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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 

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Gast
New PostErstellt: 30.05.08, 13:55     Betreff: Re: Jugendamt Hamburg: Ehrenmord an deutsch-afghanischem Mädchen Morsal Antwort mit Zitat  

Farbenspiel
29.05.2008

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Schrift:
EHRENMORD IN HAMBURG
Das lange Leiden der Morsal Obeidi

Von Barbara Hans

Von der Mutter angeblich mit einem Kabel drangsaliert, Vorwürfe auch gegen den Vater - schließlich vom ältesten Bruder erstochen: Morsal Obeidis Leiden erstreckte sich über Monate, belegen neue Dokumente, die SPIEGEL ONLINE vorliegen. Immer wieder versuchte die 16-Jährige zu entkommen. Vergeblich.

Hamburg - Morsals Angst muss unbeschreiblich groß gewesen sein. Die Liebe zu ihrer Familie auch.

Von außen scheinen die Dinge eindeutig: Wenn einem der Bruder die von ihm so verhassten Kleider - zu kurz, zu bunt, zu aufreizend - an den Leib zu tackern versucht haben soll, wenn die Mutter sie mit einem Kabel geschlagen und der Vater sie in die Magengrube getreten haben soll, dann muss man gehen.

EHRENMORD: DAS SCHICKSAL DER MORSAL OBEIDI

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Soweit die Theorie. Doch die ist grau.

Morsals Leben war alles andere als grau. Das junge Mädchen, in Kabul geboren und im Alter von drei Jahren nach Hamburg gekommen, wollte viel. Und vor allem wollte sie all das, was ihre deutschen Freundinnen auch hatten: Schminke, Kleidung, Freunde, Freizeit - Freiheit.

Und eine Familie.

Ein Leben nach eigenen Vorstellungen

Zwei Wochen, nachdem Morsal Obeidi von ihrem Bruder auf einem Parkplatz mit mehr als 20 Stichen niedergestreckt worden ist (mehr...), belegen nun neue Dokumente, wie lange das Mädchen unter den Überzeugungen ihrer Familie gelitten hat - und wie es immer wieder zwischen Hoffnung und Angst schwankte.

MEHR ÜBER...
Ehrenmord Hamburg- Rothenburgsort Morsal Obeidi Kinder- und Jugendnotdienst
zu SPIEGEL WISSEN
Der Hamburger Senat hat auf eine schriftliche Anfrage der SPD-Bürgerschaftsfraktion geantwortet und den Weg Morsal Obeidis, sofern er Eingang in die Akten der städtischen Behörden gefunden hat, akribisch nachgezeichnet. Noch jedoch handelt es sich lediglich um einen Entwurf, erarbeitet unter der Federführung der Justizbehörde: Es bestehe noch weiterer Abstimmungsbedarf zwischen den Behörden, heißt es.

Der Entwurf, der SPIEGEL ONLINE vorliegt, belegt, wie Morsal immer und immer wieder durch Mitglieder ihrer Familie erniedrigt worden ist. Weil sie zu spät von der Schule nach Hause kam. Weil sie sich zu stark schminkte, zu kurze Kleider trug, bei Freunden übernachtete. Weil ihr Leben nicht den Vorstellungen ihrer Familie entsprach.

Unzählige Male hat Morsal demnach die Polizei gerufen, unzählige Male haben Beamte in der Wohnung im Hamburger Stadtteil Rothenburgsort notiert, was vorgefallen war - und was die 16-Jährige wenig später nicht mehr unterschreiben oder zur Anzeige bringen wollte. Zu einigen Vernehmungen erschien sie gar nicht erst, in anderen Fällen machte sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

"Ich bringe Morsal um"

Bereits am 1. November 2006, rund eineinhalb Jahre bevor er sie mit einem Messer auf offener Straße tötete, äußerte Ahmad Obeidi, Morsals älterer Bruder, demnach gegenüber seiner Mutter am Telefon: "Ich bringe Morsal um." Allein an diesem Tag besuchen die Beamten zweimal die Wohnung der Obeidis, weil Ahmad zweimal auf seine Schwester einprügelt, sie mit Fäusten schlägt und mit Füßen tritt. Unter anderem, weil sie sich weigert, ihrem Bruder nach Hause zu folgen. Doch Morsal will Ahmad nicht anzeigen. Die Polizisten notieren, was das Mädchen zu Protokoll gibt, erstatten Bericht an das Jugendamt und den Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) - tun können sie nichts.

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Eine Woche später, am 8. November 2006, geht Ahmad den Dokumenten zufolge wieder auf seine Schwester los. Sie ist ihm körperlich unterlegen: Ahmad ist sieben Jahre älter, groß gewachsen, fünf Mal in der Woche trainiert er für je drei Stunden in einem Fitnessstudio. "Pumpen gehen", nennt er das. Die Polizei kommt, Morsal erstattet Strafanzeige. Sie gibt zu Protokoll, Ahmad habe sie ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer bedroht. Die Polizei schreibt einen Bericht ans Jugendamt, dann bringen die Beamten sie zum KJND.

Knapp eine Woche später geschieht, was symptomatisch werden wird für den Fall Morsal Obeidi: Bei ihrer Vernehmung betont das Mädchen, es wünsche keine Bestrafung ihrer Familienangehörigen. Es gehe ihr allein um eine Beendigung der Schläge.

Morsal sucht ihren Weg, sucht ihren Freiraum - mit der Familie brechen will sie nicht. Dass ihr Weg nicht der ihrer Familie sein kann, es keinen Kompromiss, sondern allenfalls Konfrontationen gibt, sieht sie nicht.

"Ein sehr ambivalentes Verhältnis"

Noch bevor die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, ruft Morsal erneut die Polizei, erstattet erneut Anzeige: Ahmad hat sie den Dokumenten zufolge am 19. Januar 2007 aus Ärger über ihre Kleidung und weil sie ihn um Geld gebeten hat, geschlagen und getreten. Er soll sogar versucht haben, ihr die verhasste Kleidung an den Leib zu tackern, sagt Morsal aus.

Einen Tag später beruft sie sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht - und schweigt. Wieder bringt man sie ins Heim, wieder bleibt sie nur für wenige Tage dort - dann zieht es sie zurück. Sie übernachtet bei Freunden, als die ihrerseits Probleme mit den Eltern bekommen, geht Morsal zurück in die elterliche Wohnung nach Rothenburgsort. Und zurück in das Umfeld des Bruders.

Morsal und Ahmad hätten ein "sehr ambivalentes Verhältnis", notieren die Mitarbeiter vom Jugendamt in den Akten: Die 16-Jährige hat Angst vor ihrem Bruder, aber sie liebt ihn auch.

Der Familiensinn spielt in ihrem Leben eine große Rolle. Die Familie geht über alles - so ist sie aufgewachsen, so hat sie es gelernt.

Dann entsteht eine Lücke in den Aufzeichnungen, eine Zeit, in der Morsal scheinbar zur Ruhe kommen konnte: Die Eltern hatten sie im März 2007 nach Afghanistan geschickt. Bei einem Cousin in Masar-i-Scharif soll sie die afghanischen Traditionen und ihre Freiheiten in Deutschland schätzen lernen.

Als sie im Januar 2008 zurückkehrt, währt der Frieden - zumindest laut den Akten - nur wenige Wochen. Dass Ahmad, seine Geschwister und seine Eltern in den Wochen zuvor nicht versucht haben, mit körperlicher Gewalt gegen Morsals Lebensstil zu kämpfen, ist denkbar.

Wahrscheinlich ist es nicht.

Der Versuch: Das andere Leben ausprügeln

Anfang Januar einigen sich Morsals Eltern und das Jugendamt darauf, dass das Mädchen für eine Weile in ein Mädchenheim nach Schleswig-Holstein zieht, Abstand gewinnt. Das Jugendamt meint, es sei gut, wenn Morsal der Familie fernbleibt - sie selbst meint das nicht und kehrt auf eigenen Wunsch zurück in die Stadt.

Am 23. März 2008 ruft Morsal die Polizei: Ihr Bruder habe sie geschlagen und gewürgt und anschließend ein Messer gezückt. Einen Strafantrag stellt sie nicht.

Fünf Tage später wählt Morsal erneut die Nummer der Polizei, nachts um 0.30 Uhr. Ihr Bruder habe sie geschlagen, mit der Faust ins Gesicht. Die Beamten kommen - in ihrer Gegenwart holt Ahmad erneut aus. Die Polizisten bringen Morsal in ein Mädchenheim.

Doch Ahmad ist offenbar nicht der einzige, der versucht, Morsal ihr Streben nach Freiheit und Freiraum auszuprügeln. Die ältere Schwester zerkratzt laut den Dokumenten ihr das Gesicht; der Polizei sagt Morsal, sie sei auch von den Eltern geschlagen worden - zieht diese Angaben aber wieder zurück.

Nur ihre Mutter zeigt sie an, weil diese sie angeblich mit der Hand und einem Kabel geschlagen haben soll. Doch auch diese Ermittlungen verlaufen im Sande: Morsal erscheint nicht zur Vernehmung, macht später von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Wie so oft.

EHRENMORDE IN DEUTSCHLAND

* Offizielle Zahlen
* Inoffizielle
* Dunkelziffer
* International

48 Menschen wurden seit 1996 in Deutschland Opfer von sogenannten "Ehrenmorden" - das ergab im Mai 2006 eine Untersuchung des Bundeskriminalamts (BKA). 36 der Opfer waren Frauen. Ein Ehrenmord ist nach dem BKA-Bericht ein Mord, der "aus vermeintlich kultureller Verpflichtung heraus innerhalb des eigenen Familienverbands verübt wird, um der Familienehre gerecht zu werden".
Die meisten Fälle spielten sich in türkischen Familien ab. Die Täter waren zumeist Väter, Brüder oder Mütter der Opfer. "Blutrache-Delikte", die sich aus ähnlichen Motiven auch gegen nicht verwandte Opfer richten, gingen nicht in die Untersuchung ein.
Zu ähnlichen Zahlen wie das Bundeskriminalamt kommt die Organisation Terre des Femmes: Nach Auswertung von Zeitungsberichten gab es in Deutschland zwischen 1996 und 2005 mindestens 49 Ehrenmorde oder versuchte Morde wegen der vermeintlich verletzten Familienehre. Die Berliner Schutzeinrichtung "Papatya" hat alleine von Oktober 2004 bis Januar 2005 acht Ehrenmord-Opfer verzeichnet.
Experten schätzen, dass die Dunkelziffer der Ehrenmorde sehr groß ist - denn viele der Morde tauchen nicht in der Zeitung auf oder werden nicht so zur Anzeige gebracht, dass sie als Ehrenmord zu identifizieren sind. Eine gesonderte Kriminalitätsstatistik über Ehrenmorde gibt es in Deutschland nicht.
In der Türkei sind nach Regierungsangaben in den vergangenen sechs Jahren etwa 1800 Frauen im Namen der Ehre ermordet worden - das heißt fast jeden Tag eine. Die Uno schätzt die Zahl der Ehrenmorde jährlich weltweit auf etwa 5000. Die höchste Ehrenmordrate hat Pakistan.

Fest steht: Die Bedrohung durch Ahmad Obeidi hätten die Behörden ernst nehmen müssen. Er war der Polizei als Intensivtäter bekannt. Ein Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft bestätigte im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, dass die Behörde auch wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung gegen ihn ermittelt.

Er soll eine Frau unter einem Vorwand in sein Büro gelockt und vergewaltigt haben, im Internet gar später behauptet haben, es existiere ein Video von der Tat. Die Ermittlungen in diesem Fall dauern an.

Morsal hat ihre Angst immer wieder artikuliert: gegenüber Freunden, Lehrern, der Polizei. Wie groß die Gefahr wirklich war, schien sie nicht geahnt zu haben. Ob andere Instanzen die Katastrophe hätten vorhersehen - und verhindern - können, dieser Frage widmet sich nun die Hamburger Politik.


http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,556404,00.html


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