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Datum:30.03.2011
Gericht:Oberlandesgericht Hamm 8. Senat für Familiensachen
Aktenzeichen: II-8 WF 319/10
Vorinstanz: Amtsgericht Steinfurt, 20 F 273/10
Schlagworte:Vermittlungsverfahren; Verfahrenskostenhilfe; Anwaltsbeiordnung
Normen:§§ 78 Abs. 2, 165 FamFG
Leitsätze:Zu den Veraussetzungen einer Anwaltsbeiordnung im Vermittlungsverfahren gem. § 165 FamFG
Tenor: Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst
Gründe
Die gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Das Amtsgericht hat die Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Vermittlungsverfahren gem. § 165 FamFG zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht, für die Durchführung des Vermittlungsverfahrens nur ausnahmsweise einen Rechtsanwalt beizuordnen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indessen nicht vor.
Ein Beteiligter, dem aus wirtschaftlichen Gründen Verfahrenskostenhilfe zu gewähren ist, hat nicht in allen Fällen auch Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts. Die maßgeblichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 78 Abs. 2 FamFG. Die Beiordnung eines zur Vertretung bereiten Rechtsanwalts im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hat danach nur zu erfolgen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Ob dies der Fall ist, lässt sich nur nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls bemessen (BGH, NJW-RR 2009, 794 = FamRZ 2009, 857).
Die Durchführung des Vermittlungsverfahrens gem. § 165 FamFG weist jedenfalls an sich noch keine Schwierigkeiten auf, die besondere juristische Kenntnisse erfordern würden. Eine allgemeine Regel dahingehend, dass es sich bei einer Entscheidung über das Umgangsrecht im Allgemeinen um ein rechtlich und tatsächlich schwieriges Verfahren handelt, das die Beiordnung eines Rechtsanwalts gebietet, lässt sich deshalb nicht rechtfertigen (vgl. BGH, a.a.O.). Dass die Beteiligten, wie der Antragsteller vorträgt, miteinander zerstritten sind, begründet die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Sache noch nicht. Vielmehr macht diese Tatsache zunächst lediglich die Durchführung des Vermittlungsverfahrens erforderlich.
Entscheidend ist, ob ein bemittelter Rechtsuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Maßgebend sind dabei Umfang und Schwierigkeit der konkreten Sache sowie die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (BVerfG, NJW-RR 2007, 1713). Eine anwaltliche Vertretung des Antragstellers ist danach hier nicht geboten. Der Umfang des Verfahrens ist bislang als unterdurchschnittlich einzustufen. Die Sach- und Rechtslage des Vermittlungsverfahrens kann nicht als schwierig eingestuft werden. Ziel des Vermittlungsverfahrens nach § 165 Abs. 4 Satz 1 FamFG ist es, Einvernehmen zwischen den Eltern über die Ausübung des Umgangs herbeizuführen, um eine das Kind belastende gerichtliche Vollstreckung des Umgangsrechts entbehrlich zu machen und die Belastung des Kindes bei der Ausübung des Umgangs möglichst gering zu halten (Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., § 165 Rdn. 1 m.w.N.). Das in § 165 FamFG geregelte Verfahren sieht in Absatz 3 umfangreiche Belehrungspflichten des Gerichts und in Absatz 4 die Verpflichtung des Gerichts, auf ein Einvernehmen hinzuwirken, vor. Im Falle der Erfolglosigkeit des Vermittlungsverfahrens obliegt dem Gericht nach § 165 Abs. 5 FamFG die Prüfung, ob weitere Maßnahmen veranlasst sind. Das Vermittlungsverfahren ist damit von einer umfassenden Tätigkeit des Gerichts von Amts wegen geprägt mit dem Ziel, mit den Eltern eine einvernehmliche Regelung zu erarbeiten.
Diese Besonderheiten des Vermittlungsverfahrens sowie der Umstand, dass keine Gründe ersichtlich sind, die aus Sicht des Antragstellers eine anwaltliche Vertretung erfordern, stehen einer Anwaltsbeiordnung entgegen. Es ist nicht erkennbar, dass eine Anwaltsbeiordnung deshalb erforderlich ist, weil die Beteiligten etwa nicht ausreichend gewandt oder aus sonstigen subjektiven Aspekten nicht in der Lage sind, das Verfahren auch ohne Anwaltsbeiordnung sachgerecht zu führen. Auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, dessen Beiordnung allerdings ebenfalls abgelehnt worden ist, führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Ganz bewusst anders als in § 121 Abs. 2 ZPO (der über § 113 Abs. 1 FamFG ausschließlich in - hier nicht gegebenen - Ehe- und Familienstreitsachen Anwendung findet) hält der Gesetzgeber in § 78 Abs. 2 FamFG die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nicht allein aufgrund der anwaltlichen Vertretung eines anderen Beteiligten für erforderlich; insofern vermag der Gesichtspunkt der bloßen (formalen) "Waffengleichheit" im Bereich der Amtsermittlung gemäß § 26 FamFG nicht mehr zu tragen. Im Übrigen steht die Rechtsprechung des Senats auch in Einklang mit den Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte zur Frage der Anwaltsbeiordnung im Vermittlungsverfahren (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.12.2010; OLG Karlsruhe, FamRZ 2010, 2010; OLG Celle, FamRZ 2010, 1363).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
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