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Donnerstag, 18. Januar 2007
Polnische Justiz schließt Resozialisierungsprojekt mit Deutschen
Die polnische Justiz hat die Schließung eines Unternehmens angeordnet, das im Nordosten Polens Resozialisierungsprojekte mit deutschen Jugendlichen organisiert hat. Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft von Suwalki werde die Gesellschaft "Projekt für Kinder" mit Sitz in Stankuny aus dem Handelsregister gestrichen, teilte die Sprecherin der Behörde, Hanna Lewczuk, am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP mit. Die 2001 gegründete Gesellschaft habe im Auftrag deutscher Institutionen deutsche Jugendliche in Bauernfamilien der Region untergebracht.
Polnischen Presseberichten zufolge gibt es in Polen mehrere Gesellschaften, die im Auftrag deutscher Jugendämter junge Deutsche mit sozialen Problemen in polnischen Familien unterbringen, um sie so aus ihrem pathologischen Umfeld herauszuholen. In der Region von Suwalki hatte im Oktober ein Projektteilnehmer der Gesellschaft öffentliches Aufsehen erregt: Der 15-jährige Junge, der bei einem Bauern der Region arbeitete, hatte in betrunkenem Zustand eine 82-jährige Frau vergewaltigt. Er sitzt derzeit in einer Haftanstalt für Minderjährige. Ein 19-jähriger Deutscher, der seit fünf Jahren im Rahmen eines Resozialisierungsprojekts derselben Gesellschaft in Polen lebt, wurde vor zwei Wochen wegen Diebstahls von Zigaretten und einer Ladenkasse angeklagt.
Die Tätigkeit der Gesellschaft "Projekt für Kinder" sei nicht konform mit dem polnischen Gesetz, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Das Erziehungsministerium sei nicht auf dem Laufenden über ihre Aktivitäten gewesen. Der Vorsitzende der Gesellschaft habe keine pädagogische Ausbildung. Polnischen Presseberichten zufolge sprachen die Familien, bei denen die Jugendlichen untergebracht wurden, oft gar kein Deutsch. Eine Resozialisierung sei Fiktion, kommentierte die Zeitung "Gazeta Wyborcza" im November. Dagegen verdienten die Vermittler viel Geld mit diesem Geschäft.