hier is ne wundervolle passage aus dem buch veronika beschließt zu sterben von paulo coelho  . v steht für veronika, dr. für dr. igor bei dem sie in behandlung is.

v: was ist denn überhaupt realität?
dr.: sie ist das, von dem die meisten menschen glauben, dass sie so sein sollte. nicht unbedingt besser, nicht logischer, doch den kollektiven wünschen angepasst. sehen sie was ich da um den hals trage?
v: eine krawatte
dr.: sehr gut. ihre antwort ist logisch, kohärent, die eines ganz normalen menschen: eine krawatte! ein verrückter würde jedoch sagen, dass ich ein buntes, nutzloses, auf komplizierte weise geschlungenes stück stoff um den hals trage, das die beweglichkeit des kopfes einschränkt und uns zwingt tiefer zu atmen, damit luft in die lungen gelangt. wenn ich in der nähe eines ventilators bin und nicht aufpasse, kann dieses stück stoff mich erwürgen.
wenn ein verrückter mich fragt, wozu eine krawatte gut ist, muss ich ihm antworten: zu überhaupt nichts. nicht einmal zum verschönern, weil sie heute zum symbol der versklavung, der macht, der distanz geworden ist. die nützlichkeit der krawatte besteht darin, nach hause zu kommen und sie abzunehmen und das gefühl zu genießen, dass wir uns von etwas befreit haben, von dem wir nicht einmal wissen, was es ist.
doch rechtfertigt dieses gefühl der erleichterung die krawatte? nein. dennoch wird, wenn ich einen verrückten und einen normalen menschen frage, was das ist, derjenige als gesund erachtet werden, der mir antwortet: eine krawatte. gleichgültig, wer es richtig sieht oder wer recht hat.
v: das heißt, sie haben aus meiner antwort geschlossen, dass ich nicht verrückt bin, denn ich habe den richtigen namen dieses bunten stücks stoff angegeben.