Jugendamt des Landkreises Kassel Kassel, den 14.11.2005
Käthe Heinrich 1343
Tagung am 09.11.2005
Hilfe für Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern
Gemäß § 31 SGB VIII gehört die sozialpädagogische Familienhilfe mit in den Bereich
der Hilfe zur Erziehung.
Bei der sozialpädagogischen Familienhilfe sollen durch intensive Betreuung und
Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen,
bei der Lösung von Konflikten und Krisen sowie in Kontakt mit Ämtern
und Institutionen unterstützt werden und Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden. Sie ist
in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.
In der Ausgestaltung der sozialpädagogischen Familienhilfe soll die Förderung der
Entwicklung des Kindes und die Stärkung der Erziehungsfähigkeit der Eltern
gefördert werden.
Bei der sozialpädagogischen Familienhilfe wird im Grunde genommen vorausgesetzt,
dass die Familien über ausreichende, durch die Fachkräfte aktivierbare Ressourcen
verfügen.
Aufgrund dessen wird die sozialpädagogische Familienhilfe als eine der häufigsten
Hilfen im Bereich der Jugendhilfe eingesetzt.
Für den Landkreis Kassel arbeiten 2 freie Träger für die Durchführung der sozialpädagogischen
Familienhilfe.
Hier finden regelmäßig Kooperationsgespräche zwischen Mitarbeitern der SPFH und
den Mitarbeitern der Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes statt.
Bei einem solchen Kooperationsgespräch wurde festgestellt, dass das Thema Sucht
permanent bei den Mitarbeitern der Familienhilfe vorhanden war, gleichzeitig auch
die meiste Kritik an der Nichtzielerreichung durch die ASD-Mitarbeiter erfolgte.
Es war sehr nachvollziehbar, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Familienhilfe
nicht ausreichend vorbereitet und ausgebildet sind, mit der Problematik Sucht umzugehen.
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Daher wurde durch das Jugendamt des Landkreises Kassel ein Kontakt zu der
Drogenhilfe Nordhessen hergestellt.
Es wurde vereinbart, dass eine Fortbildungsveranstaltung zum Thema „Suchtverhalten
in der Familie“ für die Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes und
der Familienhilfe von der Drogenhilfe Nordhessen durchgeführt wird.
Ziel war es, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für das Problem Sucht zu sensibilisieren
und auf den Umgang vorzubereiten.
Das Jugendamt des Landkreises Kassel hatte zum damaligen Zeitpunkt 32 lfd. Fälle
in der sozialpädagogischen Familienhilfe, davon war bei 8 Familien der Anlass der
Aufnahme der sozialpädagogischen Familienhilfe die Suchtproblematik. Nicht
berücksichtigt waren in dieser Zahl die Familien, bei denen erst während des Hilfeprozesses
eine Suchtproblematik festgestellt worden ist.
Gleichzeitig wurde eine Auswertung der sozialpädagogischen Familienhilfe der
letzten 5 Jahre durchgeführt. Erschreckend war hierbei die hohe Abbruchrate der
Hilfe. Ca. 80 % haben auf dem Hintergrund von Suchtproblemen oder psychisch
Erkrankungen von Eltern bzw. Elternteilen zu Abbrüchen geführt. Wobei Sucht an 1.
Stelle stand.
Daraufhin wurden mit der Drogenhilfe Nordhessen mehrere Gespräche geführt und
es wurde vereinbart, dass wir ein Diagnostikverfahren in den Fällen vorschalten, in
denen eine Suchtproblematik vorliegt. Weiterhin wurde überlegt, ob ein spezielles
Angebot für diese Familien entwickelt werden sollte. Eine Konzeption Sozialpädagogische
Familienhilfe - Sucht sollte das erste Ziel sein.
Die Träger, die für den Landkreis Kassel die sozialpädagogische Familienhilfe
durchführen, wurden eingeladen und das Jugendamt hat gemeinsam mit der
Drogenhilfe das Ziel eines neuen Modells vorgestellt. Die Träger waren
einvernehmlich damit einverstanden, dass dieses neue Angebot konzipiert werden
sollte.
Es wurde eine kleine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern der Drogenhilfe, der Jugendhilfe
sowie Vertreterinnen/Vertreter der 2 Träger, die für den Landkreis Kassel die
sozialpädagogische Familienhilfe durchführen, gebildet.
Die Arbeitsgruppe hat dann gemeinsam erarbeitet, dass es sinnvoll ist, bei erkennbaren
oder auch schon bei der Annahme von Suchtgefährdungen eine Diagnostik
vorzuschalten und eine eigene SPFH – Sucht zu entwickeln.
Die Drogenhilfe hat auf der Grundlage des Konzeptes eine Leistungsbeschreibung
für Diagnostik und für SPFH – Sucht erarbeitet und vorgelegt.
Seit November 2003 führen wir die eigenständige sozialpädagogische Familienhilfe –
Sucht durch, wenn im Vorfeld die Sucht schon bekannt ist.
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Deutlich wurde in diesem Zusammenhang, dass für die Mitarbeiter der Drogenhilfe
Konfrontation und Kontrolle zum alltäglichen professionellen Handeln gehört, die Mitarbeiter
der Jugendhilfe und Familienhilfe tun sich damit sehr schwer, da Vertrauensaufbau
im Vordergrund steht.
Wenn im Laufe der SPFH-Klassik festgestellt wird, dass Suchtprobleme vorhanden
sind, soll die Drogenhilfe einbezogen werden. Die Finanzierung läuft dann über
zusätzliche Fachleistungsstunden.
In der Zeit von Nov. 2003 bis 31.10.2005 haben wir 20 SPFH-Sucht beschlossen, 4
davon warten im Moment auf den Beginn. Nur eine SPFH-Sucht führte zum tatsächlichen
Abbruch, aber auch hier war danach eine Therapieaufnahme möglich.
Aufgrund dieser positiven Erfahrung haben wir in der Zwischenzeit mit dem Emstaler
Verein, ein Verein der die Betreuung von psychisch Kranken im Landkreis Kassel
durchführt, eine eigene Leistungsbeschreibung für eine spezielle SPFH für diesen
Personenkreis entwickelt und vereinbart.
Grund hierfür ist auch, dass spezielle Kenntnisse und Umgehensweise für die
Betreuung und Anforderung an diese Menschen vorhanden sein müssen. Aber auch
um Streitfälle zwischen Sozialhilfe und Jugendhilfe einzugrenzen.
Diese sozialpädagogische Familienhilfe läuft erst seit Mai d.J., eine Auswertung kann
daher noch nicht vorliegen.
Für Eltern/Elternteile, die an einer geistigen Behinderung leiden und Jugendhilfe in
Anspruch nehmen, haben wir nach langen Verhandlungen mit der Lebenshilfe für
geistige Behinderung ebenfalls Absprachen und Vereinbarungen getroffen.
Bei Eltern/Elternteilen mit geistiger Behinderung wird von Anfang an in den Hilfeprozess
die Lebenshilfe und die Betreuungsstelle, die für den geistig behinderten
Menschen zuständig ist, einbezogen.
Sollte es keine Einigung zwischen den handelnden Personen geben, ist eine sogenannte
Clearingstelle einzuberufen. Die Entscheidung der Clearingstelle ist dann
bindend.
Ich glaube, dass wir uns aufgrund von vielschichtigen Problemlagen in der heutigen
Gesellschaft auch in bestimmten Bereichen spezialisieren müssen, um auch den
Menschen die Möglichkeit zu geben, die angebotenen Hilfen anzunehmen und zu
verstehen.
Für die Jugendhilfe ist und bleibt immer Ziel, auch durch solche Angebote das
Kindeswohl besser sicher zu stellen und die Erziehungsfähigkeit der Eltern zu überprüfen
oder zu stärken.
Ziel ist es aber auch, bei knappen Finanzmitteln eine sinnvolle und nutzbringende
Hilfe für alle zu installieren.
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