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Hallo Kooka,
ich will Dir nicht weitere Illusionen nehmen, aber es ist wichtig, dass
man weiß wie es häufig (naturgemäß nicht immer) vor Gericht zu- und
abgeht. Mein Mann hat (mehr als einmal) erlebt, dass die mündliche
Verhandlung begann. Nun nach einigen Jahren gerichtlichem Hickhack war
dem Richter wenigstens der Name Schumacher geläufig. Dann sagte der
Richter: „ja was ist denn heute dran“. Nahm die Akte blätterte auf und
dann: „ach ja, heute geht es um ……“ Blätterte die ersten paar
Schriftsätze durch und dann begann die Verhandlung.
Dann kannst Du weiter davon ausgehen, dass selten ein Richter noch weiß,
was in der mündlichen Verhandlung „verhandelt“ wurde, wenn er Tage oder
Wochen später sein/en Urteil/Beschluss schriftlich macht. Das Protokoll
besteht häufig nur aus drei Zeilen, seine Notizen sind auch nicht viel
ausführlicher.
Das hat nur bedingt mit dem „Unwillen“ der Richter zu tun hat, sondern
es ist so, dass die menschliche Denk- bzw. Merkkapazität irgendwann zu
Ende ist. Der Richter meines Mannes hatte pro Verhandlungstag für einen
Vormittag bis zu acht Fälle hintereinander abzuhandeln. Verhandlungstage
gibt es bei diesem Gericht zweimal die Woche. Es würde wohl jeden
Menschen so gehen, dass er am nächsten Tag schon nicht mehr weiß, waren
die Leute mit der stillen verhärmten Frau die Meiers oder die Müllers?
Gab es die familiären Prügeleien bei den Hubers oder bei den Schobers?
Hat das Kind der Schneiders oder der Schöllers unbedingt zum Vater
gewollt? .................
Also wird er, egal wie die mündliche Verhandlung gelaufen ist und evtl.
auch was er dort gesagt hat, wieder mal nach Aktenlage entscheiden.
Wichtig ist es daher (so unsere Erfahrung), dass in dem Schriftsatz der
als letztes oben drauf liegt, eine kurze knappe Zusammenfassung des
Wichtigsten steht. Diese Zusammenfassung darf nicht länger als drei
Seiten werden. Er wird nämlich auch nicht die gesamte Akte durchlesen
können oder wollen.
Dass ein Urteil schon vorgefasst ist, wirst Du sehr häufig dann bei den
OLG’s erleben. Mündliche Verhandlungen sind dort eine Farce. Sehr häufig
wollen diese Richter kein Urteil machen, sondern sind auf einen
Vergleich aus. Den kann man nämlich nicht mehr angreifen. Wir haben mal
erlebt, dass die OLG-Richter die Ex meines Mannes, zu Beginn der
Verhandlung, regelrecht zur Schnecke gemacht haben. Sie hatte
tatsächlich nicht einmal noch den Mund aufgemacht. Wir haben das der Ex
natürlich gegönnt, verdient hatte sie es auch, aber gerecht und fair war
dieses Vorgehen trotzdem nicht gewesen.
Beim OLG ist es wichtig, dass alles vor der mündlichen Verhandlung gut
im Schriftsatz aufbereitet wird. Die meisten Senate bei den OLG’s sind
mit drei Richtern besetzt. Der eine ist der Berichterstatter. Er liest
die Akte und erstattet den anderen Richtern Bericht und macht auch die
sonstigen Vorarbeiten. Selten lesen die anderen Richter auch die Akte.
Je nachdem wie der Richter den Inhalt der Akte auffasst, wird er dies an
die anderen Richter weitergeben und somit deren Meinung beeinflussen.
Wenn es dann zu mündlichen Verhandlung kommt, liegt das Urteil schon
fest. Der Anwalt und die Partei kann „sich den Mund fusselig reden“ es
wird kaum noch was zu ändern sein. Entweder den vorgeschlagenen
Vergleich annehmen oder ein Urteil. Wobei ich zum Urteil raten würde. Es
kostet zwar dann mehr an Gerichts-/Anwaltskosten, aber wenn sich dann
später etwas herausstellt, kann man eine Wiederaufnahme des Verfahrens
beantragen, bzw. man hat die Möglichkeit zum Bundesverfassungsgericht zu
gehen oder ein Klageerzwingungsverfahren (oder so ähnlich heißt das) zum
Bundesgerichtshof durchführen.
Vergleiche können oft auch schlecht –sehr häufig gar nicht – im
Nachhinein abgeändert werden. Da sie oft nicht besonders gut
ausformuliert sind, fehlt z. B. manchmal eine Klausel, dass der
Unterhalt abgeändert wird, wenn der Vater wegen Krankheit,
Arbeitsplatzverlust usw. nicht mehr die volle Summe zahlen kann.
Gruß
Ingrid
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Kooka [mailto:@carookee.com]
Gesendet: Mittwoch, 4. Mai 2005 13:37
An: Zweitfrauen, Zweitmänner und Zweitfamilien - Umgangsrecht
Betreff: [Zweitfamilienforum] Re: So lief es natürlich ab unser
UMGANGSBOYKOT
Hallo Biene,
wenn ich Deine Berichte so lese, dann frage ich mich nur: In welcher
Welt leben die Richter? Aus welchem Jahrhundert sind sie eigentlich?
Woher nehmen sie sich das Recht, so weltfremd zu entscheiden?
Mich würde mal echt interessieren, wieviel Zeit ein Richter in den
jeweiligen Fall investiert, wieviel er sich damit beschäftigt hat, bevor
er ein Urteil fällt! Mir kommt es so vor, als würde er nur kurz vor der
Verhandlung den nächsten Ordner vom Stapel nehmen, den Titel und die
Namen der Parteien lesen, um diese mit dem richtigen Namen ansprechen zu
können und zu wissen, ob jetzt um einen Blumentopf, ein zerbeultes Auto
oder eine Sorgerechtssache gestritten wird! Bei all den Urteilen kann
nicht viel Überlegung dabei gewesen sein! Sonst würden doch nicht solch
unglaubliche, wirklichkeitsferne Urteile gesprochen werden!
Wahrscheinlich muß da erst der Richter selber mal in den Genuß einer
solch lieben Ex kommen, um zu erahnen, was seine Urteilssprüche
bewirken! Ich will es ja keinem wünschen, aber ...
Einer Frau Naivität in Sachen Übernachtung einer 13/14-Jährigen bei
ihrem Freund zu bescheinigen, die selber drei Kinder bekommen hat, ist -
wenn's nicht so ernst wäre - zum Lachen!
All diese Geschichten machen nicht gerade Mut auf die anstehenden
Verhandlungen. :-(
Gruß, Kooka
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Unser Kopf ist rund, damit unsere Gedanken die Richtung ändern können
Schumacher @ zweitfrauen.de