Das Umgangsrecht gibt dem Berechtigten in erster Linie die Befugnis, das Kind in regelmäßigen Zeitabständen zu sehen und zu sprechen. Dabei soll der Umgangsberechtigte dem Kind unbefangen und natürlich entgegentreten können, weshalb der Umgang grundsätzlich nicht in Gegenwart des anderen Elternteils oder sonstiger dritter Personen oder an sog. „neutralen Orten" stattzufinden hat.
Zur Ausgestaltung des Umgangs mit besonders jungen Kindern (hier: zwei Jahre alt).
Ein unsubstantiiert geäußerter Verdacht eines sexuellen Kindesmißbrauches ist regelmäßig nicht geeignet, das bestehende Umgangsrecht des verdächtigten Elternteils einzuschränken oder gar auszuschließen.
Aus den Gründen:
I.
Die Parteien streiten um das Umgangsrecht des ASt. mit der gemeinsamen Tochter C., geboren am 26. 3. 1999. Die Parteien sind miteinander verheiratet, das Ehescheidungsverfahren ist anhängig. Die elterl. Sorge für C. steht ihnen gemeinsam zu. . . .
II.
Die gemäß § 621e ZPO zulässige befristete Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Der Anspruch des ASt. auf einen geregelten Umgang folgt aus § 1684 I BGB. Danach ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Das Verhältnis der Eltern zum Kind wird vom Gesetz als grundsätzlich wünschenswert angesehen und ist insoweit zu schützen. Deshalb besteht das Umgangsrecht grundsätzlich uneingeschränkt auch bei Streitigkeiten zwischen den Eltern und auch dann, wenn es sich bei dem betroffenen Kind um ein Kleinkind handelt, da nur so der Gefahr einer dauerhaften Entfremdung des Kindes zu einem Elternteil vorgebeugt werden kann (OLG Karlsruhe, FamRZ 1992, 58, 59).
Bei der Gestaltung des Umganges ist eine dem Kind gerecht werdende, individuelle Regelung zu treffen, die unter Ausschöpfung aller verfahrensmäßigen Möglichkeiten zur Ermittlung des Willens und der Belange des Kindes sowie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles dem Wohl des Kindes entspricht (BVerfG, FamRZ 1995, 86, 87). Insoweit begegnet der amtsgerichtliche Beschluß zur Ausgestaltung des Umgangsrechtes keinen Bedenken. Aufgrund des geringen Alters des Kindes ist ein Umgangsrecht von wenigen Stunden vor oder nach dem Mittagsschlaf empfehlenswert, wobei dies sogar ausgeweitet werden kann, wenn der Umgangsberechtigte allein das Kind versorgen kann (vgl. auch Seidl, Familienrecht, 5. Aufl. 1999, S. 97). Bei kleineren Kindern bis zu einem Alter
FamRZ 2002 - Seite 415
von vier Jahren sind Umgangszeiträume mit bis zu vier Stunden ausreichend bemessen (OLG Zweibrücken, FamRZ 1997, 45, 46; OLG Hamm, FamRZ 1990, 654, 655; Oelkers, in: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 3. Aufl. 2001, S. 365). Diesen Grundsätzen entspricht die amtsgerichtliche Regelung eines jeweils zwei- bzw. dreistündigen Umganges zu Zeiten, die üblicherweise vor den Schlafenszeiten eines so jungen Kindes liegen. Auch der weitere Umfang des Umgangsrechtes - an jedem Mittwoch sowie an jedem zweiten Samstag - ist altersangemessen und begegnet deshalb keinen Bedenken.
Soweit die AGg. die Einschränkung des Umganges dahingehend begehrt, daß dieser lediglich begleitet stattzufinden habe, ist dem nicht zu folgen. Das Umgangsrecht gibt dem Berechtigten in erster Linie die Befugnis, das Kind in regelmäßigen Zeitabständen zu sehen und zu sprechen (Erman/Michalski, BGB, 10. Aufl. 2000, § 1684 Rz. 8). Dabei soll der Umgangsberechtigte dem Kind unbefangen und natürlich entgegentreten können, weshalb der Umgang grundsätzlich nicht in Gegenwart des anderen Elternteils oder sonstiger dritter Personen oder an sog. „neutralen Orten" stattzufinden hat (BGHZ 51, 219, 224 = FamRZ 1969, 148; Erman/Michalski, a.a.O., Rz. 24). Das FamG kann das Umgangsrecht aber einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist; eine auf längere Zeit oder Dauer angelegte Einschränkung oder Ausschließung kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre (§ 1684 IV S. 1 und 2 BGB). Einschränkungen des Umganges dergestalt, daß dieser lediglich unter Begleitung weiterer Personen oder nur an einem neutralen Ort stattzufinden habe, stellen nach den vorgenannten Grundsätzen eine einschneidende Beschränkung für den Umgangsberechtigten dar, weshalb zu dieser Maßnahme nur dann gegriffen werden darf, wenn ohne sie eine Gefährdung des Kindeswohls konkret zu befürchten ist (MünchKomm/Hinz, BGB, 3. Aufl. 1992, § 1634 Rz. 26; Oelkers, a.a.O., S. 368). Eine solche Gefährdung kann der Senat auch aufgrund des ergänzenden Vorbringens der AGg. im Beschwerdeverfahren nicht erkennen.
Soweit die AGg. mit der von ihr behaupteten Verletzung der Tochter nach dem am 12. 4. 2001 stattgefundenen Umgang die Frage der Verletzung einer Aufsichtspflicht durch den ASt. bis hin zu einem möglichen sexuellen Mißbrauch aufgeworfen hat, kann der Senat für diese Verdachtsmomente keine hinreichenden Anhaltspunkte finden. Ihren damit verbundenen erheblichen Vorwurf hat die AGg. bislang nicht ausreichend mit Tatsachen untermauert und belegt. . . . [wird ausgeführt]. . .
Hinzu kommt, daß auch das weitere Verhalten der AGg. nach dem Erkennen dieser Verletzung Zweifel daran aufwirft, daß die AGg. selbst davon ausgegangen ist, daß diese Verletzung auf den besagten Umgang beim ASt. zurückzuführen sei. Es hätte nahegelegen, bei den von der AGg. aufgeworfenen Verdachtsmomenten bis hin zu einem sexuellen Mißbrauch eine Strafanzeige bei der Polizei zu erstatten; eine solche Verhaltensweise hätte im übrigen auch ihren aus der ihr zustehenden elterl. Sorge resultierenden Pflichten entsprochen. Dies hat die AGg. aber gerade nicht getan; vielmehr hat der ASt. seinerseits, nachdem ihm diese Verletzung und der damit verbundene Vorwurf bekannt geworden ist, am 2. 5. 2001 eine solche Strafanzeige (gegen Unbekannt) erstattet.
Auch das weitere Vorbringen der AGg. ist nicht geeignet, eine weitergehende Einschränkung des Umgangsrechtes des ASt. zu rechtfertigen. . . . [wird ausgeführt] . . .
Im übrigen hat die AGg. im wesentlichen auf die bestehenden persönlichen Spannungen zwischen den Parteien verwiesen. Solche persönlichen Zerwürfnisse zwischen den Parteien - die in streitig geführten Ehescheidungs- und Umgangsrechtsverfahren häufig bestehen - können allein nicht dazu führen, einen Ausschluß des Umgangsrechtes zu rechtfertigen. Etwas anderes würde sich nur dann ergeben, wenn die Spannungen eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Kindes zur Folge hätten. Soweit die AGg. hierfür behauptet hat, nach den Besuchen wache die Tochter ständig nachts auf, habe Durchfall, erbreche sich und äußere, der Papa sei böse, ist auch dieses Vorbringen zu unsubstantiiert. Sofern ein solcher Zustand bei dem Kind tatsächlich anläßlich der Umgangskontakte auftreten würde, hätte es nahegelegen, das Kind zu einem Arzt zu bringen und darüber auch ein ärztliches Attest erstellen zu lassen und zur Akte zu reichen; dies ist nicht geschehen. . . .
Allenfalls ist zu vermuten, daß aufgrund der zwischen den Parteien auftretenden Streitigkeiten anläßlich des Abholens und Zurückbringens des Kindes solche Verhaltensauffälligkeiten auftreten. Es ist aber gerade Aufgabe sowohl des ASt. als auch der AGg., solche Streitigkeiten jedenfalls nicht im Beisein des Kindes zu führen, um damit Belastungen von dem Kind möglichst fern zu halten. Eine Einschränkung des Umganges ist hierdurch nicht gerechtfertigt.
Wie schon in dem früheren vor dem Senat geführten Verfahren erweckt das Verhalten der AGg. auch weiterhin den Eindruck, daß sie aufgrund der erkennbar fortbestehenden persönlichen Spannungen zum ASt. Umgangskontakte der Tochter möglichst weitreichend einschränken will. Dies rechtfertigt nicht einen Ausschluß oder eine erhebliche Einschränkung des Umgangsrechtes, kann aber im Falle des Fortbestehens möglicherweise zu Lasten der Erziehungsgeeignetheit der AGg. im Rahmen des innerhalb der Ehescheidung geführten sorgerechtlichen Verfahrens besondere Berücksichtigung finden.
Andererseits muß sich auch der ASt. den Vorwurf gefallen lassen, zumindest in der Vergangenheit erkennbar durch eigenes Verhalten zu den aufgetretenen Streitigkeiten zwischen den Eheleuten beigetragen zu haben. Dies gilt insbesondere insoweit, als auch in Fällen, in denen er selbst an der Ausübung des Umganges verhindert war und ihm von der AGg. kein Ausweichtermin zugestanden wurde, versucht hat, durch ein beständiges Auftauchen an der Wohnung der AGg. zu Terminen, die keine Umgangstermine waren, zu erscheinen und Umgang zu verlangen. Auch ein solches Verhalten zeigt ein wenig einfühlsames Umgehen mit den Belangen des Kindes, aber auch mit den ebenfalls zu respektierenden Wünschen der AGg. In diesem Zusammenhang ist der ASt. darauf hinzuweisen, daß der Umgang nur an den gerichtlicherseits festgelegten Umgangsterminen zu erfolgen hat, soweit eine anderweitige Einigung zwischen den Parteien nicht zustande kommt. Ein Recht, für den Fall einer in der Person des ASt. liegenden Verhinderung des Umganges einen Ausweichtermin zu erhalten, steht diesem jedenfalls im Grundsatz nicht zu.
(Mitgeteilt von Richter am AmtsG F. Götsche, Brandenburg)
Eingestellt von Biene
Sabine Meseke Am Kalten Born 37085 Göttingen Tel: 0551-75073
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