Süddeutsche Zeitung
19. August 2003
Entfremdung von den Eltern;
Recht auf Umgang mit den Kindern: Gute Mütter und böse Väter
RUBRIK: LESERBRIEFE; S. 8
Nun sind auch ledige Väter den Scheidungsvätern gleichgestellt. Der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte habe ihr Verlangen auf Umgang mit ihren Kindern deutlicher bejaht, als das deutschen Gerichten und Politikern lieb sei, schreibt Helmut Kerscher in seinem Kommentar.
Und das läuft im streitfälligen Alltag so: Man(n) begibt sich zur gerichtlich festgelegten Umgangszeit zum gerichtlich festgelegten Umgangsort - erhält dann erst die Mitteilung, dass der Umgang nicht stattfindet und kurz danach vom herbeigerufenen Überfallkommando Platzverweis als "Störer der öffentlichen Ordnung", bei Nichtbefolgung des Polizeibefehls Handschellen.
Man(n) muss feststellen, dass der Umgangsbeschluss das Papier nicht wert ist, worauf er steht und die eingeräumten rechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung des Umgangs in der Praxis der Umgangsvereitelung dienen. Die mit Umgangsboykott regelmäßig einhergehende Entfremdung (= PAS, Parental Alienation Syndrome) durch den "aufenthaltsbestimmungsberechtigten" Elternteil, der das Kind dabei - zur persönlichen Rache - seelisch misshandelt, wird von Amts wegen nicht zur Kenntnis genommen.
Man(n) hat - bei Strafandrohung (Paragraf 170 b Strafgesetzbuch) - schließlich nur zu zahlen. Das im Sorgerechtsverfahren grundgesetzwidrig zur Streitsache abgewertete und der Manipulation preisgegebene Kind sorgt damit für Konjunktur: Die Abschaffung der Sorgerechtsregelung zugunsten der bisher innerstaatlich nicht angewandten UN-Kinderrechtskonvention - die richtigerweise die Kinder statt die im Zweifel nachtragenden Eltern berechtigt, kostet nämlich Arbeitsplätze: durch Entlastung der "Familiengerichte", weil sich dann der Sorgerechtsstreit erübrigt; durch Einsparung der psychologischen "Sachverständigen", weil dann die Kindergrundrechte den Willkürbegriff "Wohl des Kindes" ersetzten; und durch weniger Jugendkriminalität.
Rainer Gast, Rheinau