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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 
Misshandlungen in DDR-Kinderheim: Prozess eingestellt

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Gast
New PostErstellt: 23.05.07, 08:15  Betreff: Misshandlungen in DDR-Kinderheim: Prozess eingestellt  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

n-tv (14.6.04)

Zitat:
"Auf grausame Art gedemütigt" - DDR-Prozess eingestellt

Der Prozess um Misshandlungen in einem früheren DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden.

Die angeklagten Erzieher einigten sich mit der Staatsanwaltschaft Chemnitz auf die Zahlung von Geldbußen von 3.000 bis 6.000 Euro, räumten aber keine Misshandlungen ein.

Ihnen war vorgeworfen worden, zwischen 1986 und 1989 Zöglinge auf grausame Weise gedemütigt zu haben. In dem 1962 gegründeten Spezialheim "Erich Hartung" waren so genannte schwer erziehbare, verhaltensauffällige und sozial "abgeglittene" Kinder und Jugendliche aus der gesamten DDR untergebracht. Nach Zeugenaussagen waren gewaltsame Übergriffe in dem Heim an der Tagesordnung. Die Angeklagten sollen unter anderem Kinder mit einem Stock in die Kniekehlen und mit einer Riemenpeitsche auf den Rücken geschlagen haben.

Andere wurden laut Anklage bei "Vergehen" mit dem Kopf gegen eine Wand gestoßen, mit den Füßen ins Gesäß getreten, mussten stundenlang mit ausgestreckten Armen stramm stehen oder wurden in die "Kellerzelle " gesperrt - einen unbeheizten Raum mit vergittertem Fenster und nur einer Pritsche.

In einem Fall soll eine Beschuldigte einen Jungen mit dem Kopf in ein Toilettenbecken getaucht und dabei die Wasserspülung betätigt haben. Ein weiterer Zeuge musste nach eigener Aussage als Strafe für eine Störung des Musikunterrichts mit einer Zahnbürste Pissoirs reinigen. Nach der Wende war das Kinderheim von der Diakonie übernommen worden. Einer der Angeklagten war nach 1990 sogar zum Heimleiter aufgestiegen.

Dem ursprünglich bis Oktober terminierten Prozess in Leipzig ging ein jahrelanges juristisches Tauziehen voraus, in dessen Mittelpunkt die Frage um die Verjährung der Straftaten stand.
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Morgenpost, Berlin (15.6.04)

Zitat:
Misshandlungen in DDR-Kinderheim

Leipzig - Der Prozess gegen vier ehemalige Erzieher eines DDR-Heims für Schwererziehbare ist am Montag vor dem Leipziger Landgericht überraschend zu Ende gegangen. Gegen Zahlung von Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ehemalige Zöglinge des Kinderheims im sächsischen Meerane und an gemeinnützige Einrichtungen stellte die 5. Strafkammer des Leipziger Gerichts die Verfahren gegen drei der Angeklagten ein. Der vierte Beschuldigte kam ohne Auflagen davon.

Ursprünglich waren 18 Verhandlungstage angesetzt, an denen nahezu 50 Zeugen gehört werden sollten. Doch dann schlug Staatsanwalt Alexander Winterhalter vor, die Verfahren gegen Geldbußen einzustellen. Er begründete dies damit, dass so das Verfahren wesentlich abgekürzt werden könne. Zudem verwies er darauf, dass die mutmaßlichen Taten bereits fast 20 Jahre zurückliegen und es schwer werde, wirklich Licht in die Angelegenheit zu bringen. Die Verteidiger von drei der Angeklagten stimmten dem Vorschlag zu, unterstrichen jedoch, dass dies kein Schuldeingeständnis ihrer Mandanten bedeute. Der Anwalt des vierten Angeklagten stimmte der Einstellung ebenfalls zu, wollte eine Geldbuße aber nicht akzeptieren.

Im Kern ging es bei den Anschuldigungen darum, dass die vier Angeklagten zu DDR-Zeiten in dem Kinderheim in Meerane ihre Zöglinge gequält und zum Teil auch sexuell missbraucht haben sollen. Ein heute 29-Jähriger, der auch als Nebenkläger auftrat, war als 12-Jähriger in das Heim gekommen. Dort steckte ihm nach eigener Aussage unter anderem eine Erzieherin den Kopf in eine Toilettenschüssel und betätigte dann die Spülung. Zudem sollen im Heim Kinder und Jugendliche zum Beispiel mit Riemenpeitschen geschlagen worden sein, wobei auch auf die Geschlechtsteile gezielt wurde.

Wie Winterhalter erläuterte, wären die den Angeklagten vorgeworfenen Taten nach DDR-Strafrecht zu bestrafen gewesen. "Das hätte im Höchstfall Freiheitsstrafen von drei Jahren bedeutet, so viel, wie es heute für eine Sachbeschädigung gibt", sagte der Anklagevertreter. Durch die Geldbußen erführen die Opfer teilweise Genugtuung.

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Märkische Oderzeitung (15.6.04)

Zitat:
Misshandlung in DDR-Kinderheim: Prozess eingestellt

Leipzig (dpa) Nach jahrelangem juristischem Tauziehen ist der Prozess wegen Misshandlungen in einem DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane am Montag überraschend eingestellt worden. Das Landgericht Leipzig beendete das Verfahren gegen vier Erzieher im Alter von 43 bis 62 Jahren damit noch am Tag des lange erwarteten Prozessbeginns. Zwei Männer und eine Frau müssen Geldbußen in Höhe von 3500 bis 6000 Euro zahlen.

Die Angeklagten akzeptierten damit ein Angebot der Staatsanwaltschaft Chemnitz, räumten jedoch keine Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen ein. Das Geld geht an gemeinnützige Einrichtungen und an frühere Zöglinge. Die Nebenkläger zeigten sich sehr enttäuscht über die Entscheidung der Justiz.

"Die Strafrechtspflege ist nur sehr bedingt geeignet, historische Fälle wie diese aufzuarbeiten", sagte der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl zur Begründung der Entscheidung. Er verwies zudem auf die lange Prozessgeschichte des Verfahrens. Das juristische Tauziehen um die Frage der Verjährung war bis zum Bundesverfassungsgericht gegangen. Erst im November 2003 hatten die Karlsruher Richter den Weg für das Verfahren frei gegeben. Die Taten lägen teilweise 18 Jahre zurück und seien dadurch schwer aufzuklären, sagte Pfuhl. Durch die Einstellung blieben auch den Opfern unangenehme Konfrontationen und aufwendige Glaubwürdigkeitsgutachten erspart.

"Es ist sehr traurig, dass keiner der 50 Zeugen gehört wurde", sagte der 29-Jährige Hauptzeuge. Der junge Mann lebt heute im bayerischen Hof und ist erwerbsunfähig. Laut Anklage ist dies Folge der Misshandlung, die er als Zwölfjähriger im Spezialkinderheim "Erich Hartung" erlitt. In dem Heim waren Kinder aus der gesamten DDR untergebracht, die als schwer erziehbar galten.

Seinen Schilderungen zufolge gab es erste Misshandlungen schon bei seiner Aufnahme ins Heim im Januar 1988. Sie sollen darin gegipfelt sein, dass ihm die 43-jährige Erzieherin seinen Kopf in eine Toilettenbecken presste und die Wasserspülung zog. Weitere frühere Zöglinge berichteten von Tritten und Schlägen, einer Arrestzelle im Keller, stundenlangem Stehen und "Entengang" in der Hocke.

Die Staatsanwaltschaft war von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung ausgegangen. Nach DDR-Strafrecht, das bei einer Verurteilung gegolten hätte, wären maximal zwei bis drei Jahre Freiheitsstrafe möglich gewesen.

"Nach der langen Zeit wäre aber nicht mehr viel rausgekommen", sagte Staatsanwalt Alexander Winterhalter. Vor dem Hintergrund sei die Zeit und Kosten sparende Lösung zu bevorzugen. "Ich denke, man musste aber zunächst genug Druck aufbauen, um die Angeklagten dazu zu bringen, eine Schuld einzugestehen", sagte er mit Blick auf das lange Verfahren. Zwar hatten die Angeklagten ausdrücklich betont, ihre Zustimmung sei nicht mit einem Schuldeingeständnis gleichzusetzen. "Im Endeffekt ist es das aber doch", sagte Winterhalter.
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Schweriner Volkszeitung (15.6.04)

Zitat:
"Eine große Enttäuschung"

Prozess um Misshandlungen in DDR-Kinderheim Meerane eingestellt

Leipzig (ddp) Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist gestern überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig auf Geldbußen für die angeklagten Erzieher.

Drei der vier Angeklagten müssen lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten.

Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben.

Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil.

Opfer bleiben weitere Befragungen erspart

Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung.

Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung dennoch ein Schuldeingeständnis. Ursprünglich sollte der Prozess bis zum Oktober andauern. Es gibt keine juristischen Möglichkeiten, gegen die Einstellung vorzugehen.

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Freie Presse, Chemnitz (15.6.04)

Zitat:
Prozess um mutmaßliche Misshandlungen in DDR-Kinderheim überraschend eingestellt

Leipzig. Mario S. fiel es sichtlich schwer, «diesen Leuten von damals» gegenüber zu sitzen. Damit meinte der 29-Jährige seine einstigen Erzieher im DDR-Heim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche in Meerane. Von 1986 bis 1990 sollen sich dort unfassbar scheinende Vorfälle abgespielt haben, die seit Montag vor dem Landgericht Leipzig verhandelt wurden. Angeklagt waren vier damalige Mitarbeiter der Einrichtung - drei Männer und eine Frau - wegen Verletzung ihrer Erziehungspflichten, teilweiser Freiheitsberaubung und in einem Fall sexuellem Missbrauch Jugendlicher. Ursprünglich sollte der Prozess bis Oktober dauern. Doch dann kam alles ganz anders: Das Verfahren wurde am Montagnachmittag zur großen Enttäuschung der Opfer von damals eingestellt. Drei der vier Angeklagten müssen lediglich Geldstrafen zwischen 3500 und 6000 Euro an einige ihrer Opfer und gemeinnützige Vereine zahlen.

Marion S. konnte es kaum fassen, dass seine mutmaßlichen Peiniger lediglich Geldstrafen zahlen müssen und einer sogar ohne finanzielle Konsequenzen davon kam. Dies sei «eine bodenlose Frechheit». Dabei standen dem psychisch stark angeschlagenen jungen Mann Tränen der Wut und der Enttäuschung in den Augen. Für ihn sollte dieser Prozess eine Abrechnung mit der Vergangenheit sein.

Aber er wusste von vornherein: «Meine Jahre, die ich da drin gesessen habe, kann mir keiner wiedergeben.» In die Verhandlung am Montag sei er «mit einem gemischten Gefühl» gegangen. Er habe Angst gehabt, seinen einstigen Erziehern wieder zu begegnen. «Es wühlt schon sehr viel in einem auf», erzählte der junge Mann. Vielleicht, so glaubte Mario S. noch vor der überraschenden Prozesswende, könne er danach etwas ruhiger leben. All die Jahre leide er als Folge der Ereignisse von damals an Schlafstörungen und habe psychische Probleme.

Doch die Genugtuung, die er sich von dem Verfahren erhofft hatte, blieb aus. Das, was Mario S. und mehrere andere Heiminsassen damals erlebt haben, sollte ab Montag juristisch aufgearbeitet werden. Bereits bei der Verlesung der Anklageschrift kamen Details zur Sprache, die einem Außenstehenden unglaublich erscheinen: Darin wurde den ehemaligen Erziehern und dem früheren Musiklehrer des Spezialheims unter anderem die Verletzung ihrer Erziehungspflichten zur Last gelegt. Die Frau wurde beschuldigt, Mario S. bereits bei seiner Ankunft misshandelt zu haben. Sie soll unter anderem dessen Kopf ins Toilettenbecken gehalten haben, weil dieser seine Personalien nicht angeben wollte. Der Musiklehrer soll ihm wegen Störung des Unterrichts mit der Gitarre auf den Kopf und später dessen Kopf an die Wand gestoßen haben. Immer wieder soll Mario S. zudem in eine Kellerzelle gesperrt und von einem der Angeklagten nachts sexuell missbraucht worden sein.

Was dem arbeitsunfähigen jungen Mann nun bleibt, ist das Geld, das er von drei der Angeklagten bekommen soll. Doch das, so sagt er, könne die Taten von damals nicht wieder gut machen.

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Lausitzer Rundschau (15.6.04)

Zitat:
Prozess um Misshandlungen in DDR-Kinderheim eingestellt
Geldbuße für Angeklagte / Kein Schuldeingeständnis
Nach jahrelangem juristischen Tauziehen ist der Prozess wegen Misshandlungen in einem DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane gestern überraschend eingestellt worden.

Das Landgericht Leipzig beendete das Verfahren gegen vier Erzieher im Alter von 43 bis 62 Jahren damit noch am Tag des lange erwarteten Prozessbeginns.

Zwei Männer und eine Frau müssen Geldbußen in Höhe von 3500 bis 6000 Euro zahlen. Die Angeklagten akzeptierten damit ein Angebot der Staatsanwaltschaft Chemnitz, räumten jedoch keine Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen ein. Das Geld geht an gemeinnützige Einrichtungen und an frühere Zöglinge. Die Staatsanwaltschaft war von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung ausgegangen.

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Die Welt, Berlin (15.6.04)

Zitat:
Prozess um DDR-Kinderheim eingestellt
Vier Angeklagte mussten sich wegen Misshandlung verantworten - Geldbußen, aber kein Schuldgeständnis

Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen in einem DDR-Kinderheim im sächsischen Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden. Vier ehemalige Erzieher des Heimes für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche mussten sich vor dem Leipziger Landgericht verantworten. Staatsanwalt Alexander Winterhalter warf den drei Männern und einer Frau vor, sich des Missbrauchs Schutzbefohlener, der sexuellen Belästigung sowie der Freiheitsberaubung schuldig gemacht zu haben. Fast 20 Jahre nach den Vorkommnissen sollte jetzt eine juristische Aufarbeitung des Geschehens erfolgen.

Laut Winterhalter hatten die Beschuldigten ihre jungen Zöglinge geschlagen, getreten, an den Haaren gezogen und zum Teil sexuell missbraucht. So soll die heute 43-jährige ehemalige Erzieherin einen damals Zwölfjährigen mit dem Kopf in ein Toilettenbecken gesteckt und dann die Spülung betätigt haben. Der frühere Heimleiter soll die Heiminsassen unter anderem mit einer Riemenpeitsche geschlagen und dabei auch auf deren Geschlechtsteile gezielt haben. Die Beschuldigten waren ins Visier der Justiz geraten, nachdem der frühere Heimbewohner Mario S. ein Buch über die Drangsalierungen veröffentlicht und somit die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatte. Der heute 29-Jährige, der als Nebenkläger und Hauptbelastungszeuge auftritt, hatte von Schlägen, Peitschenhieben, Fußtritten, Kellerarrest sowie sexuellen Misshandlungen während der Nachtwachen und unter der Dusche berichtet.

Das Chemnitzer Landgericht stellte ein erstes Verfahren ein, da es meinte, die in den achtziger Jahren begangenen Taten seien verjährt. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil vor drei Jahren jedoch auf und ordnete an, dass ein neuer Prozess vor dem Leipziger Landgericht anzusetzen sei.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich nun darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten. Die Angeklagten akzeptierten die Geldbußen, räumten aber keine Misshandlungen an Zöglingen ein. Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil. Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung. Der Hauptbelastungszeuge Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überraschenden Wendung dennoch ein Schuldeingeständnis. Ursprünglich sollte der Prozess bis zum Oktober andauern. Es gibt aber keine juristischen Möglichkeiten mehr, gegen die Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

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Der Tagesspiegel, Berlin (15.6.04)

Zitat:
Überraschung im Erzieherprozess

Das Landgericht Leipzig stellt das Verfahren um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ein

Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten.

Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben.

Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil.

Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung.

Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung in dem Verfahren dennoch ein Schuldeingeständnis.

Ursprünglich sollte der Prozess, für den 48 Zeugen geladen waren, bis zum Oktober andauern.




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Prozess gegen DDR-Erzieher überraschend eingestellt

Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich auf Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro für die Angeklagten ohne Schuldeingeständnis. Hauptopfer spricht von bodenloser Frechheit

Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten. Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben. Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil. Den Geschädigten blieben dadurch auch «unangenehme Konfrontationen» und «schwierige persönliche Befragungen» erspart.Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung. Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine «bodenlose Frechheit», dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung in dem Verfahren dennoch ein Schuldeingeständnis. In der Anklageschrift war den ehemaligen Erziehern und dem früheren Musiklehrer des Heims unter anderem die Verletzung ihrer Erziehungspflichten zur Last gelegt worden. Eine Frau wurde beschuldigt, Mario S. bereits bei seiner Ankunft misshandelt zu haben. Sie soll unter anderem dessen Kopf ins Toilettenbecken gehalten haben, weil dieser seine Personalien nicht angeben wollte. Zudem soll der heute 29-Jährige von den Angeklagten mehrfach in eine Kellerzelle gesperrt, getreten und mit einer Peitsche oder einer Gitarre geschlagen sowie von einem der Beschuldigten sexuell missbraucht worden sein. Einer der Beschuldigten war 1990 zum Leiter des Heimes aufgestiegen. Ein weiterer ist auch heute noch in der Einrichtung, einem diakonischen Kinderheim, tätig. Ursprünglich sollte der Prozess, für den 48 Zeugen geladen waren, bis zum Oktober andauern. Es gibt keine juristischen Möglichkeiten, gegen die Einstellung des Verfahrens vorzugehen.
ddp, dpa

Artikel erschienen am 14. Juni 2004
http://www.welt.de/data/2004/06/14/291479.html
Welt, Die - Vermischtes (14-06-2004 - 16:35 Uhr)



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Vorzeitiges Ende des Prozess gegen brutale DDR-Erzieher erwartet

Unmittelbar nach Beginn des Kinderheim-Prozesses wurde die Sitzung unterbrochen, um ein Angebot der Staatsanwaltschaft zu beraten

Leipzig - Der Prozess gegen vier Erzieher aus einem früheren DDR-Spezialkinderheim wird möglicherweise noch am Montag vor dem
Landgericht Leipzig beendet. Unmittelbar nach Verlesen der Anklage gab es auf Initiative der Staatsanwaltschaft ein Rechtsgespräch. Danach wurde die Sitzung bis zum Mittag unterbrochen, um ein Angebot der Staatsanwaltschaft zu beraten. Details wurden nicht bekannt. Die 43 bis 62 Jahre alten Angeklagten sollen von 1986 bis 1989 Kinder und Jugendliche im sächsischen Meerane gedemütigt und misshandelt haben. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz geht von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung aus. Einem 45 Jahre alten Angeklagten wird zudem sexueller Missbrauch vorgeworfen. Wird der Prozess wie geplant fortgesetzt, wollen die Angeklagten zu den Vorwürfen aussagen. In dem Verfahren treten zwei frühere Zöglinge der Angeklagten als Nebenkläger auf. Hauptzeuge ist dabei ein 29-Jähriger, der erwerbsunfähig ist. Laut Anklage ist dies Folge der Misshandlung, die er als Zwölfjähriger im Spezialkinderheim "Erich Hartung" erlitt. In dem Heim waren Kinder aus der gesamten DDR untergebracht, die als schwer erziehbar galten.
WELT.de/dpa

Artikel erschienen am 14. Juni 2004
http://www.welt.de/data/2004/06/14/291451.html
Welt, Die - Vermischtes (14-06-2004 - 14:51 Uhr)

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Hamburger Abendblatt
Donnerstag, 10. Juni 2004
Aus aller Welt


Das Leiden der Kinder von Meerane


DDR-Spezialheime: Margot Honecker ließ dort "Problemkinder" auf Linie drillen. Jetzt stehen Heimerzieher von damals wegen Misshandlung vor Gericht. In dem Prozess geht es um eines der düstersten Kapitel des SED-Regimes


Von Barbara Möller

Meerane - Siegfried H. hat sich eine Geheimnummer besorgt. Er möchte auf gar keinen Fall mehr angerufen werden. Jedenfalls nicht von denen, die er seine "Verleumder" nennt. Reden wird Siegfried H. erst wieder vor Gericht.

Kathrin L. und Falk M. sind telefonisch auch nicht mehr zu erreichen. Nur Kollege Hans-Jürgen I. macht noch den Mund auf. Allerdings nur, um zu sagen, dass er nicht vorhabe, Fragen zu beantworten. Und um verbittert hinterherzuschieben: "Ich hoffe, Ihr Interesse hält an, bis die Sache vorbei ist!"

Die Sache schwelt seit 1996. Damals erhob Mario Selzer schwere Vorwürfe gegen seine ehemaligen Erzieher im einstigen DDR-Spezialkinderheim "Erich Hartung" im sächsischen Meerane. Er sei, so Selzer, dort als Zwölfjähriger schwer misshandelt worden. Schon am Aufnahmetag habe ihn eine Erzieherin getreten, seinen Kopf in ein Toilettenbecken gedrückt und die Wasserspülung gezogen. Selzers Bericht setzte eine Kettenreaktion in Gang. Andere Heimzöglinge wie Dirk Krahl und Frank Thiele meldeten sich zu Wort und erzählten von einer fünf mal fünf Meter großen vergitterten Arrestzelle im Keller. Vom berüchtigten "Entengang", zu dem die Erzieher die Kinder und Jugendlichen gezwungen haben sollen, bis sie zusammenklappten. Von Stockschlägen in die Kniekehlen, von stundenlangem Strammstehen. Davon, dass sie Flure mit Nagel-, und Klos mit Zahnbürsten hätten reinigen müssen.

Alles erlogen, sagen die vier Angeklagten, die sich von Montag an vor dem Leipziger Landgericht verantworten müssen. Mario, das hat Siegfried H. schon vor Jahren klar gemacht, sei ein "weicher, links gestrickter Junge", den andere aufgestachelt hätten.

Möglich. Möglich aber auch, dass dieser Strafprozess, an dessen Ende den vier Angeklagten Freiheitsstrafen von einem bis zu fünf Jahren drohen, nur die Spitze eines letzten Eisbergs von nicht aufgearbeitetem DDR-Unrecht ist.

Denn Spezialkinderheime wie das in Meerane waren eine Erfindung von Margot Honecker, die als Volksbildungsministerin unter anderem dafür gesorgt hat, dass versuchte "Republikflucht" oder vermeintliche Spionage damit bestraft wurde, dass man den Eltern ihre Kinder wegnahm und sie zur Adoption freigab. Dafür - wie für die 42 Spezialkinderheime, die noch härteren 31 Jugendwerkhöfe und den berüchtigten "Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau" - war die Abteilung "J´ugendhilfe und Heimerziehung" zuständig. Auf der Grundlage eines Gesetzes von 1965. "In den Spezialkinderheimen", hieß es damals, "werden schwer erziehbare und straffällige Jugendliche sowie Kinder aufgenommen, deren Umerziehung in ihrer bisherigen Erziehungsumgebung trotz optimal organisierter erzieherischer Einwirkung der Gesellschaft nicht erfolgreich verlief."

Über die Spezialkinderheime hat man zu DDR-Zeiten wenig gewusst. Aus gutem Grund. In diesen Einrichtungen versteckten die Stalinisten und Kommunisten alles, was noch nicht volljährig war und was ihnen nicht ins System passte. Beziehungweise alles, was sich nicht ans System anpasste. Und davon gab es im Lauf der Jahre immer mehr. So viel, dass das Betreuungspersonal knapp wurde. Folge: Die stramm autoritären Konzepte, die DDR-Oberpädagoge Eberhard Mannschatz im Auftrag Margot Honeckers entwickelt hatte, gingen in der Praxis nicht mehr auf, und das Ministerium hatte immer größere Probleme, den Einrichtungen über die Bezirke adäquat ausgebildetes Personal zuzuweisen. Ersatz, im Schnelldurchgang geschult, erwies sich immer häufiger als überfordert. In Bräunsdorf bei Chemnitz wurde Anfang der 70er-Jahre ein ehemaliger NVA-Offizier bei seinen Vorgesetzten mit der Bitte vorstellig, im Dienst seine Waffe tragen zu dürfen: Er fühle sich bedroht!

Heute weiß man, dass in Heimen wie dem in Meerane keineswegs nur verhaltensgestörte und schwer erziehbare Kinder untergebracht wurden, sondern auch Kinder von Regimegegnern und Jugendliche, die gegen das System aufgemuckt hatten. Vorher war es ein Staatsgeheimnis gewesen. Der Staat hatte sich in doppelter Hinsicht zur Abschottung dieser Einrichtungen veranlasst gesehen. Erstens, weil er bis zu seinem Zusammenbruch abstritt, es könne überhaupt jemanden geben, der die Deutsche Demokratische Republik nicht als Paradies auf Erden begriff. Zweitens, weil die Existenz der Spezialkinderheime als Ultima Ratio klar auf diesen Schönheitsfehler hinwies.

1997, als sich in Meerane langsam herumsprach, was sich jahrelang hinter den Mauern des "Erich Hartung"-Heims abgespielt haben soll, hat der damalige Bürgermeister Peter Ohl eine schriftliche Ehrenerklärung für die Beschuldigten abgegeben. Insbesondere für Hans-Jürgen I., der zum damaligen Zeitpunkt sein Stellvertreter gewesen ist. Es gebe seitens der Stadt, hat Ohl gesagt, keinerlei Handlungsbedarf: "Im Übrigen bin ich überzeugt, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen werden."

Ohl war Allgemeinmediziner, bevor er in die Politik ging. Ins "Erich Hartung"-Haus hat man ihn auch ab und zu gerufen, allerdings in den 70er-Jahren. Frank Thiele, der älteste der neun Ex-Zöglinge, die vor Gericht aussagen werden, war von 1980 bis 1982 in Meerane untergebracht. Ohl bleibt trotzdem dabei: "Das, was ich damals geschrieben habe, gilt heute noch genauso."

Ohls Nachfolger, Lothar Ungerer, handhabt die Sache völlig anders. Der habilitierte Politikwissenschaftler, der 1999 aus dem schwäbischen Ludwigsburg nach Meerane kam, will das Thema wissenschaftlich beleuchten und plant parallel zum Prozess, der sich bis Oktober hinziehen kann, ein Symposium. Das "Erich Hartung"-Haus, sagt der 50-Jährige, sei ein Stück Stadtgeschichte, ob einem das gefalle oder nicht.

Ungerer hat den Sozialwissenschaftler Peter Schütt von der Fachhochschule Mittweida gebeten, im Vorfeld dieses Symposiums der Frage nachzugehen, wer beim Kreis und beim Bezirk für die Zustände im Spezialkinderheim Meerane zuständig gewesen ist. Das sei, sagt Ungerer, aber nicht ganz einfach, denn es lägen sowohl Akten beim Land Sachsen als auch bei den Landesjugendämtern.

Schütt sagt, er habe keine Zweifel, dass große Teile der Vorwürfe, die den vier Angeklagten gemacht werden, zuträfen. Heimerzieher, meint der 60-Jährige, seien nahezu immer überfordert. Der Unterschied sei nur, dass es unter demokratischen Bedingungen möglich sei, sich gegen Willkürakte zur Wehr zu setzen. Schütt geht auch davon aus, dass in Margot Honeckers Spezialkinderheimen mit Gewalt Politik gemacht wurde.

Das Spezialkinderheim "Erich Hartung" heißt heute "Georg-Krause-Haus". Der Name des Antifaschisten musste dem eines Pfarrers weichen. Das Gebäude an der Meeraner Amtsstraße leuchtet jetzt in freundlichem Gelb, Träger des Kinder- und Jugendheims ist seit dem 1. Januar 1993 der "Erziehungsverein e. V.", ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe, Mitglied im Diakonischen Werk Sachsen.

Bei Ingolf Wachs, dem Geschäftsführer des Vereins, liegen die Nerven blank. Gerade hätten es zwei Jugendliche abgelehnt, ins "Georg-Krause-Haus" einzuziehen. Nicht nach dem, was man darüber gehört und gelesen habe! Wachs spricht von dem finanziellen Schaden, der ihm durch die Absage entstanden sei, und beklagt, dass er zunehmend vergeblich darauf hinweise, dass man weder Rechtsnachfolger des "Erich Hartung"-Heimes sei noch in dessen "erzieherischer Tradition" stehe. Wachs bestätigt aber auch, dass er den Angeklagten Siegried H. selbst noch beschäftigt hat: bis 1996 als Heimleiter, danach im Büro, bis 2001 Geschäftsführer des Fördervereins. Im Hinblick auf das am Montag beginnende Verfahren sagt der 45-jährige Kaufmann: "Ich hoffe, der Prozess kann zeigen, ob es um regimebezogene Interessen ging oder ob es sich um personenbezogenes Versagen handelt."

18 Prozesstage hat die 5. Strafkammer des Leipziger Landgerichts für das Verfahren angesetzt, 50 Zeugen sollen gehört werden. Darunter Mario Selzer, der auch als Nebenkläger auftreten wird. Der inzwischen 29-Jährige, der am 4. Februar 1988 aus dem Schulunterricht in Aue geholt und nach Meerane geschafft wurde, hat mehrere Suizidversuche hinter sich. Er hat Monate in der Psychiatrie verbracht und kann, wie zu hören ist, ohne Antidepressiva nicht leben. Selzer will Genugtuung für den Satz, den Siegfried H. vor acht Jahren gesagt hat: "Der Junge ist gescheitert, und nun will er uns dafür zum Sündenbock machen."

erschienen am 10. Juni 2004 in Aus aller Welt


[editiert: 24.05.07, 10:43 von Admin]
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mike kersten geboren teichmann
Gast
New PostErstellt: 22.08.11, 13:38  Betreff: zwischen 1986 und 1990 war ich in diesen heim  drucken  weiterempfehlen Antwort mit Zitat  

    Zitat:
    n-tv (14.6.04)

    Zitat:
    "Auf grausame Art gedemütigt" - DDR-Prozess eingestellt

    Der Prozess um Misshandlungen in einem früheren DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden.

    Die angeklagten Erzieher einigten sich mit der Staatsanwaltschaft Chemnitz auf die Zahlung von Geldbußen von 3.000 bis 6.000 Euro, räumten aber keine Misshandlungen ein.

    Ihnen war vorgeworfen worden, zwischen 1986 und 1989 Zöglinge auf grausame Weise gedemütigt zu haben. In dem 1962 gegründeten Spezialheim "Erich Hartung" waren so genannte schwer erziehbare, verhaltensauffällige und sozial "abgeglittene" Kinder und Jugendliche aus der gesamten DDR untergebracht. Nach Zeugenaussagen waren gewaltsame Übergriffe in dem Heim an der Tagesordnung. Die Angeklagten sollen unter anderem Kinder mit einem Stock in die Kniekehlen und mit einer Riemenpeitsche auf den Rücken geschlagen haben.

    Andere wurden laut Anklage bei "Vergehen" mit dem Kopf gegen eine Wand gestoßen, mit den Füßen ins Gesäß getreten, mussten stundenlang mit ausgestreckten Armen stramm stehen oder wurden in die "Kellerzelle " gesperrt - einen unbeheizten Raum mit vergittertem Fenster und nur einer Pritsche.

    In einem Fall soll eine Beschuldigte einen Jungen mit dem Kopf in ein Toilettenbecken getaucht und dabei die Wasserspülung betätigt haben. Ein weiterer Zeuge musste nach eigener Aussage als Strafe für eine Störung des Musikunterrichts mit einer Zahnbürste Pissoirs reinigen. Nach der Wende war das Kinderheim von der Diakonie übernommen worden. Einer der Angeklagten war nach 1990 sogar zum Heimleiter aufgestiegen.

    Dem ursprünglich bis Oktober terminierten Prozess in Leipzig ging ein jahrelanges juristisches Tauziehen voraus, in dessen Mittelpunkt die Frage um die Verjährung der Straftaten stand.
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    Morgenpost, Berlin (15.6.04)

    Zitat:
    Misshandlungen in DDR-Kinderheim

    Leipzig - Der Prozess gegen vier ehemalige Erzieher eines DDR-Heims für Schwererziehbare ist am Montag vor dem Leipziger Landgericht überraschend zu Ende gegangen. Gegen Zahlung von Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ehemalige Zöglinge des Kinderheims im sächsischen Meerane und an gemeinnützige Einrichtungen stellte die 5. Strafkammer des Leipziger Gerichts die Verfahren gegen drei der Angeklagten ein. Der vierte Beschuldigte kam ohne Auflagen davon.

    Ursprünglich waren 18 Verhandlungstage angesetzt, an denen nahezu 50 Zeugen gehört werden sollten. Doch dann schlug Staatsanwalt Alexander Winterhalter vor, die Verfahren gegen Geldbußen einzustellen. Er begründete dies damit, dass so das Verfahren wesentlich abgekürzt werden könne. Zudem verwies er darauf, dass die mutmaßlichen Taten bereits fast 20 Jahre zurückliegen und es schwer werde, wirklich Licht in die Angelegenheit zu bringen. Die Verteidiger von drei der Angeklagten stimmten dem Vorschlag zu, unterstrichen jedoch, dass dies kein Schuldeingeständnis ihrer Mandanten bedeute. Der Anwalt des vierten Angeklagten stimmte der Einstellung ebenfalls zu, wollte eine Geldbuße aber nicht akzeptieren.

    Im Kern ging es bei den Anschuldigungen darum, dass die vier Angeklagten zu DDR-Zeiten in dem Kinderheim in Meerane ihre Zöglinge gequält und zum Teil auch sexuell missbraucht haben sollen. Ein heute 29-Jähriger, der auch als Nebenkläger auftrat, war als 12-Jähriger in das Heim gekommen. Dort steckte ihm nach eigener Aussage unter anderem eine Erzieherin den Kopf in eine Toilettenschüssel und betätigte dann die Spülung. Zudem sollen im Heim Kinder und Jugendliche zum Beispiel mit Riemenpeitschen geschlagen worden sein, wobei auch auf die Geschlechtsteile gezielt wurde.

    Wie Winterhalter erläuterte, wären die den Angeklagten vorgeworfenen Taten nach DDR-Strafrecht zu bestrafen gewesen. "Das hätte im Höchstfall Freiheitsstrafen von drei Jahren bedeutet, so viel, wie es heute für eine Sachbeschädigung gibt", sagte der Anklagevertreter. Durch die Geldbußen erführen die Opfer teilweise Genugtuung.

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    Märkische Oderzeitung (15.6.04)

    Zitat:
    Misshandlung in DDR-Kinderheim: Prozess eingestellt

    Leipzig (dpa) Nach jahrelangem juristischem Tauziehen ist der Prozess wegen Misshandlungen in einem DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane am Montag überraschend eingestellt worden. Das Landgericht Leipzig beendete das Verfahren gegen vier Erzieher im Alter von 43 bis 62 Jahren damit noch am Tag des lange erwarteten Prozessbeginns. Zwei Männer und eine Frau müssen Geldbußen in Höhe von 3500 bis 6000 Euro zahlen.

    Die Angeklagten akzeptierten damit ein Angebot der Staatsanwaltschaft Chemnitz, räumten jedoch keine Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen ein. Das Geld geht an gemeinnützige Einrichtungen und an frühere Zöglinge. Die Nebenkläger zeigten sich sehr enttäuscht über die Entscheidung der Justiz.

    "Die Strafrechtspflege ist nur sehr bedingt geeignet, historische Fälle wie diese aufzuarbeiten", sagte der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl zur Begründung der Entscheidung. Er verwies zudem auf die lange Prozessgeschichte des Verfahrens. Das juristische Tauziehen um die Frage der Verjährung war bis zum Bundesverfassungsgericht gegangen. Erst im November 2003 hatten die Karlsruher Richter den Weg für das Verfahren frei gegeben. Die Taten lägen teilweise 18 Jahre zurück und seien dadurch schwer aufzuklären, sagte Pfuhl. Durch die Einstellung blieben auch den Opfern unangenehme Konfrontationen und aufwendige Glaubwürdigkeitsgutachten erspart.

    "Es ist sehr traurig, dass keiner der 50 Zeugen gehört wurde", sagte der 29-Jährige Hauptzeuge. Der junge Mann lebt heute im bayerischen Hof und ist erwerbsunfähig. Laut Anklage ist dies Folge der Misshandlung, die er als Zwölfjähriger im Spezialkinderheim "Erich Hartung" erlitt. In dem Heim waren Kinder aus der gesamten DDR untergebracht, die als schwer erziehbar galten.

    Seinen Schilderungen zufolge gab es erste Misshandlungen schon bei seiner Aufnahme ins Heim im Januar 1988. Sie sollen darin gegipfelt sein, dass ihm die 43-jährige Erzieherin seinen Kopf in eine Toilettenbecken presste und die Wasserspülung zog. Weitere frühere Zöglinge berichteten von Tritten und Schlägen, einer Arrestzelle im Keller, stundenlangem Stehen und "Entengang" in der Hocke.

    Die Staatsanwaltschaft war von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung ausgegangen. Nach DDR-Strafrecht, das bei einer Verurteilung gegolten hätte, wären maximal zwei bis drei Jahre Freiheitsstrafe möglich gewesen.

    "Nach der langen Zeit wäre aber nicht mehr viel rausgekommen", sagte Staatsanwalt Alexander Winterhalter. Vor dem Hintergrund sei die Zeit und Kosten sparende Lösung zu bevorzugen. "Ich denke, man musste aber zunächst genug Druck aufbauen, um die Angeklagten dazu zu bringen, eine Schuld einzugestehen", sagte er mit Blick auf das lange Verfahren. Zwar hatten die Angeklagten ausdrücklich betont, ihre Zustimmung sei nicht mit einem Schuldeingeständnis gleichzusetzen. "Im Endeffekt ist es das aber doch", sagte Winterhalter.
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    Schweriner Volkszeitung (15.6.04)

    Zitat:
    "Eine große Enttäuschung"

    Prozess um Misshandlungen in DDR-Kinderheim Meerane eingestellt

    Leipzig (ddp) Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist gestern überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig auf Geldbußen für die angeklagten Erzieher.

    Drei der vier Angeklagten müssen lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten.

    Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben.

    Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil.

    Opfer bleiben weitere Befragungen erspart

    Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung.

    Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung dennoch ein Schuldeingeständnis. Ursprünglich sollte der Prozess bis zum Oktober andauern. Es gibt keine juristischen Möglichkeiten, gegen die Einstellung vorzugehen.

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    Freie Presse, Chemnitz (15.6.04)

    Zitat:
    Prozess um mutmaßliche Misshandlungen in DDR-Kinderheim überraschend eingestellt

    Leipzig. Mario S. fiel es sichtlich schwer, «diesen Leuten von damals» gegenüber zu sitzen. Damit meinte der 29-Jährige seine einstigen Erzieher im DDR-Heim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche in Meerane. Von 1986 bis 1990 sollen sich dort unfassbar scheinende Vorfälle abgespielt haben, die seit Montag vor dem Landgericht Leipzig verhandelt wurden. Angeklagt waren vier damalige Mitarbeiter der Einrichtung - drei Männer und eine Frau - wegen Verletzung ihrer Erziehungspflichten, teilweiser Freiheitsberaubung und in einem Fall sexuellem Missbrauch Jugendlicher. Ursprünglich sollte der Prozess bis Oktober dauern. Doch dann kam alles ganz anders: Das Verfahren wurde am Montagnachmittag zur großen Enttäuschung der Opfer von damals eingestellt. Drei der vier Angeklagten müssen lediglich Geldstrafen zwischen 3500 und 6000 Euro an einige ihrer Opfer und gemeinnützige Vereine zahlen.

    Marion S. konnte es kaum fassen, dass seine mutmaßlichen Peiniger lediglich Geldstrafen zahlen müssen und einer sogar ohne finanzielle Konsequenzen davon kam. Dies sei «eine bodenlose Frechheit». Dabei standen dem psychisch stark angeschlagenen jungen Mann Tränen der Wut und der Enttäuschung in den Augen. Für ihn sollte dieser Prozess eine Abrechnung mit der Vergangenheit sein.

    Aber er wusste von vornherein: «Meine Jahre, die ich da drin gesessen habe, kann mir keiner wiedergeben.» In die Verhandlung am Montag sei er «mit einem gemischten Gefühl» gegangen. Er habe Angst gehabt, seinen einstigen Erziehern wieder zu begegnen. «Es wühlt schon sehr viel in einem auf», erzählte der junge Mann. Vielleicht, so glaubte Mario S. noch vor der überraschenden Prozesswende, könne er danach etwas ruhiger leben. All die Jahre leide er als Folge der Ereignisse von damals an Schlafstörungen und habe psychische Probleme.

    Doch die Genugtuung, die er sich von dem Verfahren erhofft hatte, blieb aus. Das, was Mario S. und mehrere andere Heiminsassen damals erlebt haben, sollte ab Montag juristisch aufgearbeitet werden. Bereits bei der Verlesung der Anklageschrift kamen Details zur Sprache, die einem Außenstehenden unglaublich erscheinen: Darin wurde den ehemaligen Erziehern und dem früheren Musiklehrer des Spezialheims unter anderem die Verletzung ihrer Erziehungspflichten zur Last gelegt. Die Frau wurde beschuldigt, Mario S. bereits bei seiner Ankunft misshandelt zu haben. Sie soll unter anderem dessen Kopf ins Toilettenbecken gehalten haben, weil dieser seine Personalien nicht angeben wollte. Der Musiklehrer soll ihm wegen Störung des Unterrichts mit der Gitarre auf den Kopf und später dessen Kopf an die Wand gestoßen haben. Immer wieder soll Mario S. zudem in eine Kellerzelle gesperrt und von einem der Angeklagten nachts sexuell missbraucht worden sein.

    Was dem arbeitsunfähigen jungen Mann nun bleibt, ist das Geld, das er von drei der Angeklagten bekommen soll. Doch das, so sagt er, könne die Taten von damals nicht wieder gut machen.

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    Lausitzer Rundschau (15.6.04)

    Zitat:
    Prozess um Misshandlungen in DDR-Kinderheim eingestellt
    Geldbuße für Angeklagte / Kein Schuldeingeständnis
    Nach jahrelangem juristischen Tauziehen ist der Prozess wegen Misshandlungen in einem DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane gestern überraschend eingestellt worden.

    Das Landgericht Leipzig beendete das Verfahren gegen vier Erzieher im Alter von 43 bis 62 Jahren damit noch am Tag des lange erwarteten Prozessbeginns.

    Zwei Männer und eine Frau müssen Geldbußen in Höhe von 3500 bis 6000 Euro zahlen. Die Angeklagten akzeptierten damit ein Angebot der Staatsanwaltschaft Chemnitz, räumten jedoch keine Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen ein. Das Geld geht an gemeinnützige Einrichtungen und an frühere Zöglinge. Die Staatsanwaltschaft war von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung ausgegangen.

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    Die Welt, Berlin (15.6.04)

    Zitat:
    Prozess um DDR-Kinderheim eingestellt
    Vier Angeklagte mussten sich wegen Misshandlung verantworten - Geldbußen, aber kein Schuldgeständnis

    Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen in einem DDR-Kinderheim im sächsischen Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden. Vier ehemalige Erzieher des Heimes für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche mussten sich vor dem Leipziger Landgericht verantworten. Staatsanwalt Alexander Winterhalter warf den drei Männern und einer Frau vor, sich des Missbrauchs Schutzbefohlener, der sexuellen Belästigung sowie der Freiheitsberaubung schuldig gemacht zu haben. Fast 20 Jahre nach den Vorkommnissen sollte jetzt eine juristische Aufarbeitung des Geschehens erfolgen.

    Laut Winterhalter hatten die Beschuldigten ihre jungen Zöglinge geschlagen, getreten, an den Haaren gezogen und zum Teil sexuell missbraucht. So soll die heute 43-jährige ehemalige Erzieherin einen damals Zwölfjährigen mit dem Kopf in ein Toilettenbecken gesteckt und dann die Spülung betätigt haben. Der frühere Heimleiter soll die Heiminsassen unter anderem mit einer Riemenpeitsche geschlagen und dabei auch auf deren Geschlechtsteile gezielt haben. Die Beschuldigten waren ins Visier der Justiz geraten, nachdem der frühere Heimbewohner Mario S. ein Buch über die Drangsalierungen veröffentlicht und somit die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatte. Der heute 29-Jährige, der als Nebenkläger und Hauptbelastungszeuge auftritt, hatte von Schlägen, Peitschenhieben, Fußtritten, Kellerarrest sowie sexuellen Misshandlungen während der Nachtwachen und unter der Dusche berichtet.

    Das Chemnitzer Landgericht stellte ein erstes Verfahren ein, da es meinte, die in den achtziger Jahren begangenen Taten seien verjährt. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil vor drei Jahren jedoch auf und ordnete an, dass ein neuer Prozess vor dem Leipziger Landgericht anzusetzen sei.

    Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich nun darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten. Die Angeklagten akzeptierten die Geldbußen, räumten aber keine Misshandlungen an Zöglingen ein. Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil. Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung. Der Hauptbelastungszeuge Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überraschenden Wendung dennoch ein Schuldeingeständnis. Ursprünglich sollte der Prozess bis zum Oktober andauern. Es gibt aber keine juristischen Möglichkeiten mehr, gegen die Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

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    Der Tagesspiegel, Berlin (15.6.04)

    Zitat:
    Überraschung im Erzieherprozess

    Das Landgericht Leipzig stellt das Verfahren um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ein

    Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten.

    Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben.

    Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil.

    Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung.

    Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung in dem Verfahren dennoch ein Schuldeingeständnis.

    Ursprünglich sollte der Prozess, für den 48 Zeugen geladen waren, bis zum Oktober andauern.




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    Prozess gegen DDR-Erzieher überraschend eingestellt

    Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich auf Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro für die Angeklagten ohne Schuldeingeständnis. Hauptopfer spricht von bodenloser Frechheit

    Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten. Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben. Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil. Den Geschädigten blieben dadurch auch «unangenehme Konfrontationen» und «schwierige persönliche Befragungen» erspart.Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung. Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine «bodenlose Frechheit», dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung in dem Verfahren dennoch ein Schuldeingeständnis. In der Anklageschrift war den ehemaligen Erziehern und dem früheren Musiklehrer des Heims unter anderem die Verletzung ihrer Erziehungspflichten zur Last gelegt worden. Eine Frau wurde beschuldigt, Mario S. bereits bei seiner Ankunft misshandelt zu haben. Sie soll unter anderem dessen Kopf ins Toilettenbecken gehalten haben, weil dieser seine Personalien nicht angeben wollte. Zudem soll der heute 29-Jährige von den Angeklagten mehrfach in eine Kellerzelle gesperrt, getreten und mit einer Peitsche oder einer Gitarre geschlagen sowie von einem der Beschuldigten sexuell missbraucht worden sein. Einer der Beschuldigten war 1990 zum Leiter des Heimes aufgestiegen. Ein weiterer ist auch heute noch in der Einrichtung, einem diakonischen Kinderheim, tätig. Ursprünglich sollte der Prozess, für den 48 Zeugen geladen waren, bis zum Oktober andauern. Es gibt keine juristischen Möglichkeiten, gegen die Einstellung des Verfahrens vorzugehen.
    ddp, dpa

    Artikel erschienen am 14. Juni 2004
    http://www.welt.de/data/2004/06/14/291479.html
    Welt, Die - Vermischtes (14-06-2004 - 16:35 Uhr)



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    Vorzeitiges Ende des Prozess gegen brutale DDR-Erzieher erwartet

    Unmittelbar nach Beginn des Kinderheim-Prozesses wurde die Sitzung unterbrochen, um ein Angebot der Staatsanwaltschaft zu beraten

    Leipzig - Der Prozess gegen vier Erzieher aus einem früheren DDR-Spezialkinderheim wird möglicherweise noch am Montag vor dem
    Landgericht Leipzig beendet. Unmittelbar nach Verlesen der Anklage gab es auf Initiative der Staatsanwaltschaft ein Rechtsgespräch. Danach wurde die Sitzung bis zum Mittag unterbrochen, um ein Angebot der Staatsanwaltschaft zu beraten. Details wurden nicht bekannt. Die 43 bis 62 Jahre alten Angeklagten sollen von 1986 bis 1989 Kinder und Jugendliche im sächsischen Meerane gedemütigt und misshandelt haben. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz geht von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung aus. Einem 45 Jahre alten Angeklagten wird zudem sexueller Missbrauch vorgeworfen. Wird der Prozess wie geplant fortgesetzt, wollen die Angeklagten zu den Vorwürfen aussagen. In dem Verfahren treten zwei frühere Zöglinge der Angeklagten als Nebenkläger auf. Hauptzeuge ist dabei ein 29-Jähriger, der erwerbsunfähig ist. Laut Anklage ist dies Folge der Misshandlung, die er als Zwölfjähriger im Spezialkinderheim "Erich Hartung" erlitt. In dem Heim waren Kinder aus der gesamten DDR untergebracht, die als schwer erziehbar galten.
    WELT.de/dpa

    Artikel erschienen am 14. Juni 2004
    http://www.welt.de/data/2004/06/14/291451.html
    Welt, Die - Vermischtes (14-06-2004 - 14:51 Uhr)

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    Hamburger Abendblatt
    Donnerstag, 10. Juni 2004
    Aus aller Welt


    Das Leiden der Kinder von Meerane


    DDR-Spezialheime: Margot Honecker ließ dort "Problemkinder" auf Linie drillen. Jetzt stehen Heimerzieher von damals wegen Misshandlung vor Gericht. In dem Prozess geht es um eines der düstersten Kapitel des SED-Regimes


    Von Barbara Möller

    Meerane - Siegfried H. hat sich eine Geheimnummer besorgt. Er möchte auf gar keinen Fall mehr angerufen werden. Jedenfalls nicht von denen, die er seine "Verleumder" nennt. Reden wird Siegfried H. erst wieder vor Gericht.

    Kathrin L. und Falk M. sind telefonisch auch nicht mehr zu erreichen. Nur Kollege Hans-Jürgen I. macht noch den Mund auf. Allerdings nur, um zu sagen, dass er nicht vorhabe, Fragen zu beantworten. Und um verbittert hinterherzuschieben: "Ich hoffe, Ihr Interesse hält an, bis die Sache vorbei ist!"

    Die Sache schwelt seit 1996. Damals erhob Mario Selzer schwere Vorwürfe gegen seine ehemaligen Erzieher im einstigen DDR-Spezialkinderheim "Erich Hartung" im sächsischen Meerane. Er sei, so Selzer, dort als Zwölfjähriger schwer misshandelt worden. Schon am Aufnahmetag habe ihn eine Erzieherin getreten, seinen Kopf in ein Toilettenbecken gedrückt und die Wasserspülung gezogen. Selzers Bericht setzte eine Kettenreaktion in Gang. Andere Heimzöglinge wie Dirk Krahl und Frank Thiele meldeten sich zu Wort und erzählten von einer fünf mal fünf Meter großen vergitterten Arrestzelle im Keller. Vom berüchtigten "Entengang", zu dem die Erzieher die Kinder und Jugendlichen gezwungen haben sollen, bis sie zusammenklappten. Von Stockschlägen in die Kniekehlen, von stundenlangem Strammstehen. Davon, dass sie Flure mit Nagel-, und Klos mit Zahnbürsten hätten reinigen müssen.

    Alles erlogen, sagen die vier Angeklagten, die sich von Montag an vor dem Leipziger Landgericht verantworten müssen. Mario, das hat Siegfried H. schon vor Jahren klar gemacht, sei ein "weicher, links gestrickter Junge", den andere aufgestachelt hätten.

    Möglich. Möglich aber auch, dass dieser Strafprozess, an dessen Ende den vier Angeklagten Freiheitsstrafen von einem bis zu fünf Jahren drohen, nur die Spitze eines letzten Eisbergs von nicht aufgearbeitetem DDR-Unrecht ist.

    Denn Spezialkinderheime wie das in Meerane waren eine Erfindung von Margot Honecker, die als Volksbildungsministerin unter anderem dafür gesorgt hat, dass versuchte "Republikflucht" oder vermeintliche Spionage damit bestraft wurde, dass man den Eltern ihre Kinder wegnahm und sie zur Adoption freigab. Dafür - wie für die 42 Spezialkinderheime, die noch härteren 31 Jugendwerkhöfe und den berüchtigten "Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau" - war die Abteilung "J´ugendhilfe und Heimerziehung" zuständig. Auf der Grundlage eines Gesetzes von 1965. "In den Spezialkinderheimen", hieß es damals, "werden schwer erziehbare und straffällige Jugendliche sowie Kinder aufgenommen, deren Umerziehung in ihrer bisherigen Erziehungsumgebung trotz optimal organisierter erzieherischer Einwirkung der Gesellschaft nicht erfolgreich verlief."

    Über die Spezialkinderheime hat man zu DDR-Zeiten wenig gewusst. Aus gutem Grund. In diesen Einrichtungen versteckten die Stalinisten und Kommunisten alles, was noch nicht volljährig war und was ihnen nicht ins System passte. Beziehungweise alles, was sich nicht ans System anpasste. Und davon gab es im Lauf der Jahre immer mehr. So viel, dass das Betreuungspersonal knapp wurde. Folge: Die stramm autoritären Konzepte, die DDR-Oberpädagoge Eberhard Mannschatz im Auftrag Margot Honeckers entwickelt hatte, gingen in der Praxis nicht mehr auf, und das Ministerium hatte immer größere Probleme, den Einrichtungen über die Bezirke adäquat ausgebildetes Personal zuzuweisen. Ersatz, im Schnelldurchgang geschult, erwies sich immer häufiger als überfordert. In Bräunsdorf bei Chemnitz wurde Anfang der 70er-Jahre ein ehemaliger NVA-Offizier bei seinen Vorgesetzten mit der Bitte vorstellig, im Dienst seine Waffe tragen zu dürfen: Er fühle sich bedroht!

    Heute weiß man, dass in Heimen wie dem in Meerane keineswegs nur verhaltensgestörte und schwer erziehbare Kinder untergebracht wurden, sondern auch Kinder von Regimegegnern und Jugendliche, die gegen das System aufgemuckt hatten. Vorher war es ein Staatsgeheimnis gewesen. Der Staat hatte sich in doppelter Hinsicht zur Abschottung dieser Einrichtungen veranlasst gesehen. Erstens, weil er bis zu seinem Zusammenbruch abstritt, es könne überhaupt jemanden geben, der die Deutsche Demokratische Republik nicht als Paradies auf Erden begriff. Zweitens, weil die Existenz der Spezialkinderheime als Ultima Ratio klar auf diesen Schönheitsfehler hinwies.

    1997, als sich in Meerane langsam herumsprach, was sich jahrelang hinter den Mauern des "Erich Hartung"-Heims abgespielt haben soll, hat der damalige Bürgermeister Peter Ohl eine schriftliche Ehrenerklärung für die Beschuldigten abgegeben. Insbesondere für Hans-Jürgen I., der zum damaligen Zeitpunkt sein Stellvertreter gewesen ist. Es gebe seitens der Stadt, hat Ohl gesagt, keinerlei Handlungsbedarf: "Im Übrigen bin ich überzeugt, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen werden."

    Ohl war Allgemeinmediziner, bevor er in die Politik ging. Ins "Erich Hartung"-Haus hat man ihn auch ab und zu gerufen, allerdings in den 70er-Jahren. Frank Thiele, der älteste der neun Ex-Zöglinge, die vor Gericht aussagen werden, war von 1980 bis 1982 in Meerane untergebracht. Ohl bleibt trotzdem dabei: "Das, was ich damals geschrieben habe, gilt heute noch genauso."

    Ohls Nachfolger, Lothar Ungerer, handhabt die Sache völlig anders. Der habilitierte Politikwissenschaftler, der 1999 aus dem schwäbischen Ludwigsburg nach Meerane kam, will das Thema wissenschaftlich beleuchten und plant parallel zum Prozess, der sich bis Oktober hinziehen kann, ein Symposium. Das "Erich Hartung"-Haus, sagt der 50-Jährige, sei ein Stück Stadtgeschichte, ob einem das gefalle oder nicht.

    Ungerer hat den Sozialwissenschaftler Peter Schütt von der Fachhochschule Mittweida gebeten, im Vorfeld dieses Symposiums der Frage nachzugehen, wer beim Kreis und beim Bezirk für die Zustände im Spezialkinderheim Meerane zuständig gewesen ist. Das sei, sagt Ungerer, aber nicht ganz einfach, denn es lägen sowohl Akten beim Land Sachsen als auch bei den Landesjugendämtern.

    Schütt sagt, er habe keine Zweifel, dass große Teile der Vorwürfe, die den vier Angeklagten gemacht werden, zuträfen. Heimerzieher, meint der 60-Jährige, seien nahezu immer überfordert. Der Unterschied sei nur, dass es unter demokratischen Bedingungen möglich sei, sich gegen Willkürakte zur Wehr zu setzen. Schütt geht auch davon aus, dass in Margot Honeckers Spezialkinderheimen mit Gewalt Politik gemacht wurde.

    Das Spezialkinderheim "Erich Hartung" heißt heute "Georg-Krause-Haus". Der Name des Antifaschisten musste dem eines Pfarrers weichen. Das Gebäude an der Meeraner Amtsstraße leuchtet jetzt in freundlichem Gelb, Träger des Kinder- und Jugendheims ist seit dem 1. Januar 1993 der "Erziehungsverein e. V.", ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe, Mitglied im Diakonischen Werk Sachsen.

    Bei Ingolf Wachs, dem Geschäftsführer des Vereins, liegen die Nerven blank. Gerade hätten es zwei Jugendliche abgelehnt, ins "Georg-Krause-Haus" einzuziehen. Nicht nach dem, was man darüber gehört und gelesen habe! Wachs spricht von dem finanziellen Schaden, der ihm durch die Absage entstanden sei, und beklagt, dass er zunehmend vergeblich darauf hinweise, dass man weder Rechtsnachfolger des "Erich Hartung"-Heimes sei noch in dessen "erzieherischer Tradition" stehe. Wachs bestätigt aber auch, dass er den Angeklagten Siegried H. selbst noch beschäftigt hat: bis 1996 als Heimleiter, danach im Büro, bis 2001 Geschäftsführer des Fördervereins. Im Hinblick auf das am Montag beginnende Verfahren sagt der 45-jährige Kaufmann: "Ich hoffe, der Prozess kann zeigen, ob es um regimebezogene Interessen ging oder ob es sich um personenbezogenes Versagen handelt."

    18 Prozesstage hat die 5. Strafkammer des Leipziger Landgerichts für das Verfahren angesetzt, 50 Zeugen sollen gehört werden. Darunter Mario Selzer, der auch als Nebenkläger auftreten wird. Der inzwischen 29-Jährige, der am 4. Februar 1988 aus dem Schulunterricht in Aue geholt und nach Meerane geschafft wurde, hat mehrere Suizidversuche hinter sich. Er hat Monate in der Psychiatrie verbracht und kann, wie zu hören ist, ohne Antidepressiva nicht leben. Selzer will Genugtuung für den Satz, den Siegfried H. vor acht Jahren gesagt hat: "Der Junge ist gescheitert, und nun will er uns dafür zum Sündenbock machen."

    erschienen am 10. Juni 2004 in Aus aller Welt
    Zitat:
    n-tv (14.6.04)

    Zitat:
    "Auf grausame Art gedemütigt" - DDR-Prozess eingestellt

    Der Prozess um Misshandlungen in einem früheren DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden.

    Die angeklagten Erzieher einigten sich mit der Staatsanwaltschaft Chemnitz auf die Zahlung von Geldbußen von 3.000 bis 6.000 Euro, räumten aber keine Misshandlungen ein.

    Ihnen war vorgeworfen worden, zwischen 1986 und 1989 Zöglinge auf grausame Weise gedemütigt zu haben. In dem 1962 gegründeten Spezialheim "Erich Hartung" waren so genannte schwer erziehbare, verhaltensauffällige und sozial "abgeglittene" Kinder und Jugendliche aus der gesamten DDR untergebracht. Nach Zeugenaussagen waren gewaltsame Übergriffe in dem Heim an der Tagesordnung. Die Angeklagten sollen unter anderem Kinder mit einem Stock in die Kniekehlen und mit einer Riemenpeitsche auf den Rücken geschlagen haben.

    Andere wurden laut Anklage bei "Vergehen" mit dem Kopf gegen eine Wand gestoßen, mit den Füßen ins Gesäß getreten, mussten stundenlang mit ausgestreckten Armen stramm stehen oder wurden in die "Kellerzelle " gesperrt - einen unbeheizten Raum mit vergittertem Fenster und nur einer Pritsche.

    In einem Fall soll eine Beschuldigte einen Jungen mit dem Kopf in ein Toilettenbecken getaucht und dabei die Wasserspülung betätigt haben. Ein weiterer Zeuge musste nach eigener Aussage als Strafe für eine Störung des Musikunterrichts mit einer Zahnbürste Pissoirs reinigen. Nach der Wende war das Kinderheim von der Diakonie übernommen worden. Einer der Angeklagten war nach 1990 sogar zum Heimleiter aufgestiegen.

    Dem ursprünglich bis Oktober terminierten Prozess in Leipzig ging ein jahrelanges juristisches Tauziehen voraus, in dessen Mittelpunkt die Frage um die Verjährung der Straftaten stand.
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    Morgenpost, Berlin (15.6.04)

    Zitat:
    Misshandlungen in DDR-Kinderheim

    Leipzig - Der Prozess gegen vier ehemalige Erzieher eines DDR-Heims für Schwererziehbare ist am Montag vor dem Leipziger Landgericht überraschend zu Ende gegangen. Gegen Zahlung von Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ehemalige Zöglinge des Kinderheims im sächsischen Meerane und an gemeinnützige Einrichtungen stellte die 5. Strafkammer des Leipziger Gerichts die Verfahren gegen drei der Angeklagten ein. Der vierte Beschuldigte kam ohne Auflagen davon.

    Ursprünglich waren 18 Verhandlungstage angesetzt, an denen nahezu 50 Zeugen gehört werden sollten. Doch dann schlug Staatsanwalt Alexander Winterhalter vor, die Verfahren gegen Geldbußen einzustellen. Er begründete dies damit, dass so das Verfahren wesentlich abgekürzt werden könne. Zudem verwies er darauf, dass die mutmaßlichen Taten bereits fast 20 Jahre zurückliegen und es schwer werde, wirklich Licht in die Angelegenheit zu bringen. Die Verteidiger von drei der Angeklagten stimmten dem Vorschlag zu, unterstrichen jedoch, dass dies kein Schuldeingeständnis ihrer Mandanten bedeute. Der Anwalt des vierten Angeklagten stimmte der Einstellung ebenfalls zu, wollte eine Geldbuße aber nicht akzeptieren.

    Im Kern ging es bei den Anschuldigungen darum, dass die vier Angeklagten zu DDR-Zeiten in dem Kinderheim in Meerane ihre Zöglinge gequält und zum Teil auch sexuell missbraucht haben sollen. Ein heute 29-Jähriger, der auch als Nebenkläger auftrat, war als 12-Jähriger in das Heim gekommen. Dort steckte ihm nach eigener Aussage unter anderem eine Erzieherin den Kopf in eine Toilettenschüssel und betätigte dann die Spülung. Zudem sollen im Heim Kinder und Jugendliche zum Beispiel mit Riemenpeitschen geschlagen worden sein, wobei auch auf die Geschlechtsteile gezielt wurde.

    Wie Winterhalter erläuterte, wären die den Angeklagten vorgeworfenen Taten nach DDR-Strafrecht zu bestrafen gewesen. "Das hätte im Höchstfall Freiheitsstrafen von drei Jahren bedeutet, so viel, wie es heute für eine Sachbeschädigung gibt", sagte der Anklagevertreter. Durch die Geldbußen erführen die Opfer teilweise Genugtuung.

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    Märkische Oderzeitung (15.6.04)

    Zitat:
    Misshandlung in DDR-Kinderheim: Prozess eingestellt

    Leipzig (dpa) Nach jahrelangem juristischem Tauziehen ist der Prozess wegen Misshandlungen in einem DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane am Montag überraschend eingestellt worden. Das Landgericht Leipzig beendete das Verfahren gegen vier Erzieher im Alter von 43 bis 62 Jahren damit noch am Tag des lange erwarteten Prozessbeginns. Zwei Männer und eine Frau müssen Geldbußen in Höhe von 3500 bis 6000 Euro zahlen.

    Die Angeklagten akzeptierten damit ein Angebot der Staatsanwaltschaft Chemnitz, räumten jedoch keine Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen ein. Das Geld geht an gemeinnützige Einrichtungen und an frühere Zöglinge. Die Nebenkläger zeigten sich sehr enttäuscht über die Entscheidung der Justiz.

    "Die Strafrechtspflege ist nur sehr bedingt geeignet, historische Fälle wie diese aufzuarbeiten", sagte der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl zur Begründung der Entscheidung. Er verwies zudem auf die lange Prozessgeschichte des Verfahrens. Das juristische Tauziehen um die Frage der Verjährung war bis zum Bundesverfassungsgericht gegangen. Erst im November 2003 hatten die Karlsruher Richter den Weg für das Verfahren frei gegeben. Die Taten lägen teilweise 18 Jahre zurück und seien dadurch schwer aufzuklären, sagte Pfuhl. Durch die Einstellung blieben auch den Opfern unangenehme Konfrontationen und aufwendige Glaubwürdigkeitsgutachten erspart.

    "Es ist sehr traurig, dass keiner der 50 Zeugen gehört wurde", sagte der 29-Jährige Hauptzeuge. Der junge Mann lebt heute im bayerischen Hof und ist erwerbsunfähig. Laut Anklage ist dies Folge der Misshandlung, die er als Zwölfjähriger im Spezialkinderheim "Erich Hartung" erlitt. In dem Heim waren Kinder aus der gesamten DDR untergebracht, die als schwer erziehbar galten.

    Seinen Schilderungen zufolge gab es erste Misshandlungen schon bei seiner Aufnahme ins Heim im Januar 1988. Sie sollen darin gegipfelt sein, dass ihm die 43-jährige Erzieherin seinen Kopf in eine Toilettenbecken presste und die Wasserspülung zog. Weitere frühere Zöglinge berichteten von Tritten und Schlägen, einer Arrestzelle im Keller, stundenlangem Stehen und "Entengang" in der Hocke.

    Die Staatsanwaltschaft war von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung ausgegangen. Nach DDR-Strafrecht, das bei einer Verurteilung gegolten hätte, wären maximal zwei bis drei Jahre Freiheitsstrafe möglich gewesen.

    "Nach der langen Zeit wäre aber nicht mehr viel rausgekommen", sagte Staatsanwalt Alexander Winterhalter. Vor dem Hintergrund sei die Zeit und Kosten sparende Lösung zu bevorzugen. "Ich denke, man musste aber zunächst genug Druck aufbauen, um die Angeklagten dazu zu bringen, eine Schuld einzugestehen", sagte er mit Blick auf das lange Verfahren. Zwar hatten die Angeklagten ausdrücklich betont, ihre Zustimmung sei nicht mit einem Schuldeingeständnis gleichzusetzen. "Im Endeffekt ist es das aber doch", sagte Winterhalter.
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    Schweriner Volkszeitung (15.6.04)

    Zitat:
    "Eine große Enttäuschung"

    Prozess um Misshandlungen in DDR-Kinderheim Meerane eingestellt

    Leipzig (ddp) Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist gestern überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig auf Geldbußen für die angeklagten Erzieher.

    Drei der vier Angeklagten müssen lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten.

    Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben.

    Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil.

    Opfer bleiben weitere Befragungen erspart

    Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung.

    Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung dennoch ein Schuldeingeständnis. Ursprünglich sollte der Prozess bis zum Oktober andauern. Es gibt keine juristischen Möglichkeiten, gegen die Einstellung vorzugehen.

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    Freie Presse, Chemnitz (15.6.04)

    Zitat:
    Prozess um mutmaßliche Misshandlungen in DDR-Kinderheim überraschend eingestellt

    Leipzig. Mario S. fiel es sichtlich schwer, «diesen Leuten von damals» gegenüber zu sitzen. Damit meinte der 29-Jährige seine einstigen Erzieher im DDR-Heim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche in Meerane. Von 1986 bis 1990 sollen sich dort unfassbar scheinende Vorfälle abgespielt haben, die seit Montag vor dem Landgericht Leipzig verhandelt wurden. Angeklagt waren vier damalige Mitarbeiter der Einrichtung - drei Männer und eine Frau - wegen Verletzung ihrer Erziehungspflichten, teilweiser Freiheitsberaubung und in einem Fall sexuellem Missbrauch Jugendlicher. Ursprünglich sollte der Prozess bis Oktober dauern. Doch dann kam alles ganz anders: Das Verfahren wurde am Montagnachmittag zur großen Enttäuschung der Opfer von damals eingestellt. Drei der vier Angeklagten müssen lediglich Geldstrafen zwischen 3500 und 6000 Euro an einige ihrer Opfer und gemeinnützige Vereine zahlen.

    Marion S. konnte es kaum fassen, dass seine mutmaßlichen Peiniger lediglich Geldstrafen zahlen müssen und einer sogar ohne finanzielle Konsequenzen davon kam. Dies sei «eine bodenlose Frechheit». Dabei standen dem psychisch stark angeschlagenen jungen Mann Tränen der Wut und der Enttäuschung in den Augen. Für ihn sollte dieser Prozess eine Abrechnung mit der Vergangenheit sein.

    Aber er wusste von vornherein: «Meine Jahre, die ich da drin gesessen habe, kann mir keiner wiedergeben.» In die Verhandlung am Montag sei er «mit einem gemischten Gefühl» gegangen. Er habe Angst gehabt, seinen einstigen Erziehern wieder zu begegnen. «Es wühlt schon sehr viel in einem auf», erzählte der junge Mann. Vielleicht, so glaubte Mario S. noch vor der überraschenden Prozesswende, könne er danach etwas ruhiger leben. All die Jahre leide er als Folge der Ereignisse von damals an Schlafstörungen und habe psychische Probleme.

    Doch die Genugtuung, die er sich von dem Verfahren erhofft hatte, blieb aus. Das, was Mario S. und mehrere andere Heiminsassen damals erlebt haben, sollte ab Montag juristisch aufgearbeitet werden. Bereits bei der Verlesung der Anklageschrift kamen Details zur Sprache, die einem Außenstehenden unglaublich erscheinen: Darin wurde den ehemaligen Erziehern und dem früheren Musiklehrer des Spezialheims unter anderem die Verletzung ihrer Erziehungspflichten zur Last gelegt. Die Frau wurde beschuldigt, Mario S. bereits bei seiner Ankunft misshandelt zu haben. Sie soll unter anderem dessen Kopf ins Toilettenbecken gehalten haben, weil dieser seine Personalien nicht angeben wollte. Der Musiklehrer soll ihm wegen Störung des Unterrichts mit der Gitarre auf den Kopf und später dessen Kopf an die Wand gestoßen haben. Immer wieder soll Mario S. zudem in eine Kellerzelle gesperrt und von einem der Angeklagten nachts sexuell missbraucht worden sein.

    Was dem arbeitsunfähigen jungen Mann nun bleibt, ist das Geld, das er von drei der Angeklagten bekommen soll. Doch das, so sagt er, könne die Taten von damals nicht wieder gut machen.

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    Lausitzer Rundschau (15.6.04)

    Zitat:
    Prozess um Misshandlungen in DDR-Kinderheim eingestellt
    Geldbuße für Angeklagte / Kein Schuldeingeständnis
    Nach jahrelangem juristischen Tauziehen ist der Prozess wegen Misshandlungen in einem DDR-Spezialkinderheim im sächsischen Meerane gestern überraschend eingestellt worden.

    Das Landgericht Leipzig beendete das Verfahren gegen vier Erzieher im Alter von 43 bis 62 Jahren damit noch am Tag des lange erwarteten Prozessbeginns.

    Zwei Männer und eine Frau müssen Geldbußen in Höhe von 3500 bis 6000 Euro zahlen. Die Angeklagten akzeptierten damit ein Angebot der Staatsanwaltschaft Chemnitz, räumten jedoch keine Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen ein. Das Geld geht an gemeinnützige Einrichtungen und an frühere Zöglinge. Die Staatsanwaltschaft war von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung ausgegangen.

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    Die Welt, Berlin (15.6.04)

    Zitat:
    Prozess um DDR-Kinderheim eingestellt
    Vier Angeklagte mussten sich wegen Misshandlung verantworten - Geldbußen, aber kein Schuldgeständnis

    Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen in einem DDR-Kinderheim im sächsischen Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden. Vier ehemalige Erzieher des Heimes für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche mussten sich vor dem Leipziger Landgericht verantworten. Staatsanwalt Alexander Winterhalter warf den drei Männern und einer Frau vor, sich des Missbrauchs Schutzbefohlener, der sexuellen Belästigung sowie der Freiheitsberaubung schuldig gemacht zu haben. Fast 20 Jahre nach den Vorkommnissen sollte jetzt eine juristische Aufarbeitung des Geschehens erfolgen.

    Laut Winterhalter hatten die Beschuldigten ihre jungen Zöglinge geschlagen, getreten, an den Haaren gezogen und zum Teil sexuell missbraucht. So soll die heute 43-jährige ehemalige Erzieherin einen damals Zwölfjährigen mit dem Kopf in ein Toilettenbecken gesteckt und dann die Spülung betätigt haben. Der frühere Heimleiter soll die Heiminsassen unter anderem mit einer Riemenpeitsche geschlagen und dabei auch auf deren Geschlechtsteile gezielt haben. Die Beschuldigten waren ins Visier der Justiz geraten, nachdem der frühere Heimbewohner Mario S. ein Buch über die Drangsalierungen veröffentlicht und somit die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatte. Der heute 29-Jährige, der als Nebenkläger und Hauptbelastungszeuge auftritt, hatte von Schlägen, Peitschenhieben, Fußtritten, Kellerarrest sowie sexuellen Misshandlungen während der Nachtwachen und unter der Dusche berichtet.

    Das Chemnitzer Landgericht stellte ein erstes Verfahren ein, da es meinte, die in den achtziger Jahren begangenen Taten seien verjährt. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil vor drei Jahren jedoch auf und ordnete an, dass ein neuer Prozess vor dem Leipziger Landgericht anzusetzen sei.

    Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich nun darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten. Die Angeklagten akzeptierten die Geldbußen, räumten aber keine Misshandlungen an Zöglingen ein. Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil. Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung. Der Hauptbelastungszeuge Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überraschenden Wendung dennoch ein Schuldeingeständnis. Ursprünglich sollte der Prozess bis zum Oktober andauern. Es gibt aber keine juristischen Möglichkeiten mehr, gegen die Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

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    Der Tagesspiegel, Berlin (15.6.04)

    Zitat:
    Überraschung im Erzieherprozess

    Das Landgericht Leipzig stellt das Verfahren um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ein

    Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist am Montag überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten.

    Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben.

    Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil.

    Den Geschädigten blieben dadurch auch "unangenehme Konfrontationen" und "schwierige persönliche Befragungen" erspart. Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung.

    Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine "bodenlose Frechheit", dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung in dem Verfahren dennoch ein Schuldeingeständnis.

    Ursprünglich sollte der Prozess, für den 48 Zeugen geladen waren, bis zum Oktober andauern.




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    Prozess gegen DDR-Erzieher überraschend eingestellt

    Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich auf Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro für die Angeklagten ohne Schuldeingeständnis. Hauptopfer spricht von bodenloser Frechheit

    Leipzig - Der Prozess um Misshandlungen im DDR-Kinderheim Meerane ist überraschend eingestellt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich vor dem Landgericht Leipzig darauf, dass drei der vier Angeklagten lediglich Geldbußen zwischen 3500 und 6000 Euro an ihre Opfer sowie gemeinnützige Vereine zahlen müssen. Der vierte Angeklagte, der damalige Musiklehrer der Einrichtung, muss keine Strafe zahlen. Die Entscheidung ist jedoch nach Ansicht der Verteidiger nicht als Schuldeingeständnis zu werten. Die einstigen Erzieher und der Lehrer im Spezialheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche waren angeklagt worden, von 1986 bis 1990 mehrere minderjährige Bewohner eingesperrt, geschlagen und gedemütigt sowie in einem Fall sexuell missbraucht zu haben. Der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl sagte, dieser Prozessausgang sei für einige Beobachter verwunderlich. Er begründete die Entscheidung allerdings mit der Länge der Zeit, die die Taten zurückliegen und der seit neun Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzung ohne Urteil. Den Geschädigten blieben dadurch auch «unangenehme Konfrontationen» und «schwierige persönliche Befragungen» erspart.Zudem erführen sie durch die Geldbußen der Angeklagten teilweise Genugtuung. Der heute 29-jährige Hauptbelastungszeuge und ehemalige Heiminsasse Mario S. äußerte sich sehr enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens. Es sei eine «bodenlose Frechheit», dass er mit Geld abgespeist werde und die Angeklagten ihre Schuld nicht hätten eingestehen müssen. Die Nebenklage sieht in der überaschenden Wendung in dem Verfahren dennoch ein Schuldeingeständnis. In der Anklageschrift war den ehemaligen Erziehern und dem früheren Musiklehrer des Heims unter anderem die Verletzung ihrer Erziehungspflichten zur Last gelegt worden. Eine Frau wurde beschuldigt, Mario S. bereits bei seiner Ankunft misshandelt zu haben. Sie soll unter anderem dessen Kopf ins Toilettenbecken gehalten haben, weil dieser seine Personalien nicht angeben wollte. Zudem soll der heute 29-Jährige von den Angeklagten mehrfach in eine Kellerzelle gesperrt, getreten und mit einer Peitsche oder einer Gitarre geschlagen sowie von einem der Beschuldigten sexuell missbraucht worden sein. Einer der Beschuldigten war 1990 zum Leiter des Heimes aufgestiegen. Ein weiterer ist auch heute noch in der Einrichtung, einem diakonischen Kinderheim, tätig. Ursprünglich sollte der Prozess, für den 48 Zeugen geladen waren, bis zum Oktober andauern. Es gibt keine juristischen Möglichkeiten, gegen die Einstellung des Verfahrens vorzugehen.
    ddp, dpa

    Artikel erschienen am 14. Juni 2004
    http://www.welt.de/data/2004/06/14/291479.html
    Welt, Die - Vermischtes (14-06-2004 - 16:35 Uhr)



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    Vorzeitiges Ende des Prozess gegen brutale DDR-Erzieher erwartet

    Unmittelbar nach Beginn des Kinderheim-Prozesses wurde die Sitzung unterbrochen, um ein Angebot der Staatsanwaltschaft zu beraten

    Leipzig - Der Prozess gegen vier Erzieher aus einem früheren DDR-Spezialkinderheim wird möglicherweise noch am Montag vor dem
    Landgericht Leipzig beendet. Unmittelbar nach Verlesen der Anklage gab es auf Initiative der Staatsanwaltschaft ein Rechtsgespräch. Danach wurde die Sitzung bis zum Mittag unterbrochen, um ein Angebot der Staatsanwaltschaft zu beraten. Details wurden nicht bekannt. Die 43 bis 62 Jahre alten Angeklagten sollen von 1986 bis 1989 Kinder und Jugendliche im sächsischen Meerane gedemütigt und misshandelt haben. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz geht von Freiheitsberaubung, Verletzung der Erziehungspflicht und Körperverletzung aus. Einem 45 Jahre alten Angeklagten wird zudem sexueller Missbrauch vorgeworfen. Wird der Prozess wie geplant fortgesetzt, wollen die Angeklagten zu den Vorwürfen aussagen. In dem Verfahren treten zwei frühere Zöglinge der Angeklagten als Nebenkläger auf. Hauptzeuge ist dabei ein 29-Jähriger, der erwerbsunfähig ist. Laut Anklage ist dies Folge der Misshandlung, die er als Zwölfjähriger im Spezialkinderheim "Erich Hartung" erlitt. In dem Heim waren Kinder aus der gesamten DDR untergebracht, die als schwer erziehbar galten.
    WELT.de/dpa

    Artikel erschienen am 14. Juni 2004
    http://www.welt.de/data/2004/06/14/291451.html
    Welt, Die - Vermischtes (14-06-2004 - 14:51 Uhr)

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    Hamburger Abendblatt
    Donnerstag, 10. Juni 2004
    Aus aller Welt


    Das Leiden der Kinder von Meerane


    DDR-Spezialheime: Margot Honecker ließ dort "Problemkinder" auf Linie drillen. Jetzt stehen Heimerzieher von damals wegen Misshandlung vor Gericht. In dem Prozess geht es um eines der düstersten Kapitel des SED-Regimes


    Von Barbara Möller

    Meerane - Siegfried H. hat sich eine Geheimnummer besorgt. Er möchte auf gar keinen Fall mehr angerufen werden. Jedenfalls nicht von denen, die er seine "Verleumder" nennt. Reden wird Siegfried H. erst wieder vor Gericht.

    Kathrin L. und Falk M. sind telefonisch auch nicht mehr zu erreichen. Nur Kollege Hans-Jürgen I. macht noch den Mund auf. Allerdings nur, um zu sagen, dass er nicht vorhabe, Fragen zu beantworten. Und um verbittert hinterherzuschieben: "Ich hoffe, Ihr Interesse hält an, bis die Sache vorbei ist!"

    Die Sache schwelt seit 1996. Damals erhob Mario Selzer schwere Vorwürfe gegen seine ehemaligen Erzieher im einstigen DDR-Spezialkinderheim "Erich Hartung" im sächsischen Meerane. Er sei, so Selzer, dort als Zwölfjähriger schwer misshandelt worden. Schon am Aufnahmetag habe ihn eine Erzieherin getreten, seinen Kopf in ein Toilettenbecken gedrückt und die Wasserspülung gezogen. Selzers Bericht setzte eine Kettenreaktion in Gang. Andere Heimzöglinge wie Dirk Krahl und Frank Thiele meldeten sich zu Wort und erzählten von einer fünf mal fünf Meter großen vergitterten Arrestzelle im Keller. Vom berüchtigten "Entengang", zu dem die Erzieher die Kinder und Jugendlichen gezwungen haben sollen, bis sie zusammenklappten. Von Stockschlägen in die Kniekehlen, von stundenlangem Strammstehen. Davon, dass sie Flure mit Nagel-, und Klos mit Zahnbürsten hätten reinigen müssen.

    Alles erlogen, sagen die vier Angeklagten, die sich von Montag an vor dem Leipziger Landgericht verantworten müssen. Mario, das hat Siegfried H. schon vor Jahren klar gemacht, sei ein "weicher, links gestrickter Junge", den andere aufgestachelt hätten.

    Möglich. Möglich aber auch, dass dieser Strafprozess, an dessen Ende den vier Angeklagten Freiheitsstrafen von einem bis zu fünf Jahren drohen, nur die Spitze eines letzten Eisbergs von nicht aufgearbeitetem DDR-Unrecht ist.

    Denn Spezialkinderheime wie das in Meerane waren eine Erfindung von Margot Honecker, die als Volksbildungsministerin unter anderem dafür gesorgt hat, dass versuchte "Republikflucht" oder vermeintliche Spionage damit bestraft wurde, dass man den Eltern ihre Kinder wegnahm und sie zur Adoption freigab. Dafür - wie für die 42 Spezialkinderheime, die noch härteren 31 Jugendwerkhöfe und den berüchtigten "Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau" - war die Abteilung "J´ugendhilfe und Heimerziehung" zuständig. Auf der Grundlage eines Gesetzes von 1965. "In den Spezialkinderheimen", hieß es damals, "werden schwer erziehbare und straffällige Jugendliche sowie Kinder aufgenommen, deren Umerziehung in ihrer bisherigen Erziehungsumgebung trotz optimal organisierter erzieherischer Einwirkung der Gesellschaft nicht erfolgreich verlief."

    Über die Spezialkinderheime hat man zu DDR-Zeiten wenig gewusst. Aus gutem Grund. In diesen Einrichtungen versteckten die Stalinisten und Kommunisten alles, was noch nicht volljährig war und was ihnen nicht ins System passte. Beziehungweise alles, was sich nicht ans System anpasste. Und davon gab es im Lauf der Jahre immer mehr. So viel, dass das Betreuungspersonal knapp wurde. Folge: Die stramm autoritären Konzepte, die DDR-Oberpädagoge Eberhard Mannschatz im Auftrag Margot Honeckers entwickelt hatte, gingen in der Praxis nicht mehr auf, und das Ministerium hatte immer größere Probleme, den Einrichtungen über die Bezirke adäquat ausgebildetes Personal zuzuweisen. Ersatz, im Schnelldurchgang geschult, erwies sich immer häufiger als überfordert. In Bräunsdorf bei Chemnitz wurde Anfang der 70er-Jahre ein ehemaliger NVA-Offizier bei seinen Vorgesetzten mit der Bitte vorstellig, im Dienst seine Waffe tragen zu dürfen: Er fühle sich bedroht!

    Heute weiß man, dass in Heimen wie dem in Meerane keineswegs nur verhaltensgestörte und schwer erziehbare Kinder untergebracht wurden, sondern auch Kinder von Regimegegnern und Jugendliche, die gegen das System aufgemuckt hatten. Vorher war es ein Staatsgeheimnis gewesen. Der Staat hatte sich in doppelter Hinsicht zur Abschottung dieser Einrichtungen veranlasst gesehen. Erstens, weil er bis zu seinem Zusammenbruch abstritt, es könne überhaupt jemanden geben, der die Deutsche Demokratische Republik nicht als Paradies auf Erden begriff. Zweitens, weil die Existenz der Spezialkinderheime als Ultima Ratio klar auf diesen Schönheitsfehler hinwies.

    1997, als sich in Meerane langsam herumsprach, was sich jahrelang hinter den Mauern des "Erich Hartung"-Heims abgespielt haben soll, hat der damalige Bürgermeister Peter Ohl eine schriftliche Ehrenerklärung für die Beschuldigten abgegeben. Insbesondere für Hans-Jürgen I., der zum damaligen Zeitpunkt sein Stellvertreter gewesen ist. Es gebe seitens der Stadt, hat Ohl gesagt, keinerlei Handlungsbedarf: "Im Übrigen bin ich überzeugt, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen werden."

    Ohl war Allgemeinmediziner, bevor er in die Politik ging. Ins "Erich Hartung"-Haus hat man ihn auch ab und zu gerufen, allerdings in den 70er-Jahren. Frank Thiele, der älteste der neun Ex-Zöglinge, die vor Gericht aussagen werden, war von 1980 bis 1982 in Meerane untergebracht. Ohl bleibt trotzdem dabei: "Das, was ich damals geschrieben habe, gilt heute noch genauso."

    Ohls Nachfolger, Lothar Ungerer, handhabt die Sache völlig anders. Der habilitierte Politikwissenschaftler, der 1999 aus dem schwäbischen Ludwigsburg nach Meerane kam, will das Thema wissenschaftlich beleuchten und plant parallel zum Prozess, der sich bis Oktober hinziehen kann, ein Symposium. Das "Erich Hartung"-Haus, sagt der 50-Jährige, sei ein Stück Stadtgeschichte, ob einem das gefalle oder nicht.

    Ungerer hat den Sozialwissenschaftler Peter Schütt von der Fachhochschule Mittweida gebeten, im Vorfeld dieses Symposiums der Frage nachzugehen, wer beim Kreis und beim Bezirk für die Zustände im Spezialkinderheim Meerane zuständig gewesen ist. Das sei, sagt Ungerer, aber nicht ganz einfach, denn es lägen sowohl Akten beim Land Sachsen als auch bei den Landesjugendämtern.

    Schütt sagt, er habe keine Zweifel, dass große Teile der Vorwürfe, die den vier Angeklagten gemacht werden, zuträfen. Heimerzieher, meint der 60-Jährige, seien nahezu immer überfordert. Der Unterschied sei nur, dass es unter demokratischen Bedingungen möglich sei, sich gegen Willkürakte zur Wehr zu setzen. Schütt geht auch davon aus, dass in Margot Honeckers Spezialkinderheimen mit Gewalt Politik gemacht wurde.

    Das Spezialkinderheim "Erich Hartung" heißt heute "Georg-Krause-Haus". Der Name des Antifaschisten musste dem eines Pfarrers weichen. Das Gebäude an der Meeraner Amtsstraße leuchtet jetzt in freundlichem Gelb, Träger des Kinder- und Jugendheims ist seit dem 1. Januar 1993 der "Erziehungsverein e. V.", ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe, Mitglied im Diakonischen Werk Sachsen.

    Bei Ingolf Wachs, dem Geschäftsführer des Vereins, liegen die Nerven blank. Gerade hätten es zwei Jugendliche abgelehnt, ins "Georg-Krause-Haus" einzuziehen. Nicht nach dem, was man darüber gehört und gelesen habe! Wachs spricht von dem finanziellen Schaden, der ihm durch die Absage entstanden sei, und beklagt, dass er zunehmend vergeblich darauf hinweise, dass man weder Rechtsnachfolger des "Erich Hartung"-Heimes sei noch in dessen "erzieherischer Tradition" stehe. Wachs bestätigt aber auch, dass er den Angeklagten Siegried H. selbst noch beschäftigt hat: bis 1996 als Heimleiter, danach im Büro, bis 2001 Geschäftsführer des Fördervereins. Im Hinblick auf das am Montag beginnende Verfahren sagt der 45-jährige Kaufmann: "Ich hoffe, der Prozess kann zeigen, ob es um regimebezogene Interessen ging oder ob es sich um personenbezogenes Versagen handelt."

    18 Prozesstage hat die 5. Strafkammer des Leipziger Landgerichts für das Verfahren angesetzt, 50 Zeugen sollen gehört werden. Darunter Mario Selzer, der auch als Nebenkläger auftreten wird. Der inzwischen 29
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