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Leider lassen sich die umfangreichen Beschlüsse der zweiten Instanz nicht an an die erste Instanz gänzlich anhängen. Das Forum nimmt Beiträge dieser Größe leider nicht an. Hier also die Fortsetzung:
Zweite Instanz
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN Aktenzeichen: 26 UF 868/02 vom 28.07.2002
2 F 326100 AG Ebersberg
In der Familiensache
KKKKKKKK, geb. xx.xx.1991
- Betroffenes Kind und Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigte: RAKK
Weitere Beteiligte:
1. VVVVVVVV
- Kindesvater, Antragsteller und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte: Rain Petra Kuchenreuther, München
2. MMMMMMMM
- Kindesmutter, Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte: RAMM
3. Landratsamt Ebersberg - Kreisjugendamt -, Eichthalstraße 1, 85560
Ebersberg, Aktenzeichen XXXXXX
wegen Regelung des Umgangs
erlässt der 26. Zivilsenat - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 28. Juli 2002
folgenden
Beschluss
I. Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Ebersberg vom 08.03.2002 wie folgt abgeändert:
1 .In Abänderung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 06.12.1999 (Az.: 16UF 1158/99 = 2 F 33/99 AG Ebersberg) wird der Mutter die elterliche Sorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind KKKKKKKK geb. xx.xx.1991, insoweit entzogen, als es den Umgang des Kindes mit dem Vater betrifft. Insoweit wird eine Pflegschaft angeordnet und als Pflegerin Diplompsychologin XXXXXXXX bestimmt.
2. Die Mutter ist verpflichtet, das Kind zu den Umgangszeiten an die Pflegerin herauszugeben.
3. Der Vater erhält das Recht, jeden zweiten Samstag für jeweils sechs Stunden Umgang mit dem Kind zu pflegen. Die genaue Festlegung der Umgangstage, der Umgangszeiten und der Umgangsmodalitäten erfolgt durch die Umgangspflegerin.
II. Die Beschwerde des Kindes wird als unzulässig verworfen.
III. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 1) und zu 2) sind die unverheirateten Eltern des betroffenen Kindes, KKKKKKKK, geb xx.xx.1991. Das Kind lebt im Haushalt der Mutter, die Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge ist. Nachdem früher, zumindest zeitweise, ein regelmäßiger Umgang des Vaters mit dem Kind stattfand, streiten die Eltern nunmehr seit vielen Jahren über das Umgangsrecht des Vaters.
Im Beschwerdeverfahren (Az.: 16 UF 1158/99 = 2 F 33/99 AG Ebersberg) erließ das Oberlandesgericht München schließlich am 06.12.1999 einen Beschluss, der dem Vater ein 14tägiges betreutes Umgangsrecht mit dem Kind einräumte. In der Folgezeit kam es jedoch nur sporadisch zu entsprechenden Umgangskontakten, so dass der Vater erneut - das jetzt gegenständliche - Umgangsverfahren anstrengte.
In dessen Verlauf erholte das Familiengericht ein familienpsychologisches Gutachten der Diplompädagogin XXXXXXXX. Auf deren Gutachten vom 21.03.2001 (Bi. 39/132 d.A.) wird Bezug genommen. Anlässlich verschiedener Anhörungen durch das Familiengericht trafen die Eltern auch vorläufige Vereinbarungen über begleitete Umgangskontakte des Vaters mit dem Kind. Nach einem Beschluss des Familiengerichts vom 01.10.2001, der einen regelmäßigen Umgang auch mit Übernachtungen des Kindes beim Vater bestimmte und der auf Beschwerde hin vom Oberlandesgericht aus formalen Gründen aufgehoben wurde, ließ die Mutter Kontakte des Vaters mit dem Kinde nicht mehr zu. Der letzte (begleitete) Umgang hatte am 29.09.2001 stattgefunden.
Mit Beschluss vom 08.03.2002 hat das Familiengericht den Umgang des Vaters mit dem Kind im Einzelnen erneut geregelt und dabei im Wesentlichen einen Wochenendumgang im 14tägigen Abstand mit Übernachtungen beim Vater angeordnet, nur in einer Übergangsphase noch begleitet durch den Sozialpädagogen XXXXXXXX. Zugleich erließ das Gericht eine einstweilige Anordnung, in der der Umgang in gleicher Weises "bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens" bestimmt wurde. Auf die beiden Entscheidungen, einschließlich der ausführlichen Sachverhaltsdarstellung im Hauptsachebeschluss, wird verwiesen.
Hinsichtlich dieser Entscheidungen haben sowohl die Kindesmutter als auch das Kind durch deren jeweilige anwaltliche Vertreterin Beschwerde eingelegt bzw. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der einstweiligen Anordnung gestellt. Die Beschwerdeführer machen im Wesentlichen geltend, dass das Kind den Umgang mit dem Vater verweigere. Die Kindesmutter sei nicht bereit, Zwang auf das Kind auszuüben. Die ablehnende Haltung des Kindes gegenüber dem Vater sei zunächst therapeutisch aufzuarbeiten. Nachdem die Mutter zunächst beantragt hatte, den Umgang bis Ende Oktober 2002 auszuschließen, hat sie zuletzt Antrag auf Aussetzung des Umgangs bis 30.06.2004 gestellt.
Mit Beschluss vom 12.04.2002 hat der Senat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der einstweiligen Anordnung vom 08.03.2002 zurückgewiesen. Zu Umgangskontakten ist es in der Folgezeit gleichwohl nicht gekommen. Die Mutter hat es abgelehnt, der gerichtlichen Entscheidung Folge zu leisten und dem Vater einen entsprechenden Umgang mit dem Kinde zu gewähren. Gerichtliche Zwangsmittel wurden vom Vater nicht beantragt, weil er nach seinen Angaben darin keinen Sinn gesehen hat.
Anlässlich der Anhörung der Eltern, des Kindes, eines Vertreters des Jugendamtes und des Umgangsbegleiters XXXXXXXX am 25.07.2002 vor dem vom Senat beauftragten Richter schlossen die Parteien eine Zwischenvereinbarung, wonach das Kind den begleiteten bzw. übergabebegleiteten Umgang mit dem Vater wieder aufnimmt, und zwar 14tägig, beginnend im September 2002. Die Eltern waren sich zudem einig, dass der Umgang durch eine Therapie des Kindes, die nach den Angaben der Mutter bereits in die Wege geleitet worden war, begleitet werden sollte. Bezüglich des Ergebnisses der Anhörung der Beteiligten und der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die gerichtliche Niederschrift vom 25.07.2002 (Bl. 350/359 d.A.) Bezug genommen.
Am 12.10.2002 und am 26.10.2002 fanden zwei Umgangstermine statt, die so verliefen, dass der Umgangsbegleiter XXXXXXXX sich nach seinen Angaben wegen der Verweigerungshaltung des Kindes gezwungen sah, den "bisherigen begleiteten Umgang abzubrechen". Zu weiteren Umgangskontakten des Vaters mit dem Kinde ist es dann bis heute nicht mehr gekommen.
Am 08.04.2003 wurden die Eltern, das Kind und ein Vertreter des Jugendamtes erneut vom beauftragten Richter des Senats angehört. Insoweit wird auf die gerichtliche Niederschrift vom selben Tage (Bl. 403/410 d.A.) Bezug genommen. Die Kindesmutter erklärte sich damit einverstanden, dass sich der Vater sowohl mit ihrer Therapeutin als auch mit der Therapeutin des Kindes in Verbindung setzt, um ihn ggf. mit in die Therapie einzubeziehen.
Nach der Behauptung des Vaters im letzten Schriftsatz seiner anwaltlichen Vertreterin vom 01.07.2003 hat die Kindesmutter und deren Therapeutin ihm nunmehr in einem Gespräch mitgeteilt, dass ein baldiger Umgang nicht möglich sei, da das Kind den Umgang ablehne und die Kindesmutter nichts dagegen machen könne.
II.
Die Beschwerde der Kindesmutter ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie führt zu der aus dem Entscheidungssatz ersichtlichen Abänderung der Erstentscheidung.
Die Beschwerde des Kindes ist unzulässig, da ihm die Beschwerdebefugnis fehlt (vgl. § 59 Abs. 1 und 3 FGG). Sie war deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Jeder Elternteil hat ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht zum Umgang mit seinem Kind (BVerfG FamRZ 83, 872). Gemäß § 1626 Abs. 3 S. 1 BGB ist auch davon auszugehen, dass zum Wohl des Kindes in aller Regel der Umgang mit beiden Elternteilen gehört. Von einem verantwortungsvollen Sorgeberechtigten wird erwartet, dass er die Kontakte des Kindes zum anderen Elternteil nicht nur zulässt, sondern auch positiv fördert (vgl. Oelkers, im Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 4. Kap., Rdnr. 485 m. Hinweisen a.d.Rechtspr.).
Dieser Verpflichtung wird die Antragsgegnerin nicht gerecht. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass das Kind den Kontakt mit dem Vater verweigere. Als sorgeberechtigter Elternteil hat sie vielmehr ihre elterliche Autorität einzusetzen und durch geeignete erzieherische Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass das Kind mit dem anderen Elternteil Umgang pflegt (vgl. Oelkers, a.a.O., m. zahlreichen Hinweisen a.d. Rechtspr.).
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass sich die Kindesmutter weder in der Lage sieht noch Willens ist, in diesem Sinne erzieherisch auf das Kind einzuwirken. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass die Mutter den Willen des Kindes, wenn auch möglicherweise unbewusst, dahin manipuliert, dass es den Vater nicht sehen will. Anders als die Mutter offenbar meint, verfügt ein 11jähriges Kind im Spannungsfeld zwischen den Eltern keineswegs über einen unabhängigen und freien Willen. Vielmehr ist es von dem einen Elternteil, bei dem es sein Zuhause hat, abhängig und kann es sich nicht mit ihm verderben (vgl. Klenner, Rituale der Umgangsvereitelung, FamRZ 1995, 1529, 1532).
In welcher Weise die Mutter das Kind zum Umgang mit dem Vater motiviert, genauer nicht motiviert, erhellt exemplarisch die Äußerung des Kindes gegenüber dem Umgangsbegleiter XXXXXXXX anlässlich des Umgangstermins am 12.10.2002 (vgl. dessen Bericht vom 07.01.2003), dass "es eh nur da sei, weil die Mama sonst in den Knast müsse". Es findet sich in allen Äußerungen der Mutter kein Hinweis darauf, dass sie dem Kind den Eindruck vermittelt, dass sie vorbehaltslos den Umgang des Kindes mit dem Vater wünsche.
Vielmehr ist offensichtlich, dass es sich auf Dauer nicht mit ihrer eigenen Befindlichkeit verträgt, einen unbeschwerten Kontakt des Kindes mit dem Vater zuzulassen. Es spricht für sich, dass die Mutter den Beschluss des Familiengerichts vom 01.10.2001, der eine Obernachtung des Kindes beim Vater vorsah, offensichtlich zum Anlass genommen hat, die bis dahin vereinzelt stattgefundenen Umgänge ganz zu unterbinden, obwohl der Vater vorerst mit Tagesbesuchen einverstanden gewesen wäre. Sogar ihre Rechtsanwältin hat mit Schriftsatz vom 27.09.2001 noch erklärt, dass Termine ohne Übernachtung grundsätzlich weiterlaufen könnten.
Der Senat teilt die Ansicht des Erstgerichts, dass die mittlerweile völlige Ablehnung des Vaters nicht auf den eigenen, ursprünglichen Wunsch des Kindes zurückzuführen ist, sondern von den Wünschen der Mutter überlagert wird. Dabei kann dahinstehen, ob das Verhalten des Kindes als Folge eines sog. "PA-Syndroms" zu bewerten ist, wie vom Erstgericht angenommen (zur kontroversen Diskussion dieses Begriffs in der wissenschaftlichen Literatur vgl. Bruch in FamRZ 2002, 1304 ff).
Offensichtlich für den Senat ist es jedoch, dass die Mutter den unbeschwerten Umgang des Kindes mit dem Vater nicht fördert sondern letztlich verhindert, was im Allgemeinen als fehlende Bindungstoleranz bezeichnet wird.
Dem steht nicht entgegen, dass sie in der Vergangenheit sporadisch Umgangskontakte zugelassen hat. Diese kamen offensichtlich nur unter dem Druck der gerichtlichen Verfahren zustande. Leider steht zu befürchten, dass die Mutter nunmehr von dritter Seite darin bestärkt wird, sich auf den Standpunkt zu stellen, dass sie gegen den tatsächlichen oder vermeintlichen Willen des Kindes nichts ausrichten könne.
Der zeitweise Ausschluss des Umgangsrechts, wie von der Kindesmutter beantragt, stellt eine tief greifende Einschränkung in das unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 2 GG stehende Elternrecht dar. Der Ausschluss des persönlichen Umgangs mit einem Elternteil darf daher nur angeordnet werden, um eine konkrete, gegenwärtig bestehende Gefährdung der körperlichen und/oder geistig-seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden (vgl. u.a. Palandt/Diederischen, BGB, 62. Aufl., Rdnr. 31 zu § 1684 m. Hinweisen auf die insoweit wohl einhellige Rechtsprechung).
Eine derartige Gefährdung, die einen zeitweißen Ausschluss des Umgangsrechts gebietet, vermag der Senat vorliegend nicht festzustellen. Das Kind selbst hat keine auch nur ansatzweise nachvollziehbaren oder gar billigenswerte Gründe für seine Ablehnung des Vaters genannt. Die von ihm insoweit wiederholten Erklärungen (vgl. die Protokolle über die Anhörung am 25.07.2002 und am 08.04.2003) sind vielmehr Ausdruck seiner Hilflosigkeit, Gründe finden zu müssen, um die von der Mutter induzierte Ablehnung des Vaters zu rechtfertigen.
Soweit von der Kindesmutter immer wieder einmal der Vorwurf eines sexuellen Missbrauchs, begangen angeblich im Jahre 1996 oder Anfang 1997, ins Spiel gebracht wird, ist der Senat, wie das Erstgericht der Überzeugung, dass es sich um eine haltlose Vermutung handelt, die die Mutter in der Vergangenheit selbst mehrfach relativiert hat (vgl. den Beschluss des OLG München vom 06.12.1999).
Aus Sicht des Senats macht es auch keinen Sinn, den Umgang auszusetzen, um dem Kind noch mehr Zeit zu geben, die "Vaterproblematik" therapeutisch zu bearbeiten. Die Mutter befindet sich nach eigenem Bekunden bereits seit September 2001 in regelmäßiger therapeutischer Behandlung. Seit der ersten Anhörung vor dem Senat, in der die Mutter erklärte, bereits therapeutische Maßnahmen für das Kind in die Wege geleitet zu haben, ist mittlerweile 1 Jahr vergangen, ohne dass ein nennenswertes Ergebnis zu Tage getreten wäre. Das Kind war auch bereits Jahre zuvor für längere Zeit in therapeutischer Behandlung.
Der bisherige Verlauf des Umgangsstreits lässt nicht erwarten, dass die (bloße) Durchführung der von der Mutter initiierten Therapien zu einer Bereitschaft der Mutter führen könnte, für einen Umgang des Kindes mit dem Vater zu sorgen. Aus dem gleichen Grund sieht der Senat davon ab, noch die angekündigte Stellungnahme der Therapeutin der Mutter abzuwarten, für deren Vorlage zudem mittlerweile auch genügend Zeit bestanden hätte.
Der Senat sieht keine Veranlassung, sich mit der "wissenschaftlichen Qualität" des Gutachtens der Sachverständigen XXXXXXXX näher auseinanderzusetzen. Es gibt kein Berufsgesetz für Sachverständige. Die Auswahl des Sachverständigen steht im Ermessen des Gerichts. Es ist nur zu verlangen, dass dieser über die erforderliche Fachkunde verfügt. Auch ein Diplompädagoge kann sich im Hinblick auf die enge Verwandtschaft der Wissenschaften Pädagogik und Psychologie durch eine entsprechende Zusatzausbildung bzw. Fortbildung die notwendige, Sachkunde aneignen, um ein Gutachten zu speziellen familienpsychologischen Fragen zu erstellen. Es gibt auch keine allgemein gültige und anerkannte Methode, nach der ein solches Gutachten zu erstellen ist.
Grundsätzlich kann nur davon ausgegangen werden, dass sich das Gutachten auf Akteninhalt, Gespräche mit den Betroffenen, Verhaltensbeobachtungen und - soweit erforderlich - auf testpsychologische Untersuchungen stützen sollte. Letztendlich sind jedoch der Umfang der Erhebung, der Darstellung, die Auswahl und Interpretation der entscheidungsrelevanten Daten sowie die Darstellungsform der fachlichen Kompetenz des Sachverständigen überlassen, soweit er sich hierbei auf den Stand der Wissenschaft bezieht (vgl. Salzgeber, Familienpsychologische Gutachten, 3. Aufl., S. 107, 108). Diesen Anforderungen wird das Gutachten ohne weiteres gerecht. So ist es keineswegs notwendig, sich mit allen wissenschaftlichen Publikationen zu den aufgeworfenen Fragen auseinanderzusetzen, um dem Gutachten die erforderliche Qualität zu verleihen, zumal gerade in der Familienpsychologie viele Fragen sehr kontrovers diskutiert werden. Vor dem Familiengericht geht es immer um einen konkreten Einzelfall, auf den theoretisch begründetes Wissen und statistische Werte nicht ohne weiteres zu übertragen sind.
Anders als die Kindesmutter meint, ist das Gutachten keineswegs wertlos. Es bestätigt vielmehr in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise den aus dem bisherigen Verlauf des Umgangsstreits und der Anhörung der Beteiligten gewonnenen Eindruck, dass das Kind den Vater ablehnt, weil es dadurch der vom Kind wahrgenommenen Befindlichkeit der Mutter entgegenkommt und es sich auf diese Weise von dem auf ihm lastenden Entscheidungs- und Loyalitätsdruck löst. Der Senat teilt die Ansicht des Erstgerichts, dass die Angriffe gegen das Gutachten nicht in der Sache begründet sind, sondern der Vorwurf der mangelnden Qualität erhoben wird, um sich nicht mit der aus Sicht des Senats stimmigen Analyse der familiären Beziehungen und der Gründe für die Verweigerungshaltung des Kindes auseinandersetzen zu müssen.
Der Behauptung der Kindesmutter, die Sachverständige sei der Anwältin des Kindes, einer Diplompsychologin, von der Ausbildung her fachlich unterlegen, folgt der Senat - jedenfalls für den konkreten Fall - nicht. Bei allem Respekt vor dem Berufsethos eines Rechtsanwalts muss vorliegend jedoch sehr bezweifelt werden, ob es der Anwältin gelingt, sich von den Interessen der mandatserteilenden Mutter zu lösen und allein nach den Interessen des Kindes zu handeln.
Die Unfähigkeit, den unbeschwerten und angstfreien Umgang des Kindes mit dem Vater zuzulassen und zu fördern, stellt ein, wenn auch möglicherweise unverschuldetes, Versagen der Mutter dar, das zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Kindeswohls führt, womit eine Gefährdung im Sinne des § 1666 BGB gegeben ist (vgl. statt vieler Staudinger/Castner, BGB, Band 4, 13. Aufl., Rdnr. 131 zu § 1666).
Um diese Gefahr abzuwenden, hält es der Senat nunmehr für erforderlich, die elterliche Sorge der Mutter einzuschränken, soweit es den Umgang des Kindes mit dem Vater anbelangt. Insoweit ist es geboten, eine Ergänzungspflegschaft anzuordnen (§ 1909 BGB). Gemäß § 1697 BGB ist der Senat in der Lage, den Umgangspfleger selbst auszuwählen. Für die entsprechende Aufgabe erscheint die Diplompsychologin XXXXXXXX sehr gut geeignet, die über eine Zusatzausbildung als psychologische Sachverständige und Familientherapeutin verfügt. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass der Pfleger gemäß § 1789 BGB vom Vormundschaftsgericht verpflichtet werden muss.
Der Senat hält es auch für erforderlich, die Häufigkeit und die jeweilige Dauer des Umgangs, jedenfalls im Grundsatz, zu regeln, damit die Rechte und Pflichten der Beteiligten nicht im Ungewissen bleiben (vgl. BGH FamRZ 1994, 158, 159). Vorerst erscheint es ausreichend, dass der Vater jeden zweiten Samstag einen 6stündigen Umgang mit seiner Tochter KKKKKKKK hat.
Die Dauer dieses Umgangs bleibt zwar deutlich hinter der vom Erstgericht getroffenen Regelung zurück. Aus Sicht des Senats bietet jedoch ein (zunächst) weniger ausgedehnter Kontakt eher die Chance zu einer auch von der Mutter und dem Kind letztlich akzeptierten Regelung, die hoffentlich einmal in einen freieren und ausgedehnteren Umgang des Kindes mit dem Vater mündet.
Die konkrete Festlegung der einzelnen Tage und der genauen Umgangszeiten sowie der sonstigen Modalitäten des Umgangs soll der Umgangspflegerin nach Absprache mit allen Beteiligten überlassen bleiben.
Damit die Ergänzungspflegerin den Umgang des Kindes mit dem Vater in die Wege leiten kann, hat die Mutter das Kind KKKKKKKK der Umgangspflegerin zu den von dieser bestimmten Umgangszeiten zu übergeben. Der Senat sieht davon ab, der Mutter schon jetzt Zwangsgeld oder Zwangshaft zur Erwirkung der Herausgabe des Kindes anzudrohen (vgl. § 33 FGG) in der Hoffnung, dass die Mutter diesmal der gerichtlichen Anordnung Folge leistet. Sollte die Mutter die Herausgabe des Kindes verweigern, können sowohl der Vater als auch die Umgangspflegerin entsprechende Zwangsmittel beim Familiengericht beantragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG.
Es entspricht in Familiensachen in der Regel nicht der Billigkeit, eine Kostenerstattung anzuordnen. Besondere Gründe, die ausnahmsweise die Auferlegung der Kosten auf einen der Beteiligten gebieten, sind vorliegend nicht ersichtlich. Durch die unzulässige Beschwerde des Kindes sind den übrigen Beteiligten keine besonderen Kosten entstanden, da es sich um einen einheitlichen Beschwerdegegenstand handelt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens bestimmt sich nach § § 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 Kost0. Im Hinblick auf den Umfang des Verfahrens erscheint es angemessen, den Regelwert von 3.000,-- Euro zu verdoppeln.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. § 621 e) Abs. 2 Ziff. 1 i.Verb.m. § 543 Abs. 2 ZPO).
Bauer Achinger Zischka
Richterin Richterin Richter
am Oberlandesgericht
2. Instanz - Beschluss zur Gegenvorstellung der Mutter
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 26 UF 868/02
2 F 326100 AG Ebersberg
In der Familiensache
KKKKKKKK, geb. xx.xx.1991
- Betroffenes Kind und Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigte: RAKK
Weitere Beteiligte:
1. VVVVVVVV
- Kindesvater, Antragsteller und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte: Rain Petra Kuchenreuther, München
2. MMMMMMMM
- Kindesmutter, Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte: RAMM
3. Landratsamt Ebersberg - Kreisjugendamt -, Eichthalstraße 1, 85560
Ebersberg, Aktenzeichen XXXXXX
wegen Regelung des Umgangs
erlässt der 26. Zivilsenat - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 20.08.2003
folgenden
Beschluss: