In jedem üblichen Freitodforum dominieren die jungen User derart, dass ich mich schon fragte, wie viele potenzielle Spitzenläufer sich wohl unter ihnen befinden mögen, die weder ihre Talente kennen noch sich für irgendeine größere Aktivität mehr motivieren können. Aber passive „Sportler" sind sie – fast – alle, indem sie sich zu irgendeinem Fußballverein bekennen und mitunter leidenschaftliche Fans von ihm sind. Demgemäß sprechen sie – in der Regel – eine vulgäre Sprache, beleidigen sich gegenseitig, rauchen, trinken und hören eine adäquate Musik, die jegliches gesunde Kunstverständnis geradezu verhöhnt. Gewiss, nicht wenige von ihnen sind genetisch limitiert, doch viele mögen nur infolge ihres selbst erwählten Milieus bzw. äußerer, veränderbarer Faktoren suizidal sein. Ich jedenfalls kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie regelrecht eine Affinität zu all dem entwickelt haben, was letztlich chronisch suizidal oder depressiv macht!
Zweifellos fördert der aggressive und primitive Fußball eine Mentalität, die nachhaltig zur Entstehung unserer endzeitlichen Ellenbogengesellschaft und zum Niedergang von Kultur schlechthin geführt hat. Da passt es genau ins zeitgeistliche Bild, dass nicht nur hierzulande immer mehr renommierte große Mehrzweckstadien mit öffentlichen Geldern in reine Fußballarenen – ohne 400-Meter-Kunststoffbahn ums Spielfeld – umgebaut werden, sodass sie nicht einmal mehr für regionale LA-Meisterschaften tauglich sind. Systematisch wird in unserer gesamten Hemisphäre der Leichtathletik das Wasser abgegraben, während sich selbst ihre über Jahrzehnte verlässlichen Sponsoren gänzlich dem Fußball zuwenden, wie nun sogar Bayer in Leverkusen. Entsprechend regressiv entwickelte sich natürlich auch die Leistungsdichte in allen leichtathletischen Disziplinen (außer einigen neu eingeführten bei Frauen). Ich selber lief 1981 5000 Meter in 13:47,71 min und rangierte damit in der DLV-Bestenliste am Ende des Jahres lediglich auf Platz 11, was heute (ab ca. 2000) trotz deutscher Wiedervereinigung für Position 5 bis 7 reichen würde! Nicht umsonst schrieb der weitsichtige Kulturphilosoph Oswald Spengler zwischen 1918 und 1922 seinen 1200-Seiten-Klassiker DER UNTERGANG DES ABENDLANDES, was sich nicht zuletzt durch die signifikanten Laufleistungen der Afrikaner offenbart.
GOLDENER SEPTEMBER FÜR DIE LEICHTATHLETIK Am 9. September 2007 lief der damals 24-jährige Jamaika-Sprinter Asafa Powell als ehemaliger Fußballspieler im italienischen Rieti mit 9,74 Sekunden einen neuen Weltrekord über 100 Meter. Allerdings: Der 200-Meter-Weltrekord des US-Amerikaners Michael Johnson steht seit Atlanta 96 nach wie vor bei phänomenalen 19,32 s, was 2 x 100 Meter in 9,66 s entspricht! Als dieser Rekord in Rieti fiel, war Insidern bereits klar, dass auch der kleine Äthiopier Haile Gebrselassie in seinen alten Tagen in Berlin noch einmal Marathon-Weltrekord laufen wird. In der Tat, so kam es dann am 30. September 2007, als er mit 2:04:26 h 29 Sekunden unter der Bestmarke seines alten Freundes aus Bahn-Zeiten, Paul Tergat, blieb. Vier Jahre zuvor erzielte dieser schlacksige Kenianer (1,83 groß) am gleichenen Ort im selben Alter (34 ½ Jahre) ebenfalls seinen Rekord, nachdem er von 1997 bis -98 auch jenen über 10000 Meter hielt und mehrfach Crosslauf-Weltmeister war.
Haile Gebrselassies Bestzeiten über 5- und 10000 Meter, die auch mal Weltrekorde waren: 5000 m – 12:39,35 min (1998), 10000 m – 26:22,75 min (1998). Beide Leistungen sind nahezu äquivalent, gleichwertig. Sein jüngster Marathon-WR bedeutet 422 x 17,69 Sekunden nonstop über 100 Meter oder 14:44,7 min im Schnitt pro 5 Kilometer! Mit welch vergleichbaren Parametern ähnlicher Signifikanz (diese Zahlen repräsentieren nichts Geringeres als die menschliche Lebenskraft) kann da der Fußball aufwarten?! Selbst ein 10:0-Resultat vermag sowohl von Kindern auf dem Schulhof als auch einer Altherrenmannschaft erzielt zu werden.
Wolfgang
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"Die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott" (1. Kor. 3:19).