noch lange kein Beweis dafür, dass die Frakturen und andere medizinische Auffälligkeiten der Kinder nicht doch Symptom einer bisher unerkannten Krankheit sind. Hinzu kommt: Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Martha Ullmann wegen Verdachts der Misshandlung Schutzbefohlener wurde im Februar 2005 eingestellt - wegen mangelnden Tatverdachts.Bis der Junge sprichtBei so vielen ungeklärten Fragen hält Hubertus von Voß es für eine krasse Fehlentscheidung, den Eltern das Kind wegzunehmen. "Man produziert neue Opfer", sagt er. "Das Kind ohne Eltern, die Eltern ohne Kind. Warum lässt man Manuel nicht unter ähnlichen Auflagen wie seine Schwester Mirjam in die Familie zurück?" Martha und Markus Ullmann konsultieren vierteljährlich einen Psychiater, der sie mangels Behandlungsbedarfs jedes Mal schnell wieder entlässt. Sie haben sich in entwicklungspsychologische Beratung begeben, sie gestatten unangemeldete Hausbesuche des Jugendamts, Kinderarzt und Kindergärtnerinnen sind von der Schweigepflicht entbunden. Es gibt nicht den geringsten Hinweis, dass Mirjam von den Eltern misshandelt würde oder je misshandelt wurde.Aber Manuel muss im SOS-Kinderdorf bleiben. Alle zwei Wochen dürfen ihn seine Eltern besuchen, vier Stunden lang, unter Aufsicht. Vergeblich haben sie beantragt, die Besuchszeiten zu verlängern und Manuel ohne Aufsicht sehen zu dürfen. In einer Stellungnahme für das Amtsgericht Regensburg hat die Sozialpädagogin des Kreisjugendamts es für erwähnenswert gehalten, dass Frau Ullmann während der zweiwöchentlichen Besuche ihren Sohn häufig auf den Arm nehme, obwohl Manuel schon wesentlich selbstständiger sei. Auch sei anzumerken, "dass die Kindseltern nach wie vor permanent nach Beweisen ihre eigene Entlastung betreffend suchen". Daraus schließt das Jugendamt, dass es den Eltern nicht um das Wohl des Kindes und dessen Stabilisierung im Kinderdorf gehe. "Aus den angeführten Gründen", heißt es abschließend in der Stellungnahme, "ist einer Ausweitung der Kontakte und einem Unbegleitetsein derzeit nicht zuzustimmen."Einen Hoffnungsschimmer hat das Oberlandesgericht Nürnberg den Eltern gelassen: Eine Rückführung Manuels könne in Frage kommen, wenn der Junge alt genug sei, "sich selbst nach außen hin zu artikulieren", ihm also "ansatzweise Fähigkeiten zum Selbstschutz" zur Verfügung stünden. Das heißt: Solange Manuel nicht sprechen kann, ist an eine Rückführung in die Familie nicht zu denken. Die Hoffnung könnte sich leicht zerschlagen. Manuel ist jetzt zweieinhalb Jahre alt. Aber aus Gründen, die keiner kennt, spricht er nicht. Nichts, außer "Mama", "Papa", und "tschüss".

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