Introduction: Refugee und Patrick Moraz - eine Kurzbiographie in Textform

Max · Moderator Beiträge: 6325

Herzlich Willkommen im Refugeethread!
Die Band, um die es hier geht, wurde 1973 vom Schweizer Patrick Moraz (kb) und den Ex-"The Nice"-Mitgliedern Lee Jackson (bss/gt/voc) und Brian Davison (dr/prc) gegründet.
Moraz war 1973 noch ein eher unbekannter Keyboarder. Zwar war er in der Band "Mainhorse", sollte jedoch erst nach "Refugee" bekannter werden. Obwohl er nie so bekannt wie Emerson oder Wakeman wurde, war er sowohl technisch als auch kreativ mindestens auf deren Ebene! Und das Spielen eines Alphornes und einer Hammondorgel gleichzeitig ist auf jeden Fall nicht so simpel wie man denkt.
Brian Davison ist ein sehr guter Drummer; sein trockenes, unverschnörkeltes, aber trotzdem "fett" klingende Schlagzeugspiel überzeugt auch bei "Refugee"; in "Ars Longa Vita Brevis" 6 Jahre zuvor lieferte er mit "Awakening" ein Vorzeigedrumsolo ab!
Lee Jackson zählt mit Sicherheit zu den talentiertesten Bassisten aus dem Progbereich. Seine leicht unsaubere und "slappige" Spielweise würde zwar nicht zu jeder anderen Band passen, passt aber perfekt zu Refugee. Als Sänger ist Jackson eher unbeliebt; auch ich finde, dass er eher krächzt als singt; gerade im Anfang- und Endteil von "Credo" und in "Someday" kann man den Gesang nicht mehr genießen, während die Nice-Lieder beim Newcastle Konzert mit der Stimme (wie in paar Jahre zuvor) wunderbar funktionieren; dass er gut singen kann zeigt das Gesangssolo in Credo sowie die pastoralen Gesangsteile in "Canyon" und "Credo".
Damit wären wir auch schon bei der Bewertung der beiden Alben, die Refugee herausgebracht haben:
1) das Studioalbum "Refugee", das 1974 auf den Markt kam und
2) das Livealbum "In Concert", das 1974 aufgezeichnet, jedoch erst 2006 in der HIFI-Box von Brian Davison gefunden und im April 2007 herausgebracht wurde!
Und warum Refugee 1974 auseinanderbrach, dürfte wohl in diesem Forum bekannt sein!!!

Ende 1974 wurde mit der Band Yes das Album "Relayer" aufgenommen, auf das eine gigantische Tournee folgte: und in den ganzen Keyboardsoli, die Moraz während der Tournee machte: was spielte er immer wieder nach dem akustischen "Long Distance Runaround" an (so auch bei QPR 1975 direkt einer halben Minute Solo): den "Papillon" von Refugee. Am Ende des Solos covert er sich ein zweites Mal selbst: diese Melodie ist das "Grand Canyon"-Thema!
Zum Nachhören höre man sich http://www.youtube.com/watch?v=cbw775yZEec <--- dieses Video an. Bei Minute 2:48 fängt "Papillon" an, bei Minute 4:20 spielt er das "Canyon"-Theme. Mit "Refugee" hatte er seine kreativste Phase; zwar war er bei Yes auch gut aufgehoben; trotzdem gefällt mir "Refugee" besser als die "Relayer", weil bei "Yes" 5 Ausnahmemusiker, bei "Refugee" aber 3 Ausnahmemusiker, die genau aufeinander abgestimmt waren, zusammen waren. Egal in welchem Re-Release Relayer veröffentlicht wurde: bis auf das letzte Lied versinken die Synthesizer in einem Einheitsbrei. Selbstverständlich ist "Relayer" ein gelungenes Album, ohne Frage. Trotzdem ist "Refugee" für mich nicht nur einen Tick besser als "Relayer": es ist filigraner und klarer strukturiert.
Jedoch auch bei Yes stieg Moraz 1976 aus: und was Herr Moraz, nachdem er zwei Bands verlassen hat? Er macht ein paar vorzügliche Latinprog/Jazzfusion-Alben, hilft seinen Yes-Kumpel bei Soloalben und geht schließlich wieder zu einer Band, die unbedingt einen neuen Keyboarder für ihre Reunion brauchen.
Das ist "The Moody Blues". Diese leicht psychedelische, manchmal schon sehr proggige, manchmal aber auch mellotronüberzuckerte, verkitschte Band lösten sich nach dem unbekannteren, aber rundum gelungenen Album "Seventh Sojourn" 1973 das erste Mal, nach ihrem Misserfolg "Octave" 1978 zum zweiten Mal auf. 1981 hatte Pinder keine Lust mehr zu einer Reunion, also musste ein neuer her. Auch wenn in der Zeit mit Pinder die kreativsten Sachen entstanden, muss ich ehrlich zugeben, dass Moraz ein wenig frischen Wind in die Moodys gebracht hat. Ein zweites "Octave" hätte die Band endgültig zerstört, auch wenn es immerhin ein paar gut gelungene Sachen auf diesem Album gibt.
"Long Distance Voyager" (nicht "Runaround", aber so ähnlich

), ist ein ziemlich synthesizerdominiertes Album, welches jedoch auch eines der ganz großen der Moodys ist. Die romantischen, aber trotzdem frischen Nummern gefallen mir immer wieder; nur "Gemini Dream" ist mit den käsigen Synthis ziemlich versaut. Mit Prog ist auf diesem Album jedoch nichts, naja, vielleicht ein bisschen. Doch der ohnehin minimale Proganteil dieses Albums wurde in Richtung 90er Jahre immer geringer.
Zwei Jahre später kam "The Present" heraus, das sehr ähnlich wie "Voyager" klingt. Auch wenn es der bisher größte Misserfolg von ihnen war: mir gefällt es ziemlich gut, auch wenn es nicht so gut wie sien Vorgänger ist.
Weitere drei Jahre später wurde "The other Side of Life" aufgenommen. Ich besitze dieses Album noch nicht, muss es mir aber bald zulegen. Mit "Your Wildest Dreams" ist auf jeden Fall ein Welthit auf diesem Album enthalten.
Noch 2 Jahre später kam "Sur la mer" auf den Markt. Hier gingen die Moodys erstmals seit 10 Jahren zu sehr in Richtung Kitsch. Dessen Opener "I Know You're Out There Somewhere" ist auf jeden Fall ein tolles Lied.
Das 1991er Album "Keys of the Kingdom" beinhaltet Moraz nur noch als Gastmusiker auf drei Liedern.
Danach war Schluss mit Moody Blues. 1999 kam "Strange Times" heraus, 2000 kamen sie in die "Hall of Fame" und nahmen dafür auch ein Konzert auf, 2003 kam das Weihnachtsalbum "December" heraus.

An Voyager konnten diese Alben nicht anknüpfen, schon längst nicht an die 60er und 70er Jahre Scheiben.

Es bleibt zu hoffen, dass Moraz (wie Emerson) eine Reunion mit seinen Refugee-Leuten veranstaltete, oder wenigstens mit Yes ein paar Lieder zusammenspielt.

JJG · Administrator Beiträge: 5148 Ort: Bad Lobenstein

Vielen Dank Max !

Für mich sehr interessant, weil ich über die Band Refugee noch nicht viel weiß.

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Max · Moderator Beiträge: 6325

Danke, JJG!

Man findet jetzt die Rezis in eigenen Threads!