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http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=dc0534a97fd4f84de76195990a5ad520&nr=56320&pos=0&anz=1
Aus dem Urteil: XII ZR 70/09
Auszug aus dem Tatbestand:
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Im Anschluss arbeitete sie in wechselnden Anstellungen teils im Geringverdienerbereich; kurzfristig war sie arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld. Seit dem 27. Januar 2009 absolviert sie eine zweijährige Ausbildung zur Bürokauffrau.
Der Vater der Beklagten erzielt aus Erwerbstätigkeit Einkünfte, die sich nach Abzug aller unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Kosten für die Zeit von Februar bis Mai 2008 auf 1.869 €, für die Zeit von Juni bis November 2008 auf 1.619 € und für die Zeit ab Dezember 2008 auf 1.605 €, jeweils monatlich, belaufen.
Erst in der Folgezeit hat sich herausgestellt, dass sie als ungelernte Arbeiterin keine solchen Einkünfte erzielen kann und deswegen eine Erstausbildung sinnvoll ist. Diese spätere Erkenntnis berechtigt die Klägerin zur Abänderung ihres Anerkenntnisses, weil sich erst nachträglich herausgestellt hat, dass sie auf der Grundlage der tatsächlich erzielbaren Einkünfte nur geringere und ab Beginn ihrer Ausbildung keine Unterhaltsleistungen mehr erbringen kann.
Auszug aus der Begründung
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(a) Gegenüber der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB muss sich der Unterhaltspflichtige grundsätzlich auf seine Erwerbs-fähigkeit verweisen lassen. Eine Hinzurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte kommt in Betracht, wenn dem Unterhaltspflichtigen im Hinblick auf seine Leis-tungsunfähigkeit ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten vorgeworfen werden kann (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rn. 495 ff.). Dabei tritt das Interesse eines unterhaltspflichtigen Elternteils, unter Zurückstellung bestehender Erwerbsmöglichkeiten eine Aus- oder Weiterbildung aufzunehmen, grundsätzlich hinter dem Unterhalts- interesse seiner Kinder zurück. Das gilt vor allem dann, wenn der Unterhaltspflichtige bereits über eine Berufsausbildung verfügt und ihm die Erwerbsmög-lichkeit in dem erlernten Beruf unter Berücksichtigung eines zumutbaren Orts-wechsels eine ausreichende Lebensgrundlage bietet. Anders kann es hingegen sein, wenn der Unterhaltspflichtige seine Erwerbstätigkeit nicht zum Zwecke einer Zweitausbildung oder der Weiterbildung in dem erlernten Beruf, sondern zugunsten einer erstmaligen Berufsausbildung aufgegeben hat. Einer solchen Erstausbildung ist regelmäßig auch gegenüber der gesteigerten Unterhaltspflicht aus § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB der Vorrang einzuräumen. Denn die Er-langung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den dieser grundsätzlich vorrangig be-friedigen darf (Senatsurteil vom 15. Dezember 1993 - XII ZR 172/92 - FamRZ 1994, 372 Rn. 19). Insoweit sind allerdings alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Tatsache, warum der Unterhaltspflichtige gerade jetzt seine Erstausbildung durchführt und wie sich dies langfristig auf seine Leistungsfähigkeit für den Kindesunterhalt auswirkt.
b) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, das die Aufnahme der Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau nicht als unterhaltsrechtlich leichtfertig eingestuft und der Klägerin deswegen kein fiktives Einkommen angerechnet hat, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere hat das Oberlandesgericht berücksichtigt, dass die Klägerin die beiden gemeinsamen Kinder bereits im Alter von 16 bzw. 18 Jahren geboren hat. Ihren Hauptschulabschluss konnte sie erst nach der Geburt des ersten Kindes erwerben. Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter ausgeführt, dass die Klägerin nach ihrer bisherigen Erwerbsbiografie ohne Berufsausbil-dung nur sehr eingeschränkt leistungsfähig ist. Die erstmalige Berufsausbildung zur Einzelhandelskauffrau wird die Erwerbsaussichten der Klägerin nicht unerheblich verbessern und dem jetzt 14 Jahre alten Beklagten zu 1 letztlich eine sicherere Grundlage für seinen Kindesunterhalt verschaffen. Der Zeitpunkt der Berufsausbildung ist nicht zu beanstanden, nachdem die Klägerin sich seit Be-ginn der Betreuung der Kinder durch den Vater über mehrere Jahre erfolglos um eine höher vergütete Erwerbstätigkeit bemüht hat. Auch das Alter der Klägerin von jetzt 30 Jahren kann eine unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit nicht begründen.
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Auch ein sonst grundsätzlich nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht bar- unterhaltspflichtiger Elternteil kommt als anderer leistungsfähiger Verwandter im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB in Betracht. Denn der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuung gilt nicht uneingeschränkt, insbesondere dann nicht, wenn die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils deutlich günstiger sind als die des anderen Elternteils. Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann entfallen oder sich ermäßigen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhalts in der Lage wäre, während der andere Elternteil neben der Betreuung des Kindes auch den Barunterhalt leis-ten könnte, ohne dass dadurch sein eigener angemessener Unterhalt gefährdet würde. In solchen Fällen entfällt aber lediglich die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB, also die Beschränkung auf den notwen-digen Selbstbehalt. Die Unterhaltspflicht mit dem Einkommen, das den angemessenen Selbstbehalt übersteigt, wird davon nicht berührt (Senatsurteile vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - FamRZ 2008, 137 Rn. 41 ff.; vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 288 und vom 7. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182, 183 f.; Wendl/Klinkhammer Das Un-terhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rn. 274 a).
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b) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Berufungsgericht den Vater der Beklagten zu Recht als anderen leistungsfähigen Verwandten im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB behandelt.
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