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Elf Jahre Haft für Mutter
Lebenslang für Stiefvater von Justin
Er starb an den Folgen einer Verbrühung: Der qualvolle Tod des kleinen Justin war nach Ansicht des Bochumer Landgerichts Mord. Es verurteilte den Stiefvater am Montag (05.03.07) zu einer lebenslangen Haftstrafe. Die Mutter muss für elf Jahre ins Gefängnis.
Das angeklagte Paar; Rechte: dpaBild vergrößern
Gericht verurteilte das Paar
Beide Angeklagte seien des Mordes schuldig - so entschieden die Bochumer Richter. Der 29-jährige Stiefvater habe Justin vorsätzlich an seinen schweren Verbrühungen sterben lassen. Auch die 22-jährige Mutter habe stundenlang keine Hilfe geholt. Das sieben Monate alte Baby kämpfte 15 Stunden lang mit dem Tod, bevor es an Kreislaufversagen starb. Der Prozess hatte im August begonnen.
Der Freund der Mutter hatte den Jungen im November 2005 zwei bis drei Minuten mit 60 Grad heißem Wasser abgeduscht. Dabei wurden 35 Prozent der Haut des Babys verbrüht. "Der Kurze war ein bisschen am Quengeln, da habe ich die Brause auf sein Gesicht gehalten", hatte der Mann nach seiner Festnahme gegenüber der Polizei erklärt. "Ich dachte, Wärme und Wasser machen ihn ruhiger."
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Mehrere Knochenbrüche durch Serie von Misshandlungen
Die Mutter war bei der Tat angeblich nicht im Badezimmer. Das Urteil gegen sie lautet auf Mord durch Unterlassung, weil sie nicht sofort Hilfe geholt hatte. Das Gericht ging davon aus, dass der Mann und die Mutter des Kindes zunächst absichtlich keinen Arzt gerufen hatten, weil sie befürchteten, dass das Jugendamt ihnen das Sorgerecht entziehen würde. Erst als das Baby kaum noch atmete, hätten sie einen Krankenwagen gerufen. Der Notarzt konnte allerdings nur noch den Tod des Kindes feststellen
Die tödliche Verbrühung war der Höhepunkt einer ganzen Serie von Misshandlungen. Laut Gericht hatte der Stiefvater dem Kleinen schon im Alter von sechs Wochen einen Oberschenkel gebrochen. Er habe den Säugling an den Beinen gepackt und durchgeschüttelt. Außerdem wurden damals bei der anschließenden Untersuchung bereits verheilte Knochenbrüche an beiden Oberarmen, am anderen Oberschenkel, an einem Schienbein sowie am Schlüsselbein festgestellt.
Scharfe Kritik am Bochumer Jugendamt
Die Ärzte hatten schon damals die Behörden eingeschaltet und - so die Richter - eindeutig von einem Verdacht auf Kindesmisshandlung gesprochen. Das Schwurgericht übte in diesem Zusammenhang scharfe Kritik am Bochumer Jugendamt. "Das Jugendamt hat die Tragweite der ärztlichen Erkenntnisse offenbar nicht realisiert", sagte Richter Hans-Joachim Mankel. Möglicherweise sei der Bericht aber auch gar nicht gelesen worden.
Die Staatsanwaltschaft hatte in diesem Zusammenhang noch während des laufenden Verfahrens Ermittlungen gegen das Jugendamt aufgenommen. Hintergrund sind mögliche Versäumnisse bei der Betreuung der Familie. Ob die Ermittlungen fortgesetzt werden, soll sich nach Angaben von Oberstaatsanwalt Christian Petlalski erst nach Eingang der schriftlichen Urteilsgründe entscheiden.
Stand: 05.03.2007, 15:52 Uhr
http://www.wdr.de/themen/panorama/14/bochum_baby/070305.jhtml