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Hier nun die Stellungnahme einer Dipl. Psychologin zu meinem Gutachten.
Beschluss und Protokoll wird nachgereicht,
Unter http://www.vafk.de im Forum unter Sorgerecht - 50:50
Grüßle
Thomas
Bxxxx Kxxxxxxxx xxxxxxxxxx
Dipl.-Psychologin xxxxx xxxxx
Trennungsberatung – Mediation Tel./Fax : xxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx
28.07.04
Stellungnahme zum Gutachten der Dipl.-Psychologin Edith Pissarek vom 21.06.04 in der
Familiensache Rxxxxx ./. Hxxxx
17 F 703/03 AG Nürtringen
im Auftrag von Txxxxx Rxxxxx
Gerichtliche Fragestellung
„Welche Partei ist zur Betreuung und Erziehung der Kinder Pxxxxx und Mxxxx Rxxxxx besser geeignet ? Ist eine psychologische Betreuung für die Kinder zu empfehlen ?“
Herr Rxxxxx überließ der Unterzeichnerin ( im Folgenden : UZ ) neben dem Gutachten ( im Folgenden : GA ) weitere umfangreiche Unterlagen aus dem Verfahren. Seitens der UZ erfolgte die Zusicherung/Gewähr, alle Informationen vertraulich zu behandeln und nicht an Dritte weiterzugeben.
Die Überprüfung des GAs ergab letzlich, dass dieses aus Sicht der UZ im Wesentlichen nicht zu beanstanden ist und somit – insbes. was die Kap. „Beantwortung der psychologischen Fragestellungen“ und „Beantwortung der gerichtlichen Fragestellungen“ betrifft – für eine Entscheidungsfindung verwertbar ist.
Dennoch erfolgte die vorliegende Stellungnahme. Erstens um den von Herrn Rxxxxx vorgetragenen Beanstandungen Rechnung zu tragen, zweitens um die wesentlichen Erkenntnisse, Schlussfolgerungen, Empfehlungen in dem doch sehr umfangreichen GA verkürzt darzustellen, drittens um einige Korrekturen/Ergänzungen anzumerken.
Der gesamte Bereich „Datenerhebung“ ( Aktenanalyse, Wiedergabe der Gespräche, Tests, Verhaltensbeobachtungen, S. 5 – 79 ) wurde nicht überprüft und weitestgehend als vollständig und richtig erachtet.
Die hier von Herrn Rxxxxx vorgetragene Kritik, dass die verwendeten Tests „projektive Verfahren“ seien und somit wissenschaftlichten Standards ( Erfüllung der Testgütekriterien : Objektivität, Reliabilität, Validität ) nicht genügten, ist berechtigt.
Dennoch stellt dies aus Sicht der UZ keinen gravierenden Mangel dar, da die Tests „nur“ als Explorationshilfen verwendet wurden und im psychologischen Befund keine allein ausschlaggebende Bedeutung haben.
Positiv am vorliegenden GA ist insgesamt zu werten, dass die Sachverständige ( im Folgenden : SV ) eine systemisch-lösungsorientierte Begutachtung ( vergl. Bergmann-Jopt-Rexilius u.a. ) nicht nur vorgibt, sondern tatsächlich von Anfang bis Ende durchführt.
Dies wird aus Sicht der UZ den Bedürfnissen und Erfordernissen von Trennungsfamilien ( -kindern ) wesentlich gerechter als eine entscheidungsorientierte Vorgehensweise ( vergl. Kluck, Westhoff u.a. ), die nur „notfalls“, also wenn eine systemische Vorgehensweise versagt, Anwendung finden sollte.
Insofern ist die gerichtliche Frage, wer der „bessere“ oder „geeignetere“ Elternteil ist, tatsächlich problematisch :
„Diese Fragestellung ist dazu geeignet, die Konkurrenz und damit die Ausgrenzungstendenzen und das Konfliktpotential beider Elternteile zu verstärken.“ ( S. 83 )
Besser als die „Entweder-oder-Haltung“ wäre also die „Sowohl als auch – Haltung“.
Im „psychologischen Befund“ ( S. 82 – 115 ) holt die SV – im Hinblick auf die vorliegende Fragestellung, und nur darauf – aus Sicht der UZ tlw. zu weit aus.
Die hier ausführlich dargestellte Beziehungsdynamik der Familienmitglieder ist eher für eine Familientherapie geeignet als für eine Sorgerechts- oder Aufenthaltsentscheidung.
Daher wurde auf eine kritische Analyse dieses GA-Teils an dieser Stelle verzichtet.
Die hier von Herrn Riehle vorgetragene Kritik – dass die SV in diesem Kap. z.T. mütterparteilich argumentiere – ist aus Sicht der UZ teilweise berechtigt. Dies betrifft besonders die Einschätzung der Eltern und hier insbes die jeweiligen Kap. „Paarkonflikt“.
Dennoch kann auf die Darstellung dieser Kritikpunkte im einzelnen verzichtet werden, da sich diese Haltung der SV im Ergebnis des GAs letzlich nicht niederschlägt.
Die Eltern-Kinder-Bindungen und die Geschwister-Bindungen werden sehr differenziert beschrieben ( sicher, unsicher, unsicher-ambivalent, unsicher-vermeidend, desorganisiert usw. ).
Das Ergebnis, nämlich dass das Kriterium Bindung hier nicht entscheidungsrelevant sein kann, ist nachvollziehbar und wird von der UZ geteilt.
Das gleiche gilt für das Kriterium Erziehungseignung. Hier stellt die SV ausführlich Stärken und Schwächen bei beiden Eltern dar. Mit dem Ergebnis, dass auch dieses Kriterium nicht entscheidungsrelevant sein kann, was ebenfalls nachvollziehbar ist und von der UZ geteilt wird.
Wenn also die Kriterien „Bindung“ und „Erziehungseignung“ nicht entscheidungsrelevant sein können, müssen andere Kriterien – insbes. Bindungstoleranz und der Wille der Kinder, evtl noch sozioökonomische Bedingungen – herangezogen werden
Bezgl. der Bindungstoleranz kommt die SV zu dem Ergebnis, dass beim Vater auf der emotionalen Ebene keine ausreichende Bindungstoleranz vorhanden sei, auf der Handlungsebene hingegen ausreichende Bindungstoleranz feststellbar sei.
Umgekehrt bei der Mutter : Hier sei auf der rationalen und emotionalen Ebene ausreichende Bindungstoleranz vorhanden, auf der Handlungsebene hingegen nicht.
Grundsätzlich ist im Zweifelsfall ( wenn also Bindung und Erziehungseignung gleich sind ) der Aufenthalt ( Lebensmittelpunkt ) des Kindes/ der Kinder bei dem Elternteil zu empfehlen, der über die höhere Bindungstoleranz verfügt.
Auch hier kommt die SV zu dem Ergebnis „unentschieden“, was aus Sicht der UZ z.T. fraglich ist.
Bzgl. dieses Kriteriums ist dem Vater eine höhere Bindungstoleranz zuzuschreiben. Er konnte die Kinder immer ( von ein oder zwei Ausnahmen abgesehen ) zum Wechsel zur Mutter motivieren, auch wenn diese „nicht wollten“. Zudem kann er die gemeinsame elterliche Sorge befürworten. Die Mutter hingegen präferiert die Alleinsorge für sich, zeigte in der Vergangenheiten Tendenzen, den Vater auszugrenzen und kann den Wunsch der Kinder, beim Vater zu leben, nicht akzeptieren.
Zum Willen der Kinder.
Hier kann zunächst festgestellt werden, dass beide Kinder im gesamten Verfahren, das nun schon über Jahre läuft, durchgängig aussagten, beide Eltern zu lieben und zu brauchen ( sinngemäß ), aber beim Vater leben zu wollen, im Sinn von Lebensmittelpunkt. Dies ist auch der erklärte Willen der Kinder in der vorliegenden Begutachtung.
Grundsätzlich sind bei der Einschätzung des Kindeswillens drei Aspekte zu beachten :
1 Das Alter des Kindes bzw. dessen kognitive, soziale, emotionale Reife.
Hinsichtlich des Alters ist der Kindeswillen hier uneingeschränkt zu berücksichtigen ; wobei bei Marco Entwicklungs- oder Reifedefizite zu bedenken sind.
1 Ist der Kindeswillen evtl. manipuliert ?
Hier muss zunächst gesehen werden, dass es einen völlig autonomen Kindeswillen nicht gibt. Kinder orientieren sich immer auch an den Bedürfnissen/Befindlichkeiten ihrer Bezugspersonen, was normal ist und nicht weiter problematisch.
Im vorliegenden Fall erkennt die SV bei beiden Eltern – zumindest tendenziell – derartige Manipulierungssabsichten:
Der Vater würde den Kindern „Doppelbotschaften“ signalisieren ( „Ihr könnt zur Mutter, aber innerlich bin ich damit nicht einverstanden“ ).
Die Mutter würde den Vater bei den Kindern z.T. abwerten ( „fauler Sack“, „Arschloch“ ).
Hier bewertet die SV die angebliche Manipulation des Vater als „schlimmer“ als die angebliche Manipulation der Mutter.
Dies ist tlw. nachvollziehbar angesichts der bedenklichen Aussagen von Mxxxx im Satzergänzungstest ( guter Vater, böse Mutter ). Andererseits lehnt Marco ( wie auch Pxxxx ) die Mutter nicht tatsächlich ab.
Im ganzen Verfahren und auch im vorliegenden GA haben beide Kinder immer wieder geäußert,
dass sie beide Eltern lieben, beiden gerecht werden wollen, eben nur lieber beim Vater wohnen möchten.
Wenn ein Kind einen Elternteil als „nur gut“ oder „nur schlecht“ wahrnimmt und den „schlechten“ nicht sehen will, ist dies bedenklich im Sinn eines PA-Syndroms. Der Wunsch hingegen, bei diesem oder jenem Elternteil wohnen zu wollen, muss nicht zwangsläüfig problematische Motive haben und in Frage gestellt werden.
Insofern sind die Bedenken der SV, der Vater wolle die Kinder der Mutter entfremden, falls sie bei ihm wohnten, was möglicherweise zu einem Kontaktabbruch führen könnte, sehr fraglich.
Diesbezgl. ist die Kritik seitens Herrn Rxxxxxs berechtigt, dass derartiges Hinterfragen ( Missachtung ) des geäußerten Kinderwunsches ( mit der Folge zweier Begutachtungen und langwieriger Gerichtsverfahren ) vermutlich nicht stattgefunden hätte, wenn die Kinder den Wunsch äußerten, bei der Mutter leben zu wollen.
1 Ist der geäußerte Kindeswillen mit dem Kindeswohl vereinbar ?
Hier kommt die SV zu der klaren Entscheidung, dass der geäußerte Kindeswillen ( beim Vater leben zu wollen ) nicht mit deren Wohl vereinbar ist, wenn auch dem Wunsch der Kinder nach
„mehr“ Vater nachzukommen sei.
Da der Lebensmittelpunkt bei beiden Eltern problematisch wäre ( S. 123 ) - bei der Mutter eine weitere Verschärfung des Konfliktes hervorrufen würde mit einer evtl. Abwendung der Kinder von ihr und dem verstärkten Wunsch, beim Vater wohnen zu wollen ; beim Vater möglicherweise einen Kontaktabbruch der Kinder zur Mutter zur Folge haben könnte – empfiehlt
die SV das sog. Wechselmodell : zwei Familienstandorte, hälftige Betreuung.
Dieses Modell wird in der Fachliteratur z.T. favorisiert ( vergl. Suess et al, 1999 ), z.T. kontrovers diskutiert. Die UZ teilt die Aufassung der SV , dass ein solches Modell im vorliegenden Fall in Frage kommt und im Interesse der Kinder zu befürworten ist.
Sollte ein Elternteil mit dieser Regelung nicht einverstanden sein, empfiehlt die SV, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den anderen Elternteil zu übertragen, also denjenigen, der mit dieser Regelung einverstanden ist und sie verlässlich umsetzen kann ( S. 130 ).
Auch diese Empfehlung ist aus Sicht der UZ richtig, wobei hinzugefügt werden muss, dass in einem solchen Fall – Ablehnung des Wechselmodells – der Kinderwillen ( Wohnen beim Vater ) berücksichtigt werden muss, also der Lebensmittelpunkt der Kinder beim Vater anzusiedeln wäre.
Erstens weil sich der Lebensmittelpunkt bei der Mutter nicht bewährt hat ( s.o. ). Dies kann bei der Mutter mit Sicherheit gesagt werden, beim Vater hingegen nicht.
Zweitens weil die Bedenken der SV gegen einen Lebensmittelpunkt beim Vater ( Entfremdung der Kinder von der Mutter ) nicht haltbar sind, da der Vater es in der Vergangenheit immer wieder geschafft hat, die Kinder zum Wechsel zur Mutter zu motivieren, auch wenn diese „nicht wollten“.
Drittens weil der Wunsch der Kinder, beim Vater leben zu wollen, nicht deren Wohl widerspricht, da dieser Wunsch nicht mit einer Mutterablehnung verbunden ist; eher eine Mutterablehnung eintreten könnte wenn ihrem Wunsch erneut nicht gefolgt würde.
Letzlich kommt die SV zu dem Ergebnis, dass alle bisherigen Entscheidungen – nämlich den Lebensmittelpunkt der Kinder bei der Mutter anzusiedeln – nicht zu einer Entspannung des Familiensystems geführt haben und somit auch nicht am Kindeswohl orientiert waren :
„Die bisherige Regelung hat nicht dazu geführt, die Kinder in ihren beiden Elternbeziehungen zu entlasten und die Beziehung zu diesen zu stabilisieren. Der gegenteilige Befund musste gemacht werden.“ ( S. 127 )
Das heißt, dass im Interesse des Kindeswohls nur das Wechselmodell oder der Lebensmittelpunkt der Kinder beim Vater in Frage kommen.
Die Empfehlung der SV, die gemeinsame elterliche Sorge beizubehalten, kann aus Sicht der UZ uneingeschränkt befürwortet werden; ebenso die entsprechenden Begründungen und „Auflagen“ an die Eltern.
Bxxxx Kxxxxxxxx.