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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
Kindesentziehung durch Abschiebung

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Autor Beitrag
Gast
New PostErstellt: 07.05.07, 08:54  Betreff: Kindesentziehung durch Abschiebung  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

taz, die tageszeitung

26. Maerz 2001

Verbannt und enteignet

Seite 15

Wenn ein Elternteil dem anderen das Kind entzieht, nennt man das unerlaubte Kindesmitnahme.Den Fall Dorcas koennte man als Kindesentziehung durch eigenmaechtige Abschiebung bezeichnen

von VERONIKA KABIS-ALAMBA

Die Geschichte von Dorcas Ehe ist die Dreiecksgeschichte zwischen einem Muttersoehnchen, seiner Frau Mama und einer gegen diese Front chancenlose Ehefrau. Sie ist aber auch eine traurige Geschichte aus der "einen Welt", die so eng zusammengerueckt ist, in der aber die alten Machtbeziehungen ueberdauert haben: die zwischen Mann und Frau und die zwischen Nord und Sued. Das Ganze gestuetzt von einem patriarchalen, eurozentristischen Auslaenderrecht.

Dorcas war 19, als sie Eric kennen lernte. Fuer beide sei es Liebe auf den ersten Blick gewesen, sagt sie. Dorcas arbeitete damals an der Rezeption eines Hotels auf der kolumbianischen Insel Providencia, wo Eric vor vier Jahren Urlaub machte. Nach wenigen Tagen des Kennenlernens beschlossen beide, dass Dorcas nach Deutschland mitkommen sollte. Nachdem sie drei Monate lang in Erics Heimatort, dem saarlaendischen Ensdorf, zusammengelebt hatten, stand fest, dass sie heiraten wuerden. Warum der zehn Jahre aeltere Eric, der so sehr an seiner Mutter haengt, keine deutsche Frau geheiratet habe, wollte Dorcas einmal von ihm wissen. "Mit deutschen Frauen kann ich nichts anfangen", hat er zur Antwort gegeben.


Wenn sie heute mit ihren lateinamerikanischen Freundinnen, die auch mit Deutschen verheiratet waren, ueber ihre Ehe spricht, sieht sie manches klarer. "Die deutschen Maenner glauben manchmal, wir seien wie kleine Kinder, wir haetten keine Ahnung vom Leben und koennten ohne sie nicht zurechtkommen", so die Freundinnen heute ueber ihre gescheiterten Ehen. Dorcas hat dieses Gefuehl der Bevormundung vor allem durch ihre im selben Haus lebende Schwiegermutter erfahren, die die ganze Familie kommandierte und ihr sogar vorzuschreiben versuchte, was sie anziehen sollte.

Im November 1999 kam der gemeinsame Sohn Hans zur Welt. Es war eine schwere Kaiserschnittgeburt, Dorcas brauchte einige Zeit, um sich davon zu erholen. Sie war froh, als ihre Mutter und zwei Schwestern aus Kolumbien zu Besuch kamen, um ihr in der Anfangszeit zu helfen. In dieser Zeit verstaerkte sich das ungute Gefuehl ihrer Schwiegermutter gegenueber, die das Kind am liebsten fuer sich allein haben wollte, waehrend Eric sich kaum um den kleinen Hans kuemmerte. Irgendwann aeusserte die Schwiegermutter dann die Idee, Dorcas solle ihre Mutter und ihre Schwestern zurueck nach Kolumbien begleiten und sich drei Wochen dort erholen; auch der Arzt habe ihr doch Urlaub empfohlen. Dorcas war einverstanden, wollte ihr Baby jedoch mitnehmen. Es sei noch zu klein, wiegelte Eric ab, sie solle sich keine Sorgen machen, es sei ja nur fuer ein paar Wochen. Dorcas liess sich ueberreden, denn bis auf die ueblichen Konflikte, wie sie stressbedingt in der ersten Babyphase auftreten, hielt sie ihre Ehe fuer intakt.

Am 30. Januar flog Dorcas schliesslich mit ihren Angehoerigen nach Kolumbien.. Von dort aus rief sie oft in Ensdorf an, um sich nach ihrem Kind zu erkundigen. Sie wunderte sich, dass ihr Mann nie ans Telefon ging und stattdessen nur ihr Schwiegervater muerrisch Auskunft gab, dass es Hans gut gehe. Nach und nach wurde ihr klar, dass etwas nicht stimmte, und so beschloss sie, frueher als geplant zurueckzufliegen. Als sie ihr Ticket im Reisebuero abholen wollte, stellte sie entsetzt fest, dass von Deutschland aus jemand den Rueckflug laengst storniert hatte. Verzweifelt versuchte sie wieder, Kontakt zu ihrem Mann aufzunehmen, und als sie ihn endlich am Telefon hatte, musste sie sich anhoeren, dass er sie nicht mehr liebe und er und seine Mutter gluecklich seien, allein mit dem Kind. "Du kommst hier nicht mehr rein", waren seine letzten Worte, bevor er auflegte.

Fuer Dorcas brach eine Welt zusammen. Sie wollte sofort zurueck nach Deutschland, konnte jedoch das Geld fuer das Ticket nicht aufbringen. So sammelte denn ihre Familie Geld, die Nachbarin gab etwas dazu, sogar der Buergermeister ihrer Heimatgemeinde. Als sie schliesslich nach insgesamt vier Monaten ins Saarland zurueckkam, stand sie vor verschlossener Tuer. Ein paar Tage lang kam sie bei Bekannten unter, dann ging sie in ein Frauenhaus. Mit Hilfe ihrer Anwaeltin und engagierten Freunden gelang es ihr erst nach und nach, herauszufinden, was in ihrer Abwesenheit passiert war. Die Inhaberin des Reisebueros bestaetigte, dass ihr Mann nur drei Tage nach ihrer Abreise den Rueckflug storniert habe. Bei der Auslaenderbehoerde erfuhr sie, dass sie abgemeldet worden sei. Das Familiengericht teilte mit, dass ihrem Mann das vorlaeufige Sorgerecht zugesprochen worden sei, weil er angegeben habe, Dorcas habe ihn und das Kind mutwillig verlassen und befinde sich nicht mehr in Deutschland.

Fuer die junge Frau begann ein langer Weg durch die Instanzen, und ob sie am Ende gewinnen wird, ist heute mehr als fraglich. Das Familiengericht hat inzwischen zwar aufgrund der Beweislage anerkannt, dass Dorcas einer Intrige ihres Mannes und seiner Mutter zum Opfer gefallen ist und diese falsche Angaben gemacht haben; gleichzeitig aber hat es festgestellt, dass durch die Trennung von der Mutter Fakten geschaffen wurden, die so einfach nicht umzukehren seien. Das einzige Zugestaendnis nach monatelangem Streit war die Erteilung des gemeinsamen Sorgerechts, das zumindest die Gefahr einer drohenden Abschiebung vorlaeufig gebannt hat. Einige Wochen lang durfte Dorcas ihr Kind einmal pro Woche in den Raeumen eines Wohlfahrtsverbandes sehen. Die Grossmutter brachte das Kind, das inzwischen "Mama" zur Oma sagt, jeweils fuer zwei Stunden dorthin.

Aufgrund der langen Trennung reagierte der kleine Hans jedoch verunsichert auf seine Mutter und weinte bei jeder Begegnung. Anlass fuer die Mitarbeiterin der Beratungsstelle, eine Stellungnahme an das Gericht zu formulieren, in der sie vorschlug, den Kontakt vorlaeufig zu unterbrechen, bis das Kind "kognitiv in der Lage sei", das Geschehene zu verstehen. Das Gericht waere diesem Vorschlag gefolgt, haette Dorcas Anwaeltin nicht massiv interveniert.

Wie in vielen anderen Faellen von Kindesentziehung spielt die Zeit gegen Dorcas. Die Gerichte vertreten in der Regel den Standpunkt, das Kindeswohl sei gefaehrdet, wenn das Kind nochmals aus seiner vertrauten Umgebung herausgerissen werde. Der Elternteil, der das Kind unrechtmaessig an sich genommen hat, traegt dann den Sieg davon.

Die Freiburger Psychologin Ursula Kodjoe kritisiert diese Praxis. Sie beschaeftigt sich seit Jahren mit dem so genannten "Parental Alienation Syndrome (PAS)" oder "Eltern-Kind-Entfremdungs-Syndrom", das durch Manipulation durch einen Elternteil in Trennungssituationen erzeugt wird. Sie ist der Meinung, dass in Faellen wie dem von Hans und Dorcas der Entfremdungsprozess, der durch Vater und Grossmutter willentlich betrieben wurde, unter Beruecksichtigung der bestehenden Bindungen rueckgaengig gemacht werden muss - und kann. Dazu reiche es aber nicht aus, wenn die Mutter das Kind lediglich einmal die Woche sehe. Kinder bis sechs Jahre definierten Beziehungen ueber das Tun. Statt den Kontakt, wie vorgeschlagen, abzubrechen, muesse er intensiviert werden, und die Mutter muesse Gelegenheit bekommen, ihr Kind allein zu sehen, zu fuettern, zu wickeln, in den Schlaf zu wiegen. Nur durch einen solchen Wiederaufbau der Mutter-Kind-Beziehung koenne eine spaetere Identitaetskrise des Kindes vermieden werden. Gerade fuer das binationale Kind sei dies wichtig, da es sonst die Herkunftskulturen seiner Eltern und nicht zuletzt sein Aussehen spaeter nicht als Reichtum, sondern im Gegenteil als Verarmung und Verunsicherung empfinden werde.

Dorcas Anwaeltin Annette Gieseking hat das Gericht gebeten, ein Gutachten ueber diese Fragen erstellen zu lassen. Nachdem aber deutlich wurde, dass ein solches Gutachten mindestens ein halbes Jahr in Anspruch nehmen wuerde und Dorcas in dieser Zeit das Kind nicht zu Gesicht bekaeme, hat sich auch dieser Weg als Sackgasse erwiesen. Fuer die Anwaeltin ist der eigentliche Skandal, dass ein Elternteil sich hier mit Hinterlist in eine nahezu unangreifbare Rechtsposition gebracht hat.

Dorcas erlebt das, was ihr in den letzten Monaten widerfahren ist, wie einen Albtraum. Als sie ihren Mann bei der letzten Gerichtsverhandlung sah, war er nervoes und wagte nicht, sie anzusehen. Noch immer hat sie die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es eines Tages endlich zu einer Aussprache zwischen ihnen kommt, ohne dass seine Mutter dazwischen steht. Sie moechte wenigstens begreifen koennen, weshalb die beiden ihr das angetan haben. Ihr Vertrauen in die deutsche Justiz hat gelitten. Sie versteht nicht, wie es sein kann, dass das offensichtliche Unrecht, das ihr und ihrem Kind geschehen ist, ungesuehnt bleibt. Und ueber all dem schwebt noch immer das Damoklesschwert des Auslaenderrechts, wonach ihr der weitere Aufenthalt in Deutschland verweigert werden kann, falls das gemeinsame Sorgerecht irgendwann einmal zurueckgenommen werden sollte. Manchmal ist Dorcas der Verzweiflung nahe; nur die Hoffnung, dass sie eines Tages wieder mit ihrem Kind zusammenleben kann, haelt sie aufrecht. Ihre Namenspatronin, die heilige Dorkas, so erzaehlt sie, wurde nach ihrem Maertyrertod zum Leben auferweckt. Dorcas waere schon mit einem kleineren Wunder zufrieden.

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